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Veröffentlicht am 19.12.2024

Kultkommissar Kluftinger zwischen Kriminalfall und Lokalpolitik

Lückenbüßer (Ein Kluftinger-Krimi 13)
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MEINE MEINUNG
Die beliebte Krimireihe um Kommissar Kluftinger von dem deutschen Autorenduo Volker Klüpfel und Michael Kobr geht mit " Lückenbüßer" bereits in die dreizehnte Runde.
Da Vorkenntnisse aus ...

MEINE MEINUNG
Die beliebte Krimireihe um Kommissar Kluftinger von dem deutschen Autorenduo Volker Klüpfel und Michael Kobr geht mit " Lückenbüßer" bereits in die dreizehnte Runde.
Da Vorkenntnisse aus den vorherigen Bänden der Reihe und aus früheren Fällen nicht erforderlich sind, können die Krimis problemlos auch unabhängig voneinander gelesen werden.
Die Regionalkrimi-Reihe zeichnet sich durch eine unterhaltsame Mischung aus interessantem Krimifall, viel Allgäuer Lokalkolorit und charakteristischem Humor aus, gewürzt mit urigen, lebendigen Charakteren und gelungener Situationskomik.
Interims-Polizeipräsident Kluftinger leitet die Anti-Terror-Übung „Alpenglühen“ in den Allgäuer Bergen. Doch der routinemäßige Einsatz muss abgebrochen werden, als ein Polizist tot aufgefunden wird. Nun stehen schwierige Ermittlungen zum fatalen Ausgang des aus dem Ruder gelaufenen Einsatzes an und zur möglichen Verantwortung für den mysteriösen Todesfall. Auch privat hat der sympathische Kommissar Kluftinger einiges um die Ohren. So hat er sich breitschlagen lassen, sich auf eine Liste für die Gemeinderatswahl setzen zu lassen und als Lückenbüßer einzuspringen. Als er jedoch erfährt, dass sein Erzrivale Dr. Langhammer ebenfalls kandidiert, wird sein Ehrgeiz geweckt und sein Ausflug in die Lokalpolitik entwickelt sich zunehmend zu einem erbitterten Wahlkampf.
Nun sieht sich Kluftinger mit gleich zwei Herausforderungen konfrontiert, denn neben seiner unerwartet zeitaufwändigen Kandidatur für den Gemeinderat gilt es auch die wahren Hintergründe des vermeintlichen Unglücks mit Todesfolge aufzuklären.
Der eigentliche Kriminalfall entwickelt sich leider sehr gemächlich und tritt hinter der Rahmenhandlung um Kluftingers Privatleben und den Wahlkampf derart stark zurück, dass kaum Spannung aufkommt. Die Ermittlungen verlaufen lange ohne klare Spur, gewinnen erst zum Ende hin an Dynamik.
Der Regionalkrimi lebt vor allem von seinen skurrilen Charakteren und dem humorvollen Schreibstil. Trotz seiner vielen Schrullen ist Kluftinger ein sympathischer Protagonist, der zum Ende hin sogar mit einer reiferen Seite seiner Persönlichkeit überraschen kann.
Im Gegensatz zu seinem naiven, etwas tollpatschigen Auftreten im Alltag agiert er als Ermittler durchaus kompetent. Insbesondere die Einblicke in sein Privatleben und sein unbeholfener Umgang mit moderner Technik und sozialen Medien, sorgen für zahlreiche amüsante Momente. Besonders unterhaltsam sind auch seine schlagfertigen Wortgefechte mit seinem Rivalen Dr. Langhammer. Allerdings wirken die wiederkehrenden Elemente seines vorhersehbaren Verhaltens und seine charakteristischen Sprüche inzwischen etwas ermüdend. Eine deutlichere Weiterentwicklung des Charakters wäre wünschenswert.
Die Auflösung des Falls schließlich ist schlüssig, aber sehr vorhersehbar und bedient für meinen Geschmack aber zu sehr aktuelle gesellschaftspolitische Klischees.
ZUM HÖRBUCH
Ein besonderes Highlight ist das Einlesen des Hörbuchs durch die Autoren Klüpfel und Kobr zusammen mit Martin Umbach. Durch den Einsatz des Allgäuer Dialekts erhält die unterhaltsame Geschichte das gewisse Etwas und durch die regionale Färbung eine besondere Authentizität. Ihre Stimmen passen sehr gut zu den urigen Charakteren und der Atmosphäre des humorvollen Krimis.
So fällt es nicht schwer, sich in das lebendig dargestellte Setting und Allgäuer Lokalkolorit hineinzuversetzen.
Die Sprecher sorgen mit ihrer stimmigen stimmlichen Interpretation für eine lebendige und authentische Lesung. Es gelingt ihnen hervorragend, Dynamik und Tempo an die jeweilige Stimmung anzupassen und an den richtigen Stellen auch Humor, Emotionen und feine Nuancen einzubringen.
Insgesamt ist die Synchronisation des ungekürzten Hörbuchs durch den dynamischen Vortrag und das nette regionale Flair sehr gelungen und sorgt für einen vergnüglichen Hörgenuss!
FAZIT
Eine solide Fortsetzung der unterhaltsamen Kluftinger-Kult-Reihe – mit tollem Allgäuer Lokalkolorit, humorvollen Episoden, liebenswerten Charakteren und einem leider nur schwachen Kriminalfall.
Für langjährige Klufti-Fans und Liebhaber des Allgäus wieder ein kurzweiliges Hörvergnügen!

