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Veröffentlicht am 18.07.2017

Lost and Found

Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge
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Zum Inhalt:

Charmant, außergewöhnlich und liebenswert. Machen Sie sich mit Mr. Peardew auf die Suche nach verlorenen Dingen.
Jeder Gegenstand, den Anthony Peardew auf der Straße findet, hat eine Geschichte. ...

Zum Inhalt:

Charmant, außergewöhnlich und liebenswert. Machen Sie sich mit Mr. Peardew auf die Suche nach verlorenen Dingen.
Jeder Gegenstand, den Anthony Peardew auf der Straße findet, hat eine Geschichte. Er sammelt und archiviert sie alle in seinem gediegenen viktorianischen Haus und plant, sie eines Tages an ihre ursprünglichen Besitzer zurückzugeben. Denn er selbst sieht sich nur als Hüter der verlorenen Dinge. Vor Jahren hat er selbst etwas verloren, das er seitdem auf seinen Streifzügen sucht: ein Schmuckstück. Es gehörte seiner großen Liebe, und das Medaillon verbindet sie noch immer mit ihm. Anthony muss diese besondere Aufgabe jedoch an seine Erbin Laura weitergeben, ohne ihr von dem großen Geheimnis erzählt zu haben, das seine Sammlung umgibt.



Über die Autorin:

Ruth Hogan ist selbst begeisterte Sammlerin von Fundstücken. Sie lebt mit Mann und drei Hunden in einem etwas chaotischen viktorianischen Haus in Bedford, England. Ein schwerer Autounfall und eine Krebserkrankung brachten sie zum Schreiben. Die schlaflosen Nächte hat sie am Schreibtisch verbracht, das Ergebnis ist ihr erster Roman über das Finden von Dingen und Geschichten.



Mein Fazit und meine Rezension:

Anthony Peardew ist Sammler und zwar ein Sammler aus Leidenschaft. Egal, welches Ding seinen Weg kreuzt, es wird aufgesammelt und mitgenommen. Zuhause katalogisiert er seinen Fund akribisch und stellt ihn an seinen - von nun an - bestimmten Platz. Nur möchte Mr. Peardew die Dinge mitnichten behalten! Er katalogisiert jedes Fundstück, damit er diese dem wahren Eigentümer zurück geben kann. Man könnte seine Sammelleidenschaft auch als Sammelwut und diese wiederum als zwanghaft bezeichnen ... aber bleiben wir doch lieber im romantischen Aspekt. So schafft es sogar eine alte Keksdose in seinen Besitz, deren Inhalt (Staub) wirklich alles sein kann - bis hin zur Asche eines ehemals geliebten Menschen. Auch Mr. Peardew selbst leidet darunter, ein geliebtes Erinnerungsstück verloren zu haben: das Medaillon seiner Verlobten, die viel zu früh von ihm gegangen ist. Leider schafft er es nicht mehr selbst die Suche nach dem Medaillon zu vollenden und übergibt sie seiner Assistentin Laura. Nur ahnt diese nicht, was sich hinter diesem Erbe und dem Medaillon tatsächlich verbirgt ...

Anthony Peardew ist leidenschaftlicher Sammler und Schriftsteller. Vor einigen Jahrzehnten hat er seiner Verlobten versprochen, ihr Medaillon in Ehren zu halten und darauf aufzupassen, doch dann passiert das schreckliche Unglück: sie verstirbt und er verliert das Medaillon. Gepackt vor Ehrgeiz, das verlorene Stück wieder zu finden, begibt er sich auf die Suche. Und Mr. Peardew findet so einiges - nur leider nicht sein Medaillon! An der Suche scheint er schier zu verzweifeln. Irgendwann machen ihm körperliche Gebrechen einen Strich durch die Rechnung und er gibt die ehrenvolle Aufgabe an seine Assistentin Laura weiter, die er ebenfalls als eine Art "Fundstück" aufgelesen hat. Auch als Leser ist man fasziniert von diesem Mann, seinen Geschichten und den Geschichten rund um seine Fundstücke. Mich hat insbesondere die Katalogisierung fasziniert und auch der Gedanke, der hinter seiner Sammelleidenschaft oder auch Sammelwut steckt: seiner verstorbenen Geliebten näher zu sein und sein Versprechen einzulösen.

