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Veröffentlicht am 31.12.2022

Kümmelsaft & Co und der Feuergeist

Gespensterjäger im Feuerspuk
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Hatten sie es schon im ersten Band der vierteiligen 'Gespensterjäger' Reihe mit einem gar garstigen Geist zu tun, der ihnen viel Kopfzerbrechen bereitete und ihren Einfallsreichtum und ganzen Mut auf die ...

Hatten sie es schon im ersten Band der vierteiligen 'Gespensterjäger' Reihe mit einem gar garstigen Geist zu tun, der ihnen viel Kopfzerbrechen bereitete und ihren Einfallsreichtum und ganzen Mut auf die Probe stellte, so treffen die drei inzwischen etablierten Gespensterjäger Hedwig Kümmelsaft, Tom Tomsky und das chronisch schlechtgelaunte und nörgelnde MUG (Mittelmäßig Unheimliches Gespenst) Hugo auf ein ganz besonders gefährliches Exemplar seiner Gattung, nämlich auf einen Grubligei, einen grauenhaft unbesiegbaren Blitzgeist, der zu den fünf gefährlichsten Gespenstern überhaupt zählt und gegen den scheinbar kein Kraut gewachsen ist. Wenn nicht einmal die resolute alte Dame Hedwig Kümmelsaft, die sich nun wirklich auskennt mit der großen Familie der Gespenster, weiß, wie sie dem Grubligei beikommen kann, gibt es wohl keine Hoffnung mehr für das piekfeine 'Hotel Strandpark', in dem nämlich so ein Grubligei sein schauerliches Unwesen treibt!
Warum nur hat jener Herr Wichtigmann, seines Zeichens Hoteldirektor, Kümmelsaft & Co. gegenüber den Gespensterbefall seines Hauses heruntergespielt, als er die bewährten Geisterjäger engagierte? Denn an Stelle der kleinen Feuergeister, mit denen Hedwig und ihre beiden Mitstreiter aufgrund des Briefes, den ihnen Wichtigmann geschrieben hatte, rechnen durften, waren sie natürlich nicht auf das unbezwingbare Supergespenst vorbereitet, das bereits gnadenlos dabei war, den 'Strandpark' zu verwüsten und gar die Gäste nach und nach selber in Feuergeister zu verwandeln. Der mitgebrachte Zucker samt Zuckerguss, auf den Feuergeister allergisch reagieren, ist beim Grubligei leider vollkommen nutzlos. Alles die Schuld des Direktors, der aus Angst, die Gäste könnten wegbleiben, am liebsten die ganze Geschichte unter den Teppich gekehrt hätte! Hedwig ist zu Recht wütend auf ihn – und während sie sich mit ihm zankt, wütet der Grubligei munter weiter...
Wer weiß, wie es Kümmelsaft & Co. ergangen wäre, gäbe es da nicht Herrn Lieblich, den die Leser bereits im ersten Band kennengelernt haben! Dieser freundliche Herr nämlich, dem Hedwig, Tom und Hugo seinerzeit aus einer sehr unangenehmen Patsche geholfen hatten, stellt derweil Recherchen an – und findet heraus, dass Blitzgeister eines ganz und gar nicht mögen: MUG-Schleim! Und ist nicht der muffige Hugo ein MUG? Ist es nicht sein Lebenssinn, Schleim zu produzieren? Ein Schlachtplan wird ausgeheckt und in die Tat umgesetzt – aber das ist gar nicht so einfach, denn der Grubligei ist erstaunlich widerstandsfähig und gibt unserem wackeren Trio gar manch harte Nuss zu knacken.
Wie es ihnen doch noch gelingt, den gefährlichen Feuergeist zu besiegen, kann man in dieser kurzweiligen Geschichte voller Action, Dramatik und Humor und nicht zuletzt den gewohnten originellen Einfällen und Wortspielen der Autorin, die auch diesen Band der 'Gespensterjäger' Serie höchstselbst und treffend wie stets illustriert hat, selber erfahren!
Kritische Stimmen mögen Anstoß nehmen daran, dass dieser zweite Band weniger harmlos ist als sein Vorgänger, dass er den jüngeren Lesern auch ein wenig Angst machen könnte, denn es geht tatsächlich recht gruselig zur Sache und der böse Feuergeist stellt gar nicht feine Dinge an mit jedem, der ihm in die Quere kommt. Doch bin ich überzeugt davon, dass die meisten jungen Leser weit weniger schreckhaft sind als ihre besorgten Eltern glauben, und stattdessen durchaus imstande, das Augenzwinkern wahrzunehmen, mit dem Cornelia Funke ihre Figuren und das, was sie anstellen, ausgestattet hat, und dass sie die Geschichten über die Gespensterjäger als das lesen, was sie sind, nämlich ein Riesenspaß mit genau der richtigen Portion Spannung und eben der Unheimlichkeit, die zu jeder guten Gespenstergeschichte dazugehört!

