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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.01.2023

Eine sehr detailliert und opulent erzählte Biografie

König der Welt
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Über Ludwig XIV. (1638-1715) sind schon einige (ich darf sagen: Meter) Bücher geschrieben worden. Seien es Biografien oder historische Romane.

Braucht es da noch eines? Noch dazu eines mit 944 Seiten? ...

Über Ludwig XIV. (1638-1715) sind schon einige (ich darf sagen: Meter) Bücher geschrieben worden. Seien es Biografien oder historische Romane.

Braucht es da noch eines? Noch dazu eines mit 944 Seiten? Für welche Zielgruppe? Historikerkollegen oder interessierte Laien? Nun, darüber gibt der britische Autor Philip Mansel keine Auskunft. Man muss selbst herausfinden, ob man sich mit dem Sonnenkönig, dessen Motto „L’Etat est Moi“ („Der Staat bin ich“) gewesen ist, so intensiv beschäftigen will.

Selbst für mich, die ich dicke Schwarten und detaillierte Biografien liebe, ist dieses Buch zu einer Herausforderung geworden. Es gibt kaum eine Seite, auf der nicht mindestens zwei Jahreszahlen und bis zu drei Fußnoten dem Leser an den Kopf geworfen wird. Wer die alle im Detail lesen will, wird dauernd aus dem Lesefluss gerissen. Philip Mansels Hang zum Perfektionismus sowie sein Drang, alles was er selbst weiß, dem Leser unbedingt mitteilen zu müssen, führt dazu, dass er sich in zahlreichen Nebenschauplätze, die ihm historisch interessant erscheinen, aber letztendlich von Ludwig XIV. wegführen, verzettelt.

Inhaltlich geht Philip Mansel auf die kostspieligen Hobbys des Königs ein (u.a. Versailles) sowie auf seine Außenpolitik innerhalb Europas (Stichwort Wahlkönigreich Polen), Nordamerikas sowie seine Versuche, diplomatische Beziehungen zu China und Siam zu knüpfen.

Kenntnisse über die Innenpolitik des Königs inklusive Mätressenwirtschaft und höfische Intrigen setzt Mansel sichtlich voraus. Anders lässt sich das Namedropping nicht erklären. Das ist ein wenig die Schwäche dieser ausführlichen Biografie, dass der Autor den Lesern Detailwissen abverlangt, die sie in der Intensität nicht haben können.

An einigen Stellen nimmt er zukünftige Ereignisse wie z. B. die Revolution von 1789 voraus.

Womit ich wieder bei der Frage bin: Wer ist die Zielgruppe dieser Biografie?

Das Hardcover ist in einer opulenten, dem Porträtierten wohl angemessenen, Ausstattung erschienen: Rotes Cover, mit der stilisierten Sonne in Gold, einem Porträt des Monarchen auf dem Vorsatzblatt, einem Lesebändchen sowie einigen Abbildungen. Nun, der Preis von ca. 60 Euro ist dem Herrscher angemessen.

Fazit:

Wer viel Zeit und Interesse für die Person Ludwig XIV. mitbringt, ist hier richtig. Gerne gebe ich dieser opulenten Biografie 4 Sterne.

Veröffentlicht am 04.01.2023

Eine gelungene Fortsetzung

James Bond: Mit der Absicht zu töten
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Dieses Buch ist der 41. offizielle James-Bond-Roman und der dritte von Anthony Horowitz. Zeitlich ist der Roman nach „Der Mann mit den goldenen Colt“ einzuordnen.

Der Leser wird in die Zeit des Kalten ...

Dieses Buch ist der 41. offizielle James-Bond-Roman und der dritte von Anthony Horowitz. Zeitlich ist der Roman nach „Der Mann mit den goldenen Colt“ einzuordnen.

Der Leser wird in die Zeit des Kalten Krieges, der Chruschtschow-Ära, zurückgeworfen. Eine Periode, die den meisten Lesern nur noch aus der Geschichte bekannt sein dürfte, aber für einen Spionage-Thriller einen vertrauten Hintergrund bildet.

Über den fesselnden Inhalt will ich gar nichts verraten.

Der Agenten-Thriller ist fesselnd wie alle JB-Bücher. Allerdings kommt ein Buch an die sehr aufwändig inszenierten Filmspektakel nicht heran. Es lässt aber dafür Spielraum für eigenes Kopfkino, bei dem man sich den Hauptdarsteller selbst aussuchen darf - Sean Connery oder Roger Moore? Die anderen Darstellen kommen hier nicht zum Zug, da viel zu modern.

Der Titel wandelt das klassische Bond-Thema „mit der Lizenz zu Töten“ ab.
Wieder mit dabei eine schöne Frau, deren Geheimnis sich erst im Laufe der Geschichte enthüllt.

