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Veröffentlicht am 22.03.2023

"Spionageromane sind nicht so mein Ding."

Seventeen
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„Ihre Furchtlosigkeit ist Show, aber meine auch.
Und vielleicht auch die von Kondracky.“

Der britisch – kanadische Drehbuchautor John Brownlow hat mit „Seventeen“ seinen Debutroman vorgelegt, ...


„Ihre Furchtlosigkeit ist Show, aber meine auch.
Und vielleicht auch die von Kondracky.“

Der britisch – kanadische Drehbuchautor John Brownlow hat mit „Seventeen“ seinen Debutroman vorgelegt, und man merkt diesem Roman auch an, dass Brownlow im Hauptberuf screenwriter ist – es geht Schlag auf Schlag, es gibt filmreife Szenen und markige Sprüche. Der Folgeband ist Gerüchten zufolge schon in der Mache.

Worum geht’s?

Der Protagonist (Codename: „17“) ist der beste Auftragskiller der Welt, er führt als Ich-Erzähler durch das Geschehen. Die Geschichte startet temporeich, ein Auftrag in Berlin steht an. Ich war von der ersten Seite an gefesselt; Seventeen ist ein wahres Chamäleon und erschreckend effizient in seinem Job. Die deutsche Hauptstadt wird als Spionage – Hotspot dargestellt (der Autor nimmt an, dass dies bereits nach Ende des zweiten Weltkrieges mit Schaffung der Besatzungszonen begann und nicht erst auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges). Fressen oder gefressen werden!

„Seventeen“ führt ein Leben im Schatten, die Aufträge erhält er von einem ominösen Mann mit dem sprechenden Namen „Handler“ übermittelt, und das Töten ist schon zur Routine geworden. Eines Tages erhält der Erzähler, dessen Pseudonym auch „Jones“ lautet, einen ganz besonderen Auftrag – er soll seinen Vorgänger („Sixteen“) töten, der wie vom Erdboden verschluckt scheint und von heute auf morgen seinen Job an den Nagel gehängt hat.
Der Auftrag geht schief, Jones wird vom Jäger zum Gejagten, und Pragmatismus (um nicht zu sagen: Zynismus) weicht moralischen Zweifeln, und es stellt sich die Frage, wer eigentlich der Profiteur des Ganzen ist…

Formal ist die Geschichte in mehrere Teile gegliedert. Brownlows unterhaltsamer Spionagethriller ist nichts für schwache Nerven, die rasante Handlung wird durch die Kürze der Kapitel forciert, und cleveres Namedropping lässt den Plot seltsam real erscheinen (von Adnan Kashoggi und Imelda Marcos hat wohl jeder Leser und jede Leserin schon einmal gehört). Der Autor streut genretypische Elemente und Topoi ein, die Geschichte ist durchweg spannend. „Seventeen“ ist (wenn man von kleinen Ungenauigkeiten einmal absieht) ein durchaus gelungenes Debut, man wird als Leser oder als Leserin jedoch unweigerlich ein Déjà – Vu haben, da es Auftragskiller in Film & Literatur wie Sand am Meer gibt. Mich erinnerte die Prämisse an meine Lieblingsserie „Person of Interest“ (2011 – 2016). Darin erhalten die CIA – Agenten John Reese und Kara Stanton beide den Auftrag, einander (ohne Wissen des jeweils anderen) zu töten. Während Reese jedoch zögert, seine Partnerin & Mentorin zu erschießen, feuert diese ohne Skrupel auf Reese, nur um selbst fast getötet zu werden, was sie schließlich glauben lässt, Opfer einer größeren Verschwörung zu sein. Als Sci-Fi-Krimi-Serie ist „Person of Interest“ keine reine Spionagestory, es gibt diverse Figuren, die Agententhematik ist jedoch ein dominanter Teil der Handlung. Auch der amerikanische Drehbuchautor Nic Pizzolatto („True Detective“) veröffentlichte 2016 sein Debut rund um einen desillusionierten hitman: „Galveston“. „Seventeen“ gefällt mir jedoch besser als „Galveston“, weil John Brownlows Krimi kompakter ist.

Fazit:

„Seventeen“ ist ein actionreicher Agententhriller. Ich konnte das Buch schon kurz nach Beginn der Lektüre kaum mehr aus der Hand legen, die Figurenzeichnung ist solide, die story unterhaltsam und abwechslungsreich. Finessen nach Art eines Dostojewski darf man natürlich nicht erwarten, aber ich bin dennoch gespannt auf den Folgeband.

