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Veröffentlicht am 17.01.2023

Die Frau mit den zwei Gesichtern

Der Tote von Wiltshire - Lockyer & Broad ermitteln
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„Sie müssen mich besuchen … Es geht um damals. Um Harry Ferris.“ (S. 8) Vor 14 Jahren hat Detective Inspector Matthew Lockyer bei einem seiner ersten Fälle die junge Haushälterin Hedy Lambert des Mordes ...

„Sie müssen mich besuchen … Es geht um damals. Um Harry Ferris.“ (S. 8) Vor 14 Jahren hat Detective Inspector Matthew Lockyer bei einem seiner ersten Fälle die junge Haushälterin Hedy Lambert des Mordes überführt. Jetzt will sie, dass er den Fall neu aufrollt, denn das angebliche Mordopfer ist wieder aufgetaucht.
Der Tote wurde damals lange für Harry Ferris gehalten, den vor Jahren verschwundenen Sohn ihres Arbeitgebers, Professor Ferris. Erst ein DNA-Test ergab, dass es sich dabei um einen Pavee handelte, der Harry ähnlich sah. Jetzt ist Harry wieder da – und damit auch Lockyers Selbstzweifel, ob er wirklich die Richtige hinter Gitter gebracht hat, auch wenn alle Indizien für Hedy sprachen ...
Zusammen mit seiner jungen Kollegin Gemma Broad nimmt er sich die alten Akten vor. Sie befragen alle, die in den Fall involviert waren, und laufen gegen eine Mauer des Schweigens. „Früher oder später müssen Sie sich ja doch damit abfinden, dass alle Ihre Nachforschungen nichts ergeben, weil es nichts zu finden gibt.“ (S. 355) Der Professor liegt seit Jahren im Sterben, seine näheren Verwandten wollen von nichts wissen und sein Butler wacht eifersüchtig über ihn und seine Besucher. Erst Harrys altes Kindermädchen bringt sie auf eine neue Spur. Was wäre, wenn doch Harry und nicht der Pavee ermordet werden sollte?

„Ich war… ein Niemand! Ich war ein Nichts! Ich war nur eine Haushälterin, die dort gearbeitet hat …“ (S. 125) Hedy war bei ihrer Verhaftung eine blasse, unscheinbare junge Frau, die sich vor ihrer Umwelt zu verstecken schien und auf ihrer Unschuld beharrte. Daran haben die vielen Jahre in Haft nichts geändert. Sie ist seltsam emotionslos, wenn es nicht gerade um den Mord geht.
Lockyer hat in seiner Jugend einen schlimmen Verlust erlitten, an dem er sich die Schuld gibt über den er nicht hinwegkommen. Er ist voller Selbstzweifel und hat Schlafstörungen, streift nachts durch die düstere Landschaft. Außerdem hat er sich ein altes, extrem renovierungsbedürftiges Häuschen gekauft und wohnt unter einem undichten Dach zwischen zerfetzten Tapeten – ich wäre da längst schreiend rausgerannt.

Ich bin ehrlich, ich habe mich mit dem Buch zu Beginn etwas schwer getan. Alles wirkt alles grau und trostlos, der alte Fall, das Anwesen des Professors, die Menschen, die Umgebung.
Außerdem braucht die Handlung, bis sie endlich Fahrt aufnimmt, aber dann wird es extrem spannend. Plötzlich gibt es mehrere Verdächtige und Motive, und immer sind sich Lockyer und Broad (und ich) sicher, dass der- bzw. diejenige es jetzt aber wirklich war – und liegen wieder falsch. Dazu kommen Lockyers Gefühle für Hedy. Sie fühlten sich damals einander nahe, sind bzw. waren in ihrer Verletzlichkeit und Einsamkeit verwandte Seelen.

„Der Tote von Wiltshire“ war mein erstes, aber garantiert nicht letztes Buch von Katherine Webb. Die düstere Stimmung und der leicht abgehalfterte Lockyer passten gut zusammen und gefielen mir sehr, und die Auflösung ist ein echter Hammer. Außerdem macht das leicht gruselige Ende neugierig auf die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 28.12.2022

Die Spur des Geldes

Die Hafenärztin. Ein Leben für das Recht auf Liebe (Hafenärztin 3)
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Die Ärztin Anne Fitzpatrick hat sich in London ihrer Vergangenheit gestellt und praktiziert jetzt in Hamburg unter ihrem richtigen Namen, aber noch immer kümmert sie sich vor allem um Kinder und Frauen, ...