Als die Geschichte sich dann Laura zuwendet merkt man, dass diese zu Beginn einige Probleme mit dem Sammelsurium des Mr. Peardew hat. Doch sie bekommt sehr schnell Hilfe in Form von der liebenswerten Nachbarin des Mr. Peardew, dem Mädchen Sunshine, welches am Down Syndrom leidet und sich ihre Welt selbst erklärt und des Gärtners Freddy. Mit dieser Wendung nimmt die Geschichte auch mehr an Fahrt auf. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, die Geschichte zu lesen und auch den Erlebnissen rund um Laura und vor allen Dingen Sunshine zu folgen. Nur muss ich sagen, dass erst mit dem Auftauchen von Sunshine selbst ein Stückchen weit mehr Liebe in den Text geflossen ist, als vorher. Das Mädchen hat seine eigene Art, die Dinge zu sehen und das Leben zu nehmen. Das macht es uns Lesern sehr einfach, es direkt zu Beginn in unser Herz zu schließen!

Im Grunde genommen geht es in dieser Geschichte nicht um verlorene gegenständliche Dinge, sondern auch um verlorene Emotionen. Anthony verliert seine große Liebe und möchte mit dem Auffinden des Medaillons einen Teil davon zurück haben, doch steht er sich selbst im Weg. Laura hat schon einiges Negatives erlebt und muss sich erst wieder dem Leben und vor allen Dingen dem Glück im Leben annähern. Da passen Sunshine und Freddy sehr gut ins Bild!

Ruth Hogan hat mit diesem Buch eine Geschichte geschaffen, die zwischen Magie und Realität hin- und herwechselt, dem Leser aber mit ihrem unvergleichlichen Erzählstil einige schöne Lesestunden beschert! Eine wunderschöne Geschichte, wenn man einfach mal abschalten und wieder etwas Glück tanken möchte!

Veröffentlicht am 28.06.2017

Ein Protagonist, der polarisiert, und eine Geschichte, die dich einfach nicht mehr loslässt!

Duke-Reihe / Ohne Warnung
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Zum Inhalt: 

In Keene, einer kleinen verschlafenen Stadt in New Hampshire, herrscht das herrlichste Sommerwetter, doch Duke verkriecht sich in seinem abgedunkelten Zimmer. Er kann sich kaum bewegen, ohne ...

Zum Inhalt: 

In Keene, einer kleinen verschlafenen Stadt in New Hampshire, herrscht das herrlichste Sommerwetter, doch Duke verkriecht sich in seinem abgedunkelten Zimmer. Er kann sich kaum bewegen, ohne dass Wellen von Schmerzen seinen Körper durchfluten. Die Abreibung, die er gestern in der Kiesgrube von seinen vermeintlichen „Freunden“ bekommen hatte, war heftig - zu heftig. In den Tagen der Heilung schwört er sich, nie wieder ein Opfer zu sein ! Nie wieder ein Verlierer! Mit viel Einfallsreichtum und Finesse findet Duke Mittel und Wege, die perfekten Verbrechen zu inszenieren. Immer wieder findet er sich in Situationen wieder, die seine „dunkle Seite“ in ihm zum Handeln zwingen. Nur die Liebe kann ihn wieder auf die richtige Bahn bringen. Wird er diese finden? Das Buch nimmt den Leser mit auf eine spannende Reise quer durch die USA und begleitet Duke bei seiner Metamorphose vom schüchternen Jungen zum technisch versierten Computergenie, der mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit und einer gehörigen Prise Gesellschaftskritik zu einem Bösewicht heranwächst, den man einfach mögen muss. Er gerät in einen Strudel von Gewalt, Liebe, Verlust, Abenteuern und der Suche nach sich selbst. Duke sucht nicht die Gewalt, aber sie findet ihn...



Über den Autor:

Sebastian Cohen, Jahrgang 1970, bereiste bereits mehr als 45 Länder und lebte viele Jahre in Panama, Ecuador und Nicaragua.
Die Erlebnisse vieler Orte und Reisen prägten ihn und verhinderten, Zeit zu finden, um erwachsen zu werden. Nichts ist spannender als zu reisen.
Alles ist vergänglich, doch Erinnerungen bleiben für immer. Inspiriert von seinen Reisen entstand die Idee, einige Orte und Abenteuer mit dem Protagonisten Duke zu verbinden.



Mein Fazit und meine Rezension: 

Duke war schon in jungen Jahren in der Opferrolle gefangen, doch er kannte einen Ausweg, um dieser zu entkommen: er ignorierte die Halbstarken, hielt sich von gefährlichen Situationen fern und kapselte sich von seinem Umfeld ab. Eigentlich ein ausgeklügelter Plan, doch eines Tages kann er den sechs Jungs der coolsten Clique in der Schule nicht widerstehen und folgt ihnen zur Kiesgrube. Dort angekommen wartet eine Mutprobe auf ihn, die lebensgefährlich ist. Doch Duke ist nicht naiv und schon gar nicht dumm genug, um sein Leben zu riskieren. Seinen Rückzieher werten die sechs Jungs als Feigheit und verprügeln ihn nach Strich und Faden. Duke nimmt es hin, doch in eben diesem Moment legt sich in seinem Inneren ein Schalter um: ab heute wird er nicht mehr länger das Opfer sein, ab heute würde er zurück schlagen, sich zur Wehr setzen und das mit Hilfe einer ausgeklügelten und todsicheren Taktik. Schon bald passieren die ersten tödlichen Unfälle... Was aber kann Duke davon abhalten? Wer oder was kann ihn von seinen Rachegelüsten ablenken? Wird er jemals aufhören? 