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Veröffentlicht am 18.03.2023

Maliks Geschichte

Der Geheimnishüter von Jaipur
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Vorab:
Die Umschlaggestaltung des Buches gefällt mir gut, ich finde das Cover der englischen Ausgabe aber noch schöner und prächtiger, schade!

Alka Joshi hat mit dem „Geheimnishüter von Jaipur“ ...

Vorab:
Die Umschlaggestaltung des Buches gefällt mir gut, ich finde das Cover der englischen Ausgabe aber noch schöner und prächtiger, schade!

Alka Joshi hat mit dem „Geheimnishüter von Jaipur“ den zweiten Teil ihrer Jaipur – Trilogie vorgelegt. Band eins – „Die Hennakünstlerin“ hat mich so gut unterhalten, dass ich das Buch in wenigen Tagen ausgelesen hatte und die volle Punktzahl in meiner Rezension vergab (indische Freunde bemängelten indes ein verzerrtes Indienbild). Während die Handlung der „Hennakünstlerin“ im Jahr 1955 beginnt, befinden wir uns im „Geheimnishüter“ schon in den späten 1960er Jahren. Um die Handlung zu verstehen, muss man den Auftaktband jedoch nicht gelesen haben, da die Autorin mit erzählerischen Mitteln die Geschehnisse aus der „Hennakünstlerin“ nicht nur zusammenfasst, sondern auch multiperspektivisch nacherzählt. Da ich mich noch gut an Band eins erinnere, fand ich das nicht so prickelnd, Leute, die mit Band zwei beginnen, werden vielleicht dankbar sein. Insofern spielt die Tatsache, dass im „Geheimnishüter von Jaipur“ große Teile der „Hennakünstlerin“ wiederholt werden, Quereinsteigern in die Hände.

Worum geht’s?

Die ehemalige Hennakünstlerin Lakshmi ist nach Shimla gezogen und widmet sich mit ihrem neuen Ehemann, Dr. Kumar, der Heilkunst. Sie verschafft ihrem Protegé Malik eine Anstellung im Palast von Jaipur, hatte sich das ehemalige Straßenkind doch als treuer und loyaler Gefährte in schwierigen Zeiten erwiesen. Malik ist mittlerweile zum jungen Mann herangewachsen, er verliebte sich in die hübsche Nimmi, und das Kino hat es dem klugen Inder angetan. Als ein neues Lichtspielhaus in Jaipur eingeweiht werden soll, kommt es zur Katastrophe – der Bau stürzt ein, unzählige Menschen sterben, der Schuldige ist (scheinbar) schnell gefunden. Doch hatte die einflussreiche Familie Singh womöglich ihre Finger im Spiel? Malik setzt alles auf eine Karte…
Alka Joshis bildhafter Stil konnte mich wieder begeistern, ich konnte richtig in die story eintauchen und ich fühlte mich förmlich in das Jahr 1969 zurückversetzt. In der Erzählung tauchen bekannte Figuren auf, besonders freute ich mich über das Wiedersehen mit dem prinzipientreuen Jay Kumar. Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven erzählt – dieses Stilmittel gefällt mir eigentlich sehr gut, es bringt eine gewisse „Würze“ in die Handlung (gestört haben mich – wie bereits erwähnt – die Wiederholungen). Malik als Figur gefällt mir besser als Lakshmis störrische Schwester Radha (ihr Lebensweg soll im Finalband der Jaipur- Trilogie noch eine Rolle spielen), und „Tante Boss“ und Malik sind einfach ein unschlagbares Team! „Der Geheimnishüter von Jaipur“ hat mich prima unterhalten, die deutsche Übersetzung klingt in meinen Ohren stellenweise aber (für die beschriebene Zeit) recht modern: „Ich ignoriere seinen Frust.“ (S. 264). Die gesellschaftskritischen Elemente der Geschichte und die Kritik am Klassismus werten die Handlung auf: „Da ich lange Zeit daran gewöhnt war, selbst zu dienen, statt bedient zu werden, habe ich eine Beflissenheit in meiner Haltung, die ich nur schwer abschütteln kann.“ (S.59).

Fazit:

„Der Geheimnishüter von Jaipur“ hat mich zwar gut unterhalten, aber es ist auch ein typischer Folgeband mit kleinen Schwächen, der mich nicht so sehr begeistern konnte wie der Auftaktband („Die Hennakünstlerin.“). Obwohl die farbenfrohen Figuren interessant sind, ist der plot stellenweise leider ein wenig zäh. Sehr gut gefielen mir aber die Anmerkungen am Ende der Erzählung – es gibt unter anderem ein Glossar und Rezepte. Ich bin nun gespannt auf Teil drei!

