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Veröffentlicht am 29.07.2017

Ein Unfall verändert das Leben zweier Geschwister

Sommerkind
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Ein Sommertag in der Vergangenheit verändert das Leben zweier Geschwister – Kolja und Malu. Kolja ist bereits fünfzehn Jahre alt, und seine kleine Schwester Malu ist acht Jahre alt. Kolja ist in Ragna, ...

Ein Sommertag in der Vergangenheit verändert das Leben zweier Geschwister – Kolja und Malu. Kolja ist bereits fünfzehn Jahre alt, und seine kleine Schwester Malu ist acht Jahre alt. Kolja ist in Ragna, und Ragna in Kolja verliebt. Als an dem Sommertag plötzlich Malu verschwunden ist, entdeckt Ragna das kleine Mädchen im Schwimmbecken eines Schwimmbades. Ragna schafft es, das Mädchen aus dem Wasser zu holen, und glaubt, das Mädchen gerettet zu haben. Kolja sitzt nur da wie erstarrt. Erst Jahre später holt dieses Ereignis Ragna ein. Mittlerweile ist Ragna vierzig Jahre alt, und begibt sich auf die Suche nach Kolja, trifft sogar Malu wieder, die in der Gegenwart in einer Betreuungseinrichtung lebt. Durch die Begegnungen mit Malu und deren Mutter sowie die damalige behandelnde Ärztin gewinnt Ragna Erkenntnisse, was damals an dem Tag und die Jahre danach geschah.
Monika Held beschreibt mit ihrem Roman Sommerkind eine Gruppe der Gesellschaft, in der die Betreffenden eher auf sich alleine gestellt sind. Kaum Freunde, getrennte Eltern und Trauer stehen im Mittelpunkt dieser Gesellschaftsgruppe: Wachkoma-Patienten und ihre Angehörigen. In dieser Geschichte steht Malu als Wachkoma-Patientin im Mittelpunkt. Ihr Bruder Kolja fühlt sich verantwortlich für den Unfall, weil er an dem besagten Unfalltag nicht ausreichend auf seine Schwester aufgepasst hat. Ragna war zwar schnell zur Stelle, um Malu zu retten, aber Malu hat Gehirnschäden davon getragen, dass sie seit gut zwanzig Jahren sich im Wachkoma befindet. Malus und Koljas Eltern schaffen es nicht, zusammenzuhalten, um sich gegenseitig Kraft zu geben, und trennen sich letztendlich. Trauer, Selbstzweifel, Distanz und Vorwürfe schweben wie ein Damoklesschwert über der Familie. Eine heile Welt ist durch diesen einen Moment zusammengebrochen. Monika Held erzählt den Roman in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Ragna, und lässt alle anderen Figuren um Malu und Ragna erzählen. Der Erzählstil wirkt berührend, nachdenklich und emotional. Trotz des schweren Schicksals hinterlässt der Roman Zuversicht und Optimismus.
Mich hat dieser Roman beeindruckt aufgrund der Sprache, Atmosphäre und Emotionalität. Außergewöhnlich war die Weglassung der Anführungsstriche bei den Dialogen, was aber kein Hindernis war, denn man konnte beim Lesen gut die Erzählung von den Dialogen unterscheiden. Anfangs musste man sich erst daran gewöhnen. Außerdem lernt man in diesem Roman das Leben und die Erfahrungen von Wachkoma-Patienten und deren Angehörigen kennen. Ein empfehlenswerter und liebevoll erzählter Roman, der keineswegs melancholisch wirkt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Figuren
  • Erzählstil
  • Gefühl
Veröffentlicht am 17.07.2017

Eine amerikanische Familie bringt sich in Verruf

Shutter Man
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In der Stadt Philadelphia existiert das Distrikt Devil’s Pocket, das seinem Namen alle Ehre gibt, wenn man die Familie Farren seit drei Generationen in diesem Distrikt verfolgt. Bereits die Großeltern ...

