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Veröffentlicht am 02.05.2023

Mit unnötigen Stolpersteinen versehen

Count On You
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Zwischen „Bet On You“ und „Count On You” lag jetzt ein doch etwas längerer Zeitraum, weswegen ich froh bin, dass Thomas als Figur so einen präsenten Eindruck hinterlassen hat, so dass ich dennoch leicht ...

Zwischen „Bet On You“ und „Count On You” lag jetzt ein doch etwas längerer Zeitraum, weswegen ich froh bin, dass Thomas als Figur so einen präsenten Eindruck hinterlassen hat, so dass ich dennoch leicht mit ihm in die Geschichte eintauchen konnte. Zumal wir dann eben von Protagonistin Daisy aus eine ganz neue Geschichte erleben, die es auch nicht nötig macht, vom ersten Band noch alle Details im Kopf haben zu müssen. Findet der so wortkarge Thomas, der angebliche Soziopath, sein Glück?

Ich habe das mit dem Soziopath schon so betont, denn ich fand diese Annahme, die einfach mal in den Raum gestellt wurde und dass Thomas' ganzes Leben enorm geprägt hat, etwas seltsam. Zumal ich eben wirklich nie bei ihm den Eindruck hatte, dass er wirklich einer ist. In diesem Band erleben wir natürlich auch noch wirklich sein Innenleben, was die Behauptungen erst recht ad absurdum führt, aber schon in „Bet On You“, wo Thomas rund um Levi eine sehr enge Gruppe hatte und wo auch Rose etwas in ihm herausgekitzelt hat, war der Verdacht schon abwegig. Jetzt in „Count On You“ ist es erst recht völliger Blödsinn, weil wir ja auch etwas über seine Anfänge mit Daisy und ihrer Familie erfahren. So gibt es unheimlich viele Belege, dass er immer wieder ehrliche Beziehungen eingegangen ist und dass immer Gefühle im Spiel waren, wenn auch gedämpft vielleicht. Insgesamt würde ich so aber sagen, dass dieses Durchziehen der Annahme, dass Thomas ein Soziopath ist, etwas dämlich war. Gerade von seiner Seite aus hat es doch die ganze Geschichte dominiert und ich fand es etwas schade, dass ich das als Leserin so absurd fand, aber dennoch durchgängig ‚ertragen‘ musste.

Zum Glück ist das bei Thomas nicht alles, denn die Enthüllungen zu seinen Müttern waren doch viel emotionaler und ich konnte seine inneren Kämpfe dort sehr gut nachvollziehen. Das war die Seite von Thomas, die mich wirklich fasziniert hat, denn er ist in unvorstellbaren Umständen groß geworden, diesen Teil will er auch verbergen, aber es ist schön, wie er sich dann eben dennoch öffnen kann und wie weit seine Loyalität dann reicht. Dennoch ist Daisy schon der erfrischendere Teil der Geschichte, weil sie eine mitreißende Persönlichkeit ist. Und damit meine ich konkret die sehr private Daisy. Schon ihre völlig bedenkenlose Hingabe für Thomas, aber auch ihr Spaß daran, ihn zu ärgern, ihre Freundschaften, die sie abseits des öffentlichen Leben geknüpft hat und auch ihre Art, öffentlich für ihre Prinzipien einzustehen, selbst wenn es sie oft genug in Bedrängnis bringt, all das hat mich sehr überzeugt. Auch später, wenn sie immer abhängiger von der Presse über sich wird, fand ich sie dennoch sehr nachvollziehbar gestaltet. Wenn man einmal in diesem Sog drin ist, verliert man irgendwann sich selbst. Genau da wurde es dann eben so spannend, weil Daisy und Thomas sehr gegensätzliche Entwicklungen durchgemacht haben, so dass die Dynamik immer ausgleichend war. Das hat auch unterstrichen, wie gut die beiden zusammengepasst haben.

Etwas zu meckern habe ich dennoch noch. Die Kapitel, die aus einer später veröffentlichten Biografie übernommen sind, fand ich völlig überflüssig und durch ihren holprigen Schreibstil (vor allem die Tempuswahl!) auch schwerer zu lesen. Ich hatte ein wenig den Eindruck, dass sich Morgane Moncomble hier vielleicht von „Daisy Jones & The Six“ hat inspirieren lassen, dafür würde eben auch der Name der Protagonistin sprechen. Dennoch hat diese Interviewstilistik keinen Mehrwert gebracht, denn die eigentlichen Kapitel haben genug von der Geschichte übertragen. Positiv dagegen war, dass die Geschichte ein großes Mysterium hat: wer ist der Stalker? Das fand ich von der Autorin sehr gut gemacht, denn ich habe mich tatsächlich nicht gleich auf eine Person festgelegt, sondern es ging munter hin und her. Moncomble hat es hier geschafft, dass es nicht zu offensichtlich war und das hat dem Buch einen speziellen Effekt gegeben.

Fazit: „Count On You“ stellt sich mit den Biografiepassagen und Thomas' angeblicher Diagnose in zwei Punkten selbst ein Bein. Das hätte nicht sein müssen, denn ansonsten ist es vor allem die ausgeglichene Liebesgeschichte sowie speziell Daisys Darstellung, die mich sehr zu überzeugen wussten.

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Veröffentlicht am 16.02.2023

Authentische Beschäftigung mit einer Autoimmerkrankung

Vor uns die Dämmerung
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Als Ebook-Leserin von „Vor uns die Dämmerung“ nach B. Celeste habe ich nur wenig von einem im Dunkeln leuchtenden Buch, aber dennoch hat mich das Cover richtig gepackt, weswegen ich auch ohne nettes Gimmick ...

Als Ebook-Leserin von „Vor uns die Dämmerung“ nach B. Celeste habe ich nur wenig von einem im Dunkeln leuchtenden Buch, aber dennoch hat mich das Cover richtig gepackt, weswegen ich auch ohne nettes Gimmick zugegriffen habe. Tatsächlich war ich dann vom Handlungsverlauf doch etwas überrascht, aber ich finde es großartig, dass die Autorin in der Geschichte ihre eigenen Erfahrungen mit einer Autoimmunerkrankung verarbeitet hat, weil mich solche persönlichen Geschichten immer auf einem ganz anderen Level berühren.

„Vor uns die Dämmerung“ ist insgesamt eine recht bedrückende Erzählung, aber mit offenem Augen und Herzen in diese Geschichte gehend kann man dennoch viele lebensbejahende Botschaften entdecken. Stark fand ich an der Geschichte auch, dass es viel um Tod geht und auch die Frage nach dem 'Danach'. Das Buch will keine eindeutige Antwort liefern, was ich auch gut finde, denn im Grunde soll doch jeder seinen eigenen Glauben haben, aber ich fand es schön dargelegt, warum die Menschen sich nach einem 'Danach' sehnen. Zudem war es eben auch wichtig, dass sich die Figuren so bewusst mit dem Tod auseinandergesetzt haben, denn aus eigener Erfahrung weiß ich, wie wichtig ein solcher Vorgang ist, um weiterleben zu können. Selbst ein komplizierter Charakter wie Kieran besucht immer das Grab seines Vaters und zeigt damit, dass eine Nähe zu dem Thema wichtig ist. Der Trauerprozess kann bei all dem dennoch individuell bleiben und muss es im Grunde auch.

In „Vor uns die Dämmerung“ geht es vor allem um die Darstellung der Autoimmunkrankheit Lupus, die beispielsweise durch Selena Gomez auch durch einen prominenten Menschen vielleicht einigen ein Begriff ist. Das Buch hat aber sehr schön deutlich gemacht, dass es nicht den einen Krankheitsverlauf gibt, weswegen auch Zwillingsschwester Logan sehr früh gestorben ist, während Hauptfigur Emery bald 20 Jahren alt ist. Indem Emery auch den Krankheitsverlauf von Lo rekapituliert hat und man parallel ihr eigenes Leiden miterlebt, zeigt sich sehr deutlich, wie unterschiedlich es doch ist. Ich habe jedenfalls viel über die Krankheit gelernt und muss sagen, dass es zwar sehr bedrückend war, aber auch eine sooo echte Geschichte. Ich fand es dann auch überzeugend, dass Emery nicht immer gleich jedes Symptom von einem Arzt hat abklären lassen, weil sie in sich drin einfach genug gespürt hat und auch einfach Angst hat, immer jede Wahrheit über ihren Zustand zu kennen. Das fand ich sehr, sehr nachvollziehbar und ich war dankbar, dass Emery nicht als Übermensch dargestellt wurde, sondern als jemand, in dem man sich sehr gut wiederfinden konnte.

Was ich an der Geschichte etwas schwieriger fand, das war die eingeflochtene Liebesgeschichte. Mir geht es aber speziell um DIESE Liebesgeschichte und nicht, dass es überhaupt Liebe gab. Ich fand Kieran nämlich etwas fragwürdig. Dass er am Anfang so deutlich gegen Emery rebelliert hat, geschenkt, aber seine ganze Art gegenüber anderen, wie er regelrecht die Schule beherrscht, wie er völlig unpassend eifersüchtig auf den Englischlehrer reagiert und damit seltsame Besitzansprüche stellt, das fand ich alles sehr hart an einer Grenze. Ich stelle nicht in Frage, dass wenn er wirklich für Emery da war, dass er alles gegeben hat und dass er ihr vor allem auch noch viel geschenkt hat, was sie nie mehr für möglich gehalten hat. Er hatte definitiv sensible Seiten, aber er hat diese auch immer wieder gut verstecken können, um einen Anschein zu wahren. Diese Seite ist nie ganz aufgebrochen worden, was ich nicht verstanden habe. Der Blick am Ende in die Zukunft deutet vielleicht an, dass Kieran gewachsen ist, aber insgesamt konnte ich meine schrillenden Alarmglocken in Bezug auf ihn nie ganz abstellen. Deswegen bin ich insgesamt nicht sicher, ob er wirklich genau der richtige Protagonist für eine solche Geschichte war. Mich hat es jedenfalls oft genug rausgebracht, was ich schade fand.

Fazit: „Vor uns die Dämmerung“ wird nicht umsonst als „Book that made my cry“ beworben, denn wie Celeste sich traut, die Autoimmunkrankheit Lupus darzustellen, verlangt mir großen Respekt ab. Dennoch hat diese Geschichte für mich auch ein Päckchen zu tragen und das ist Protagonistin Kieran, der mich nicht überzeugen konnte und einen gewissen Zauber weggenommen hat.

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Veröffentlicht am 31.01.2023

Informativ, aber ohne Wow-Effekt

Solitaire
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Auch wenn für mich immer noch nicht ganz ersichtlich ist, ob nun zuerst Tori und dann erst Nick und Charlie existierten, so habe ich mich auf „Solitaire“ von Alice Oseman wirklich sehr gefreut, denn als ...

Auch wenn für mich immer noch nicht ganz ersichtlich ist, ob nun zuerst Tori und dann erst Nick und Charlie existierten, so habe ich mich auf „Solitaire“ von Alice Oseman wirklich sehr gefreut, denn als Fan, die zuerst durch die Netflix-Serie „Heartstopper“ bekehrt werden musste, war Tori natürlich definitiv eine Figur, die eine untergeordnete Rolle gespielt hat, aber gleichzeitig sofort Potenzial bewiesen hat. Deswegen wollte ich nun in Romanform endlich mehr zu Tori erfahren. Ob nun zuerst der Webcomic existierte, aus dem dann die vier Heartstopper-Volumes resultierte, ist letztlich auch egal, dann „Solitaire“ ist definitiv Osemans erster ausgeschriebener Roman. Der deutsche Buchmarkt agiert daher etwas rückwärtsgewandt, da die neueren Sachen schon in deutscher Übersetzung vorliegen. Wie finde ich nun also den chronologischen Debütroman?

Ich habe „Solitaire“ als Hörbuch gehabt. Auch wenn nicht wie bei den „Heartstopper“-Romanen die Synchronstimmen von Charlie und Nick gewonnen werden konnten, so macht Christiane Marx als Stimme von Tori definitiv einen guten Job und hat dies auch schon in „This Winter“ unter Beweis gestellt. Sie hat dabei eine gute Art, Tori etwas Kratzbürstiges, aber auch sehr, sehr Sensibles mitzugeben, weswegen ich trotz des Alters der Sprecherin die Stimme nicht als unpassend empfunden habe. „Solitaire“ ist aber nicht nur ein Tori-Roman, sondern auch die Fans von Charlie und Nick kommen wieder auf ihre Kosten, da man viel über die beide erfährt. Das passt, denn so wie Tori für ihren Bruder da war, so ist er es umgekehrt auch für sie, während er selbst weiterhin mit seinen Dämonen zu kämpfen hat und in Nick und seiner Schwester definitiv die besseren Ratgeber als in seinen Eltern hat. Die Eltern Spring fand ich in „This Winter“ schon sehr ignorant dargestellt, das ändert sich auch hier nicht, weswegen es wirklich schön ist, dass die jungen Leute sich wenigstens gegenseitig habe und sich beistehen.

Bei Tori wiederum geht es nicht darum, sie in „Solitaire“ mit einer Diagnose in eine Schublade zu stecken, aber es ist offensichtlich, dass sie an Depressionen leidet und auch ausgeprägte soziale Ängste hat, weswegen sie viel lieber isoliert als in Gemeinschaft agiert. Oseman ist es gut gelungen, Tori als Person einzufangen. Denn sie ist eine loyale Person, aber sie ist auch jemand, der in eine Ecke gedrängt auszukeilen weiß. Das macht es mit Tori nicht immer einfach, denn speziell Lucas als auch Michael Holden (die zwei Namen gehören einfach zueinander) zeigen überdeutlich, dass ihnen an ihr etwas liegt, aber Tori hat ein Talent, sie jeweils wegzustoßen, wenn sie emotional zu ihr vordringen. Das wirkt manchmal im Verlauf etwas launenhaft, aber ich glaube einfach, dass es für Tori ganz neue Welten sind und dass es sie auch ängstigt, aus ihrer Routine rausgeholt zu werden. Sie würde sicher gerne wachsen, aber lieber in ihrem Zimmer mit einem Film nach dem nächsten, aber bitte nicht mit der nächsten Party.

Jetzt heißt der Untertitel „Keine Liebesgeschichte“ und ja, es kommt schon hin. Auch wenn ich definitiv eine Romanze ausfindig gemacht habe, so ist es wegen Toris Art definitiv meilenweit entfernt von dem verliebten Charlie beispielsweise. Sie ist eher verunsichert, wenn sie ein Junge anguckt und es wird auch augenscheinlich, dass sie mit sich selbst auf dem Kriegsfuß steht, also definitiv nicht viel Liebe. Dennoch ist Michael Holden als Gegengewicht ein echtes Geschenk. Auch er hat seine Dämonen, was ebenso wie Toris Ängste zu den Streitereien beiträgt, aber er versteckt sie hinter guter Laune und extrovertierten Handlungsweisen. Sie sind damit wie eine Wippe, die sich gegenseitig ausgleichen und deswegen ist es dann doch irgendwie eine Liebesgeschichte, aber eine, die eher einer langen Geburt gleichkam.

Was mir die Geschichte etwas vermiest hat, das war aber das Geschehen rund um Solitaire. Zunächst fand ich das als Handlungselement sehr spannend, denn was will der Blog und was steckt dahinter? Aber die Aktionen wurden immer abgedrehter, irgendwann war zu offensichtlich, wer zumindest beteiligt ist und dann das klärende Gespräche hat mir überhaupt nichts erklärt. Das war insgesamt definitiv zu übertrieben und zu gekünstelt. Das titelgebende Element war dann doch letztlich der schwächste Teil. Zudem würde ich mal behaupten, dass man merkt, dass „Solitaire“ Osemans erstes Werk ist. Wenn ich da so an „Loveless“ denke, dann sind es doch Welten. Tori hat zwar mehr Profil bekommen, aber in so einem Kontext wie bei „Loveless“ und ich wäre wohl weggeblasen worden vor Begeisterung. Dennoch bin ich weiterhin gespannt, was Netflix wohl alles aus dieser Welt machen wird.

Fazit: „Solitaire“ ergänzt die „Heartstopper“-Welt definitiv wieder informativ. Die Stimmung ist sicherlich ganz anders als bei Charlie und Nick, aber dem Bild, was man von Tori in kurzen Szenen gewonnen hat, das wird in dem Buch transportiert. Insgesamt hätte ich mir dennoch einfach ein ‚mehr‘ gewünscht. Zumal eben auch der titelgebende Blog leider ein Flop in der Ausgestaltung war. Die Sprecherin war aber ein Gewinn und hat schön durch die Handlung geführt.