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Veröffentlicht am 23.09.2023

Faszinierender Genre-Mix

Prophet
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MEINE MEINUNG
Mit ihrem gemeinsam verfassten Roman „Prophet“ hat das Autorinnen-Duo Sin Blaché und Helen MacDonald einen fesselnden genreübergreifenden Thriller vorgelegt, der mit seiner ungewöhnlichen, ...

MEINE MEINUNG
Mit ihrem gemeinsam verfassten Roman „Prophet“ hat das Autorinnen-Duo Sin Blaché und Helen MacDonald einen fesselnden genreübergreifenden Thriller vorgelegt, der mit seiner ungewöhnlichen, aber faszinierenden Mischung aus Spannungsroman, Mystery, Science Fiktion-Elementen, Agententhriller und queerer Romance das Potential zu einem richtigen Page Turner hat. Zudem haben sich die beiden Autorinnen eine originelle Ausgangsidee einfallen lassen, die eine spannende und brisante Auseinandersetzung mit tiefgründigen Themen verspricht und mich auf Anhieb angesprochen hatte.
Angesiedelt ist die Handlung in einer nicht allzu fernen Zukunft und spielt zunächst im ländlichen England, bis der Handlungsort schließlich in die USA wechselt. Im Rahmen von militärischen Geheimforschungen wurde mit PROPHET eine Substanz entwickelt, die nostalgische Erinnerungen der Menschen real werden lässt und als eine gefährliche Waffe eingesetzt werden kann. Als das Projekt durch sich verändernde Eigenschaften von PROPHET außer Kontrolle zu geraten scheint, werden die beiden ungleichen Geheimagenten Adam Rubenstein und Sunil Rao eilig hinzugezogen, um eine Katastrophe mit unabsehbaren Folgen zu verhindern. Gefesselt von der düsteren, unheilvollen Atmosphäre und den mysteriösen Geschehnissen fiel mir der Einstieg in die Geschichte anfänglich nicht schwer. Doch schon bald hatte ich trotz des anschaulichen, lebendigen Erzählstils der Autorinnen Probleme richtig in die Geschehnisse einzutauchen und mir die von PROPHET hervorgerufenen Phänomene bildlich vorzustellen. Durch stark dialogbetonte und langatmige Passagen kommt die eigentliche Handlung nur sehr mühsam in Schwung, so dass die Spannung immer wieder abflaut und die zuvor so gelungen eingefangene bedrohliche Stimmung schließlich verloren geht. Die stark im Fokus stehende Liebesgeschichte und das ständige Geplänkel zwischen den beiden Protagonisten drängen die tiefergehenden Themen des Romans leider immer wieder in den Hintergrund. Zum Ende hin nimmt die Geschichte dann aber doch deutlich an Fahrt auf und gipfelt schließlich in einem sehr fesselnden Finale mit einem unerwarteten, aber sehr schlüssigen Ende.