In der Stadt Philadelphia existiert das Distrikt Devil’s Pocket, das seinem Namen alle Ehre gibt, wenn man die Familie Farren seit drei Generationen in diesem Distrikt verfolgt. Bereits die Großeltern Liam und Máire Farren gelten zwar als tüchtig, aber vor allem Liam weist kriminelle Energie auf. Auch deren Söhne und Enkelsöhne können sich nicht davon freisprechen. Auf der einen Seite ist Michael Farren für sein Leben bestraft, weil er durch ein Ereignis sein Augenlicht verlor. Und Liam und Máire müssen in frühen Jahren einen ihrer Söhne zu Grabe tragen. Dennoch wird dieser Familie in der Vergangenheit in den 1970er Jahren ein Mord angehängt. Die Familie Farren gerät in der Gegenwart wieder in Verruf, weil eine Familie und zwei weitere Personen zu tödlichen Opfern werden. Der Mord von damals ist bis in die Gegenwart nicht aufgeklärt. In den aktuellen Fällen gerät die Familie Farren wieder ins Visier der Polizei, diesmal mit den beiden Ermittlern Jessica Balzano und Kevin Byrne. Byrne wuchs in Devil’s Pocket auf, und kennt die Familie Farren recht gut. Inwieweit weiß Byrne etwas über den Mord von damals? Ein Verwirrspiel von Ungereimtheiten nimmt seinen Lauf.
Der amerikanische Autor Richard Montanari schrieb zuvor Bücher über den Ermittler Kevin Byrne, die mir bisher unbekannt waren. Ebenso war mir bisher der Autor unbekannt. Montanari schuf eine komplexe Geschichte über eine Stadt, in der eine Familie vor Jahrzehnten sehr auffällig gewesen, dann war die Familie ein paar Jahre weniger auffällig bis zu dem Tag als Sean und Michael – auch Billy der Wolf – ins Gerede kommen aufgrund einer Mordserie. Billy scheint das schwarze Schaf in der Familie zu sein, wogegen seine Großmutter Máire die Familie versucht zusammenzuhalten. Die Opfer geraten im Laufe der Geschichte in den Hintergrund, und die Familie Farren und die damaligen wie heutigen Ereignisse bekommen bei den Ermittlungen mehr Gewicht. Das Ermittlerduo Jessica Balzano und Kevin Byrne sind ein sympathisches Gespann, denen man gerne bei der Arbeit über die Schulter schaut. Am Rande der Geschichte erzählt der Autor auch aus dem Privatleben der Ermittler, wobei Kevins Tochter und sein Vater ebenso sympathisch dargestellt werden. Ebenso lernt man bei diesem Krimi etwas dazu, wenn man vorher noch nie etwas über ein Sartor-Quadrat gehört hat. Es hat auf jeden Fall Recherche Bedarf nach sich gezogen.
Da diese Geschichte als Thriller deklariert wurde, würde ich meiner Meinung nach eher von einem Zwitter ausgehen – nämlich ein Kriminalroman mit Thriller Elementen. Auf jeden Fall eine spannende Geschichte, die für Überraschungen sorgt bis zum Ende. Man wird vom Autor nicht enttäuscht zurückgelassen. Man muss nicht unbedingt die Vorgänger Bände gelesen haben, um diesen Krimi lesen zu müssen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Figuren
  • Handlung
  • Spannung
Veröffentlicht am 05.07.2017

Unterhaltsame Erzählung über Bienen und ihr Leben

Die Geschichte der Bienen
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Die Geschichte der Bienen vereint drei parallel erzählte Geschichten, die jeweils im 19., 21. und im zukünftigen 21. Jahrhundert erzählt wird. Die jeweiligen Geschichten werden von drei Protagonisten erzählt: ...