Die vielen technischen Spielereien, die einen wesentlichen Anteil am Erfolg der Bond-Filme haben, fehlen hier gänzlich. James Bond ist auf sich allein gestellt.

Fazit:

Klassische Spannungsliteratur aus der Zeit des Kalten Krieges, der ich gerne 4 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 27.12.2022

Mord bleibt Mord

Die Verbrechen der anderen
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Es ist ein kalter Tag im Februar des Jahres 1990 als ein ehemaliger Grenzsoldat, der einem Schießbefehl gehorcht hat, von seiner Mutter vermisst gemeldet wird. Doch niemand nimmt die Sorge der Mutter ernst. ...

Es ist ein kalter Tag im Februar des Jahres 1990 als ein ehemaliger Grenzsoldat, der einem Schießbefehl gehorcht hat, von seiner Mutter vermisst gemeldet wird. Doch niemand nimmt die Sorge der Mutter ernst. Er wird sich in den Westen aufgemacht haben, wie so viele Tausende andere, ist die Meinung der Polizei. Kommissar Tobias Falck, des KDD Ost-West, verspricht sich umzuhören. Doch bevor er zu einem Ergebnis kommt, werden Falck, Edgar Schmidt und Stefanie Bach in die Galerie der Alten Meister gerufen. Ein wertvolles Gemälde ist durch eine Fälschung ersetzt worden. Ein Delikt, in dem sich die Kollegen des KDD nicht wirklich auskennen. Mord und Totschlag ist ihr Revier, aber Kunst?

Wenig später wird dann ein als Kunstfälscher bekannter Maler ermordet. Gehört der Kunstraub zu den (nicht ganz so) geheimen staatlich sanktionierten Kunstrauben der ehemalige DDR, um Devisen ins Land zu bringen?

Und was hat Sybille Suderberg, suspendierte Kommissarin aus Westdeutschland, die nun in Dresden als selbstständige Privatermittlerin arbeitet, mit der Sache zu tun? Oder steckt Edgar Schmidt mit der Stasi unter einer Decke?

Als dann die Ermittlungen entgleiten, müssen Tobias Falck und seine Kollegen des KDD in die ihnen unbekannte und suspekte BRD reisen. Und das ausgerechnet am Rosenmontag nach Köln.

Meine Meinung:

Dieser zweite Krimi, rund um den Kriminaldauerdienst Ost-West hat mich diesmal nicht so ganz begeistert. Warum?

Jeder der beiden Handlungsstränge wäre für mein Empfinden ein eigenes Buch wert. Vor allem die Geschichte rund um den ehemaligen Grenzsoldaten, der einen sogenannten Republikflüchtig erschossen hat, hätte durchaus großes Potenzial gehabt. Das ist leider in der ebenso fesselnden Kunstraub- bzw. Kunstfälscher-Geschichte ein wenig untergegangen.

Kurzfristig habe ich ja Edgar Schmidt in Verdacht gehabt, ein falsches Spiel zu spielen.

Was mir so gar nicht gefallen hat: Frank Goldammer lässt seine Ermittler ein wenig dämlich aussehen. Er hetzt sie durch die Stadt, die Waffen werden ihnen abgenommen etc.. Mag schon sein, dass sich Tobias Falck das eine oder andere Mal nicht gar so professionell verhält, weil er seine privaten Zores nicht ganz im Griff hat.

Die alte Ordnung ist passé, aber die neue hat sich noch nicht etabliert, dabei bleibt Mord immer Mord. Egal unter welcher Regierung. wie Tobias Falck feststellt.

Sehr beklemmend finde ich die Beschreibung der Stimmung der ehemaligen DDR-Bürger. Jeder, auch die Ermittler, haben eine mehr oder weniger diffuse Angst vor den Enthüllungen der Stasi-Akten. Da wenig Substantielles bekannt ist, sind Gerüchten Tür und Tor geöffnet. Ein großer Teil der Bevölkerung glaubt, dass ehemalige Zuträger nun von der Stasi ermordet werden sollen, um lästige Mitwisser zu beseitigen. Dieses Klima des Misstrauens und der Angst hat Autor Frank Goldammer, selbst Dresdner, sehr gut beschrieben. Für mich als Wienerin ist diese Stimmung kaum vorstellbar.

Was mich auch irritiert, ist die Beschreibung der Wohnverhältnisse: Ja, die Plattenbauten gewinnen keinen Schönheitspreis, musste doch nach 1945 schnell Wohnraum für die Menschen sowohl im Osten und im Westen geschaffen werden. Auch in Wien gibt es solche hässlichen Wohnbauten. Aber, dass die Gebäude in Dresden so desolat sind, erschreckt mich schon ein wenig. Ich war im Oktober in Dresden und habe mich über die rege Bautätigkeit gewundert. Sehr viele der Plattenbauten aus der DDR-Zeit sind modernen Wohnhäusern gewichen.