Zu Beginn der Geschichte ist Duke ein in sich gekehrter Junge mit wenigen Freunden. Er verbringt die meiste Zeit alleine. Dazu zu gehören wäre ein Traum von ihm, doch ist es nicht leicht. Schon früh wird man als Leser auf den schüchternen Duke aufmerksam und hat sich auch ein klares Bild von ihm geschaffen. Doch wenn man sich den Klappentext genauer durchgelesen hat, ist man irritiert. Wie bitteschön soll aus so einem Jungen ein eiskalter und brutaler Mörder werden? Ein Genie, das Verbrechen plant, die ihm aber nicht nachgewiesen werden können? Ein perfektes Verbrechen. Das Schlüsselereignis - welches nicht nur Duke, sondern auch uns Leser zutiefst betrifft -  lässt jedoch nicht lange auf sich warten. Und mit einem Mal beginnt der Umbruch, der Wandel hin zu einem anderen Duke - und der Leser ist mitten drin! Selbst während dem Lesen liefen mir kalte Schauer über den Rücken. Duke kannte man aus wenigen Kapiteln als einen ruhigen und netten Jungen, doch mit einem Ereignis ändert sich alles. Die Stimmung, die der Autor projiziert, war auch für mich deutlich spürbar und mehr als einmal dachte ich daran, wie nah Genie und Wahnsinn beieinander liegen. 

Duke hat mich sehr zwiegespalten zurück gelassen. Einerseits verstehe ich, dass er sich rächen will, dass er nicht immer das Opfer sein und endlich aus dieser festgefahren Rolle heraus möchte. Ich verstehe auch, dass er sich nach Gerechtigkeit sehnt und genau diese ihm nun mal nicht widerfährt. Und ja, ich verstehe auch noch, dass er sich an seinen Peinigern rächen möchte - auch, wenn ich es nicht unbedingt gut heiße. Nur sind seine Methoden doch wirklich eiskalt und unberechenbar. In Duke haben sich jahrelang Wut, Unterdrückung und Angst aufgestaut. Er hat immer zurückgesteckt, sich im Hintergrund gehalten und von allen gefährlichen Situationen fern gehalten - irgendwann ging es nicht mehr und seine Toleranzschwelle war überschritten. Bis hier her und nicht weiter! Duke ist zur Nemesis geworden - eine vergeltende Gerechtigkeit. 

Nur, wie kann man jemanden stoppen, der auf Rache aus ist? Und was, wenn er die Rache zu Ende gebracht hat - war es das? Oder bleibt der Drang, anderen überlegen zu sein und deren Leben in seinen Händen zu halten? Schicksal zu spielen, wenn nicht sogar Gott zu sein?

Als Leser begleiten wir Duke nicht nur in seiner Kindheit, sondern ebenfalls aufs College. Kurz vorher wurde er von seiner großen Liebe verlassen und so lernt er schnell, dass er sich letzten Endes nur auf sich selbst verlassen kann. Doch das Leben lässt sich nun mal nicht genau planen und hält einige Überraschungen für ihn parat. Schon bald werden seine Pläne ein weiteres Mal von der Liebe durchkreuzt und auch ich als Leser habe aufgeatmet. Schafft Duke nun endlich den Absprung? 

Für mich war es ein wahres Auf und Ab der Gefühle. Meine Emotionen sind wahrlich Achterbahn gefahren - von den vielen Loopings mal ganz zu schweigen! Nach wie vor kann ich Duke als Protagonist nicht genau greifen. Er polarisiert einfach. Einerseits kann man ihn verstehen und möchte ihn sogar anfeuern, dass er sich nicht immer alles gefallen lässt, nur die Art und Weise, wie er es umsetzt, hat mir mehr als einmal eine Gänsehaut beschwert - von den vielen Bildern aufgrund der Detail genauen Beschreibung des Autors mal abgesehen! (Ich spreche hier nicht nur von Farbe und Konsistenz, sondern auch von Gerüchen)

Sebastian Cohen hat mich von Band 1 seiner Duke-Reihe überzeugt! Duke fasziniert mich, zieht mich auf grausame Art und Weise in seinen Bann und stößt mich mit seinen Taten ab und doch, ist da noch etwas anderes, was mich unbedingt weiter lesen lassen möchte. Ich kann Band 2 kaum erwarten!