Die Ärztin Anne Fitzpatrick hat sich in London ihrer Vergangenheit gestellt und praktiziert jetzt in Hamburg unter ihrem richtigen Namen, aber noch immer kümmert sie sich vor allem um Kinder und Frauen, die kaum Rechte haben. Sie untersucht auch regelmäßig die chinesischen Prostituierten in der „Schmuckstraße“. Als bei ihrem Besuch in einem der Bordelle im Nebenzimmer ein junges Mädchen brutal ermordet wird und die Sache vertuscht werden soll, regt sich ihr Widerspruchsgeist. Sie gibt Kommissar Berthold Rheydt Bescheid und dieser nimmt von ihr unterstützt die Ermittlungen auf. Damit bringt Anne nicht nur die Chinesinnen, sondern auch sich selbst in Lebensgefahr. Sie hat ihren Gegenspieler unterschätzt: „Du willst immer mehr wissen, als gut für dich ist.“ (S. 396)
Kommissar Berthold Rheydt hat mit mehreren Problemen zu kämpfen. Neben der Vermutung, dass es sich bei dem Täter um den damals entwischten Hafenschlächter handelt, hat er bei seinen Ermittlungen mit Verständigungsschwierigkeiten zu kämpfen und muss seinen Vorgesetzten als kommissarischer Leiter der Abteilung vertreten, dabei ist er ein Mann der Straße und nicht des Papierkrams. Außerdem hat er sich in die unkonventionelle Helene Curtis verliebt, traut sich aber nach seiner ersten traumatischen Ehe nicht in eine neue Beziehung. „Sie sind eine wundervolle Frau, Helene. Sie haben etwas Besseres verdient als mich.“ (S. 35) Doch da kennt er Helene schlecht. Sie will ihn als Ehemann und ist dafür sogar bereit, auf die mühsam erkämpfte Stelle als Lehrerin zu verzichten.

„Die Hafenärztin. Ein Leben für das Recht auf Liebe“ ist leider der Abschluss der Trilogie um Anne, Helene und Berthold, dabei könnte man ihre Geschichte sicher noch weiterschreiben.
Diesmal spielt die Handlung hauptsächlich im chinesischen Viertel und dreht sich um Zwangsprostitution bzw. Zwangsarbeit, Bandenkriminalität und das Drogenmilieu. Ein unbekannter Händler versucht den Markt mit besonders reinem Heroin zu überschwemmen, um damit seine Konkurrenten auszuschalten und neue Kunden zu gewinnen. Kommissar Rheydt wird schnell klar, dass er der Spur des Geldes folgen muss, wenn er den Fall aufklären will.

Henrike Engel schreibt extrem fesselnd und kurzweilig, ich konnte das Buch wieder kaum aus der Hand legen. Die Schilderungen der damals sehr exotisch wirkenden Schmuckstraße, die einen ganz eigenen Kosmos bildete, und die Beziehungen der verschiedenen Geschäfte untereinander haben mir sehr gut gefallen.

Vom ersten Band an liegt ihr Augenmerk auf der Entwicklung der Figuren.
Anne kommt aus einem sehr gutsituierten Elternhaus, das ihr das Medizinstudium ermöglicht hat und jetzt nicht mit ihrem Engagement für die Ärmsten der Armen einverstanden ist. Außerdem hat sie Hinweise, dass ihr Vater, zu dem sie immer aufgeschaut hat, in unlautere Geschäfte verwickelt ist und steckt deswegen in einer echten Zwickmühle.
Helenes hat sich von der sittenstrengen Pastorentochter zur überzeugten Frauenrechtlerin entwickelt, die selbstständig leben und arbeiten und darum Lehrerin werden wollte. Doch dann hat sie sich in Kommissar Rheydt verliebt und hofft auf eine Beziehung auf Augenhöhe. Besonders gefallen hat mir, wie sie sich für ihre Freundin Pauline eingesetzt hat und dass ihre Mutter ihr jetzt nacheifert und sich immer mehr von ihrem Mann emanzipiert.
Berthold Rheydt ist ein Mann der Moderne. Um seine Fälle aufzuklären, greift er auf neueste Methoden zurück, bindet externe Spezialisten wie das Apothekerehepaar ein und ermittelt oft unter Einsatz seines Lebens. Privat kämpft er gegen die Geister seiner Vergangenheit, fühlt sich für den Tod seiner ersten Frau und ihres gemeinsamen Sohnes verantwortlich. Kann ihn Helene von einer neuen Beziehung überzeugen?

