Geht so!
The Way You Crumble*Rezensionsexemplar
"The Way You Crumble" ist der zweite Teil der "Hungry Hearts-Reihe" von Nena Tramountani, die ich eigentlich gar nicht lesen wollte, weil das Koch-Setting mich gar nicht anspricht, ...
*Rezensionsexemplar
"The Way You Crumble" ist der zweite Teil der "Hungry Hearts-Reihe" von Nena Tramountani, die ich eigentlich gar nicht lesen wollte, weil das Koch-Setting mich gar nicht anspricht, aber dann habe ich erfahren, dass Alexis, um den es hier geht, an selektivem Mutismus leidet-Der Krankheit die seit fast 20 Jahren mein Leben bestimmt.
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Die Geschichte startet mit Echo, einer jungen Frau, die gerade ihren dritten Drogenentzug hinter sich hat, und auf dem schmalen Grad zwischen Rückfall und stark bleiben balanciert.
Sie ist schlagfertig, witzig, nimmt kein Blatt vor den Mund, sie interessiert sich nicht dafür, was irgendwer von ihr denken könnte, und hat schon gar keine Lust, auf den Job im Prisma, einem angesehenen Restaurant, den ihr ihr Grandpa gesorgt hat.
Sie ist roh, ehrlich und wie sie sich ausdrückt, ist einfach neu, anders, das habe ich so noch nie gelesen.
Alexis ist besonders. Er leidet am selektiven Mutismus, ist stumm, alle Leute sehen ihn an, als wäre er eine ganz besonders merkwürdige Kreatur, selbst seine Mutter behandelt ihn, als wäre er ein Kind.
Und er schleppt ein dunkles Geheimnis mit sich herum, dass ihn dazu gebracht hat zu verstummen.
Die Geschichte war anders, speziell, beide waren sehr abgefuckte Charaktere, die sich aber genau deswegen zueinander hingezogen fühlten. Sie lenken sich miteinander ab, er gibt ihr Frieden, Komfort. Und sie macht ihn dagegen stärker, mit ihr kann er reden, mit ihr kann er er selbst sein, ohne sich für die dunklen Teile von sich zu schämen. Trotzdem hat sich für mich keine wirklich innige Verbindung zwischen den beiden entwickelt.
Nenas Bücher haben immer einen gewissen Vibe, der war auch hier wieder gut greifbar. Die Nebenprotagonisten, waren wieder sehr real und liebenswert. Was mir auch noch super gut gefallen hat, war, die Familien-Reunion am Ende, vor allem die Wiedervereinigung mit seinem Bruder Julian. Der Schreibstil war auch wie man es von Nena gewohnt ist, sehr schön und flüssig, das Cover hat mir im Gegensatz zur Soho Love Reihe auch sehr sehr gut gefallen. Doch als Alexis am Ende die Wahrheit über Echo erfährt, reagiert er sehr problematisch, meiner Meinung nach und meine Sympathie für ihn, hat sich in Luft aufgelöst, auch wenn er kein klassischer Bookboyfriend war.
Das Ende allerdings, auch wenn es kein richtiges Happy End war (Allerdings kann man eines in der Zukunft erahnen), war sehr reif und nicht zu vergleichen mit dem Anfang des Buches. Es geht hier um einen völligen Mindset Change. Das fand ich am besten. Heilung. Für beide.
Und jetzt kommen wir zu dem Teil, der mich am meisten interessiert hat.
Der Mutismus.
Direkt am Anfang ist mir aufgefallen, dass Nena einiges, super formuliert hat, was auch realitätsnahe war, allerdings haben einige Dinge absolut nicht ins Krankheitsbild gepasst, die aber eindeutig auf seinen Mutismus geschoben wurden.
Sie hat oft aus Alexis Perspektive "Zwei Welten" oder eine "andere Welt" angesprochen.
Der selektive Mutismus einmal erklärt:
Man spricht nicht mit allen Menschen.
Aber man selbst, kann nicht entscheiden, mit wem man spricht.
Die Krankheit kann wie bei Alexis, durch ein traumatisches Erlebnis ausgelöst werden, oder einfach so auftreten.
Der klassische Fall ist, man spricht mit Familie, Freunden, aber nicht mit Fremden.
Und es ist ätzend, richtig ätzend.
Man kann keine Verkäufer ansprechen, wenn man etwas im Laden nicht findet. Man kann keine Sitznachbarn im Zug auffordern, aufzustehen, weil man aussteigen muss. Man kann in Restaurants nichts bestellen. Man kann sich in der Schule nicht melden, ohne völliges Herzrasen zu bekommen. Man kriegt bei Freunden zuhause, gegenüber den Eltern den Mund nicht auf. Man wirkt komisch, weil man mit Leuten, die man neu kennenlernt, nicht sprechen kann, obwohl man es gerne würde. Man öffnet den Mund, das Herz rast, der Verstand arbeitet, man weiß, man muss sprechen, aber man kann es nicht. Man lebt in zwei Welten. In der einen kann man sprechen, in der anderen ist es stumm und einsam.
Die Gesellschaft spricht oft über Depressionen, Schizophrenie, Bipolarestörungen, aber nie über eine Kommunikationsstörung, die einen selbst so sehr einschränkt.
Sprecht darüber, das macht es leichter.
3,5/5 🌟