Im Mittelpunkt der Handlung stehen die beiden exzentrischen Protogonisten, die charakterlich kaum gegensätzlicher sein könnten und von den Autorinnen äußerst lebendig und vielschichtig ausgearbeitet wurden. In eingeschobenen Rückblenden erfahren wir allmählich mehr über ihre familiären Hintergründe und ihre gemeinsame, problembehaftete Vorgeschichte, so dass man sich gut in ihre Persönlichkeit hineinversetzen und ihr Verhalten nachvollziehen kann. Das ungleiche Ermittler-Duo mit dem stoischen, mysteriösen Geheimagenten Colonel Adam Rubenstein und dem chaotischen, übersensiblen Genie Sunil Rao als wandelndem Lügendetektor, die den Hintergründen von PROPHET auf die Spur kommen sollen und letztlich Teil des Forschungsprojekts werden, hat mir gut gefallen und die Dynamik ihrer komplizierten Beziehung sorgt für Abwechslung und viele humorvolle Momente. Obwohl sich das überschaubare Figurenensemble gut in die Gesamthandlung einfügt und vielseitig ausgearbeitet wurde, bleiben allerdings einige Charaktere insbesondere die Gegenspieler recht blass und ihre Intentionen ziemlich vage.
Nicht nur einen aufschlussreichen futuristischen Blick auf zukünftige, beängstigende Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft hatte ich mir von diesem Roman versprochen, sondern auch eine eingehende Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftsrelevanten Themen wie der Macht von nostalgischen Verklärungen, dem hohen Stellenwert von Identität, Emotionen, Erinnerungen und potentiellen Gefahren durch deren Manipulation in einer rein profitorientierten Welt versprochen. Die Ausarbeitung dieser viel versprechenden Themen konnte mich allerdings nicht völlig überzeugen, da mir die Umsetzung zu einem packenden, temporeichen und vielschichtigen Plot weitgehend fehlte und eine tiefgründige thematische Auseinandersetzung leider viel zu kurz kam.
FAZIT
Ein ungewöhnlicher, nachdenklich stimmender Roman mit einem faszinierenden Genre-Mix und thematisch sehr viel versprechendem Ausgangskonzept - der mich in der Umsetzung allerdings nicht ganz überzeugen konnte.

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Veröffentlicht am 22.12.2022

Kurzweiliger Wohlfühlroman mit einer Prise Cosy Crime

Der Mordclub von Shaftesbury – Eine Tote bleibt selten allein
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MEINE MEINUNG
Mit „Der Mordclub von Shaftesbury - Eine Tote bleibt selten allein” ist der deutschen, unter dem Psyeudonym Emily Winston scheibenden Autorin Angela Lautenschläger ein kurzweiliger und amüsanter ...