Die Geschichte der Bienen vereint drei parallel erzählte Geschichten, die jeweils im 19., 21. und im zukünftigen 21. Jahrhundert erzählt wird. Die jeweiligen Geschichten werden von drei Protagonisten erzählt: Tao – eine chinesische Frau im zukünftigen 21. Jahrhundert, William – ein Engländer im 19. Jahrhundert und George – ein amerikanischer Farmer und Imker. Tao ist verheiratet und ist Mutter eines dreijährigen Jungen. William ist Familienvater von einem Sohn und sechs Töchtern sowie Ehemann von Thilda. George lebt im amerikanischen Ohio auf einer Farm mit seiner Frau Emma und seinem fast volljährigen Sohn Tom. George verdient sein Geld mit seinen Bienen, die er gegen Geld an andere Farmer weitergibt, damit die Bienen ertragreichen Honig produzieren. William erforscht Bienenstöcke beziehungsweise den ersten Bienenkorb Mitte des 19. Jahrhunderts. Allerdings muss William wochenlang das Bett hüten aufgrund einer ernsthaften Erkrankung. Existenznöte plagen den Familienvater, wobei er unter Druck gerät, endlich die passende Erfindung für Honigbienen zu schaffen. Tao und ihr Mann Kuan unternehmen mit ihrem Sohn Wei-Wen einen Tagesausflug. Wie-Wen verschwindet plötzlich. Nach einer Suchaktion findet Kuan seinen Sohn apathisch an einem Waldrand. Wei-Wen muss in ein Krankenhaus gebracht werden. Allerdings bekommen Tao und Kuan keine Informationen, was Wie-Wen hat, und wo er ist. Tao begibt sich auf eine Reise, um ihren Sohn zu finden.
Die norwegische Autorin Maja Lunde schuf einen lesenswerten und teilweise historischen Roman mit wissenschaftlichen Elementen. Alle drei Geschichten werden im Wechsel aus der Ich-Perspektive erzählt. Taos Geschichte wird in der Zukunft erzählt, wobei diese Erzählung Elemente eines Science-Fiction-Romans anhand der Lebensumstände aufweist. Williams Geschichte erzählt die Verhältnisse des 19. Jahrhunderts, als die Naturwissenschaft ihre Hoch-Phase hatte. Hier merkt man, wie abhängig die damaligen Wissenschaften und Forschungen von der eigenen Existenz hatten. Aber auch die Gegenwart von Georges Leben und seiner Familie drohen zu scheitern. Alle drei Geschichten verbinden die Geschichte und Entwicklung der Honigbienen. Welche Voraussetzungen Bienen erfüllen müssen beziehungsweise welches Umfeld für Bienen nützlich sind, damit sie Honig produzieren können, sind in diesem Roman auschlaggebend. Anhand der ausführlich erzählten Geschichten merkt man, dass die Autorin viel über Bienen und deren Geschichte sowie der Imkerei recherchiert hat. Am Ende führen die Geschichten zueinander, und bilden einen Sinn. Diese Erzählweise ist außergewöhnlich, wenn man vor Augen hält, dass es hier um die Entwicklung eines kleinen Tiers geht, das schon lange der Wissenschaft verschrieben ist. Keine trockene naturwissenschaftliche Lektüre erwartet einen, sondern eine wunderbare spannende und unterhaltsame Lektüre, die einen anregt, was es bedeutet, die Natur zu genießen und sie für die Zukunft zu schützen. Lehrreich ist der Roman ebenso.
Wer mehr über Bienen und deren Entwicklung auf unterhaltsame Weise lesen möchte, kann ich diesen Roman nur ans Herz legen. Man wird nicht enttäuscht. Denn die Figuren spielen ebenso eine bedeutsame Rolle wie die Bienen. Mensch und Natur vereint.

Veröffentlicht am 03.06.2017

Nahegehender Island-Thriller

DNA
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Die kleine siebenjährige Margrét muss miterleben wie ihre Mutter Elísa im eigenen Schlafzimmer zu Tode gefoltert wird. Margréts Brüder können durch das Kinderzimmerfenster fliehen. Eine Nachbarin findet ...

Die kleine siebenjährige Margrét muss miterleben wie ihre Mutter Elísa im eigenen Schlafzimmer zu Tode gefoltert wird. Margréts Brüder können durch das Kinderzimmerfenster fliehen. Eine Nachbarin findet die Brüder morgens in der Früh vor dem Haus. Daraufhin stellt sich heraus, was wirklich passiert ist. Während Elísa umgebracht wurde, befand sich der Familienvater Sigvaldi auf einer Dienstreise im Ausland. Die Psychologinnen Silja und Freyja kümmern sich nach der schrecklichen Tat um Margrét, die traumatisiert ist. Freyja kümmert sich die folgenden Tage weiterhin um Margrét mit der Unterstützung des Polizeikommissars Huldar. Die Experten diskutieren, ob Margrét in einem Kinderhaus besser aufgehoben wäre als im Elternhaus. Die Großeltern sind dagegen, solange der Familienvater noch nicht zu Hause ist. Es stellt sich heraus, dass Margrét nicht nach Hause will. Somit wird entschlossen, dass Margrét bei Freyja zu Hause einzieht. Und dann wird die nächste Frau tot aufgefunden. Sie wurde auf derselben Art und Weise umgebracht wie Elísa. Und dann werden Zahlencodes bei Elísa gefunden. Diese Codes finden auch andere Personen. Was will der Serienmörder mit den Codes aussagen?
Yrsa Sigurdardóttir erzählt in ihrem Thriller ungeschönt die brutale Vorgehensweise eines Serienmörders. Die Abgrenzung zwischen der kindlichen Psyche und der Erwachsenenpsyche kann man gut erkennen. Margrét als Zeugin wirkt authentisch, die man beschützen möchte. Da in diesem Thriller parallel das Leben der Brüder Karl und Arnar erzählt wird, kommt dadurch Spannung in die Geschichte, weil man erfahren möchte wie nun die Brüder – gerade Karl, der mit seiner Art wie ein Außenseiter wirkt, was wiederum manchmal Eigenschaften von Tätern ist – mit dem Tod der Frauen im Zusammenhang stehen. Sigvaldi, die Großeltern und Margréts Brüder wirken eher als Randfiguren. Besonders interessant sind die Figuren Freyja und Huldar, weil man sie in ihrer dienstlichen und privaten Rolle beobachten kann. Man kann so viel verraten, dass sie beiden sich privat schon einmal begegnet sind, bevor Elísa umgebracht wurde.
Dieser Thriller zieht einen in Bann. Wer gerne nordische Krimis oder Thrillers liest, wird mit dem Auftakt-Thriller von Yrsa Sigurdardóttir um die Figuren Freyja und Huldar gut unterhalten. Es ist kein blutiger, aber ein emotional grausam erzählter Thriller. Die Thrillerleserschaft kommt auf ihre Kosten. Man kann hoffen, dass der zweite Fall für Freyja und Huldar genauso gut wird. Denn Psychologin und Kommissar sind ein gutes Gespann für gute Thriller.