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Veröffentlicht am 04.01.2023

Gigantisches Potenzial mit noch unerfahrener Autorin

Lightlark
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TikTok ist ein mir völlig fernes soziales Medium, aber ich habe mir sagen lassen, dass es eine neue Plattform für vielfach abgelehnte Autor*innen ist, die endlich durchstarten können. So hat es schon Olivie ...

TikTok ist ein mir völlig fernes soziales Medium, aber ich habe mir sagen lassen, dass es eine neue Plattform für vielfach abgelehnte Autor*innen ist, die endlich durchstarten können. So hat es schon Olivie Blake mit „The Atlas Six“ auf den deutschen und demnach auch internationalen Buchmarkt geschafft. Genauso hat auch Alex Aster mit „Lightlark“ einen Hype ausgelöst, weswegen auch dieses nun für deutsche Interessenten erschienen ist. Dazu zähle ich auch mich, denn ich habe mir „Lightlark“ nun einmal zu Gemüte geführt. Ich habe im Vorfeld – ähnlich wie bei Blake – mitbekommen, dass es große Kontroversen gab und gibt, aber das führe ich mir lieber erst hinterher zu, um möglichst unbefangen meine eigenen Eindrücke zu schildern.

Ich habe „Lightlark“ als Hörbuch konsumiert und ich habe die Erzählstimme von Nina Reithmeier von Anfang an als sehr angenommen empfunden. Mit einem neuen Kapitelanfang hatte ich manchmal den Eindruck, dass die Stimme sich etwas verändert hat, aber über so ein langes Hörbuch hinweg ist das vielleicht normal, weil so etwas natürlich nicht an einem Tag eingelesen wird. Störend war es auch nicht, zumal sich der Eindruck immer schnell relativierte. Ich hatte zudem auch den Eindruck, dass die sehr ruhige Stimme von Reithmeier mir geholfen hat, mit Isla wärmer zu werden. Diese fand ich zwar nicht per se unsympathisch, weil ich auch verstehen kann, dass sie zeitlebens eingesperrt gewisse Freiheitsbedürfnisse hat, aber sie war mir doch zu oft zu egoistisch und auch zu launisch. Das ist mir oft aber erst in der nachträglichen Bewertung aufgefallen, weil eben die Erzählstimme, die ich so toll fand vieles abgefedert hat. Daher insgesamt wirklich ein großes Kompliment für die Produktion des Hörbuchs, zumal sie für die sonstige übertriebene Länge auch nichts können.

Das ist nämlich ein Kritikpunkt, den ich „Lightlark“ definitiv vorwerfen möchte, denn ich fand die Handlung stellenweise zu langatmig bzw. auch für die großen Zeitsprünge zwischendurch zu oberflächlich. Ich weiß natürlich nicht, was Aster für die Zukunft der Reihe noch geplant hat und ich hinterher sage, das war schon alles richtig so, aber meine Intuition sagt mir zunächst, dass man vielleicht nicht das gesamte Centennial mit dem ersten Band hätte abbilden sollen. Denn verständlicherweise wollte sich Aster viele Enthüllungen für ein spannendes Ende aufbewahren, doch das hat dazu geführt, dass es zwischendurch eher langweilig wurde. Der Anfang war noch dadurch gerettet, dass regelmäßig die Wettbewerbe stattfanden, die als inhaltliche Höhepunkte zu charakterisieren sind. Als aber später Isla mit Oro ein Team bildet und sie nach dem Herzen von Lightlark suchen, da scheint innerhalb des Centennials alles zum Erliegen zu kommen. Keine Wettbewerbe mehr, kaum noch Begegnungen mit den anderen und das hat sich mir einfach nicht als logisch erwiesen. Natürlich haben diese Episoden stellenweise mit guter Charakterarbeit ausgeholfen, aber eben auch einseitig, denn eigentlich geht es vorrangig um Isla, Oro und Grimm. Selbst Celeste, die beste Freundin von Isla, wird zu wenig ins Zentrum gerückt, von Cleo und Azul ganz zu schweigen. Ich würde daher sagen, dass die Erzählstilistik nicht ganz gelungen ist, weil angesichts des breiten Erzählpotenzials einerseits zu einseitig erzählt wurde und weil andererseits irgendwann eine große inhaltliche Delle sich ereignet, die das Buch zu lang erscheinen lässt.