MEINE MEINUNG
Mit „Der Mordclub von Shaftesbury - Eine Tote bleibt selten allein” ist der deutschen, unter dem Psyeudonym Emily Winston scheibenden Autorin Angela Lautenschläger ein kurzweiliger und amüsanter Wohlfühlroman gelungen.
Doch Vorsicht: Aufgrund der Bezeichnung MORDCLUB im Titel sollte man sich nicht in die Irre führen lassen! Dieses Werk ist keine Fortsetzung der Mrs Potts' Mordclub-Reihe von Robert Thorogood oder „Der Donnerstagsmordclub“-Reihe von Richard Osman.
Dieser erste Band ist vielmehr der Auftakt der neuen vielversprechenden „Penelope St. James ermittelt“-Reihe, die zwar laut Cover als Kriminalroman ausgewiesen wird, meiner Meinung nach aber gerade noch so als Cosy Crime durchgehen kann. Denn neben dem immer wieder in den Hintergrund tretenden Kriminalfall haben wir es oft vorrangig mit der sich anbahnenden Liebesgeschichte und dem recht unterhaltsamen Selbstfindungstrip der jungen, attraktiven Protagonistin Penelope St. James zu tun. Diese soll eigentlich eine Zweigstelle einer Londoner Partnervermittlungsagentur in dem verschlafenen Örtchen Shaftesbury aufmachen, hält schon bald mit ihrer quirligen, liebenswerten Art die teilweise sehr verschrobene Dorfgemeinschaft auf Trab und stellt nebenher als selbsternannte Hobby-Ermittlerin ihre Nachforschungen an. Schließlich gelingt es ihr sogar den verzwickten Fall zu lösen - allerdings mithilfe zahlreicher recht skurriler Nebenakteure und jeder Menge Glück statt Sachverstand und Kombinationsgabe. Aber immerhin versteht es die Autorin mit turbulenten Verwicklungen, netter britischer Wohlfühlatmosphäre und gelungener Situationskomik von Beginn an für gute Unterhaltung zu sorgen. Der nette, lebendige Schreibstil der Autorin ließ mein Kopfkino rasch anspringen, so dass ich in die abwechslungsreiche, amüsante Geschichte mühelos eintauchen konnte. Die stimmungsvollen Beschreibungen der verschiedenen Schauplätze sind zwar nicht sehr detailliert, helfen aber insgesamt dabei, dass man sich das idyllische Örtchen Shaftesbury und die Umgebung recht gut vorstellen kann.
Besonderes Highlight sind die vielen lebendig gezeichneten Bewohner von Shaftesbury, die die Handlung mit ihren liebenswerten bis verschrobenen Eigenheiten bereichern und mit ihrem rätselhaften Verhalten spannend machen. Mit ihren entsprechend ihrer Rolle interessant ausgearbeiteten Charakteren hat die Autorin eine abwechslungsreiche Mischung gefunden. Schade nur, dass wegen der großen Vielzahl der Nebenfiguren deren Zeichnung insgesamt recht oberflächig bleibt.
Kein Wunder, dass die unbedarfte Penelope mit ihrem Aktionismus und unorthodoxen Methoden in etliche Fettnäpfchen tappt, bei ihren Ermittlungen so einige Geheimnisse aufdeckt und schließlich selbst in Gefahr gerät. Etliche Verdächtige, unerwartete Wendungen und einige falsche Fährten sorgen dafür, dass man gut miträtseln kann.
Mir es hat trotz vorhersehbarer Auflösung und etlicher Klischees dennoch insgesamt viel Spaß bereitet, der kurzweiligen Handlung zu folgen, die sich zum Ende hin regelrecht überschlägt und in einem mitreißenden Finale gipfelt!
FAZIT
Ein netter, unterhaltsamer Auftakt einer neuen gemütlichen Cosy Crime-Reihe rund um eine quirlige Hobbyermittlerin und eine verschrobene Dorfgemeinschaft, bei der der Krimianteil ruhig etwas ausgeprägter hätte ausfallen können!

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Veröffentlicht am 18.12.2022

Nicht ganz gelungener Auftakt einer vielversprechenden Trilogie

Die Wintergarten-Frauen. Der Traum beginnt
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MEINE MEINUNG
Der historische Roman „Die Wintergartenfrauen – Der Traum beginnt“ von der deutschen Autorin Charlotte Roth ist der viel versprechende Auftakt einer neuen als Wintergarten-Trilogie angelegten ...

MEINE MEINUNG
Der historische Roman „Die Wintergartenfrauen – Der Traum beginnt“ von der deutschen Autorin Charlotte Roth ist der viel versprechende Auftakt einer neuen als Wintergarten-Trilogie angelegten Saga, die im krisengeschüttelten Berlin in den 1920er Jahren angesiedelt ist.
„Die Wintergartenfrauen“ präsentiert sich als eine abwechslungsreiche Geschichte um drei faszinierende Frauen, ihren Hoffnungen und Lebensträumen aber auch ihren Enttäuschungen, Niederlagen und ihrem Überlebenskampf in schweren Zeiten. Zusammen mit facettenreichen, historischen Einblicken und zarter Liebesgeschichte sorgt er zwar für gute, kurzweilige Unterhaltung, konnte mich aber leider nicht richtig packen.
Der Autorin ist ein facettenreiches Portrait jener turbulenten, aber für viele auch sehr entbehrungsreichen Zeit voller politischer, wirtschaftlicher und sozialer Umbrüche gelungen. Doch neben all dem glamourösen Glanz der Goldenen Zwanziger mit seinen Vergnügungen und einer illustren Künstlerszene, erhalten wir auch Einblicke in die unfassbare Not und Elend der Menschen in der zunehmend durch Armut, Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot und Hyperinflation gebeutelten Stadt.
Mit ihrem flotten, sehr lebendigen Erzählstil versteht es Roth, uns rasch in die interessante Geschichte um die junge Nina von Veltheim hineinzuziehen, die im Wechsel aus unterschiedlichen Perspektiven wird. Wir lernen Nina als eine bemerkenswert mutige, ehrgeizige und selbstbewusste Protagonistin kennen, die mit ihrem großen Traum, voller Optimismus und hochgesteckten Zielen von ihrem Familiensitz in der Uckermark in die schillernde Metropole der Weimarer Republik aufbricht. Dort möchte sie sich ihren Weg nach oben in die Welt des Theaters erkämpfen und als talentierte Regisseurin in einer reinen Männerdomäne an den Schalthebeln der Macht bestehen. Wir begleiten Nina auf ihrem harten, steinigen Weg; neben herben Enttäuschungen, Demütigungen und Misserfolgen hat sie auch finanzielle Krisen und Hunger zu bewältigen. Zum Glück erfährt sie tatkräftige Unterstützung, Rückhalt und Anerkennung nicht nur von ihrem gutmütigen Zwillingsbruder Carlo, sondern auch durch ihre neugefundenen Freundinnen Jenny und Sonia, einem illustren Freundeskreis und natürlich ihren Wunderweiber, die alle für ihr erstes gemeinsames Varieté-Projekt brennen. Ob nun die mysteriöse Schlangenfrau und Tänzerin Jenny mit ihrem kleinen stummen Sohn Viktor, die geheimnisvolle Sonia, die sich nie unterkriegen lässt, der berühmte Schauspieler Anton Wendland oder auch Ninas schrullige Tante Sperling - ihre verschiedenen Charaktere wurden von der Autorin mit ihren Eigenheiten, faszinierenden Hintergrundgeschichten und Geheimnissen lebendig und lebensnah ausgearbeitet. Bei der großen Vielzahl an verschiedenen Figuren ist es allerdings bei vielen kaum möglich gewesen, ihnen ausreichend Leben einzuhauchen, so dass sie weitgehend blass bleiben und man keine Nähe zu ihnen aufbauen kann. Gewisse Probleme bereitete mir aber die nicht gerade sympathische Protagonistin Nina mit ihrer vielschichtigen, aber recht schwierigen Persönlichkeit. Trotz ihres bewundernswerten Ehrgeizes, ihrer großen Begeisterungsfähigkeit und ihrem unerschütterlichen Glauben an die eigenen Talente konnte ich bisweilen ihre Sturheit und kompromisslose, arrogante Art wenig nachvollziehen, wodurch es mir bisweilen schwer fiel, mit ihr mitzufiebern.
Bis wir allerdings in die angekündigte farbenprächtige Welt aus Kabarett, Musik, Tanz, Zauberei, Tierdressuren und Akrobatik eintauchen und das einzigartige Flair des berühmten Berliner Varietés Wintergarten miterleben dürfen, wird uns einiges an Geduld abverlangt. Die teilweise recht vorhersehbare Handlung weist leider trotz interessanter Verwicklungen und unerwarteter Wendungen für meinen Geschmack etliche Längen auf und hätte ruhig zügiger voranschreiten können. Andere Episoden hingegen wurden viel zu schnell abgehandelt. Einen stärkeren Fokus hatte ich mir auf die aufregende und faszinierende Welt des "Wintergarten"-Varietés erhofft und bin gespannt auf die Fortsetzung der Geschichte.
Ich hoffe doch sehr, dass wir die farbenprächtige Zeitreise ins Berliner Wintergarten-Varieté und den verdienten Bühnen-Erfolg der Wunderfrauen dann im nächsten Band der Saga erleben werden!