Veröffentlicht am 25.06.2017

Kann Liebe wachsen, wo Hass gesät wird?

Ismaels Orangen
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Zum Inhalt:

KANN LIEBE WACHSEN, WO HASS GESÄT WIRD?

Jaffa, April 1948. Der siebenjährige Salim Al-Ismaeli, Sohn eines palästinensischen Orangenzüchters, freut sich darauf, die ersten Früchte des Orangenbaums ...

Zum Inhalt:

KANN LIEBE WACHSEN, WO HASS GESÄT WIRD?

Jaffa, April 1948. Der siebenjährige Salim Al-Ismaeli, Sohn eines palästinensischen Orangenzüchters, freut sich darauf, die ersten Früchte des Orangenbaums zu ernten, der zu seiner Geburt gepflanzt wurde. Doch der Krieg bricht aus und treibt die ganze Familie in die Flucht. Von nun an hat Salim nur noch einen Traum: Eines Tages zu seinem Baum zurückzukehren und im Land seiner Väter zu leben.

Zur selben Zeit wächst Judith als Tochter von Holocaust-Überlebenden in England auf – und sehnt sich danach, irgendwann ein normales und glückliches Leben führen zu dürfen. Als Salim und Judith sich im London der Sechzigerjahre begegnen und ineinander verlieben, nimmt das Schicksal seinen Lauf und stellt ihre Liebe auf eine harte Probe …



Über die Autorin:

Claire Hajaj, 1973 in London geboren, hat ihr bisheriges Leben zwischen zwei Kulturen, der jüdischen und der palästinensischen, verbracht und versucht, sie zu vereinbaren. In ihrer Kindheit lebte sie sowohl im Nahen Osten als auch im ländlichen England. Sie bereiste alle vier Kontinente und arbeitete für die UN in Kriegsgebieten wie Burma oder Bagdad. Sie schrieb Beiträge für den BBC World Service, außerdem veröffentlichte sie Artikel in Time Out und Literary Review. Ihren Master in Klassischer und Englischer Literatur hat sie in Oxford gemacht. Zur Zeit lebt sie mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Beirut.



Mein Fazit und meine Rezension:

Salim Al-Ismael ist sieben Jahre alt und lebt mit seiner Familie in Palästina. Doch die Zeiten ändern sich und im April 1948 ist es dann soweit: seine Familie muss mit dem Jungen aus dem geliebten Heimatland fliehen. Weg von den Orangenbäumen, von der Plantage, die für die Familie ihr ein und alles war und für Ismael den Lebensinhalt bedeutete. Die Juden vertreiben sie aus ihrem eigenen Land und so landet die Familie später in Nazareth.

Doch der junge Salim wächst auch dort heran und entwickelt sich zu einem stattlichen Mann, wohlweislich darauf bedacht, woher er stammt. Bei seinem Studium in London lernt er Judit - genannt Jude - kennen und lieben. Doch die Beiden habe es von Anfang an nicht leicht, denn Jude ist Jüdin und gehört zu dem verhassten Volk, das seine Familie einst aus dem geliebten Heimatland vertrieben hat. Schon bald muss sich das junge Paar ihren beiden Familien stellen und all den Konflikten zu trotz entscheiden: ist ihre Liebe stärker als die Vergangenheit?

Salims Kindheit ist von Spiel und Spaß geprägt, doch hatte es der Junge auch nicht leicht. Obwohl sein Vater ein Großgrundbesitzer war und einen stattlichen Orangenhain sein Eigentum nennen konnte, hatte er hart zu arbeiten und litt unter den ewigen Hänseleien seiner Klassenkameraden. Doch Salim liebt seine Bäume und fiebert mit Eifer dem Tag entgegen, an dem seine Bäume endlich Früchte tragen. Bereits als kleines Kind erfährt er, was in fernen Ländern geschieht und sieht, wie sich auch alles seinem Dorf nähert. Aus der Sicht des Kindes betrachtet, ist es wirklich zunächst unbegreiflich, doch auch er lernt schnell und sieht, dass er nur aufgrund der Flucht aus seiner Heimat noch am Leben ist. Auch in der neuen Stadt Nazareth hat seine Familie zu kämpfen und leidet unter den Repressalien der Juden. Die Juden. Das Volk, das für alles verantwortlich ist. Das Volk, dass die Familie Al-Ismael aus ihrer geliebten Heimat vertrieben hat, weg von den geliebten Orangen und hin in eine düstere Zukunft. Bei solch einer Vergangenheit ist es klar, dass der junge Salim auch von Seiten seiner Familie aus den Hass miterlebt, den diese den Juden entgegenbringen. Es hätte alles so gut sein können.

Doch das Schicksal will es anders. Denn Salim lernt im fernen London Judit kennen. Judit ist Jüdin und wird ebenfalls von so genannten Freundinnen gemobbt - Jude, wird sie genannt. Obwohl sie diese Anrede verletzt, behält sie sie bei, denn man gibt den anderen Menschen nur eine Angriffsfläche, wenn man seine Schwächen offenbart. Auch Judits Familie hat eine düstere Vergangenheit hinter sich. Sie haben einst in Russland gelebt und wurden von Stalin vertrieben, gelandet sind sie in London.

Man merkt deutlich: beide Charaktere haben eine negativ beeinflusste Vergangenheit hinter sich - obwohl "hinter sich" falsch gebraucht ist! Denn die Beiden werden täglich damit konfrontiert - sei es in ihren Familien oder aber von Freunden oder Fremden. Da scheint es wirklich Fügung zu sein, dass eben diese beiden jungen Menschen sich in einem fernen Land finden und sich verlieben. Deutlich spürbar ist der Konflikt zwischen ihren Familien und die Angst des jungen Paares, wird hier die Liebe siegen?

Ich habe mehrere Male mit dem jungen Paar gelitten und mich oft gefragt, ob man die Vergangenheit nicht irgendwann ruhen lassen kann. Natürlich ist es schlimm, was geschehen ist und es war eine Ungerechtigkeit. Es sind viele schlimme Dinge passiert, doch leider können wir die Vergangenheit nicht ändern. Wir können nur aus ihr lernen. Und das sehen auch Salim und Jude. Zunächst entwickelt sich eine wunderschöne Liebe und die Beiden sind glücklich miteinander, doch irgendwann droht der Nahost-Konflikt auch sie einzuholen und sie werden wieder zurück in die Vergangenheit versetzt: zurück in die Zeit, in der ihnen alles genommen wurde, in der man ihnen alles aberkannt hat, in der man ihnen ihre Würde geraubt hat. Wie viel kann Liebe also vertragen?

Claire Hajaj beschreibt in ihrem Roman deutlich den Konflikt zwischen Israel und Palästina und zwar über die beiden Hauptprotagonisten. Wer in diesem Roman eine reine Liebesgeschichte mit Happy End und "Friede, Freude, Eierkuchen" erwartet, der ist wahrlich falsch! Denn hier geht es um so viel mehr. Es geht um die Familie, die Vergangenheit, die Ehre, allen voran aber um die Freiheit - eine Freiheit, die geraubt wurde und die nicht mehr so leicht zurückzuholen ist. Dabei werden beide Seiten beleuchtet und die Autorin schafft es zugleich neutral über das Geschehen zu berichten, ohne sich auf die eine oder die andere Seite zu beziehen. Der Leser erfährt mit dieser Erzählweise eine Darstellung, die ihm nicht vorschreibt, was er zu denken hat, er kann sich selbst ein Bild darüber machen.

Auch die Protagonisten sind wirklich sehr gut gewählt! So erhält man einen Einblick in die Denkweise von beiden Seiten, versucht sie zu begreifen, mag sie vielleicht verstehen oder aber auch nicht. Die Autorin selbst ist die Tochter einer jüdischen Mutter und eines palästinensischen Vaters, weiß also, wovon sie schreibt und versteht beide Seite, da sie beide Seiten der Geschichte ebenfalls kennt. Sie erzählt uns somit nicht eine frei erfundene Geschichte, sondern gibt uns einen Einblick in ihr eigenes Leben, in ihre eigenen Ängste, Wünsche und Hoffnungen.

KANN LIEBE WACHSEN, WO HASS GESÄT WIRD?

Geht doch selbst dieser Frage nach und lest, was Claire Hajaj euch zu erzählen hat! Ich kann dieses Buch einfach nur weiter empfehlen!

Veröffentlicht am 14.06.2017

Ein gelungenes Debüt!

Palast aus Staub und Sand
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Zum Inhalt: 

Eines Abends ist er einfach da. Baptiste, der scheue, junge Mann, von dem niemand in der verschlafenen Ortschaft in der Provence weiß, woher er gekommen ist. Und er scheint dort sein Glück ...

