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Veröffentlicht am 17.12.2022

Die Irrungen und Wirrungen der Liebe

Was man von hier aus sehen kann
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Wenn Selma im Traum ein Okapi erscheint, stirbt am nächsten Tag jemand im Dorf. Leider gehen diese Vorhersagen nicht so weit, dass sie auch sieht WEN es denn nun erwischen wird. Und so versetzt sie jedes ...

Wenn Selma im Traum ein Okapi erscheint, stirbt am nächsten Tag jemand im Dorf. Leider gehen diese Vorhersagen nicht so weit, dass sie auch sieht WEN es denn nun erwischen wird. Und so versetzt sie jedes Mal ihre Mitmenschen in helle Aufregung. Diese kommen dann plötzlich mit Geständnissen um die Ecke, lassen Sachen verschwinden oder tun Dinge, die sie sich ansonsten niemals gewagt hätten.

Das Setting ist ein Dorf im Westerwald. Jeder kennt jeden, kein Geheimnis ist sicher. Die Bewohner sind teilweise sehr skurril, allesamt liebenswert und ihr Zusammenspiel äußerst amüsant. Die Handlung ist manchmal derart absurd, dass man aus dem Schmunzeln nicht mehr heraus kommt. All dies, in Kombination mit dem Schreibstil und der wundersamen Verkettung der Ereignisse erinnern mich an die Bücher von Fredrik Backman, die ich sehr liebe!

Wir erleben die Geschichte aus Luises Sicht, Selmas Enkelin. Sie ist Anfang zwanzig und hat ihren Traummann bisher noch nicht gefunden. Als es dann endlich funkt, muss ihre Liebe einigen Widrigkeiten trotzen, denn der Auserwählte lebt ausgerechnet in einem Kloster in Japan! Zugegeben: ich konnte diese Liebesgeschichte nicht so richtig fühlen, aber die Umstände haben mich durchaus unterhalten.

Mariana Leky schreibt von den Irrungen und Wirrungen der Liebe, von Freundschaft, Familie und Zusammenhalt sowie über Verlust, Trauer und Tod. Es wird emotional, tragisch, aber auch komisch und herzerwärmend. Lesenswert!

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Veröffentlicht am 14.12.2022

Schonungslos ehrlich

The Way You Crumble
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Echo ist drogenabhängig und hat grade ihren dritten Entzug hinter sich. Den Aushilfsjob im Sternerestaurant Prisma nimmt sie nur ihrem Großvater zuliebe an. Alexis ist der jüngste Sohn der Restaurantbesitzer ...

Echo ist drogenabhängig und hat grade ihren dritten Entzug hinter sich. Den Aushilfsjob im Sternerestaurant Prisma nimmt sie nur ihrem Großvater zuliebe an. Alexis ist der jüngste Sohn der Restaurantbesitzer und hat seit Monaten mit niemanden mehr gesprochen. Beide sind wütend: sie auf ihre Mutter, die sich das Leben nahm, aber am meisten auf sich selbst, weil sie sich wie eine Versagerin fühlt. Er auf die Mitglieder seiner Familie, die allesamt Heuchler sind. Offensichtlich brauchen beide Hilfe, doch wie sollen sie einander beistehen, wenn jeder für sich bereits am Abgrund steht?

Die Geschichte wird abwechselnd aus Echos und Alexis Perspektive erzählt. Charakterlich sind sie sehr unterschiedlich und haben dennoch so viel gemeinsam. Ihre Gefühle und Gedanken sind gut nachvollziehbar und wirken authentisch. Man kann sich aber vorstellen: es wird sehr emotional und herzzerreißend, denn es geht um Traumata, Panikattacken, Mutismus, Sucht und Abhängigkeit. Selbsthass, Schuldgefühle, Verzweiflung, Trauer und Wut spielen ebenfalls eine große Rolle. Weitere Themen können in der Triggerwarnung nachgelesen werden, die ihr am Ende des Buches findet.

Besonders schön finde ich, dass das Pärchen aus dem letzten Band wieder einen wichtigen Platz in der Story einnimmt und die Protagonisten aus dem kommenden Teil schon ordentlich angeteasert werden. Auch die Nebencharaktere, wie beispielsweise Echos Großvater Luke und ihre Sponsorin Soula, finde ich sehr interessant.

