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Veröffentlicht am 15.09.2016

Neues aus Fjällbacka

Die Schneelöwin
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Es ist Winter in Fjällbacka. Erica Falck ist eine erfolgreiche Schriftstellerin. In ihrem neuen Roman will sie über die reale Geschichte Laila Kowalskas, die 1975 brutal ihren Ehemann Vladek ermordet hatte, ...

Es ist Winter in Fjällbacka. Erica Falck ist eine erfolgreiche Schriftstellerin. In ihrem neuen Roman will sie über die reale Geschichte Laila Kowalskas, die 1975 brutal ihren Ehemann Vladek ermordet hatte, schreiben. Bisher hat sich Laila geweigert, mit irgendjemanden über die damaligen Ereignisse zu reden. Auch die Besuche von Erica in der Haftanstalt sind anfangs nicht sehr ergiebig. Laila redet gern, aber über andere Themen. Zur gleichen Zeit wird die seit Monaten vermisste Victoria Hallberg auf einer Landstraße von einem Auto erfasst. Ihr Körper weist schwerste Misshandlungsspuren auf. Wenig später stirbt sie an ihren schweren Verletzungen im Krankenhaus in Uddevalla. Ericas Ehemann, der Kommissar Patrik Hedström und sein Team von der Polizeidienststelle Tanum übernehmen die Ermittlungen. Damals verschwand Victoria spurlos auf dem Heimweg von Perssons Reitschule, und es gibt weitere fünf Mädchen im gleichen Alter, die in den letzten zwei Jahren verschwunden sind. Auch wenn Patrik mit Außenstehenden nicht über die aktuellen Ermittlungen reden darf, weiht er seine Ehefrau ein. Er ist immer wieder beeindruckt von ihrer Kombinationsfähigkeit. Und auch dieses Mal ist sie den Ermittlungen der Polizei einen Schritt voraus. Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem aktuellen Fall und dem Mord an Vladek Kowalska im Jahr 1975? Warum ist Laila gerade jetzt bereit, mit Erica zu sprechen? Je länger sie miteinander reden, desto mehr vermischen sich Vergangenheit und Gegenwart.
"Die Schneelöwin" ist Band neun der Serie um Kommissar Patrik Hedström und seine erfolgreiche Frau Erica Falck. Wieder führt die Autorin umfangreiches und dem Leser der Reihe inzwischen gut bekanntes Personal in die Geschichte ein. Erzählt wird auf zwei Zeitebenen. Die Geschichte um Laila und ihre Familie in der Vergangenheit und die Ermittlungen im Fall der verschwundenen Mädchen in der Gegenwart. Auch das Familienleben der Eheleute Hedström/Falck mit ihren drei Kindern und die privaten Probleme ihrer Schwester Anna kommen darin nicht zu kurz. Das ist stellenweise für den Leser sehr ermüdend und lässt nicht so richtig Spannung aufkommen. Auch hätten die Rückblenden in die Vergangenheit, die für mich am interessantesten in diesem Roman sind, weiter ausgebaut werden können . Camilla Läckberg geht in ihrem neuen Roman der Frage nach, was Eltern ihren Kindern antun können. Und wie weit sind sie bereit, ihre Kinder zu beschützen? Außerdem thematisiert sie Gewalt in der Ehe und schreibt über Männer, die Frauen hassen und ihnen Unvorstellbares antun. Wie jeder Kriminalroman der Autorin bietet auch "Die Schneelöwin" überraschende Wendungen und hat ein offenes Ende. Das mag nicht jedem Leser gefallen. Mich konnte der Kriminalroman nicht überzeugen. Er wirkt unstrukturiert und ziemlich beliebig in der Zusammenführung von Begebenheiten und Personen. Vielleicht ist es auch so, dass irgendwann alles gesagt ist und sich keine neuen interessanten Handlungsabläufe und Personenkonstellationen mehr finden lassen. Ich weiß nicht, ob ich einem weiteren Roman der Serie eine Chance geben werde.

Veröffentlicht am 08.04.2024

Wer hat Leo Ahorn getötet?

Lichtjahre im Dunkel
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In München verschwindet der Schreibwarenhändler Leo Ahorn spurlos. Seine Frau Viola engagiert Privatdetektiv Tabor Süden, weil sie auf keinen Fall die Polizei einschalten will. Sie ist nicht einmal sicher, ...


In München verschwindet der Schreibwarenhändler Leo Ahorn spurlos. Seine Frau Viola engagiert Privatdetektiv Tabor Süden, weil sie auf keinen Fall die Polizei einschalten will. Sie ist nicht einmal sicher, dass sie ihren Mann wiedersehen möchte. Die Ehe war am Ende, die Firma kurz vor der Insolvenz. Süden befragt die Ehefrau und den Nachbarn Georg Kramer, der früher das Umzugsunternehmen seines Vaters geführt hat, sowie einige Kneipenbekanntschaften des Verschwundenen und das Personal seiner Stammkneipe. Einige Tage bleibt die Suche ergebnislos. Dann wird in dem Auto eines Nachtclubbesitzers eine männliche Leiche gefunden. Es handelt sich um Leo Ahorn. Georg Kramer gerät immer stärker unter Verdacht, weil Ahorn ihn immer wieder um ein Darlehen gebeten hat, um ein neues Unternehmen zu gründen. Es gibt zudem Zeugen für einen Streit der beiden Männer in der Nacht von Leos Verschwinden. In dem Lokal hielt sich auch immer wieder ein Mann namens Sandro Fels auf, der Ahorn und Kramer beobachtete. Auch er gehört zu den Verdächtigen.
Im Lauf der Geschichte erfährt der Leser, wie die Schicksale dieser vier Menschen – Leo und Viola Ahorn, Georg Kramer und Sandro Fels – zusammenhängen. Erstaunlicherweise haben mehrere dieser Personen in ihrem Leben bereits getötet. Wer war es nun wirklich? Das mag spannend klingen, ist es aber nicht wirklich. Mir hat Friedrich Anis neuer Roman nicht besonders gefallen. Es passiert zu wenig, und die Darstellung ist viel zu breit. Für mich ist “Lichtjahre im Dunkel“ jedenfalls nicht Anis stärkstes Buch.

Veröffentlicht am 29.12.2022

Harry Holes unendliche Geschichte

Blutmond
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In Jo Nesbøs 13. Roman aus der Serie um Harry Hole ist dieser nach dem grausamen Mord an seiner Frau Rakel als obdachloser Alkoholiker in Los Angeles gestrandet. Als in Norwegen zwei junge Frauen ermordet ...

In Jo Nesbøs 13. Roman aus der Serie um Harry Hole ist dieser nach dem grausamen Mord an seiner Frau Rakel als obdachloser Alkoholiker in Los Angeles gestrandet. Als in Norwegen zwei junge Frauen ermordet werden und ein schwerreicher Immobilienmakler unter Verdacht gerät, engagiert er Hole für eine knappe Million, um seine Unschuld zu beweisen. Hole braucht diese Summe, um seiner Bekannten Lucille zu helfen. Lucille, eine einst reiche und berühmte Schauspielerin, schuldet der Drogenmafia diesen Betrag und wird umgebracht, wenn sie nicht innerhalb kürzester Zeit zahlt. Hole stellt ein seltsames Ermittlungsteam zusammen, zu dem ein inzwischen zum Koksdealer gewordener ehemaliger Schulfreund, ein korrupter Polizist und ein totkranker Psychologe gehören.
Schnell wird der Leser unerbittlich in eine wendungsreiche Geschichte hineingezogen, aus der es kein Entrinnen gibt und fällt auf falsche Fährten herein, um am Ende festzustellen, dass die Lösung ganz woanders liegt.
Ich habe die Serie um Harry Hole geliebt und mit großer Begeisterung Jahr um Jahr auf einen neuen Roman von Jo Nesbø gewartet. Seine Bücher waren etwas Besonderes für mich. Zum einen, weil der Autor den Leser mit seinen ausgeklügelten Fällen lange Zeit auf die falsche Fährte schickt, zum anderen, weil er routiniert und spannungsgeladen schreibt. Doch jetzt finde ich, dass es der Autor in seinem letzten Roman gewaltig übertrieben hat. Die Täter, egal, aus welchem Grund sie sich rächen wollen, sind immer gestörter, die ausgeklügelten Mordmethoden immer widerlicher. Eine detaillierte Schilderung blutigen Gemetzels bereitet mir kein Lesevergnügen. Nach dem Ende zu urteilen, wird es auch noch einen 14. Band geben. Was der Autor auch mit seinem völlig kaputten Protagonisten weiter plant, ich werde es nicht erfahren. Leb wohl Harry Hole. Für mich ist die Serie zu Ende.

Veröffentlicht am 08.11.2021

Eine etwas andere Familiensaga

Der Kolibri
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Sandro Veronesis Roman “Der Kolibri“ erzählt das Leben des Augenarztes Marco Carrera über einen Zeitraum von etwa 70 Jahren, von der Kindheit bis zum Krebs im Endstadium. Die Darstellung ist jedoch nicht ...