Zum Inhalt: 

Eines Abends ist er einfach da. Baptiste, der scheue, junge Mann, von dem niemand in der verschlafenen Ortschaft in der Provence weiß, woher er gekommen ist. Und er scheint dort sein Glück zu finden, bis Jahrzehnte später seine verschwiegene Vergangenheit aufersteht. Mit aller Macht ziehen ihn die Erlebnisse vergangener Tage wieder in ihren Bann, und mit ihnen die Erinnerungen an Abda, das längst vergessene Frauengefängnis in der algerischen Wüste, in dem eine ungewöhnliche, tiefe Freundschaft, aber auch sein dunkelstes Geheimnis begraben liegen. Eines, das in einem dramatischen Wettlauf gegen die Zeit immer weiter an die Oberfläche drängt …



Über den Autor: 

»Life is about making mistakes. And death is about wishing you made a lot more.«
Haroon Gordon, Jahrgang 1969, geboren als Sohn eines Auswanderer-Ehepaares vom indischen Subkontinent, lebt viele verschiedene Leben. Nach seinen erfolgreichen Studien der Musik und Informatik arbeitete er in jungen Jahren unter anderem als Programmierer, Musiker, Lehrer, Musikkritiker, Texter, Produzent, Tontechniker und Dirigent. Während er in seiner Freizeit schon als Jugendlicher am liebsten Flugzeuge mit und ohne Motor flog, taucht er heute gerne Haien hinterher, klettert trotz ungünstigem Kraft-Masse-Verhältnis immer wieder für ihn gefährlich anmutende Steilwände hinauf, verliert aus seiner Sicht viel zu häufig im Squash und Badminton und reist so oft es irgend geht durch die Welt, um möglichst viele Länder und deren Leibgerichte kennenzulernen – nicht ohne seine Reisen in Bild und Blog zu dokumentieren.
In seinen Romanen bringt Gordon den indisch und südamerikanisch inspirierten, magischen Realismus auf andere Kontinente und in deren Kulturen, um so »große« Themen wie Freundschaft, Liebe, Loyalität, Verrat, Tod, Religion und Eifersucht in spannenden Erzählungen mit überraschenden Wendungen neu zu beleuchten.



Mein Fazit und meine Rezension: 

Kein Buch hat mich mit seiner Geschichte und seiner Sprache in letzter Zeit derart berührt wie das von Haroon Gordon! 

In seinem Debüt erzählt er uns von zwei Menschen, zwei Schicksalen, die sich ähnlich sind und den Leser gleichermaßen berühren. 

Zunächst lernen wir Baptiste kennen, der einst aus Algerien stammte und den es bereits in jungen Jahren nach Frankreich, in die schöne Provence gezogen hat. In diesem für ihn fremden und doch wunderschönen Land findet er seine große und wahre Liebe, sein Glück scheint ihm Hold zu sein und ihm das zu geben, was er sich all die Jahre lang gewünscht hat. Und dann schlägt das Schicksal zu und nimmt ihm seine geliebte Frau. Mit einem mal fühlt er sich in seiner einstigen geliebten neuen Heimat fehl am Platz und einsam. In dieser Zeit denkt er oft an seine einstige Heimat zurück - er träumt sich zurück nach Algerien. 

Im weiteren Verlauf der Geschichte lernen wir Ella kennen, die sich in Algerien für das Projekt "Little Hearts" einsetzt und vor Ort Kindern in Not ein Waisenhaus baut. Ella ist sehr engagiert und setzt sich für die hilflosen Kinder ein, doch leider werden auch ihr und der Organisation durch die Bürokratie Steine in den Weg gelegt und so gilt es für sie und ihr Team zu kämpfen. 

Die Geschichte der beiden Protagonisten läuft zusammen, als Ella in Frankreich Vorträge über die Projekte von "Little Hearts" hält, um vor Ort Spendengelder zu sammeln. Baptiste ist so fasziniert von der motivierten und leidenschaftlich kämpfenden jungen Frau, dass er sich aufmacht und in sein Heimatland zurückkehrt - zurück nach Algerien, um sich seiner Vergangenheit zu stellen und eine neue Zukunft aufzubauen.

Was jedoch weiter passiert, lest ihr besser selbst! 

Wie ich schon zu Beginn gesagt habe: mich hat diese Geschichte tief berührt und ich kann nach wie vor noch nicht glauben, dass es sich bei dem Roman von Haroon Gordon um sein Debüt handelt! Der Autor schafft es bereits auf den ersten Seiten, den Leser direkt in die Geschichte zu führen, sanft und doch beständig führt er uns immer tiefer und tiefer in die Geschichte ein, stellt uns die Charaktere vor und lässt uns an ihren tiefen Emotionen teilhaben. 