Der Begriff „Sponsor“ taucht wie noch weitere im Zusammenhang mit Echos Suchterkrankung auf. Ich hätte mir diesbezüglich allerdings mehr Erklärungen gewünscht. Als Laie versteht man nämlich nicht alles unbedingt sofort. Da konnte mich die emotionale Ebene deutlich mehr überzeugen. Diese ist schonungslos, ehrlich, aufwühlend. Nena Tramountani hat mit „The Way You Crumble“ eine intensive Geschichte erschaffen, die unter die Haut geht und dabei wichtige und aktuelle Themen aufgreift.

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Veröffentlicht am 05.12.2022

Der Räuber Hotzenplotz feiert Geburtstag!

Der Räuber Hotzenplotz: Der Räuber Hotzenplotz
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Potzblitz, Großmutters Kaffeemühle wurde gestohlen! Und zwar von niemand geringerem als dem gefürchteten Räuber Hotzenplotz. Die Freunde Kasperl und Seppel haben zwar schnell einen Plan geschmiedet, um ...

Potzblitz, Großmutters Kaffeemühle wurde gestohlen! Und zwar von niemand geringerem als dem gefürchteten Räuber Hotzenplotz. Die Freunde Kasperl und Seppel haben zwar schnell einen Plan geschmiedet, um ihn in eine Falle zu locken, doch läuft dieser auch wie erhofft?

Die Charaktere sind einzigartig und unterhaltsam. Die beiden Jungen denken und handeln irgendwie sehr naiv. So sehr, dass es schon wieder drollig und amüsant ist. Freundschaft, Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft spielen eine große Rolle. Ich mochte vor allem auch die magischen Elemente rund um den bösen Zauberer Petrosilius Zwackelzahn und dessen Schloss.

Insgesamt ist die Geschichte sehr kurzweilig und wird durch viele Fotos aus dem Film aufgelockert. Da bekommt man direkt Lust auf einen Kinobesuch! Die Lektüre ist für jung und alt geeignet. Die ältere Generation wird sich bestimmt gerne an die eigene Kindheit erinnern und Freude daran haben, die bekannte Geschichte an die Nachkommen weiterzugeben.

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Veröffentlicht am 25.11.2022

Mein Herz wurde wie ein Spiegel zersplittert

Hinter den Spiegeln so kalt
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Finjas Tochter Hannah ist spurlos verschwunden und sie selbst glaubt langsam den Verstand zu verlieren, denn sie sieht Dinge: Eisblumen auf Spiegeln, rote Augen in der Dunkelheit. Doch das ist ganz offensichtlich ...

Finjas Tochter Hannah ist spurlos verschwunden und sie selbst glaubt langsam den Verstand zu verlieren, denn sie sieht Dinge: Eisblumen auf Spiegeln, rote Augen in der Dunkelheit. Doch das ist ganz offensichtlich völliger Quatsch.. oder? Aus purer Verzweiflung sucht sie Hilfe bei einer angeblichen Hexe und stößt dabei auf längst vergessene Erinnerungen. Die Antworten auf ihre Fragen kann Finja jedoch nur hinter den Spiegeln finden, im frostigen Reich der Schneekönigin. Aber will sie die Wahrheit überhaupt wissen?

Es handelt sich hier um eine düstere, geheimnisvolle und magische Neuerzählung des Märchens „Die Schneekönigin“. Wir erleben sie aus Finjas Sicht, die schon einige Schicksalsschläge verkraften musste. Der Verlust ihrer Tochter hat ihr den Rest gegeben, vor allem weil sie der festen Überzeugung ist, dass Hannah noch lebt, ihr aber niemand glauben will. Ihre beste Freundin Elisa ist zwar immer für sie da und bietet ihr Unterstützung wo sie nur kann, doch letztendlich denkt auch sie, dass das Mädchen wahrscheinlich tot ist.

Ich konnte mich sehr gut in Finja hineinversetzen. Ihre Verzweiflung, Hilflosigkeit und Trauer kamen authentisch rüber, sodass ich die ganze Zeit mit ihr gelitten habe. Sie hatte bereits vorher mit Panikattacken zu kämpfen, was sich natürlich nur weiter verschlimmert hat. Dementsprechend ist dieses Buch hoch emotional und herzzerreißend. Es beschäftigt sich mit ernsten und schwierigen Themen, die einen definitiv nicht kalt lassen (ich empfehle die Triggerwarnung zu lesen).