Mich hat auch der dritte Band der wieder sehr gut unterhalten. Ich ziehe lediglich einen halben Punkt dafür ab, dass Henrike Engel viel aus den ersten beiden Büchern wiederholt und ich nicht zwingend hätte wissen müssen, wie es u.a. mit der Lilith-Bande weitergeht.

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Veröffentlicht am 15.12.2022

Einen Tag nach dem anderen

Schritt für Schritt zum Glück
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„Das war damals die schönste Zeit meines Lebens.“ (S. 48) Vor 3 Jahren haben sich die Amerikanerin Zoe und der Brite Martin auf dem Jakobsweg kennengelernt und ineinander verliebt, sich danach aber trotzdem ...

„Das war damals die schönste Zeit meines Lebens.“ (S. 48) Vor 3 Jahren haben sich die Amerikanerin Zoe und der Brite Martin auf dem Jakobsweg kennengelernt und ineinander verliebt, sich danach aber trotzdem für getrennte Leben entschieden, weil keiner von ihnen seine Heimat verlassen wollte.
Jetzt treffen sie wieder aufeinander. Bei Zoes Freundin Camille wurde Multiple Sklerose festgestellt, darum will sie mit ihr den Assisiweg von Cluny nach Rom gehen, solange sie es noch kann. Martin will sie einen Teil der Strecke begleiten und seine Tochter Sarah, die gerade Semesterferien hat, schließt sich ihm spontan an.
Was als Trip zu zweit geplant war, wird schnell zu einer kleinen Gruppenreise, als auch noch Camilles Ex-Mann Gilbert und Bernhard mitkommen, den sie ebenfalls auf dem Jakobsweg kennengelernt haben.

Jeder von ihnen befindet sich gerade an einem Punkt im Leben, an dem er es noch mal ändern könnte. Zoes Karriere als Comic-Zeichnerin stagniert. Martin setzt für die Reise seinen Job aufs Spiel, an dem er aber auch nicht mehr so richtig hängt. Sarah ist nicht sicher, ob sie weiter Medizin studieren soll. Bernhard will vom Ingenieurs- zum BWL-Studium wechseln. Camille überlegt, was sie mit der Zeit anfangen soll, die ihr noch bleibt, und Gilbert liebt sie immer noch, fühlt sich für sie verantwortlich und hat seine Firma verkauft um nur für sie da sein zu können – obwohl sie ihn nicht darum gebeten hat.

Schnell wird klar, dass sie den Weg aus verschiedenen Gründen gehen. Camille ist Katholikin, pilgert um Buße zu tun und hofft auf eine Audienz beim Papst, die Vergebung einer großen Sünde und die Spontanheilung ihrer Krankheit – denn Wunder passieren immer wieder. Gilbert geht ihn wegen ihr und weil ihm sein Arzt mehr Bewegung verordnet hat. Zoe geht es um die Herausforderung an sich, 1.600 km in 47 Tagen. Zudem denkt sie, dass Camille es allein nicht schaffen würde und ihre Hilfe braucht. Und Martin hofft, Zoe diesmal überzeugen zu können, dass sie zu ihm zieht.

Das Buch lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Einerseits bekommt man einen sehr guten Eindruck, wie körperlich anstrengend und nervlich aufreibend das Pilgern ist, dass man dabei immer wieder an seine Grenzen stößt und sich jeden Tag entscheiden muss, wieder loszugehen, einen Tag nach dem anderen, ohne an morgen oder gar übermorgen zu denken. Anderseits ist die Handlung sehr problembeladen und aufgrund der vielen Personen zum Teil etwas unübersichtlich. Aber man bekommt auch einen tiefen Einblick in ihre jeweilige Gedanken- und Gefühlswelt und wird sich genau wie sie seiner Endlichkeit bewusst.
Außerdem merkt man, dass Graeme Simsion und Anne Buist den Weg selbst gegangen sind und aus Erfahrung sprechen, wenn die Herbergen und ihrer Betreiber beschreiben, die Schwierigkeiten, mit denen diese zu kämpfen haben.