Sandro Veronesis Roman “Der Kolibri“ erzählt das Leben des Augenarztes Marco Carrera über einen Zeitraum von etwa 70 Jahren, von der Kindheit bis zum Krebs im Endstadium. Die Darstellung ist jedoch nicht chronologisch, sondern enthält unzählige Zeitsprünge und Ortswechsel. Wir erfahren, dass der Junge fast kleinwüchsig war und wegen seiner großen Beweglichkeit Kolibri genannt wurde. Als 15jähriger erreicht er durch eine spezielle Therapie innerhalb von wenigen Monaten eine normale Größe. Marcos Leben ist von Anfang an von Tragödien überschattet. Seine labile ältere Schwester begeht Selbstmord, und er gibt dem jüngeren Bruder Giacomo die Schuld an ihrem Tod, weil er auf sie aufpassen sollte. Giacomo hat sich genauso wie Marco in die hübsche junge Luisa verliebt, und Eifersucht entzweit die Brüder zusätzlich, so dass sie für den größten Teil ihres Lebens keinen Kontakt haben. Beide Eltern sterben kurz nacheinander, und Marcos Ehe scheitert, weil seine Frau ihn betrügt und verlässt. Die gemeinsame Tochter Adele wird überwiegend von Marco aufgezogen. Die Liebe zu Adele wird ihm in schwierigen Zeiten helfen, vor allem Jahre später, als er ihre bildschöne und vielseitig begabte Tochter Miraijin nach Adeles Unfalltod zu einem Menschen der Zukunft erziehen wird. Die wohl traurigste Tatsache seines unglücklichen Lebens ist aber wohl seine unerfüllte Liebe zu Luisa, aus der nie eine Beziehung wird. Sie ist die Liebe seines Lebens, aber er unternimmt nichts, um sie für sich zu gewinnen. Sein lebenslanges Credo ist Unveränderlichkeit. Alles muss so bleiben, wie es ist. Jede Veränderung macht ihm Angst, aber mehrere Veränderungen in seinem Leben kommen von außen, sind unabwendbare Schicksalsschläge.
Veronesis Roman ist keine leichte Kost, nicht nur wegen der wirren Erzählstruktur, sondern auch wegen des vor allem im letzten Teil beträchtlichen Anteils an esoterischem Gedankengut. In einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung hat der Autor angekündigt, in künftigen Auflagen die Jahreszahlen zu Beginn der fast fünfzig Kapitel wegzulassen. Diese kleine Anstrengung könne man ja wohl vom Leser erwarten. Ich vermute, dass die meisten Leser angesichts der Schwierigkeit der zeitlichen Zuordnung der Puzzleteile ohne die Jahreszahlen früh das Handtuch werfen würden. Ich bin ein bisschen enttäuscht von diesem angeblichen Meisterwerk, das immerhin mit dem renommierten Premio Strega ausgezeichnet wurde.

Veröffentlicht am 31.01.2021

Wenn man das Kostbarste verliert

Das Verschwinden der Erde
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In Julia Phillips Romans „Das Verschwinden der Erde“ verschwinden zwei kleine Mädchen bei einem Spaziergang am Meer auf der Halbinsel Kamtschatka im Osten Russlands. Eine Zeugin sieht Aljona, 11 und Sofija, ...

In Julia Phillips Romans „Das Verschwinden der Erde“ verschwinden zwei kleine Mädchen bei einem Spaziergang am Meer auf der Halbinsel Kamtschatka im Osten Russlands. Eine Zeugin sieht Aljona, 11 und Sofija, 8 in ein schwarzes Auto steigen, aber sie kann den Fahrer nicht präzise genug beschreiben. Schon drei Jahre zuvor war im Norden die 18jährige Lilja spurlos verschwunden. Da es sich um ein Mitglied einer verachteten, indigenen Bevölkerungsgruppe handelte, gab sich die Polizei in diesem Fall noch weniger Mühe bei den Ermittlungen. Die Autorin stellt monatsweise fortschreitend jeweils eine andere Familie oder Gruppe in den Mittelpunkt und zeigt, dass sie alle vom Verschwinden der Mädchen in irgendeiner Weise betroffen sind. Aus der Perspektive der Frauen wird über Schicksale und Lebensumstände berichtet. Viele haben Verluste erlitten oder sind mit ihrer Situation zutiefst unzufrieden. Sie leben in einer männlich dominierten Gesellschaft und sind in jeder Hinsicht eingeschränkt. In einem Zeitraum von 11 Monaten entsteht ein Netz aus unsichtbaren Beziehungen, die uns einer Lösung des Rätsels näherbringen.
Der Roman, der kein Thriller ist und keiner sein will, ist wegen seiner ungeheuren Personenvielfalt nicht leicht zu lesen. Da muss der Leser immer wieder das Personenverzeichnis zu Beginn des Romans konsultieren. Eine chronologisch erzählte Handlung fehlt. Ich habe schnell den Überblick verloren und mich durch das Buch gequält. Da half mir auch die wunderbare Landschaft mit Tundra und Wäldern, mit Vulkanen und heißen Quellen und die beschriebene kulturelle und ethnische Vielfalt nicht weiter. Mich hat der Roman enttäuscht.