Profilbild von TochterAlice

TochterAlice

Lesejury Star
offline

TochterAlice ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit TochterAlice über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.12.2022

Unterschiedliche Erwartungen an Weihnachten

Die anderen Weihnachtswünsche
0

1951: Die Weihnachtsträume der Engländerinnen Audrey und Eve in ihrer neuen Heimat, den Vereinigten Staaten, sind ganz klar: sie wünschen sich ein friedliches Weihnachtsfest, an dem man sich in Ruhe den ...

1951: Die Weihnachtsträume der Engländerinnen Audrey und Eve in ihrer neuen Heimat, den Vereinigten Staaten, sind ganz klar: sie wünschen sich ein friedliches Weihnachtsfest, an dem man sich in Ruhe den christlichen Wertvorstellungen und der Geborgenheit im Kreise von Familie und Freunden hingeben kann. Nicht so ihre beiden Söhne, jeweils fünf Jahre alt: sie haben einen Kaufhauskatalog in die Finger bekommen und wünschen sich quasi alles daraus, was ihre Altergruppe adressiert. Sie sind also dem Konsumzwang, den die Händler etablieren wollen, voll auf den Leim gegangen - ganz im Gegensatz zu ihren Müttern.

Die sie dazu auch gar nicht brauchen, denn die Wunscherfüller stehen schon Gewehr bei Fuß - die Großeltern des einen und Förderer des anderen Jungen haben Geld genug und würden es liebend gern für die beiden ausgeben.

Das passt den Müttern gar nicht, die eine neue Tradition einführen möchten - das Schenken an die, die nicht so viel haben wie man selbst. Und an die, die man besonders gerne mag. Zunächst zieren sich die beiden Jungs, da es bedeutet, dass sie eigenen Besitz - Spielzeug, aber auch Geld und vor allem Zeit hergeben müssen, doch dann merken sie, wieviel Spaß das macht.

Im Kindergarten wartet ein weiteres Erlebnis auf sie - das Krippenspiel, in dem sie Könige spielen dürfen und dessen Darstellung etwa in der Mitte des Buches ein absolutes Highlight für mich war.

Leider werden die Jungs für ihr Engagement aus meiner Sicht ganz falsch belohnt - mit haufenweise Geschenken, die sich - ganz angelsächsisch - am ersten Weihnachtstag in den Strümpfen und unter dem Baum stapeln. Ein gut gemeinte, warmherzige Geschichte, die leider in einem Konsumchaos endet. Wenn auch nicht nur. Aber für mich hat es leider der Erzählung einen Teil ihres Charmes geraubt, was mir sehr Leid tat!

Veröffentlicht am 21.11.2022

Nicht ohne Mehrwert

Stachlige Eltern und Schwiegereltern
0

Ist dieser Ratgeber - nein, keineswegs. Doch folgt der Autor grundsätzlich seiner auch in vorherigen Werken dieser Art angewendeten Strukturen, ein bisschen also dem Schema F.

Ich habe nämlich ...

Ist dieser Ratgeber - nein, keineswegs. Doch folgt der Autor grundsätzlich seiner auch in vorherigen Werken dieser Art angewendeten Strukturen, ein bisschen also dem Schema F.

Ich habe nämlich bereits einige der Vorgänger zu Kollegen, dem Partner/der Partnerin und Freunden gelesen, die alle derselben Struktur von menschlichen Charakteren folgen - auf die Dauer geht es ein bisschen sehr in Richtung Schema F.

Es war mir inzwischen deutlich zu viel, was sich in all den Büchern wiederholte, wobei ich immer noch die ein oder andere Anregung zählen konnte.

Mir hat aber dennoch die ein oder andere Besonderheit gefehlt, gerade auch in Anbetracht dessen, dass Eltern und Schwiegereltern einer anderen Generation als man selbst angehören, eventuell mit Krankheiten und möglicherweise auch Traumata zu kämpfen haben.

Zudem geht es vor allem darum, wie man auf sie reagiert und es wird kaum darauf eingegangen, wie man selbst sie unterstützen könnte.

Veröffentlicht am 01.11.2022

They call me the wanderer

Der Fußgänger
0

Von tochteralice


Das Müllern ist des Wanderns Lust: eine etwas gemeine Einleitung in den Txt. Weil Wigald eben Wigald Boning ist. Die Wahrheit ist: ich habe mich direktemang und geradewegs verliebt ...

Von tochteralice


Das Müllern ist des Wanderns Lust: eine etwas gemeine Einleitung in den Txt. Weil Wigald eben Wigald Boning ist. Die Wahrheit ist: ich habe mich direktemang und geradewegs verliebt in sein ebenso persönlich wie warmherzig gestaltetes Buch über das Gehen.