Veröffentlicht am 31.12.2022

Vom Hasen- zum Löwenherz

Gespensterjäger auf eisiger Spur (Band 1)
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Eine seltsamere Gespensterjägertruppe als die drei, die uns in diesem ersten Buch der vier Bände umfassenden 'Gespensterjäger' Reihe von Cornelia Funke begegnen, kann man sich kaum vorstellen! Es sind ...

Eine seltsamere Gespensterjägertruppe als die drei, die uns in diesem ersten Buch der vier Bände umfassenden 'Gespensterjäger' Reihe von Cornelia Funke begegnen, kann man sich kaum vorstellen! Es sind dies nämlich der von seiner großen Schwester Lola gepiesackte Angsthase Tom Tomsky, die wackere alte Dame Hedwig Kümmelsaft (auch was pfiffige Namen anbelangt zeigt die Autorin ihren scheinbar unerschöpflichen Ideenreichtum!) und – ausgerechnet! - ein Gespenst höchstselbst. Hugo, so heißt dieses schimmlig-grüne, schleimige Wesen, mit dem überhaupt alles anfing! Ihn entdeckte Tom zu seinem allergrößten Entsetzen im ohnehin schon ekligen, ganz und gar nicht einladenden Kellerraum des Wohnhauses, in dem Tom mit seiner Familie lebt. Und glaubte ihm etwa jemand, als er von seiner Begegnung mit einem Gespenst erzählte? Das übrigens hätte er besser nicht getan, denn sein Angstschlottern war Wasser auf den Mühlen seiner unbarmherzigen Schwester. Doch halt – die Oma lachte ihn nicht aus, sondern schickte ihn vielmehr zu ihrer Freundin, die sich mit Gespenstern auskennt – zu besagter Hedwig Kümmelsaft nämlich! Die nimmt Tom ernst und sagt ihm auch gleich, wie er das schleimige Schreckgespenst in seinem Keller loswerden kann, das sie als MUG identifiziert, also als Mittelmäßig Unheimliches Gespenst, mit dem Tom ohne weiteres fertigwerden könnte, mit den altbewährten Abschreckungsmitteln Spiegel, Musik, rohen Eiern und roter Kleidung – alles Dinge, wie jedermann weiß, die Gespenster wie das in Toms Keller so überhaupt nicht mögen.
Gesagt, getan – Tom jagt nun seinerseits dem Gespenst einen Heidenschrecken ein. Damit hätte die Sache eigentlich erledigt sein können, wenn das Gespenst, das sich als Hugo vorstellt, nicht so unglücklich wäre, weil es nun Toms liebgewonnenen Keller verlassen soll, heimatlos, wie es jetzt ist! Denn eigentlich wohnte Hugo in einer alten Villa am Stadtrand, in der er und der Bewohner, Herr Lieblich, sich friedlich miteinander eingerichtet hatten. Bis ein UEG auftauchte, ein Unglaublich Ekelhaftes Gespenst, das unseren Hugo in die Flucht schlug und von nun an den armen Herrn Lieblich nach Strich und Faden tyrannisierte. Was also ist zu tun? Hedwig Kümmelsaft, die flugs konsultiert wird, weiß Rat! Sie ernennt Tom und Hugo kurzerhand zu ihren Assistenten und heckt einen Plan aus, wie das UEG, ein ganz anderes Kaliber als ein MUG und dazu noch gemeingefährlich, unschädlich gemacht werden kann, damit Hugo wieder zurückziehen kann in seine Villa, um die Wohngemeinschaft mit Herrn Lieblich wieder aufzunehmen.