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Veröffentlicht am 25.02.2023

spannendes Debut mit kleinen Schwächen

Das Geheimnis der Gouvernante
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Beim Titel „Das Geheimnis der Gouvernante“ musste ich gleich an Jane Eyre denken! Ich habe mich auf einen (neo)viktorianischen Roman und eine Art Gothic Novel mit schauerlicher Atmosphäre eingestellt. ...

Beim Titel „Das Geheimnis der Gouvernante“ musste ich gleich an Jane Eyre denken! Ich habe mich auf einen (neo)viktorianischen Roman und eine Art Gothic Novel mit schauerlicher Atmosphäre eingestellt. Tatsächlich findet der plot von Helen Scarletts Roman auch im Viktorianischen Zeitalter statt, die Haupthandlung setzt 1871 ein.
Worum geht’s?
Harriet aus der Grafschaft Norfolk hat eine Anstellung auf Teesbank Hall in Durham angenommen. Als sie aus dem Zug aussteigt, will kein Kutscher sie zum dem abgelegenen Anwesen bringen, man fürchtet das Haus (und seine Bewohner).
Die junge Frau soll die achtzehnjährige Eleanor Wainwright unterrichten, die mit ihrer strengen Großmutter und mit ihren Eltern (und vielen Bediensteten) im Herrenhaus lebt. Ihr Bruder Henry ist eigentlich mit seinem Studium beschäftigt, doch er ist nicht wirklich abwesend. Harriet wird angewiesen, Eleanor zu überwachen, kein Wunder, dass diese nicht freundlich ist. Die Gouvernante wird mehrere Familiengeheimnisse aufdecken und am Ende auch die Liebe finden …
„Das Geheimnis der Gouvernante“ von Helen Scarlett ist sehr spannend, ich habe die Geschichte in einem Rutsch gelesen und mich an keiner Stelle gelangweilt, es gibt keine Längen im Buch. Ein richtiger Schauerroman ist es trotz passender „Zutaten“ für mich aber nicht, ich habe mich nicht wirklich gegruselt, da das Kryptische, Ambivalente fehlt. Vieles ist zu ‚vordergründig‘ beschrieben, und die Autorin kann sich nicht recht für eine klare Linie entscheiden. Zum gesellschaftskritischen Erzählansatz passen manche Elemente nicht, die Figuren sind dafür zu eindimensional. Zwar legt Scarlett falsche Fährten, wenige Seiten später werden diese aber wieder verworfen, sie nimmt sich eigentlich selbst den Wind aus den Segeln.
Die Figuren sprechen und handeln teilweise leider auch wie Menschen des 21. Jahrhunderts, also ahistorisch (ich setze voraus, dass die deutsche Übersetzung sich am Originaltext orientiert.) An einer Stelle verkündet Eleanor: „Wenn ich auch nur fünf Minuten mit Rosalind zusammen bin, möchte ich am liebsten kotzen.“
Es ist auch von „klettern gehen“ und „Luxusleben“ (liegt’s an der Übersetzung?) die Rede, daher konnte ich nicht ganz in die Story „abtauchen“, flüssig geschrieben ist die Geschichte dennoch. Für meinen Geschmack „packt“ die Autorin auch zu viele Aspekte in die Handlung. Manches fand ich auch unlogisch, wie kann jemand einerseits schwer krank sein (psychisch und physisch), und sein Studium mit Bravour meistern und eine beeindruckende Karriere ‚hinlegen‘? Wussten Zeitgenossen schon, dass die Phrenologie Humbug ist? Ich fand es auch unbefriedigend, dass mehrere Handlungslinien im Sand verlaufen und vergessen werden. Helen Scarlett kratzt an der Oberfläche, geht aber nicht wirklich in die Tiefe, es gibt aber auch einen Ausblick auf den ersten Weltkrieg. Daher scheint mir, dass die Autorin bestrebt war, alles richtig zu machen, hier hätte der Lektor oder die Lektorin helfen können.
„Das Geheimnis der Gouvernante“ hätte mit ein wenig mehr Feinschliff der perfekte Debutroman sein können, so bleibt es bei einer sehr unterhaltsamen Story.