Wir richten das Augenmerk für die Dauer der Lektüre auf ein recht wuseliges kleines Männlein, das wir auf seinen vielfältigen Wegen nicht nur durch unsere eigene Republik begleiten dürfen.

Herrlich seine Ausführungen zur ersten Wandergruppe samt Familienfoto aus den 1970ern (der Zusammenhang ist unschwer erkennbar). Erstaunlich, dass der Autor selbst in tiefsten Zeiten des Post Punk - wohlgemerkt seines Post Punk - Weggefährten findet, die - ebenso wie er - verkatert, aber unverdrossen losziehen. Dann jedoch habe ich mich auch wieder entliebt: denn die Wahrheit ist, der gute Wigald treibt es immer mal wieder ein bisschen zu doll. So wie ein Kind, das man ständig zur Ordnung ruft und das einfach nicht aufhört.

Dieses Buch ist ebenso witzig wie ernsthaft, es ist eine Art persönliche Wanderbiografie - aber eben nur stellenweile. In anderen Teilen ist es dann doch auch ziemlich anstrengend zu lesen, finde ich.

Veröffentlicht am 15.08.2022

Die Dynamik eines Hauses

Tür an Tür
0

Kurt zieht als zahlender Mieter in die Genossenschaftswohnung seiner Tante in Wien und lernt das Haus und seine Nachbarn näher kennen. Zunächst muss er sich auf die Geräusche seines direkten Nachbarn einlassen ...

Kurt zieht als zahlender Mieter in die Genossenschaftswohnung seiner Tante in Wien und lernt das Haus und seine Nachbarn näher kennen. Zunächst muss er sich auf die Geräusche seines direkten Nachbarn einlassen - gar nicht so einfach. Auch das mit den Nachbarn drumherum ist gar nicht so einfach - Distanz oder Nähe? Was passt?

Mit Paul Drechsler, dem, der direkt nebenan lebt, ergibt sich dann rasch ein Miteinander, das eine recht gelungene Balance darstellt - auch wenn Kurt dessen Geschichten und die seiner Tante, die sich einerseits ähneln, andererseits aber auch vollkommen voneinander unterscheiden, erst mal einordnen muss.

Als sein langjähriger Freund Frederik, ein Arzt mit Liebeskummer, zu ihm zieht, entwickelt sich gewissermaßen ein neuer Sound - bzw. kommen weitere Töne hinzu, ebenso, als es einen von Kurts Schülern zu ihnen verschlägt.

Ja, es sind all diese Menschen, die diesen Sound bewirken, es ist aber auch das Haus selbst - alles zusammen ergibt eine besondere Dynamik. Nur ist leider die Handlung, die das alles trägt, für mich nicht ganz schlüssig, auch wenn mir der Stil und auch die Liebe des Autors zu gewissen Details durchaus zusagen.

Veröffentlicht am 13.08.2022

Die Mutter der Pelztasse

Mademoiselle Oppenheim – Sie liebte das Leben und erfand die moderne Kunst
0

Meret Oppenheim - diese Künstlerin habe ich mir schon früh gemerkt, weil ihr Vorname dem meiner Schwester sehr ähnlich ist. Bald schob sich davor ein anderes, deutlich greifbareres Bild: die von ihr im ...

Meret Oppenheim - diese Künstlerin habe ich mir schon früh gemerkt, weil ihr Vorname dem meiner Schwester sehr ähnlich ist. Bald schob sich davor ein anderes, deutlich greifbareres Bild: die von ihr im Jahre 1936 gefertigte Pelztasse, ein überaus originelles Kunstwerk!

Hier im Roman erfährt man, dass die Künstlerin das Werk direkt auf dessen erster Ausstellung an den MoMa-Direktor, der aus New York zu Besuch war, verkauft hat - für 1000 Dollar! Für uns aus heutiger Sicht ist das ein Klacks, für Meret Oppenheim war es damals ein ganz schön dicker Batzen!

Ein Mädchen aus sogenanntem guten Hause tief in Deutschlands Südwesten war sie, eines, das rebellierte und darin von ihrer Schweizer Großmutter, die sich ebenfalls künstlerisch betätigte, vorbehaltlos unterstützt wurde. Und die in schwierigen Zeiten lebte, was hier nur angerissen, als ihre Eltern - der Vater ist Jude - zur Großmutter umziehen müssen.

Wie auch immer, in Paris frönt sie dem lässigen Leben und hat Liebschaften mit Max Ernst (ist belegt) und Marcel Duchamp (das wiederum weiß man nicht so genau) und hält sich mehr im Café de Flore als in ihrem Atelier auf. Ein durchaus süffig zu lesender Roman, der dennoch ziemlich an der Oberfläche bleibt und nur selten mal ein wenig tiefer greift. Ich empfand ihn als unterhaltsam, doch wird er keinen bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen.