Eindrucksvolles Debüt
DaleeMEINE MEINUNG
Mit seinem Debüt „Dalee“ ist dem deutschen Auslandsreporter und Autor Dennis Gastmann ein berührender und wundervoll warmherzig erzählter Abenteuerroman gelungen, der uns in eine fremde, ...
MEINE MEINUNG
Mit seinem Debüt „Dalee“ ist dem deutschen Auslandsreporter und Autor Dennis Gastmann ein berührender und wundervoll warmherzig erzählter Abenteuerroman gelungen, der uns in eine fremde, exotische Welt eintauchen lässt. Es ist eine faszinierende, sehr einfühlsam erzählte Geschichte über Zusammenhalt, Freundschaft, Neuanfänge und Abschiednehmen und über die lebenslange Beziehung und tiefe Verbundenheit zwischen Mensch und Tier.
Die aparte Ausgangsidee des Romans mit ihrem exotischen Schauplatz auf einem fernen Archipel basiert tatsächlich auf wahren Begebenheiten. Man spürt deutlich, wie ausgiebig der Autor für dieses Buch recherchiert hat, sich mit fremden Kulturen auseinandergesetzt und auch die tropische Natur vor Ort mit ihren Widrigkeiten, ihrer atemberaubenden Vielfalt und Urgewalten hautnah miterlebt hat.
Angesiedelt ist die Handlung Mitte des 20. Jahrhunderts. Erzählt wird die Geschichte rückblickend aus der Perspektive des alten Protagonisten und Ich-Erzählers Bellini, der uns an seinen berührenden Kindheitserinnerungen teilhaben lässt. So erleben wir aus der bisweilen herrlich kindlichen Sicht des 11jährigen Jungen die aufregenden Ereignisse rund um den Weggang seiner Familie aus Kalkutta und ihren hoffnungsvollen Neuanfang in der Fremde auf einer tropischen Andamaneninsel und ehemaliger Standort eines britischen Strafgefängnisses, wo sein Vater als Elefantenführer mit seinem Arbeitselefanten Dalee für einen reichen Unternehmer zur Abholzung des wertvollen Tropenholzes Arbeit gefunden hatte.
Dank des wundervoll bildhaften, farbenprächtigen Erzählstils konnte ich mühelos in die tiefgründige Geschichte abtauchen und mich an der Seite des jungen Ich-Erzählers auf eine abenteuerliche und äußerst ereignisreiche Reise ans andere Ende der Welt begeben. Ob nun die exotische Basaratmosphäre mit dem ungewöhnlichen Elefantenrennen zur Rekrutierung der Arbeitstiere, die abenteuerliche Schiffspassage über den indischen Ozean mit den Grauen Riesen an Bord, die beschwerlichen Anfänge im unwirtlichen Urwald oder den mühsamen Aufbau einer Siedlung für die bunt gewürfelte Truppe an angeworbenen Arbeitern und ehemaligen Sträflingen - Gastmann gelingt es hervorragend, eine unnachahmliche und oftmals märchenhaft-mystische Stimmung heraufzubeschwören, die einen unweigerlich in ihren Bann zieht. Mit der Ankunft und dem Wirken des deutschen Direktorenehepaars auf der Insel, dem Aufeinandertreffen von indischer Arbeitsmoral und Aberglauben mit deutscher Lebenseinstellung und disziplinierter Arbeitsauffassung bauen sich allmählich immer mehr Konfliktfelder auf. Die Herausforderungen im Alltag sind angesichts der schwierigen Arbeitsbedingungen für Mensch und Tier, den vielen im Dschungel lauernden Gefahren und der klimatischen Extreme ernorm. Auch wenn der junge Ich-Erzähler, an dessen Zweifeln, Gedanken und Gefühlen wir unmittelbar teilhaben, die subtilen Spannungen zwar wahrnimmt und beschreibt, so kann er die verhängnisvollen Zusammenhänge aufgrund seines jungen Alters aber nicht erfassen, was seine Schilderungen unfreiwillig komisch wirken lassen. Als immer deutlicher wird, dass der 50jährige Dalee langsam alt wird und nicht nur seine Kräfte schwinden, sondern er allmählich auch launischer, unberechenbarer und schließlich vergesslich wird, nimmt die Tragödie unweigerlich ihren Lauf.
Sehr nachdenklich stimmen die Schilderungen über die allgegenwärtige Arroganz und grenzenlose Gier der „weißen Kolonialisten“, die damals ohne Skrupel und Respekt Mensch und Natur ausbeuteten und Raubbau betrieben. Hervorragend haben mir auch die anschaulichen Beschreibungen der üppigen Natur, der artenreichen Flora und Fauna gefallen, die vor meinem inneren Auge eine atemberaubend farbenprächtige und exotische Welt entstehen ließen. Gastmann lässt in seine Geschichte zudem interessante historische Informationen, spirituelle und kulturelle Aspekte einfließen.
Sehr spannend sind die Passagen, in denen wir faszinierende Details über das uralte, traditionelle Handwerk des Mahuts (Elefantenführer) erfahren und die innige, freundschaftliche Beziehung zwischen den Großen Grauen mit ihren unbändigen Kräften und ihrem Mahut am Beispiel von Bellinis Vater miterleben. Gekonnt bringt Gastmann zudem uns die erstaunlich empfindsame Seele der Elefanten nahe. Es bereitet viel Spaß mitzuerleben, wie Dalee durch den Ozean schwimmen kann und sogar eine künstlerische Ader zu haben scheint.
Die Charakterisierung der verschiedenen Persönlichkeiten ist zwar mit all ihren Ecken und Kanten facettenreich, bleibt aber dennoch etwas vage, so dass ich mich nicht immer in ihr Innenleben hineinversetzen und ihr Verhalten nachvollziehen konnte. Auch wenn die Geschichte erst allmählich Spannung aufbaut, gelingt es Gastmann, uns mit Handlungstwists immer wieder zu überraschen, und lässt diese mit einem wundervollen, sehr stimmigen Ausklang enden.
FAZIT
Eine berührende, einfühlsam erzählte Geschichte, die uns in eine exotische, ja unwirkliche Welt eintauchen lässt, und ein außergewöhnliches Leseabenteuer, das man sich nicht entgehen lassen sollte!