In der Tat wird es von nun an sehr spannend und überaus turbulent und spaßig. Tom mausert sich vom Hasen- zum Löwenherz während seines ersten Einsatzes als Gespensterjäger – und kann am Ende sogar noch einen längst fälligen Triumph über seine große Schwester feiern, hinter deren großer Klappe eine weit weniger mutige Person steckt als das, was hinter der Schüchternheit ihres Bruders zutage tritt! Und da kann man sich nur freuen für den kleinen Kerl, der bewiesen hat, was in Wirklichkeit in ihm steckt....
Einen schaurig-schönen Gruselspaß hat sich Cornelia Funke mit ihren Geisterjägern einfallen lassen, deren vorliegender erster Band schon in ihrer frühen Schaffensperiode entstanden ist. Besonders reizvoll sind auch die Illustrationen, die sie selbst dazu angefertigt hat, denn das Zeichnen versteht sie, die als Kinderbuchillustratorin begonnen hat, ebenso meisterhaft wie das Schreiben qualitätsvoller, sprachlich differenzierter, ungemein kreativer, phantasievoller Romane. Vielseitig ist sie, packt die unterschiedlichsten Themen an, lässt sich nicht festlegen – und so wurde sie zu Recht zu einer der international bekanntesten Autorinnen in der Kinder- und Jugendbuchliteratur, jemand, deren Bücher, die wirklich jeder jungen Leseratte zu empfehlen sind, zum Teil sogar als Schulliteratur genutzt werden.
Und wer noch nichts von ihr gelesen hat und ungefähr sieben oder acht Jahre alt ist, könnte es ja mal mit ihren Geisterjägern probieren, die, nebenbei gesagt, zu den besten Büchern dieses Genres gehören, die ich kenne, denn sie haben alles, was ein gutes Gespensterbuch ausmachen sollte, vom Wortwitz, der eines von Cornelia Funkes Markenzeichen ist, ganz zu schweigen! Und es darf angenommen werden, dass so mancher junge Leser – wie die Verfasserin dieser Zeilen dereinst - danach von den Büchern der Schriftstellerin gar nicht mehr genug bekommen kann...

Veröffentlicht am 03.10.2022

Verdächtigungen

Keiner werfe den ersten Stein
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Ein dringend reparaturbedürftiges Herrenhaus in den schottischen Highlands, kürzlich und wohl aus finanziellen Gründen umfunktioniert in ein Hotel, ist der Schauplatz im ersten Drittel des zweiten Krimis ...