Als ich den ersten Teil um Baptiste gelesen habe, konnte ich die Liebe, die er seiner Frau Claire entgegenbringt, regelrecht selbst spüren. Ich habe das Kribbeln gefühlt, das in mir aufgestiegen ist und die sanfte Wärme, die mich ganz erfüllt hat. Baptiste ist rundum glücklich, doch dann wird er von schweren Schicksalsschlägen heimgesucht und verliert seine geliebte Familie. Ebenso wie die tiefe Liebe, ist auch sein unsäglicher Schmerz und die unüberwindbare Trauer zu spüren. Auch mir hat sich ein flaues Gefühl im Magen ausgebreitet und die ein oder andere Träne ist mir die Wange herunter gelaufen. Obwohl ich das Buch eigentlich gar nicht mehr zur Seite legen konnte, musste ich es manchmal tun, um diese Gefühle wieder ins Lot zu bringen. Baptiste ist ein starker Mann, er hat viel erlebt (auch in seiner Kindheit) und hat sich ein wunderbares Leben aufgebaut, doch das Leben gleicht nicht immer einem Spaziergang im Sonnenschein, das wird uns spätestens in dieser Geschichte bewusst. 

Auch die Geschichte von Ella hat mich tief berührt und nicht mehr losgelassen. Genau wie Baptiste hatte auch sie keine leichte Kindheit und hat mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen, umso bewundernswerter ist es, wie sehr sie sich für das Projekt "Little Hearts" einsetzt und wie leidenschaftlich sie für deren Erhalt kämpft. Im Laufe der Geschichte können wir die Wandlung von Ella, dem zunächst jungen und naiven Mädchen, in eine kämpferische und engagierte Frau mit erleben. 

Haroon Gordon hat mich mit seinem Debüt vollends überzeugt. Mit seinem liebevollen und auch gut durchdachten Gebrauch der deutschen Sprache, die in vielen Kapiteln eher der Poesie glich, hat er mich in seine Geschichte gezogen und mit den beiden von ihn geschaffenen Charakteren verzaubert. Mit Hilfe seiner bildhaften Sprache habe auch ich mich eine kurze Zeit lang in der Provence und auch in Algerien wieder finden können. 

Ich könnte euch noch weitere Dinge über die Geschichte von Baptiste und Ella berichten, doch das möchte ich nicht. Vielmehr möchte ich euch dazu anleiten, euch selbst ein Bild zu machen. Für mich steht fest: Haroon Gordon werde ich mir merken und sein nächstes Buch wird ebenfalls in meinem Regal oder auf meinem Kindle landen! 

Veröffentlicht am 11.06.2017

Eine großartige Familiengeschichte mit viel Liebe und dunklen Geheimnissen

Was einst geliebt und dann verloren
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Zum Inhalt:

Ihre Ehe steckt in der Krise, ihre pubertierenden Kinder fordern sie täglich heraus. Wie ein Wink des Schicksals erscheint es Anna, als sie überraschend ein Grundstück im fernen Surinam erbt. ...

Zum Inhalt:

Ihre Ehe steckt in der Krise, ihre pubertierenden Kinder fordern sie täglich heraus. Wie ein Wink des Schicksals erscheint es Anna, als sie überraschend ein Grundstück im fernen Surinam erbt. Spontan nimmt sie sich eine Auszeit vom Alltag in Deutschland und reist in das exotische Paradies. Dort trifft sie auf jemanden, der die Erblasserin kannte. Fassungslos lauscht Anna den Erzählungen über einen dunklen Teil ihrer Familiengeschichte, der auch ihr Leben für immer verändern wird …



Über die Autorin:

Die Autorin Linda Belago interessiert sich besonders für die Geschichte der Niederlande. Durch ihre Familie hatte sie bereits als Kind eine besondere Beziehung zu diesem Land. Später führte sie ihr Beruf zunächst quer durch Europa und dann nach Übersee. Heute lebt Linda Belago mit ihrem Mann nahe der deutsch-niederländischen Grenze.



Mein Fazit und meine Rezension:

Anna steckt fest. Ihre Kinder sind erwachsen und brauchen sie nur noch für das Essen, die Wäsche und als Fahrdienst, ihr Ehemann ist ständig unterwegs und Anna selbst ist Zuhause und macht den Haushalt. Ein erfülltes Leben sieht da anders auch. Zu allem Übel findet sie auch noch heraus, dass ihr Mann eine Affäre hatte. Was kann jetzt noch kommen? Eigentlich nichts mehr, denkt man sich, doch schon flattert ein Brief ihrer Großmutter Rijke ins Haus. Vor lauter Trubel vergisst Anna ihn, bis wenige Wochen später ein amtlich anmutender Brief in ihre Hände fällt und ihr mitteilt, dass ihre Großmutter verstorben ist. Sie soll zur Testamentseröffnung kommen. Als einzige Erbin reist sie zur Testamentseröffnung an, um dort zu erfahren, dass ihr Großmutter - eine Niederländerin - nicht den Beginn ihres Lebens dort verbracht hat, sondern in einer niederländischen Kolonie in Südamerika, namens Surinam. Auch dort hat sie ein Stück Land geerbt. Um all dem Frust und den vielen Fragen (und Entscheidungen) zu entkommen, beschließt Anna kurzer Hand, mit ihrer Tochter nach Surinam zu fliegen, um dort der Familie ihrer Großmutter näher zu kommen. Doch was sie dort erlebt, hätte sie niemals für möglich gehalten ...