Wie schon in „Zum Glück gibt es Umwege“ werden die Geschehnisse abwechselnd aus Zoes und Martins Sicht geschildert, so dass man unterschiedliche Sichtweisen auf das Geschehen bekommt. Zum besseren Verständnis würde ich übrigens empfehlen, das Buch vorher zu lesen.

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Veröffentlicht am 19.11.2022

Projekt Lebensbuch

Café Leben
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„Ich bin aus verschiedenen Gründen für die Stelle geeignet. Erstens neige ich nicht zu Gefühlsausbrüchen oder Sentimentalität. Zweitens besitze ich ausgezeichnete Qualifikationen im Büromanagement und ...

„Ich bin aus verschiedenen Gründen für die Stelle geeignet. Erstens neige ich nicht zu Gefühlsausbrüchen oder Sentimentalität. Zweitens besitze ich ausgezeichnete Qualifikationen im Büromanagement und bin somit gut gerüstet, um die Lebensgeschichten rechtzeitig zu verschriftlichen, bevor die Betroffenen sterben. Drittens mag ich es, eine Deadline zu haben.“ (S. 12) Mit diesen Worten bewirbt sich Henrietta in der Beratungsambulanz eines Krebszentrums. Ihre Aufgabe wird es sein, zusammen mit den Patienten in nur 6 Sitzungen á 1 Stunde deren Leben aufzuschreiben und daraus ein Buch für die Hinterbliebenen zu machen. Dafür gibt es einen Vordruck, aber schon Henriettas erste Patientin Annie macht ihr klar, dass ihre Erinnerungen nicht in das starre Gefüge des Formulars passen. „Wenn du auf dein Leben zurückschaust, dann hat es keine geordnete Form. Es sind eher Schnappschüsse, wie in einem Fotoalbum. Und manchmal fällt es schwer, sich an die Teile dazwischen zu erinnern, daran, was in dem Moment passiert ist, bevor das Foto aufgenommen wurde, oder gleich danach.“ (S. 50) Dann rattert sie ihre Geschichte herunter und erwähnt kurz, dass ihre jüngere Schwester Kathy vor 46 Jahren mit gerade mal 18 verschwand und kurz darauf für tot erklärt wurde, weil es keine verwertbaren Spuren gab. Henrietta wird hellhörig und forscht nach, wobei es ihr zu Beginn gar nicht mal darum geht, die Lücke zu füllen, die Kathys Verschwinden in Annies Leben gerissen hat, sondern darum, das Lebensbuch abzurunden – sie mag einfach keine Leerstellen.

„Café Leben“ von Jo Leevers ist aufgrund der tragischen Schicksale der drei Frauen ein sehr berührendes Buch voller unausgesprochener Vermutungen, Wahrheiten und dunkler Geheimnisse. Denn nicht nur Annie und Kathy, auch Henrietta hatte es bisher nicht leicht im Leben, dabei ist sie gerade mal Anfang 30. Sie lebt mit ihrem Hund sehr zurückgezogen und beschränkt die Kontakte zu anderen Menschen auf das absolut Notwendigste. Ich habe lange überlegt, ob sie evtl. eine Bindungsstörung hat, da sie sich nicht auf andere einlassen und Gefühle zeigen kann (ihr Gesicht ist eine unbewegte Maske). Aber im Laufe der Handlung wird klar, dass sie so erzogen wurde, ihre Eltern ihr das genauso vorleben und sie für einen Vorfall in ihrer Kindheit verantwortlich machen bzw. sogar bestrafen …
Annie scheint das ganze Gegenteil zu sein, will auffallen und Spuren hinterlassen, selbst wenn es nur ihre Fingerabdrücke auf einer frisch geputzten Glastür sind. Seit dem Tod ihres Mannes trägt sie Vintage-Kleider: „Ein bisschen exzentrisch, aber daran gibt es nichts auszusetzen, denn es gleicht die vielen Jahre der Unsichtbarkeit aus.“ (S. 228 / 229) und so lange es ihr noch gut ging, hat sie regelmäßig neue Restaurants und Cafés ausprobiert. Doch insgeheim drehen sich alle ihre Gedanken um ihr Leben mit und ohne Kathy, hinter der sie immer zurückstehen musste und die sie trotzdem so sehr vermisst. „Die Erstgeborene, aber immer an zweiter Stelle. Liebe und Groll waren die Zwillingsfäden, aus denen das Band zwischen den Schwestern bestand.“ (S. 163)

