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Veröffentlicht am 05.01.2023

Interessanter Ansatz, aber sehr unrealistisch

Anatomy
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Lady Hazel Sinnett gehört zu den Reichen Edinburghs und ist seit Kindertagen so gut wie verlobt mir ihrem Cousin Bernard, dem Sohn von Viscount Almont. Doch Hazels Leidenschaft gilt der menschlichen Anatomie ...

Lady Hazel Sinnett gehört zu den Reichen Edinburghs und ist seit Kindertagen so gut wie verlobt mir ihrem Cousin Bernard, dem Sohn von Viscount Almont. Doch Hazels Leidenschaft gilt der menschlichen Anatomie und der Medizin. Sie möchte unbedingt Chirurgin werden, ein für eine Lady unmögliches Ansinnen. Da ihr Vater im Auftrag der Royal Navy auf St. Helena weilt und ihre Mutter mit dem kleinen Bruder aus Angst vor dem grassierenden Römischen Fieber verreist ist, nutzt sie eine Verkleidung, um an Vorlesungen teilnehmen zu können. Als sie auffliegt und mit dem bekannten Arzt Dr. Beecham, ihrem großen Vorbild, eine Wette eingeht, nutzt sie die Dienste von Jack Currer, einem Auferstehungsmann, der für Geld Leichen liefert. Schnell fühlt sie sich zu ihm hingezogen. Dann verschwinden immer mehr Menschen und Hazel entdeckt Seltsames an einigen Leichen. Auf der Suche nach einer Erklärung geraten sie und Jack in eine Sache, die sie alles kosten könnte.

Die Buchbeschreibung und das außergewöhnliche Cover haben mich sofort gepackt. Ich fand es sehr geschickt, wie auf letzterem die junge Frau und ihr Kleid zu einem Herzen arrangiert wurden. Der "Horror der frühen Medizin" ist gerade ein sehr beliebtes Thema und war neugierig, wie die Autorin dieses New York Times-Bestsellers dieses mit dem Schicksal einer jungen Frau und einer Liebesgeschichte verbindet. Der Anfang liest sich auch ganz gut. Hazel kommt mir zwar in ihrer Art zu experimentieren zunächst etwas kindisch vor, doch schon bald merkt man, dass sie genaue Vorstellungen davon hat, was sie erreichen möchte. Obendrein ist sie sehr belesen und wissbegierig, was wohl auch mit der Vernachlässigung durch die um den älteren Bruder trauernde Mutter zu tun hat. Es verwundert schon sehr, dass Lady Hazel Sinnett so ziemlich tun und lassen kann, was sie möchte. So schafft sie es auch leicht zu einer Medizin-Show, die sie fasziniert und in ihrem Berufswunsch noch bestärkt. Wirklich durchsetzen muss Hazel sich nie, denn niemand achtet darauf, ob sie die Konventionen der damaligen Zeit einhält. Das erscheint mir doch ziemlich seltsam, denn man war doch seinerzeit noch viel stärker auf den Ruf der Familie bedacht. Etwas unglaubwürdig.

Der Inhalt der im Klappentext erwähnt wird,, also die Wette mit Beecham, startet erst sehr spät ca. nach der Hälfte des Buches. Bis dahin erhält man einen sehr schönen Einblick in den Stand der Anatomie und der Medizin des späten 18. Jahrhunderts. Manchmal geht es auch ziemlich blutig zu, so dass man als Leser*in nicht allzu zimperlich oder empfindlich gegenüber abgetrennten Gliedmaßen, Leichen und Blut sein sollte. Die detaillierten Beschreibungen bewegen sich aber noch in einem erträglichen Rahmen. Ab der Hälfte gewinnt die Beziehung zwischen Jack und Hazel etwas an Bedeutung und die Autorin versucht ihr Bestes, hier zarte Gefühle einzuflechten, die ich ihr auch abnehme. Hazels Üben, die Hilfe ihrer Dienerschaft, als sie sich "Übungsmaterial" ins Haus holt, war mir dann wieder zu übertrieben. Spannend und gut lesbar ist dieser Teil der Geschichte allemal, auch wenn sich das Ganze etwas hinzieht, bis wir am Ende zu einer für mich vollkommen unglaubwürdigen Auflösung kommen. Natürlich ist mir bewusst, dass es sich bei Büchern durchaus um Fiktion handeln darf/soll, doch wenn man sich die Lösung der vorher geschaffenen Geheimnisse so einfach macht, fühle ich mich als Leser doch etwas hinters Licht geführt. Ich konnte nicht glauben, dass die Story auf den letzten Seiten noch ins Fantastische abdriftet, obwohl doch schon vorher alles darauf hingedeutet hat, dass es keine rationale Erklärung geben kann.

