Eine bemerkenswerte Frau
Cosmopolitan – Die Zeit der FrauenMit diesem Roman setzt die amerikanische Autorin Renee Rosen der Redakteurin Helen Gurley Brown ein Denkmal. Muss man Mrs. Brown kennen? Nun, es ist sicherlich kein Fauxpas, wenn man von ihr noch nicht ...
Mit diesem Roman setzt die amerikanische Autorin Renee Rosen der Redakteurin Helen Gurley Brown ein Denkmal. Muss man Mrs. Brown kennen? Nun, es ist sicherlich kein Fauxpas, wenn man von ihr noch nicht gehört hat, aber ihre Geschichte ist zweifelsohne hochinteressant.
Denn sie war es, die das moderne Frauenmagazin „erfunden“ hat. Sie prägte die Neuausrichtung der „Cosmopolitan“ in den 1960er Jahren, weg vom Hausfrauenmagazin hin zu einer Zeitschrift, die Frauen Selbstbewusstsein schenkte. Helen kämpfte dabei gegen viele Widerstände und eine Riege alter weißer Männer aus dem Vorstand ihres Verlagshauses.
Renee Rosen erzählt Helens Geschichte aus der Sicht ihrer Sekretärin Alice, die neu in New York ist und eigentlich herkam, um Fotografin zu werden. Doch sie muss schon froh sein, einen Job als Sekretärin bekommen zu haben – denn das Leben im Big Apple war schon damals nicht billig. Mit viel Fleiß und Einsatz wird Alice schnell zur rechten Hand von Helen. Sie bewundert es, wie die neue Chefredakteurin gefühlt jedem Gegenwind standhält und unterstützt sie daher, wo sie nur kann. Auch wenn ihr Helens Ideen mitunter doch ein wenig zu revolutionär erscheinen… Geschockt geht Alice aus ihrer ersten Redaktionskonferenz (in der sie Protokoll führen sollte) und in der Helen die ganze Zeit nur über Sex sprach. Nicht minder geschockt waren die alteingesessenen Redakteure und nicht nur einer warf das Handtuch, als ihm aufging, in welche Richtung Helen die Zeitung bringen wollte…
Doch Helen ließ sich nicht beirren, rigoros verwarf sie Ideen für Artikel, änderte Cover – und musste sich permanent dafür rechtfertigen, obwohl sie dafür eingestellt worden war, der Cosmopolitan eine neue Linie zu geben. So tough sie sich gab – auch sie war nur ein Mensch und mit ihren Kräften so manches Mal am Ende. Doch weder sie noch Alice ließen sich davon einschüchtern und machten einfach weiter…
Mir hat gefallen, wie Renee Rosen von zwei Frauen erzählt, die sich gegenseitig unterstützen, obwohl sie in ganz unterschiedlichen Positionen und ganz verschiedenen Stationen auf ihrem Lebensweg sind. Dieses „female empowerment“ kommt auf vielen Seiten zum Ausdruck und hebt den Roman aus der Masse biografischer Romane heraus. Hier hat die Autorin einen guten Ansatz gewählt, der zum Thema passt und sich gerade im Kontext der „Cosmopolitan“ hervorragend erzählen lässt.
Lediglich Alice‘ Familiengeschichte, die erst im letzten Viertel des Buches eine Rolle spielt, stellte für mich einen kleinen Kritikpunkt dar. Es fühlte sich für mich so an, als sei dies nur in den Roman hineingekommen, weil jede Geschichte noch einmal eine private Verwicklung braucht um die Spannung zu erhöhen. Aus meiner Sicht hatte der Roman das nicht nötig. Daher ein halber Stern Abzug.
Insgesamt war es für mich aber ein Lesevergnügen, das mich hineinkatapultiert hat in die swinging sixties und in das (auch damals schon) hektische New Yorker Verlagswesen. Ein interessanter Einblick, den ich nicht missen möchte und der hoffentlich viele begeisterte Leser*innen finden wird!