Veröffentlicht am 15.05.2017

Gefundener Sohn, verlorene Mutter

Der Freund der Toten
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Im irischen Mulderrig kommt Aufruhr, als der junge Mahony in den kleinen Ort kommt. Die Bewohner stellen fest, dass seine Augen und seine Gestik an jene junge Frau erinnern, die über Nacht plötzlich verschwunden ...

Im irischen Mulderrig kommt Aufruhr, als der junge Mahony in den kleinen Ort kommt. Die Bewohner stellen fest, dass seine Augen und seine Gestik an jene junge Frau erinnern, die über Nacht plötzlich verschwunden war. Mahonys Mutter Orla Sweeney verschwand vor über zwanzig Jahren aus Mulderrig. Sie wurde seitdem nie wieder gesehen. Mahony wuchs in einem Waisenhaus in den 1950er Jahren. Mahony kommt 1976 nach Mulderrig, um herauszufinden, was mit seiner Mutter damals geschah, ob sie noch lebt, und warum er im Waisenhaus aufwuchs. Mahony trifft auf Wiederstände vom Pfarrer bis zum Dorfwirt in Mulderrig. Nur die alte Mrs Cauley ist ebenso an der Aufklärung des Verschwindens interessiert wie Mahony. Mrs Cauley inszeniert ein Theaterstück, um an die Wahrheit zu gelangen.
Jess Kidds Debütroman erzählt vom Verschwinden und Suchen zweier Personen: Mutter und Sohn. Auf der einen Seite sind die damals sehr jungen Orla aus Mulderrig verschwunden, und auf der anderen Seite sucht der mittlerweile erwachsene Mahony seine Mutter. Sein Vater war bisher ebenso unbekannt. Die resolute und scharfzüngige Mrs Cauley delegiert von ihrem Bett aus, und nimmt selbst beim Father Quinn kein Blatt vor den Mund. Die Bewohner von Mulderrig möchten nichts lieber als, dass Mrs Cauley die Suche nach Orla und deren Verschwinden endlich einstellt, und Mahony den Ort verlässt – genauso wie seine Mutter damals. Denn die Bewohner haben keine guten Erinnerungen an Orla. Mahony und Mrs Cauley sowie zwei weitere Frauen aus dem Dorf unterstützen Mrs Cauley und Mahony mit einer starken Willenskraft und Durchhaltevermögen. Sie lassen sich einfach nicht von dem Gegenwind der restlichen Bewohner beeindrucken. Mahony und Mrs Cauley bilden ein gutes Team. Durch abwechselnde Erzählperspektiven der 1940er/ 1950er und 1970er Jahre erfährt man nach und nach von Orla und deren Verschwinden. Nebenfiguren in diesem Roman sind die Toten von Mulderrig, wie der Titel schon erwähnt. Denn Mrs Cauley und Mahony sind diejenigen, die regelmäßig die auferstandenen Toten von Mulderrig wahrnehmen. Die Toten dienen als Unterstützung der Suche nach der Wahrheit.
Am Anfang konnte ich mit den auferstandenen Toten nichts anfangen, weil ich deren Zusammenhang zu der Gegenwart nicht verstanden habe. Aber umso mehr man über die Wahrheit von Orla Sweeney erfährt, desto aufschlussreicher wir die Findung nach der Wahrheit. Der Roman wirkt nicht nur unterhaltsam, sondern auch spannend, weil er teilweise Elemente eines Kriminalromans beinhaltet. Ein ausgesprochen außergewöhnlicher und tiefsinniger Debütroman.