Ein bisschen tröstet mich, dass das Buch auch Fragen aufgreift, die man durchaus auch der Forschung heute noch stellen könnte, z.B. Darf man ein Leben nehmen, das eh verloren scheint? Sind arme Menschen weniger Wert als Reiche? Die Frage, ob Frauen überhaupt von der Intelligenz her in der Lage sind, Ärztinnen zu werden ist zum Glück hingegen schon vom Tisch. Insgesamt bin ich von diesem doch sehr hochgelobten Buch etwas enttäuscht. Vom Schreibstil her mutet es eher wie ein medizinischer Jane Austen Roman an (nur etwas leichter zu lesen), aber der Plot mit seiner in die Fantasy oder Science Fiction gehenden Art, überzeugt mich leider nicht. Schade, denn die Protagonistin finde ich wirklich gut ausgearbeitet. Für mich ein Buch, bei dem sich am besten jeder selbst ein Bild machen sollte, weil die Meinungen sehr stark variieren dürften. Von mir gibt es 3,5 Sterne für gut lesbare Unterhaltung mit Schwächen. Das Ende ist auf jeden Fall für eine Fortsetzung ausgelegt.

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Veröffentlicht am 18.12.2022

Etwas konstruiert, aber sehr romantisch

Winterträume in den Fallbury Hills (Herzklopfen in Schottland)
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Grace sitzt an der Kasse des Supermarkts von Fallbury Hills. An einigen Abenden hilft sie in der Bar des Ortes aus. Der Traum von einem Hofladen scheiterte wegen der gesundheitlichen Verfassung ihres Vaters ...

Grace sitzt an der Kasse des Supermarkts von Fallbury Hills. An einigen Abenden hilft sie in der Bar des Ortes aus. Der Traum von einem Hofladen scheiterte wegen der gesundheitlichen Verfassung ihres Vaters und auch was Beziehungen betrifft, hat Grace nicht besonders viel Glück. Doch gemeinsam mit ihren besten Freundinnen Ivy und Phoebe übersteht sie alle Höhen und Tiefen. Als Ivy sehr verletzt wird, schwören sie sich die drei, ein Jahr lang von allen Männergeschichten Abstand zu nehmen. Doch dann landet Grace sprichwörtlich vor dem jungen, äußerst attraktiven neuen Arzt, der die Praxis von Fallbury Hills übernehmen soll. Endlich hat sie das Gefühl, dass mehr für sie drin ist, wäre da nicht das Freundinnen-Abkommen.

Mit dem zweiten Band der Herzklopfen in Schottland Reihe kehren wir mit Hanna Holmgren zurück nach Fall Fallbury Hills, den kleine Fischerort, indem wir im ersten Band mit Ellie und Rosemary um das Rose Cottage gebangt haben. Auch Grace kam in diesem ersten Band als Supermarktkassiererin vor. Nun begleiten wir sie bei ihrer Suche nach einer geeigneten Zukunft für sie, ihre Familie und ihre beiden besten Freundinnen. Es macht sehr viel Spaß, die bekannten Gesichter wiederzusehen und zu lesen, wie es ihnen ergangen ist. In Grace kann man sich auch sofort hineinversetzen. Sie ist nicht nur beruflich, sondern auch von der Liebe enttäuscht. Genau wie Phoebe und Ivy, weswegen die drei auch diesen komischen Pakt eingehen, an den Grace sich gebunden fühlt. Daher ist sie auch nach ihrem ersten Treffen auf den jungen Arzt Noah hin- und hergerissen zwischen eigenem Glück und Pflichtbewusstsein gegenüber den Freundinnen.

Die Geschicht lässt sich wie schon der erste Band sehr schön und flüssig lesen. Die Gefühle werden sehr gut beschrieben, so dass Freunde romantischer Literatur zunächst voll auf ihre Kosten kommen. Im zweiten Teil der Geschichte ändert sich das Thema etwas, die heraufbeschworenen Konflikte zwischen Noah und Grace, aber auch der Ärztin, dessen Praxis er übernehmen soll, wirken leider etwas arg konstruiert. Und plötzlich taucht da noch ein neuer Charakter auf, der für mich nicht so ganz dazu passt und auch recht unglaubwürdige Probleme bereitet. Die Landschaftsbeschreibungen sind hingegen wieder einfach wundervoll. Insgesamt gibt es aber diesmal nur 3,5 Sterne von mir.

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Veröffentlicht am 02.12.2022

Das Leben selbst in die Hand nehmen

we fell in love in october
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Man könnte meinen, Lisa müsste sich glücklich schätzen. Sie lebt in einem beschaulichen Dorf in Bayern, hat einen Ausbildungsplatz bei der örtlichen Bank, ihr Freund studiert und plant ihre gemeinsame ...