Ein dringend reparaturbedürftiges Herrenhaus in den schottischen Highlands, kürzlich und wohl aus finanziellen Gründen umfunktioniert in ein Hotel, ist der Schauplatz im ersten Drittel des zweiten Krimis in der Inspector Lynley/Sergeant Havers-Reihe. Nimmt man als weiteres Requisit das trübe, düstere, eiskalte Wetter hinzu, so hat man ein Setting, das wie gemacht scheint für einen Kriminalroman, so oder ähnlich genutzt von einer ganzen Anzahl Autoren vor Elizabeth George, der Amerikanerin, deren offensichtliche Begeisterung für die große Insel in der Nordsee und die britische Lebensart sie dazu verleitete, erstaunlich authentische, „typisch britische“ Detektivromane zu schreiben – wie ihr vor allem waschechte Engländer, seien es Kritiker oder Leser, immer wieder aufs Neue bescheinigen.
Erwartet man aber einen Krimi a la Agatha Christies „And Then There Were None“, bei dem sämtliche Verdächtige sich an einem abgeschiedenen Ort eingeschlossen finden und es nur des scharfen Verstandes des ermittelnden Inspektors – Thomas Lynley nebst zynisch-verbiesterter Barbara Havers – bedarf, um den grauseligen Mord an der Drehbuchautorin Joy Sinclair im Handumdrehen und natürlich nach einigen Verwirrungen und Irreführungen des Lesers mit einem Überraschungseffekt am Ende aufzuklären, so irrt man sich! Mrs. George hat so ihre eigenen Methoden....
Nach zähen und fruchtlosen Befragungen, die mich nicht wenig irritierten, kamen sie doch selten auf den Punkt, und einem weiteren Mord – dreist verübt unter den Augen nicht nur der beiden New Scotland Yard Detektive, sondern auch einem Haufen herumwuselnder schottischer Kollegen -, löst sich die Gesellschaft auf und der achte Earl of Asherton, der sich, und der Erfolg gibt ihm Recht, zum Kriminalkommissar berufen fühlt, reist mitsamt der ihm vor etwas mehr als einem Jahr zur Seite gestellten, aus wahrhaft proletarischen Verhältnissen stammenden und daher mit einer reichlichen Portion Hass auf die britische Upper Class und das dekadente Establishment ausgestatteten, Barbara Havers wieder zurück nach London. Zum Glück, denn die in reichlich unverständlichem schottischen Dialekt geführten Dialoge – unmöglich zu lesen! - begannen an meinen Nerven zu zerren. Nun, von London aus, ihrem Hauptquartier, ermittelt das so unterschiedliche Gespann, das allerdings inzwischen gelernt hat, einander überaus wertzuschätzen, weiter – nicht gemeinsam freilich, denn die Beiden folgen jeweils anderen konträren Spuren, höchst unbefriedigt und noch dazu voller Ressentiments, als ihnen klar wird, dass sie von allerhöchster Seite manipuliert wurden...
Ihr gewöhnlich unbestechlicher Partner hat, dessen ist sich Barbara Havers sicher, sein Urteilsvermögen in Schottland verloren, hat sich von seiner Herkunft und seinem persönlichen Involviertsein verleiten lassen – eine der Verdächtigen ist die bezaubernde Lady Helen, nebenbei die Frau, die er liebt – und seine rasende Eifersucht lässt für ihn keinen Zweifel daran, dass der Mann, mit dem seine Angebetete auf dem schottischen Herrenhaus eindeutig ein Verhältnis begonnen hat, ein verkrachter Regisseur, der mit dem Theaterstück, zu dessen ersten Proben sich die Theatertruppe in der Abgeschiedenheit getroffen hatte, eine neue Chance bekommen sollte, der Mörder der leichtlebigen und anscheinend intriganten Drehbuchschreiberin ist, mit der er obendrein noch wenig freundschaftliche Familienbande teilte...