Sehr gefühlvoll beschreibt Jo Leevers die Beziehung zwischen den Schwestern und was damals passiert ist, wie sich Henrietta und Annie langsam aneinander annähern und öffnen, sich ihre größten Geheimnisse, Ängste und schlimmsten Erinnerungen erzählen. Man braucht beim Lesen starke Nerven, muss die Dramen, die die drei erleben bzw. erlebt haben, und die explizit beschriebenen Sterbeszenen der Krebskranken aushalten können. Aber sie macht auch Mut indem sie zeigt, wie es für die Zurückgebliebenen weitergeht. „Ich finde, es ist an der Zeit, dass Sie sich ins Leben stürzen.“ (S. 216)

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Veröffentlicht am 31.10.2022

Schottlands Stadt der Bücher

Das kleine Bücherdorf: Winterglitzern
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Vicky arbeitet als Kunsthändlerin im Unternehmen ihres Vaters in München und hofft, im neuen Jahr endlich die Niederlassung in Berlin übernehmen zu können. Sie braucht nur noch den einen großen Wurf, um ...

Vicky arbeitet als Kunsthändlerin im Unternehmen ihres Vaters in München und hofft, im neuen Jahr endlich die Niederlassung in Berlin übernehmen zu können. Sie braucht nur noch den einen großen Wurf, um ihren Konkurrenten auszustechen. Als ihr ein Brief in die Hände fällt, den der kleine Finlay aus Swinton-on-Sea seiner verstorbenen Mutter in den Himmel schicken wollte, ist sie gerührt. Ihren Vater aber interessiert nur das beiliegende Foto, auf dem Finley mit seinem Vater Graham und seinem Lieblingsbuch zu sehen ist – einer extrem seltenen, illustrierten Erstausgabe von Alice im Wunderland. Vicky wird losgeschickt, um es Graham abzukaufen, denn sie gehen davon aus, dass dieser nicht weiß, was es wert ist. Sie glaubt, dass das eine Geschäftsreise wie jede andere wird, doch sie hat nicht mit dem Zauber der schottischen Kleinstadt und seiner Bewohner gerechnet …

„Das kleine Bücherdorf: Winterglitzern“ ist der erste Band einer neuen Reihe von Katharina Herzog und entführt die Leser in die Vorweihnachtszeit einer malerischen Kleinstadt an der Küste, in der man sich noch gegenseitig kennt und Nachbarschaft großgeschrieben wird.
Vicky ist davon (und von Finleys Geschichte) so berührt, dass sie nicht weiß, wie sie Graham nach dem Buch fragen soll. Also lässt sie sich als Aushilfe in seinem Buchladen „The Reading Fox“ einstellen und lernt ihn und die anderen Bewohner der Kleinstadt mit ihren Schicksalen, Nöten und Sorgen näher kennen. Sie wird von ihnen herzlich aufgenommen und sofort voll integriert. Und je länger sie bleibt, um so weniger interessiert sie sich für das Buch. Stattdessen entdeckt die taffe Geschäftsfrau ihr Herz für Vater und Sohn und genießt ihr Leben endlich wieder. „Seit ich in Schottland bin, kommt es mir so vor, als hätte jemand die Stopp-Taste gedrückt.“ (S. 249) Sie strebt nicht mehr nur nach der Bestätigung durch ihren übermächtigen Vater und dem nächsten Erfolg. Doch irgendwie muss sie Graham erklären, weswegen sie ursprünglich nach Swinton gekommen ist …

Grahams Freunde sind der Meinung, dass er in seinem Herzen endlich Platz für eine neue Liebe machen soll, aber das fällt ihm schwer. „Es ist nicht so leicht, unter den Milliarden Frauen auf dieser Welt genau diejenige zu finden, die dein Herz berührt.“ (S. 23) Erst Vicky geht ihm wieder unter die Haut und auch Finlay mag sie sehr. Aber haben sie auch eine gemeinsame Zukunft?

„Winterglitzern“ ist ein entzückender Vorweihnachtsroman, der Lust auf eine Reise in Schottlands Bücherdorf macht. Es ist die perfekte Lektüre für einen gemütlichen Nachmittag auf der Couch, mit einer großen Kanne englischem Tee und ausreichend Shortbread. Außerdem möchte man nach dem Lesen unbedingt wissen, wie es Band 2 weitergeht und wer hinter dem / der geheimnisvollen E. Smith steckt.

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