Elizabeth Zott ist umwerfend
Eine Frage der ChemieWir schreiben die frühen 1960er Jahre in den USA. Frauen sind überwiegend schmückendes Beiwerk ihrer Männer und agieren unsichtbar im Hintergrund ihrer Familien. Von Gleichberechtigung ist die Gesellschaft ...
Wir schreiben die frühen 1960er Jahre in den USA. Frauen sind überwiegend schmückendes Beiwerk ihrer Männer und agieren unsichtbar im Hintergrund ihrer Familien. Von Gleichberechtigung ist die Gesellschaft so weit entfernt wie der Mars von der Erde. Es wird Frauen nicht einmal ansatzweise zugetraut einen Intellekt zu besitzen oder ihr Gehirn zu etwas anderem als Hausarbeit einzusetzen. Eine eigene Meinung, öffentlich vertreten? Na wo kommen wir denn da hin.
Und dann kommt Elizabeth Zott daher und beginnt in ihrem Umfeld alles auf den Kopf zu stellen. Oder vielmehr versucht sie es. Elizabeth ist anders, als es die Männer in ihrem beruflichen Umwelt von einer Frau erwarten. Sie ist klug, sie ist schlagfertig, bestechend logisch, zielstrebig und hartnäckig. Sie hat eine eigene Meinung und vertritt ihren Standpunkt vehement. Ein "nein" lässt sie nur äußerst selten gelten. Sie ist eine Frau, die von Kindesbeinen an gelernt hat zu kämpfen. Sie rennt dabei immer wieder gegen verschlossene Türen. Ihr schlagen nicht nur die gesellschaftlichen Konventionen der damaligen Zeit entgegen, sondern auch purer Frauenhaß. Beim Lesen mancher Passagen ist mir abwechselnd die Luft weggeblieben oder ich hätte mich am liebsten übergeben.
Doch in Calvin Evans, einem ebenso schlauen Kopf wie auch missverstandenem Menschen, findet Elizabeth nicht nur ihre große Liebe, sondern auch ihren Seelenverwandten. Er nimmt sie und ihre Forscshung ernst. Sieht die Chemikerin in ihr. Ihre Beziehung wirkt auf Außenstehende manchmal merkwürdig, ist für die beiden aber ein Ort der Ruhe und erfüllt beide mit großem Glück. Doch dann passieren zwei Dinge, die Elizabeth nicht nur den Boden unter den Füßen wegziehen, sondern auch gesellschaftlich für sie das Aus bedeuten können. Doch Elizabeth Zott wäre nicht Elizabeth Zott, wenn sie nicht die Ärmel hochkrempeln und sich auch diesem Kampf stellen würde. Und so findet sie sich in der TV-Show "Essen um sechs" wieder - ausgerechnet einer Kochsendung. Nicht ahnend, was sie mit ihrer Sendung in den Wohnzimmern der Nation auslösen wird.
So ein großartiges Buch! Romane über starke Frauen gibt es so einige zu lesen. Für mich sticht "Eine Frage der Chemie" aber heraus und ist jetzt schon eines meiner Highlights in diesem Jahr. Die Autorin bringt viele Themen in ihrem Buch unter. Und das auf ganz eigene und sehr unterhaltsame Art. In einem unterhaltsamen Plauderton erzählt sie die Geschichte. Dabei überzeichnet sie bewusst auch und damit so manches mal die Absurdität der Situation erst recht deutlich. Sie lässt einen ganz eigenen Humor einfließen, der das Buch sehr unterhaltsam macht.
Alle Charaktere, von Elizabeth bis zum Hund, finde ich toll gestaltet. Bei allem Humor lässt sie auch ernste Gedanken zu und ihre Figuren nachdenklich auf das Leben blicken. Alle sind authentisch in ihren Gefühlen und mit viel Fingerspitzengefühl ist alles so zusammengeführt, dass es einfach nur sehr viel Spaß macht dieses Buch zu lesen.
Natürlich gibt es am Ende ein Happy End. Ich wäre auch schwer enttäuscht gewesen, wenn es nichtso gewesen wäre. Und nach all den Anfeindungen und Gemeinheiten, denen nicht nur Elizabeth ausgesetzt war, war es für mich ein innerer Vorbeimarsch und ich hätte am liebsten die Faust in die Luft gereckt und laut "Yes!!!" gerufen.