Selbst überzeugt davon, dass der Produzent des Stückes, ein untadeliger und natürlich ehrbarer Adliger, der, wie sie meint, den nur allzu willigen, weil der gleichen Schicht angehörenden Lynley geschickt für seine Zwecke einspannt, höchstselbst der Mörder ist, versucht Barbara, unterstützt von Lynleys Freund, dem renommierten Forensiker Simon St. James, Verdachtsmomente gegen den Hochwohlgeborenen zu sammeln, um nicht nur ihre eigenen Vermutungen bestätigt zu finden, sondern auch ihrem sich verrennenden Partner den Hals zu retten. Vor allem letzteres, denn, wie gesagt, sie hat ihn längst als Kollegen wie als Menschen schätzen gelernt und würde, ohne dies jemals zuzugeben, für ihn durchs Feuer gehen.
Nun ja, auch Sergeant Havers Urteilsvermögen ist natürlich beeinträchtigt! Geleitet von dem Verlangen, ihre Vorurteile bestätigt zu sehen, beißt sie sich in eben jenen Lord fest – und muss dann schließlich, ebenso wie Lynley, feststellen, wie komplex und facettenreich der Fall, mit dem sie es zu tun haben, in Wirklichkeit ist, wie tief seine Wurzeln in die Vergangenheit reichen.... - und dass sie ihn eben nur dann lösen können, wenn sie alle an einem Strick ziehen!
Ja, komplex ist auch der zweite Kriminalroman um die beiden Protagonisten samt den ihnen zugehörigen Nebenfiguren! Bestückt mit der üblichen Anzahl von handelnden Personen, deren Verbindung, wie auch im Vorgängerband, peu a peu ans Licht des Tages treten, obschon das nicht im Sinne der Betroffenen ist, denn das Licht des Tages ist gnadenlos! Es zerstört Fassaden, die ein Leben lang aufgebaut und aufrechterhalten wurden, und es lässt Beziehungen zerbrechen, die nur so lange gewahrt werden konnten, wie die Fassaden nicht beschädigt waren. Dies gilt in Elizabeth Georges Romanen grundsätzlich, nicht nur für die Gruppe der Verdächtigen in jedem einzelnen Band, sondern ebenso für die immer wiederkehrenden und sich mit jedem Buch der Serie kontinuierlich weiterentwickelnden Figuren. Auf irgendeine Weise haben die Fälle, in denen Lynley und Havers ermitteln, auch mit ihnen persönlich zu tun, bringen Risse auch in die eigenen Fassaden, konfrontieren sie mit sich selbst und bringen schmerzhafte Erkenntnisse.
Die Lösung schließlich ist, und das ist wohl das, was sich die meisten Krimileser wünschen, überraschend, wiewohl sie mich persönlich nicht so ganz zu überzeugen vermochte und Fragen offen ließ. Leider ist es nicht der stärkste Schluss, den sich die Großbritannien und all seine Eigentümlichkeiten liebende Amerikanerin, deren sämtliche Krimis ich im Laufe der 33 Jahre ihres Erscheinens gelesen habe, ausgedacht hat. Übrigens ist er auch nicht befriedigend, nein, alles andere als das, für unseren so sympathisch-menschlichen Earl, Thomas Lynley, der beschämt und in verzweifelter Einsamkeit zurückbleibt. Er hat zwar letztendlich den Fall aufgeklärt – ganz sicher mit Hilfe der wackeren, scharfzüngigen Barbara! -, sein unbesonnenes, geradezu rüdes Verhalten der tief verletzten Lady Helen gegenüber hat jedoch so viel Porzellan zerschlagen, dass man wohl kaum damit rechnen kann, dass dies jemals wieder repariert werden könnte. Aber schauen wir weiter! Elizabeth George hat ja schließlich noch weitere neunzehn Lynley/Havers-Romane in petto....