Anna ist eine Frau in der Mitte ihres Lebens und Anfang vierzig. Mit der Geburt ihrer beiden Kinder hat sie ihren Beruf aufgegeben und sich ganz der Mutterrolle hingegeben. Doch da ihre Beiden jetzt erwachsen werden, merkt sie, dass sie nicht mehr die erste Rolle in ihren Leben spielt und fühlt sich allein. Auch ihr Mann Rüdiger lässt sie immer öfter allein - unter dem Mantel der vielen Arbeit im Büro macht er sich aus dem Staub, doch leider steckt dahinter ein jüngeres Exemplar Frau. Anna ist nicht nur gekränkt, sie ist zutiefst verletzt. Ihre Verzweiflung kann auch der Leser regelrecht spüren. Was soll sie aber auch tun? Als dann der rettende Brief (mit einer eigentlich nicht so frohen Botschaft) ins Haus flattert, ist die Reise (oder die Flucht) nach Surinam eine willkommene Abwechslung. Doch wie soll man sich in der Fremde verhalten, wenn man eigentlich weiß, dass man der rechtmäßige Eigentümer ist?

Mir war schon zu Beginn klar, dass da noch einiges auf Anna zukommen wird, insbesondere, da sie unter dem Mantel der Verschwiegenheit anreist und doch noch ziemlich schnell Anschluss und neue Freunde findet. Alle behandeln sie freundlich und zuvorkommend (das ist sie schon gar nicht mehr gewohnt) und sie fühlt sich schon bald wie ein Teil der Familie.

Dass ihre Großmutter in dem fernen Land aufgewachsen ist, war Anna nicht bewusst. Über ihre Großmutter hat sie nie viel erfahren und auch ihre Mutter scheint nicht sonderlich traurig über deren plötzliches Ableben zu sein. Doch Anna fühlt mehr und für sie steckt mehr hinter all dem. Sie versucht das Geheimnis ihrer Familie zu ergründen: sie möchte wissen, warum ihre Großmutter so war und wieso sie und ihre Tochter (Annas Mutter) sich so auseinander gelebt haben. Dort, in Surinam scheint sie endlich die Antwort auf all ihre Fragen zu finden, als sie auf die alte Makebo trifft, die einst in jungen Jahren die beste Freundin von Rijke war.

Mich hat das Leben von Anna, aber auch das Schicksal ihrer Großmutter Rijke sehr berührt und tief getroffen. Auch ich habe vor einiger Zeit meine geliebte Großmutter verloren, hatte zwar einen guten Kontakt zu ihr, doch weiß ich, dass ich nicht alles über sie wusste. Nichts über ihre Kindheit, noch über ihre Vergangenheit mit meinem Großvater. Nun sind beide tot und niemand kann mir mehr ihre Geschichte erzählen - doch zum Glück habe ich eine Mutter, die mit ihrer Mutter einen sehr guten Kontakt hatte und so bleibt mir unsere Familiengeschichte nicht ganz verschlossen.

Anna trifft also in der Ferne nicht nur auf die Geschichte ihrer Großmutter, sondern auf ihr eigenes Schicksal. Sie lernt ihre eigene Familie erst an dem fremden und doch tropischen Ort Surinam kennen und lieben.

Dies war bisher mein erstes Buch von Linda Belago, doch es wird wohl nicht mein letztes gewesen sein. Mit ihrem flüssigen Schreibstil hat sie mich direkt gefangen genommen und in das Leben von Anna und Rijke entführt. Zu keinem Zeitpunkt der Geschichte war ich gelangweilt oder wollte Passagen einfach so überspringen und mir war es schier unmöglich, das Buch aus der Hand zu legen. Kein Wunder also, dass ich es binnen weniger Stunden beendet habe. Eine große Leseempfehlung für Leser von Schicksalsromanen, Familienromanen und historischen Romanen - und natürlich auch für diejenigen, die ich mit meiner Rezension neugierig gemacht habe.