Nun aber genug gemeckert, denn es ist schließlich auch Asters großer Durchbruch. Sie hat zwar schon davor geschrieben, aber vermutlich bekommt sie erstmals in einem so großen Ausmaß Feedback, was ihr durchaus noch helfen kann. Fakt ist aber erstmal, dass Aster eine großartige Fantasie hat, denn mir hat es richtig gut gefallen, welche Idee sie entwickelt hat. Es ist sicherlich nicht alles neu, aber ich fand das Konzept mit den sechs Reichen und den sechs Flüchen spannend und trotz einer gewissen benötigten Komplexität verständlich präsentiert. Während ich bei anderen Fantasy-Reihen schon mal völlig oder lange genug überfordert bin, habe ich hier wunderbar reingefunden und das ist sehr lobenswert. Auch sehr viele inhaltliche Tendenzen fand ich echt toll. Durch die Flüche hatte es etwas angenehm Düsteres, auch die Wettbewerbe haben den Eindruck verstärkt. Ich fand auch die meisten Enthüllungen echt spannend, auch weil am Ende die Geschichte irgendwie abgeschlossen wirkt, aber gleichzeitig noch so viele Möglichkeiten bereit hält. Die Geschichte und das Potenzial sind echt gigantisch und ich finde, dass auch in der Charakterarbeit abseits des genannten Trios noch sehr viel möglich ist. Ich fand aber auch, dass die Liebesgeschichte ungewöhnlich erzählt ist, weil es eine gibt, von der wir lange nichts wissen (zumindest nicht im kompletten Ausmaß) und parallel entsteht ganz leise und still eine andere. Es wird sicherlich spannend, was Aster noch für die Zukunft vorhat. Fakt ist aber, dass es mich nicht wundert, dass es schon einen Produktionsdeal gibt, denn die Geschichte sieht auf dem großen Bildschirm sicherlich fantastisch aus.

Fazit: „Lightlark“ hat ein wirklich tolles Potenzial, weil Aster mit viel Fantasie und mit einer angenehmen Art, ihre Welt zu präsentieren, überzeugt. Erzählstilistisch ist aber noch viel Luft nach oben. Die Erzählung war zu langatmig und die Höhepunkte nicht gleichmäßig genug verteilt. Die Charakterarbeit hätte insgesamt auch nicht so einseitig sein müssen. Abschließend wiederhole ich auch gerne noch einmal mein Lob für die Hörbuch-Produktion, die ich wirklich sehr genossen habe und die mich durch die Schwächen gut durchleiten konnte.

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Veröffentlicht am 27.12.2022

Zwischen Thriller und Roman

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum
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Auch wenn „Happy New Year“ nicht als Thriller etc. vermarktet wurde, so ist der Cover doch sehr typisch für das Genre, weil es mystisch und in seiner simplen Schönheit doch auch bedrohlich wirkt. Dazu ...

Auch wenn „Happy New Year“ nicht als Thriller etc. vermarktet wurde, so ist der Cover doch sehr typisch für das Genre, weil es mystisch und in seiner simplen Schönheit doch auch bedrohlich wirkt. Dazu noch der Unterteil „Zwei Familien, ein Alptraum“ und ich war erst recht wieder bei Thriller. Letztlich ist „Happy New Year“ aber wirklich eher ein Zwitterding, denn es hat etwas Rätselhaftes an sich, wo man sich so seine Gedanken machen kann, was wohl passiert ist und wer wo Verantwortung trägt. Letztlich ist das Buch aber vor allem eine tiefgehende psychologische Studie, die durch drei Perspektiven intensiv beleuchtet werden.