Veröffentlicht am 02.10.2022

Wer hat das Lösegeld gestohlen?

Die Zeitdetektive 13: Freiheit für Richard Löwenherz
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Troubadoure sind Weicheier – meint Leon abschätzig als Kim ihm begeistert von ihrem Besuch eines Mittelalterspektakels erzählt. Zu feige zum Kämpfen sind sie, Angsthasen! Doch Kim, wie auch der Dritte ...

Troubadoure sind Weicheier – meint Leon abschätzig als Kim ihm begeistert von ihrem Besuch eines Mittelalterspektakels erzählt. Zu feige zum Kämpfen sind sie, Angsthasen! Doch Kim, wie auch der Dritte im Bunde der drei Zeitdetektive, der kluge und zurückhaltende Julian, sind anderer Meinung. Da hätte es doch einen sehr mutigen fahrenden Sänger gegeben namens Blondel, über den er einmal gelesen hatte, sinniert Julian. Um seine Erinnerung aufzufrischen begeben sich die drei Freunde in die Bibliothek des alten Benediktinerklosters Sankt Bartholomäus. Dort gilt es nicht nur das Wissen der Menschheit in dicken alten Büchern zu konsultieren, sondern hier befindet sich auch der geheimnisvolle und gleichzeitig unheimliche, Herzklopfen erregende Zeit-Raum Tempus, der die jungen Abenteurer zurück in jedes Jahr der Vergangenheit bringen kann – wie das schon zwölfmal zuvor geschehen ist....
Und dass eine weitere Reise ansteht, wird klar, als Blondel sich nicht nur als Troubadour, sondern auch als Freund des Prototyps aller Ritter, Richard Löwenherz, herausstellt, dem bei dessen Befreiung aus der Gefangenschaft auf Burg Trifels in der Legende eine wichtige Rolle zugeschrieben wird. Doch noch mehr erfahren die Freunde! Sie lesen von einem Lösegeld in der damals sagenhaften Höhe von 100 000 Silbertaler, die Kaiser Heinrich VI. für Löwenherz Freilassung forderte und die England, während dessen Abwesenheit von seinem Bruder Johann Ohneland regiert, an den Rand des Ruins brachte.
Die Neugierde der Gefährten ist geweckt und es gibt kein Halten mehr – die nächste Zeitreise steht bevor und sie führt zurück ins Jahr 1174, auf die Burg Trifels, nahe des Städtchens Annweiler in der Pfalz, um mehr herauszufinden über Blondel, über Richard Löwenherz und über das sagenhafte Lösegeld.
Dass Julian, Kim und Leon auch diesmal wieder in Gefahr geraten würden, können ihre treuen Leser voraussagen – und in der Tat, bei ihrer Ankunft fallen sie zunächst einmal einer Räuberbande in die Hände, wobei der Troubadour Blondel, der ihnen kurz davor über den Weg läuft, sich als ihr Retter erweist, was Leons vorgefasster Meinung über die Sänger im Mittelalter einen ersten Riss versetzt. Und dann begegnen sie dem berühmten Richard Löwenherz persönlich, dem Helden aller Ritter-Begeisterter – dessen Ruf allerdings besser ist, als der große Mann, durchaus zwiespältig, in Wirklichkeit war! Und sie erleben mit, wie der Silberschatz, der seine Freiheit erkaufen sollte, unter geheimnisvollen Umständen verschwindet. Und wären die drei jugendlichen Zeitreisenden nicht gewesen, wer weiß, wie die Geschichte ausgegangen wäre und ob der große Unbekannte, dem daran gelegen war, Richard in Gefangenschaft zu belassen, um seine eigenen Ziele zu erreichen, am Ende nicht doch der Sieger geblieben wäre....
Spannend geht es auch im 13. Band der Zeitdetektive-Reihe zur Sache – so spannend und unterhaltsam und humorvoll, wie man sich einen Geschichtsunterricht nur wünschen würde! Wie stets mischt der Autor, Fabian Lenk, Geschichte mit Fiktion; und er tut das auf so glaubwürdige und mitreißende Weise, dass man alsbald mitten drin ist in jedweder Epoche, in die er seine jungen Leser führt. Wie immer auch ergänzt ein Glossar den Roman, in dem eventuell unbekannte, der Geschichte zugehörige Begriffe geklärt werden, sowie ein Nachwort, das kurz die Hintergründe, die den jeweiligen Abenteuern der drei Protagonisten, zu denen auch die nach der ersten Zeitreise ins alte Ägypten bei ihnen gebliebene rätselhafte Katze Kia gehört, zugrunde liegen. Und wenn eine Reise zu Ende geht und sich die drei Gefährten im weltbesten Eiscafé, dem Venezia, in ihrem Heimatstädtchen Siebenthann mit einem köstlichen Eisbecher belohnen für die ausgestandenen Ängste und Gefahren, so können nicht nur sie, sondern auch ihre Leser befriedigt zurückblicken auf ein weiteres erfolgreich bewältigtes Abenteuer, bei dem sie wieder einmal viel Neues gelernt haben und dazu noch jede Menge Spaß hatten.
Auf weitere Bände der Zeitdetektive-Reihe kann man sich jedenfalls freuen!