FAZIT
Ein interessanter Einstieg in eine unterhaltsame historische Saga, die uns in die faszinierende, aber auch krisenreiche Zeit der Goldenen Zwanziger entführt – mit interessanten starken Frauenfiguren, gut recherchierten historischen Details und einer abwechslungsreichen, vielversprechenden Geschichte, die hoffentlich ihr Potential noch weiter entfalten wird!

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Veröffentlicht am 19.10.2022

Interessantes, aber nicht völlig überzeugendes Debüt

Die Familie
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MEINE MEINUNG
„Die Familie“ ist das vielversprechende Debüt der US-amerikanischen Autorin Naomi Krupitsky, der es auf Anhieb in die "New York-Times"-Bestsellerliste geschafft hat.
Es ist ein vielschichtiger ...

MEINE MEINUNG
„Die Familie“ ist das vielversprechende Debüt der US-amerikanischen Autorin Naomi Krupitsky, der es auf Anhieb in die "New York-Times"-Bestsellerliste geschafft hat.
Es ist ein vielschichtiger und bewegender Familienroman über familiäre Zwänge, Freundschaft, Loyalität, Zusammenhalt und Verrat, der im New York Ende der 1920er Jahre seinen Ausgang nimmt und uns ins Mafia-Milieu von Brooklyn eintauchen lässt. Die Autorin widmet sich in ihrer spannenden, über eine Zeitspanne von etwa 20 Jahren erstreckende Geschichte aber weniger den kriminellen Machenschaften der Mafia, sondern richtet ihren Fokus auf das Schicksal der beiden gemeinsam aufwachsenden Freundinnen Antonia und Sofia und deren bis ins Erwachsenenalter reichenden, wechselvollen Freundschaft.
Zum Einstieg beschreibt die Autorin sehr eindringlich und anschaulich, wie die zwei kleinen Mädchen und besten Freundinnen gut behütet und in einer scheinbar heilen Welt aufwachsen, bis schließlich das mysteriöse Verschwinden von Antonias Vater Carlos alles verändert und den Bruch ihrer engen Freundschaft nach sich zieht. Erst im Laufe der Jahre beginnen die beiden als verheiratete Mütter zu begreifen, was sich damals tatsächlich zugetragen hat.
Gekonnt thematisiert die Autorin in ihrem Roman die Rolle der Frau in jener Zeit und innerhalb der sehr patriarchalisch geprägten Mafia. Sie gibt uns aufschlussreiche Einblicke in das bewegte Leben der jungen Freundinnen, ihre Ehe und die Emanzipationsbestrebungen der erwachsenen Frauen, die schließlich versuchen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und ihren eigenen Weg zu gehen.
Trotz der detaillierten, sehr differenzierten Figurenzeichnung und sehr glaubwürdigen Charakterentwicklung der so unterschiedlichen Freundinnen ist es mir leider nicht gut gelungen, mich in die Protagonistinnen hineinzuversetzen und eine Nähe zu ihnen aufzubauen.
Sehr eindrücklich und facettenreich hat die Autorin die Schattenseiten des beschützenden Familienverbunds und die fatalen Auswirkungen des unausgesprochenen Ehrenkodex der „Familia“ herausgearbeitet. All die ungeschriebenen Gesetze, Erwartungshaltungen und Ängste innerhalb der Mafia-Familien wirken sich subtil auf das gesamte Familienleben aus und bestimmen unausweichlich das Schicksal eines jeden.
Trotz der interessanten Thematik und stimmiger, vielschichtiger Charaktere konnte mich der Roman leider mit seinem bisweilen etwas abschweifenden Erzählstils und dem recht spannungsarmen Mittelteil nicht völlig überzeugen und ließ mich etwas enttäuscht zurück.

FAZIT
Ein bewegender Roman mit dem interessanten Portrait zweier Frauen, der uns in die Welt der Mafiafamilien im New York der ersten Hälfte 20. Jahrhundert abtauchen lässt!
Ein thematisch interessantes Debüt, das mich in seiner Umsetzung allerdings nicht völlig überzeugen konnte.

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