Wofür ich Malin Stehn auf jeden Fall loben kann, das ist ihre Art, ihren drei Perspektiven so treu zu bleiben und mit Frederik, Nina und Lollo auch drei Charaktere zu schaffen, die alle auf ihre Weise keine Sympathieträger sind, weil die Autorin wirklich verdammt tief gräbt. Wir haben sicherlich alle unsere hässlichen Seiten, aber die werden selten so geballt gezeigt. Zwar war das Buch so wahrlich kein Stimmungsaufheller, aber ich fand es doch auch faszinierend, diese Charaktere so ehrlich und verblümt kennenzulernen. Bei Lollo erleben wir sofort eine sehr oberflächliche Persönlichkeit, die an ihre Freundinnen keinen guten Gedanken lässt und die alles mit einem prüfenden Auge bedenkt, ob es nur ja einen äußeren Anschein wahrt. Später als ihre Tochter Jennifer verschwunden ist, wandelt sich das Bild und es wird deutlich, dass sie den Hass auf ihre eigene Persönlichkeit in Hass auf ihren Ehemann umwandelt, obwohl sie sich immer einig bei allem waren. Es ist sicherlich nicht einfach, bedingungsloses Mitleid mit Lollo zu empfinden, aber es ist dennoch interessant mitzuverfolgen, wie sie quasi durch diesen Schrecken ‚aufwacht‘.

Nina ist sicherlich die normalste in der ganzen Geschichte, die auch in den ganzen sich entfaltenden Ereignissen ein fast schon außenstehender Posten ist. Sie hat damit zu kämpfen, wie ihr Mann den Boden unter den Füßen verliert, sie sieht ihre leidende Tochter und sie schämt sich auch gegenüber Lollo, weil sie für sie nicht die bedingungslose Freundin sein kann, weil zu viel reinspielt. Sie ist ein wenig die Kümmerin, die Bodenständige, auf deren Rücken unwissentlich so viel ausgetragen wird und der irgendwann auch einfach mal der Kragen platzt. Dennoch ist sie auch die Figur, bei der man am wenigsten entdecken kann, weil sie auch keine Geheimnisse hat, sie ist einfacher Mensch, der damit arbeitet, was ihr angeboten wird. Frederik wiederum ist der, zu dem die meisten Andeutungen gemacht werden und wo man nicht sicher ist, wie dunkel das Grauen bei ihm wirklich ist. Er war durch seine Stimmungen sicherlich der unerträglichste, aber ich fand es durchaus auch interessant, wie er immer in der Liebe zu seiner Familie und seinen Schuldgefühlen schwankte. Da er gerade auch zu Beginn der Geschichte für mich den vernünftigsten Eindruck machte, war ich auch gespannt, wie weit seine Schuld nun tatsächlich reicht.

Während nun also diese Figurenebene wirklich sehr interessant und ungewöhnlich für mich war, so bin ich zu dem Erzählstil noch etwas unentschlossen. Dieses Figurenbasierte fließt natürlich einteilig groß ein, aber dennoch hemmt es auch in einigen Aspekten. Denn das, was am Ende noch alles aufgedeckt wird, das passiert eher im Off und wird dann aus dem Hut gezaubert. Vielleicht muss ich mich an der Stelle mehr daran erinnern, dass es eben kein Thriller ist, aber dennoch war es schon eher ungewöhnlich. Ich habe zwar zwischendurch in eine ähnliche Richtung gedacht, die finale Lösung fand ich dennoch überraschend und dazu hätte ich mir noch etwas mehr Innenleben gewünscht und nicht nur den Strafprozess dann. Manche Wendungen waren mir auch etwas zu übertrieben, auch weil mir dann im nächsten Schritt die ausführlichere Darstellung von Jennifer gefehlt hat, denn sie ist für diese Geschichte enorm wichtig, auch wenn sie aktiv keine große Rolle spielt. Es hat auch immer mal wieder Rückblenden gegeben, aber bis auf die eine entscheidende waren die auch eher austauschbar. Es ist also ein etwas schmaler Grat, auf dem der Erzählstil hier wandelt. Die Vor- UND Nachteile sind offensichtlich.

Fazit: „Happy New Year“ war in meinem Lesejahr 2022 ein ungewöhnliches Buch, weil es irgendwo zwischen Thriller und psychologischem Roman schwankte und weil auch der Erzählstil dementsprechend seine Vor- und Nachteile aufzuweisen hat. Während ich die intensiven Figurenperspektiven zu schätzen wusste, so fühlte sich das Buch in anderen Aspekten wiederum unfertig an.

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