Veröffentlicht am 09.03.2022

Brandstiftung, um den Ausverkauf einer schönen Insel anzuprangern

Sylter Flammenmeer
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Eduard Koch ist Sylter mit Leib und Seele! Hier wurde er geboren, hier arbeitet er bei der Polizei und hier wohnt er auch, wiewohl letzteres derzeit mehr als nur ein wenig kompliziert ist. Seine Frau hat ...

Eduard Koch ist Sylter mit Leib und Seele! Hier wurde er geboren, hier arbeitet er bei der Polizei und hier wohnt er auch, wiewohl letzteres derzeit mehr als nur ein wenig kompliziert ist. Seine Frau hat dem seltsamen Fiete den Vorzug gegeben – was man nicht recht verstehen kann, wenn man den überaus sympathischen und gebildeten Ed näher kennenlernt, der ein Familienmensch ist und liebevollsten Umgang mit seinen beiden halbwüchsigen Kindern Lasse und Lotte pflegt. Die Trennung von seiner Frau schmerzt ihn, ebenso wie die Tatsache, dass er es bisher nicht geschafft hat, die räumliche Trennung zu vollziehen. Kurz und gut, Ed , die Kinder und Exfrau Mara leben noch immer unter einem Dach – samt Fiete. Unhaltbar eigentlich, dazu noch möchte die zänkisch-nörgelige Mara Ed heraushaben aus dem gemeinsamen Haus, das nicht etwa sie, sondern Ed dereinst von seiner Tante geerbt hatte. Ihr Wunsch wird sich am Ende des Kriminalromans erfüllen – aber da wird dann nichts, rein gar nichts mehr so sein, wie vor den Brandanschlägen und dem, was sie nach sich ziehen sollten...
Dass Sylt schon lange nicht mehr den Syltern gehört dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Grundstücksspekulanten und Immobilienhaie sind die eigentlichen Besitzer der nördlichsten der Nordfriesischen Inseln, die ob ihrer Schönheit bereits seit Jahrzehnten ein beliebtes Touristenziel ist. Aber nicht nur das! Finanzkräftige Bürger von überallher, längst also nicht mehr nur die unvermeidliche Schikeria, die regelmäßig in den angesagten Lokalen aufschlägt, um sich die gepflegte Kante zu geben, um dann wieder zu verschwinden, erwerben auf der offensichtlich zum Ausverkauf stehenden Insel ein Zweit-, Dritt- oder Viertdomizil. Zu horrenden Preisen, versteht sich! Aber was soll's? Man hat ja Geld im Überfluss! Dass man damit den Menschen, die bereits seit Generationen auf der reizvollen Insel leben und die vor der Überteuerung des Wohnraums kapitulieren und aufs erschwinglichere Festland ziehen müssen, verdrängt, kümmert anscheinend niemanden von denen, die Profit und immer noch mehr Profit machen wollen und, so darf man mutmaßen, auch niemanden von den Neubürgern, die ihre Luxusheime zwar besitzen, sie aber nur selten bis gar nicht aufsuchen. Man kennt das Problem der überteuerten Immobilien zwecks Geldanlage aus deutschen Großstädten und zunehmend auch aus attraktiven kleineren Städten – warum also sollte es auf Sylt anders sein?