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Veröffentlicht am 16.01.2023

In geheimer Mission

Northern Spy – Die Jagd
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„Er hat zwar vor, morgen jemanden zu ermorden, aber er wird keine Drinks aus einer Selbstbedienungsbar stehlen.“

Dieser Thriller ist im Kern ein Roman über starke Frauen. Die Handlung findet in Nordirland ...


„Er hat zwar vor, morgen jemanden zu ermorden, aber er wird keine Drinks aus einer Selbstbedienungsbar stehlen.“

Dieser Thriller ist im Kern ein Roman über starke Frauen. Die Handlung findet in Nordirland mit Beginn in den Nullerjahren (gegen Ende auch in der Republik Irland) statt.
Worum geht’s?

Die allerziehende Tessa ist Produzentin von politischen Radiosendungen beim Belfaster BBC – Ableger. Ihre Mutter und ihre Schwester Marian hüten ihr Söhnchen Finn, wann immer es nötig ist. Zu ihrem Exmann Tom hat sie kein enges Verhältnis mehr. Marian ist Sanitäterin, die Mutter der Schwestern arbeitet als Reinigungskraft.
Als die britische Polizei Tessa zu Marians angeblicher IRA – Mitgliedschaft befragt, fällt Tessa aus allen Wolken. Ihre friedliebende Schwester soll eine Terroristin sein?! Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit…

Tessa ist eine Ich - Erzählerin, die den Leser mit ihrem Bericht absolut fesselt. Der Roman ist durchweg spannend, die Erzählweise der Autorin gefiel mir gut. Man sollte jedoch keinen Thriller erwarten, bei dem es Schlag auf Schlag geht. Richtige „Action“ gab es erst, nachdem ich circa sechzig Prozent des E-Books gelesen hatte. Besonders gut gefiel mir die Figurenzeichnung – ein Kleinkind ist ein absolut glaubwürdiger Protagonist, die Autorin beschreibt die Mutter – Kind – Beziehung intensiv, aber völlig kitschfrei. Der Stil kann überzeugen, auch wenn es Wortwiederholungen wie „großartig“ und Sätze wie „Wir lebten auf einem Pulverfass“ gibt.
Der Thriller ist im Prinzip ein Kommentar zum Nordirlandkonflikt, die Autorin setzt ein gewisses Vorwissen voraus, ihre Beschreibung der Ereignisse ist jedoch fast ein wenig ahistorisch – die Troubles und das Karfreitagsabkommen aus dem Jahre 1998 werden erwähnt, und doch könnte der Handlungsverlauf mit den kriegsähnlichen Zuständen aus der heißen Phase des Konflikts stammen. Bekannte Schlagworte werden genannt, etwa die „große Hungersnot“. Außerdem fiktionalisiert die Autorin
das Bombenattentat auf Lord Mountbatten aus dem Jahr 1979 und verlegt es aus dramaturgischen Gründen sozusagen in die Zukunft (es ist natürlich nicht Mountbatten der im Roman stirbt, aber für mich ist es fast lazy writing). Das wäre alles kein Problem, wenn „Northern Spy - Die Jagd“ (der Titel ist zugleich Wortspiel und Spoiler) ein Fantasyroman wäre. Die Autorin liefert wie gesagt Erklärungsansätze, die nicht ganz falsch sind – ökonomisches Ungleichgewicht, konfessionelle Spannungen, Diener und Herren, protestantische und katholische paramilitärische Gruppen werden angeführt. Das Katz-und-Maus-Spiel zwischen dem MI5 und der IRA ist ein Grundpfeiler der Geschichte. Die Autorin benennt das Hauptziel der Terroristen („Ein Vereinigtes Irland, die Demokratische Sozialistische Republik Irland, wird dann ein Stück näher gerückt sein.“).
Dennoch ist das Ganze für meinen Geschmack nicht detailliert genug, man kann nach der Lektüre leicht einen nicht ganz richtigen Eindruck gewinnen, daher sollte man den Roman keinesfalls als geschichtswissenschaftliche Quelle nutzen. Protestantische Terrorgruppen und deren Ziele kommen nur am Rande vor. Für mich hat es auch ein „Geschmäckle“, dass eine amerikanische Autorin einen in Europa angesiedelten Nordirland-Thriller verfasst hat, den sie als leidenschaftliches pazifistisches Plädoyer präsentiert. Die Atheistin Tessa lehnt im Gegensatz zu ihrer Mutter Religion ab, dazu passt, dass moralisch verkommene Priester im plot auftauchen. Einerseits verurteilt die Autorin (völlig zu Recht) die Glorifizierung von Gewalt, andererseits lässt sie ihre Protagonistinnen am Ende blutbesudelt und barfüßig durch die winterliche Landschaft rennen.
„Northern Spy“ ist jedoch eine durchweg spannende dreiteilige Geschichte. Der erste Teil wirkt dabei wie eine ausführliche Exposition. Der Finalteil mündet in einem spektakulären Showdown mit regelrecht kinotauglichen Szenen – ob die Autorin wohl schon mit einer Verfilmung liebäugelt? Irgendwie erinnert das Ganze auch weniger an europäisches Autorenkino & mehr an einen Hollywoodfilm.
Fazit:
Zu Beginn war „Northern Spy“ für mich ein absoluter 5-Sterne-Kandidat, da die Autorin es versteht, auf ruhige Art & Weise und ohne Effekthascherei Spannung zu erzeugen. Ich hätte mir jedoch eine differenziertere und detailliertere Analyse von ‚Land und Leuten‘ gewünscht und es kann sicher nicht schaden, im Anschluss an die Lektüre ein Handbuch zum Thema ‚Ursprung und Verlauf des Nordirlandkonflikts‘ zu lesen.