Die Handlung spielt in verschiedenen Zeitebenen: wir erfahren neben den Ereignissen der Gegenwart, was vor Hannahs Verschwinden und unmittelbar danach passiert ist. So setzen wir gemeinsam mit Finja nach und nach die Puzzleteile dunkler Familiengeheimnisse zusammen und erfahren, was mit Hannah geschah. Dabei kommt es zu einigen haarsträubenden Wendungen und Entdeckungen. Liza Grimm begeistert mit einem besonderen, einnehmenden und gefühlvollen Schreibstil, der mich direkt in seinen Bann gezogen hat. Insgesamt ist das Buch jedoch eher bedrückend, schmerzhaft und die Auflösung hat mir das Herz gebrochen.

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Veröffentlicht am 09.11.2022

Schaurig-schön

Die Legende von Sleepy Hollow - Im Bann des kopflosen Reiters
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Vor dreißig Jahren versetzte der kopflose Reiter das Dorf Sleepy Hollow in Angst und Schrecken. Als plötzlich die Leiche eines Jungen gefunden wird, ist die Aufregung groß, denn ihm wurden Kopf und Hände ...

Vor dreißig Jahren versetzte der kopflose Reiter das Dorf Sleepy Hollow in Angst und Schrecken. Als plötzlich die Leiche eines Jungen gefunden wird, ist die Aufregung groß, denn ihm wurden Kopf und Hände abgetrennt, genauso wie die sagenumwobene Schreckensgestalt es damals getan hat. Ist der Reiter etwa wieder zurück? Der 14-Jährige Ben vermutet, dass hinter der Legende etwas ganz anderes steckt als die Dorfbewohner sich erzählen und auch sein Großvater Brom scheint mehr über die wahren Begebenheiten zu wissen...

Wir erleben die Ereignisse aus Bens Sicht, der zwar als Mädchen geboren wurde, sich aber als Junge identifiziert. Dies führt in einem konservativen und abergläubischen Dorf zu Beginn des 19. Jahrhunderts natürlich zu einigen Komplikationen. Dementsprechend fühlt Ben sich meistens unverstanden und nicht Ernst genommen. Einzig sein Großvater Brom akzeptiert ihn wie er ist und unterstützt ihn. Daher ist Ben seine Meinung sehr wichtig, er lechzt nach dessen Anerkennung und Zuwendung. Ben ist ein überaus spannender Charakter, den ich gerne begleitet habe. Auch seine Großeltern Brom und Katrina sind besondere Persönlichkeiten. Sie schweigen sich beharrlich über die offensichtlich haarsträubenden Geschehnisse der Vergangenheit aus. Ich finde es ein bisschen schade, dass der kopflose Reiter nicht öfter auftaucht. Er wird lediglich immer mal wieder erwähnt und stellt eine Art immer präsentes "Hintergrund-Rauschen" dar. Eine weit größere Rolle spielt Bens Wunsch nach Zugehörigkeit und Akzeptanz. Er möchte genauso unerschrocken und mutig sein wie sein Großvater. Dieser ist überall angesehen und niemand würde sich trauen ihn zu schikanieren oder in Frage zu stellen.

Sleepy Hollow liegt abgelegen und umgeben von tiefen, dunklen Wäldern. Was sich dort tummelt, weiß niemand so genau, doch beunruhigende Geschichten gibt es genug. Die Atmosphäre ist düster, bedrohlich, unheimlich und mysteriös. Wie von Christina Henry gewohnt, wird es stellenweise wieder ziemlich blutig und brutal. Bis zum Schluss bleibt alles sehr rätselhaft und verworren. Für mich könnte es kein besseres, wenn auch schaurig-schönes Ende geben. Der Schreibstil ist kurzweilig, metaphorisch und stimmungsvoll.

Es handelt sich um eine Neuerzählung von "Die Legende von Sleepy Hollow" von Washington Irving. Der ein oder andere hat vielleicht auch die Verfilmung von Tim Burton gesehen. Zugegebenermaßen kenne ich beide bisher nicht. Daher kann ich leider keine Vergleiche ziehen. Insgesamt habe ich mich gut unterhalten gefühlt. Grade für Halloween ist es eine tolle Leseempfehlung.

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