Nicht alle freilich wollen diese zum Himmel schreienden Zustände hinnehmen. Es gibt auch solche, die sich dagegen zur Wehr setzen, mit friedlichen Mitteln, oder andere, die mit kriminellen Aktionen ein Zeichen setzen wollen. Und solange niemand dabei zu Schaden kommt... ? Nein! Brandstiftung ist nun einmal eine Straftat, egal, was damit letztendlich bewirkt werden soll. Ed Koch und seine Kollegen sind damit betraut, den oder die Schuldigen zu finden und der Bestrafung zuzuführen, doch treten sie auf der Stelle, denn da ist jemand äußerst clever zu Werke gegangen. Als dann Ed – die Kurzform seines Namens zeugt von seiner Liebe zu dem britischen Inselstaat, der gerade erst seinen Status der 'splendid isolation' zurückgewonnen hat – Witterung aufnimmt und ein Verdacht in ihm aufkeimt, rollt das Unheil mit Macht auf ihn und auch auf seine Familie zu: bei der dritten Brandstiftung nämlich kommt ein Mensch ums Leben und gleichzeitig ereignet sich ein verhängnisvolles Unglück, das Ed völlig durcheinanderwirbelt und ihn die Richtung verlieren lässt, ihn blind macht für das, was tatsächlich geschehen ist und ihn schließlich auch sein persönliches Glück, das gerade erst zart begonnen hatte zu erblühen, kosten wird...
Mit dem ersten Fall für Ed Koch, wie bereits die Ergänzung zum Buchtitel verrät – man freut sich, dem Inselpolizisten wiederbegegnen zu dürfen, nachdem man ihn in „Sylter Flammenmeer“ kennengelernt hat! -, hat der Autor, der unter dem Pseudonym Max Ziegler schreibt, einen ruhigen, unaufgeregten, sich nur langsam entwickelnden und bis zum Ende nur mäßig spannenden Kriminalroman auf den Markt gebracht. Wenn man aber davon absieht und sich auf den Inhalt konzentriert, auf Aufbau und sorgfältige Figurenzeichnung, dann hat man ein wahres Schwergewicht vor sich, ein hervorragend geschriebenes Buch, das nachwirkt, das man auch nach beendeter Lektüre nicht einfach beiseitelegen und vergessen kann. Die Zustände, die den realen und aktuellen Hintergrund des Krimis bilden und die anscheinend niemand in den Griff bekommen kann noch möchte, lassen hilflos-zornige Gedanken aufkommen. Wo Geld im Spiel ist hört die Moral auf? Ganz gewiss ist das so – und der Roman macht daraus auch keinen Hehl. Grundsätzlich gilt mein Respekt denjenigen, die sich zur Wehr setzen, anstatt diese skandalösen Entwicklungen einfach als gottgegeben hinzunehmen. Dass sie sich nicht anders zu helfen wissen, als durch spektakuläre Aktionen darauf hinzuweisen, mag ihnen verziehen werden, selbst wenn die Wahl der Mittel fragwürdig ist und den Tatbestand einer kriminellen Handlung erfüllt.
Doch wie die Leser noch sehen werden, ist die Geschichte keineswegs eindimensional und beileibe nicht so offensichtlich wie es den Anschein haben mag, und am Ende, wenn man nicht tiefer schaut, jeden zufriedenstellend gelöst. Es spricht für die Klasse des Krimis und die Schreib- und Fabulierkunst seines Urhebers, dass man als Leser genau wie Ed das ursprüngliche Verbrechen aus dem Blickwinkel verliert über all den Enthüllungen, die sich im Laufe der Ermittlungen präsentieren – und einem erst durch die Frau, mit der Eduard hofft, eine neue Beziehung eingehen zu können, wieder präsent werden. Das ist richtig gut gemacht – und wären da nicht die häufigen und meines Erachtens unangebrachten Anglizismen, die leider auch Einzug halten in die Geschichte (alles, was man da auf Englisch raushaut, kann man noch viel schöner auf Deutsch sagen, es sei denn, man ist der deutschen Sprache nicht mächtig!) und derer es nicht bedarf, um dem Leser Eds Vorliebe für England klarzumachen, wäre der Krimi große Klasse gewesen! Nun, es wird weitere Fälle mit Eduard Koch geben – und vielleicht ist er dann auch wieder Papa oder Vater anstatt 'Dad', wenn die Kinder bis dahin nicht inzwischen ausgeflogen sind....