Fazit:

Diesen Krimi, der mir nicht ganz so gut gefällt wie die anderen Bücher von Frank Goldammer, bewerte ich mit 4 Sternen.

Veröffentlicht am 20.12.2022

Eine gelungene Fortsetzung

Mord am Kehlsteinhaus
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In seinem zweiten Fall als frischgebackener Leiter der Kripo Berchtesgaden bekommt es Bergpolizist Simon Perlinger mit einer Blut verschmierten Liftkabine des Kehlsteinhauses zu tun. Ein dazugehöriges ...

In seinem zweiten Fall als frischgebackener Leiter der Kripo Berchtesgaden bekommt es Bergpolizist Simon Perlinger mit einer Blut verschmierten Liftkabine des Kehlsteinhauses zu tun. Ein dazugehöriges Opfer fehlt allerdings. Zeitgleich wird Golo Gruber, einer der drei Geschäftsführer der Grubermilch AG, vermisst. Seine Ehefrau scheint nicht allzu besorgt über das Verschwinden zu sein.
Wenig später wird die Leiche eines am Mannlgrat verunglückten Bergsteigers gefunden, der sich als Gernot Gruber, Bruder des Vermissten, herausstellt. Zufall?

Simon Perlinger glaubt an vieles, aber nicht an Zufälle und beginnt zu ermitteln. Je tiefer er in die Familiengeschichte der Grubers eindringt, desto mehr Rätsel tauchen auf.

Als dann der vermisste Golo Gruber doch noch wohlbehalten auftaucht, müssen die Ermittlungsansätze neu überdacht werden ...

Meine Meinung:

Dieser Krimi besticht durch zahlreiche Wendungen und Unwägbarkeiten. Damit wird die Spannung aufrecht erhalten. Simon Perlinger und seine Kollegin Luisa Sedlbauer haben alle Hände voll zu tun. Mitunter schleifen sich auch kleine Konzentrationsfehler ein und Perlinger wirkt nicht immer souverän. Das macht ihn menschlich. Akribisch wird buchstäblich jeder Stein mehrmals umgedreht bis sich die Auflösung dem Leser erschließt.

Gut ist die Geschichte des Kehlsteinhauses in den Krimi eingeflochten.

Die Charaktere sind gut angelegt. Diesmal gibt es mehr „Personal“ und die Verstrickung vieler Personen in den Kriminalfall macht es weder Perlinger noch dem Leser leicht, die Übersicht zu bewahren. Da hilft das Personenverzeichnis am Anfang des Buches sehr.

Fazit:

Ein spannender Krimi bei dem wenig so ist, wie es scheint. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 14.12.2022

Nicht einfach zu lesen

Leicht wie Blei
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Dieses Buch ist nicht einfach zu lesen. Manche Abschnitte wiegen schwer wie Blei.

„Die letzte Kugel höre ich immer noch. Und nur ich. Das meine ich, wenn ich denke, dass ich Blei hören kann.“

Worum ...

Dieses Buch ist nicht einfach zu lesen. Manche Abschnitte wiegen schwer wie Blei.

„Die letzte Kugel höre ich immer noch. Und nur ich. Das meine ich, wenn ich denke, dass ich Blei hören kann.“

Worum geht’s?

Die jugendliche Emma hat ihren Vater mit acht Kugeln aus einer Pistole getötet, um dem jahrelangen sexuellen Missbrauch an ihr zu beenden. Das Gericht billigt ihr keine Notwehr zu, das sie eben acht Mal geschossen und zudem noch einmal nachgeladen hat. Emma erhält auf Grund ihres jugendlichen Alters drei Jahre Haft.

Im Gefängnis erfährt sie zum ersten Mal, was es heißt, beschützt und sicher zu sein. Sie fügt sich in den Gefängnisalltag ein. Doch als ihre Tat im Gefängnis bekannt wird, wird sie zu einer Ikone der Emanzipation von sexueller Gewalt. Diese „Berühmtheit“, die in der Außenwelt unter #Emmanismnow ein kontrovers diskutiertes Thema ist, lässt sie ihre Tat Revue passieren und hat Zweifel an der Richtigkeit ihres Tuns.

Das Buch endet mit der vorzeitigen Entlassung aus der Haft an der auch die Internetkampagne einen großen Anteil hat.

Meine Meinung:

Wir begleiten Emma rund 300 Tage ihrer Haft und erleben den Gefängnisalltag, in dem Gewalt und Sehnsucht nach Liebe eine Rolle spielen.

Der Roman, dem eine wahre Begebenheit zu Grunde liegt, beleuchtet die Frage nach Täter und Opfer. Ist Emma eine eiskalte Täterin? Oder ist sie ein Opfer, das endlich seine Ruhe haben will? Die Details zu Emmas Martyrium werden so nach und nach in kursiver Schrift eingeflochten.

Fazit:

Ein Roman, der nachdenklich macht. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.