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Veröffentlicht am 22.12.2022

Ein Mann schwört Rache

Die tausend Verbrechen des Ming Tsu
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„Das Töten machte ihm schon lange nichts mehr aus.“

„Die tausend Verbrechen des Ming Tsu“ ist ein ungewöhnlicher Roman. Der Autor präsentiert in seinem Roman einen gelungenen Genremix – Magischer ...

„Das Töten machte ihm schon lange nichts mehr aus.“

„Die tausend Verbrechen des Ming Tsu“ ist ein ungewöhnlicher Roman. Der Autor präsentiert in seinem Roman einen gelungenen Genremix – Magischer Realismus trifft auf Western-Ballade. Man könnte auch argumentieren, dass hier amerikanische Geschichte aus Minderheiten-Perspektive beleuchtet wird. Der Verlag ordnet das Werk unter „Thriller“ ein.

Worum geht’s?

Go West!
1869 wird der amerikanische Westen durch den Transkontinental-Eisenbahnbau erschlossen. Der chinesische Protagonist Ming Tsu teilt das Los vieler Landsleute – als Arbeitssklave soll er das Pacific – Railway- „Wunder“ möglich machen, da sein Schwiegervater in spe ihn auf dem Kieker hat. Seine Tochter Ada will er Ming Tsu nicht anvertrauen. Diesem bleibt nichts anderes übrig, als Rache zu schwören. Schon bald wird ein Kopfgeld in Höhe von 10 000 ‚Tacken‘ auf den Outlaw ausgesetzt…
Der Stil des Autors ist eingängig und leicht lesbar, Parataxe wird eingesetzt, insofern wirkt das Ganze eher simpel als blumig, durch den knappen Stil wird die Handlung andererseits nicht verlangsamt. Der Protagonist befindet sich auf einem Rachefeldzug, dieses Motiv ist in dem Genre zwar nicht neu, dem Autor gelingt es jedoch, dem Ganzen einen eigenen Touch zu verleihen - auch wenn ein zu Höherem berufenes Waisenkind in der Literaturgeschichte nun wirklich ein alter Hut ist!
So hat man als Leser nicht vollständig das Gefühl, den x-ten „Aufguss“ einer bereits bekannten Chose präsentiert zu bekommen. Man muss sich allerdings auch auf die Geschichte einlassen und offen für den Erzählansatz sein. Die Figuren sind farbenfroh und spannend, dieses Detail gefiel mir gut. Ein hitman, der das Blut in Strömen fließen lässt, ist vielleicht nicht jedermanns Sache, manchmal kam daher fast ein Pulp – Fiction-Feeling für mich beim Lesen auf. Der große Showdown im Finalteil der Erzählung bewirkt, dass die story mit einem Paukenschlag endet.
Ich fühlte mich insgesamt gut unterhalten & mir hat die Geschichte gefallen, auch wenn ich finde, dass der Autor noch mehr aus dem „Stoff“ hätte machen können. Ich denke, dass das Ganze als Fernsehfilm oder als TV/Streamingserie tatsächlich besser funktionieren würde.
Von mir gibt’s aufgerundete vier von insgesamt fünf möglichen Sternen für Tom Lins „Die tausend Verbrechen des Ming Tsu.“

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