Man könnte meinen, Lisa müsste sich glücklich schätzen. Sie lebt in einem beschaulichen Dorf in Bayern, hat einen Ausbildungsplatz bei der örtlichen Bank, ihr Freund studiert und plant ihre gemeinsame Zukunft. Alles läuft so, wie es sich ihre Eltern wünschen. Doch Lisa ist unglücklich. Nach einem unschönen Vorfall in der Bank und einem wenig ergiebigen Gespräch mit Max, besteigt sie planlos einen Fernbus nach Köln, wo sie über eine Couchsurfing-Seite in der WG von Maja auskommt. Lisa zweifelt mehr als einmal an ihrer Entscheidung, es fehlt ihr eine Zukunftsperspektive und dann ist da auch noch Karla, die genderfluide Mitbewohner*in in der WG, die ihr nicht mehr aus dem Kopf geht. Je länger Lisa in Köln ist, umso weniger will sie nach Bayern zurück. Doch wie soll es in Köln weitergehen? Und was wird aus ihrer Beziehung mit Max?

Das Titelbild der Buches ist wunderschön und man rechnet mit einer gefühlvollen Liebesgeschichte. Doch das ist nur ein Bestandteil dieser Geschichte um die 19-jährige Lisa, die viel zu lange ihre Zukunft und ihr Leben in die Hände anderer Menschen gelegt hat und deren Mutter immer unzufrieden mit ihr ist. Am besten soll sie ein Bilderbuchleben leben, eine gute Anstellung haben, später Mann und Kinder und ein Haus im Ort bauen. Doch Lisa erträgt dieses Leben nicht, es ist nicht ihres. Trotz großer Schuldgefühle bricht sie aus. Sehr oft finden wir uns in den Gedanken und Zweifeln von Lisa wieder, die den Roman über weite Teile beherrschen. Eine weitere Komponente bildet die Tatsache, dass Lisa sich zu Karla hingezogen fühlt. Nach und nach fallen ihr Begebenheiten aus der Vergangenheit ein, die sie komplett verdrängt hat. Als sie einen Job findet, der gut läuft, nimmt sie sich vor, 3 Monate in Köln zu bleiben und dann weiterzusehen. Doch es ist schwer, plötzlich seinen Traum zu leben, wenn man keine Träume hat. Leider kreist die Geschichte dadurch immer wieder um dieselben Themen, was mir mit der Zeit etwas zu eintönig wurde.

Ein gewisses Prickeln bringen die Gefühle zu Karla ins Spiel. Doch auch hier ist alles sehr verkopft. Lisa wird von einem ziemlich queeren Freundeskreis aufgenommen. Alle sind total nett und mir hätte dieses Gefühl vollkommen gereicht, dass Lisa akzeptiert wird und im Gegenzug die anderen Personen akzeptiert. Doch oft werden Begriffe erwähnt, die dann durch Protagonisten erklärt oder gegoogelt werden. Klar ist es sehr löblich, wenn man hier etwas Aufklärung zu dem Thema Sexualität und verschiedene Ausprägungen erhält, doch mir war das zu sehr lexikonartig und zu wenig unterschwellig. Manchmal dachte ich, dass Lisa sich das Leben selbst sehr schwer macht, obwohl das an manchen Stellen gar nicht hätte sein müssen. Das hat für einige Längen gesorgt. Insgesamt ist das Buch nicht sehr kompliziert geschrieben, eher in einfachem Satzbau und jugendlicher Sprache, so dass ich es auch eher für Jugendliche empfehle als für junge Erwachsene. 3,5 Sterne

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Veröffentlicht am 27.11.2022

Nett, aber etwas wenig Handlung

Feather & Rose, Band 1: Ein Sturm zieht auf (geheime Elemente-Magie an einer Eliteschule ab 10 Jahren)
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Feather scheint ein ganz normales Mädchen zu sein. Sie lebt allein mit ihrem Vater in London. Er ist Lehrer an ihrer Schule. Ihre Mutter starb bei ihrer Geburt. Viel Anschluss hat Feather nicht, wird stattdessen ...

Feather scheint ein ganz normales Mädchen zu sein. Sie lebt allein mit ihrem Vater in London. Er ist Lehrer an ihrer Schule. Ihre Mutter starb bei ihrer Geburt. Viel Anschluss hat Feather nicht, wird stattdessen oft gehänselt. Als sie wieder einmal ein gemeines Gespräch von Mitschülerinnen mitanhört, wirbelt plötzlich ein Sturm über diese hinweg. Feather erfährt, dass sie eine Elementverbundene ist. Um zu lernen, mit ihrem Element Wind umzugehen, wechselt sie mit ihrem Vater an die Wingdale Academy. Dort trifft sie nicht nur auf die nette Rose, mit der sie sich gut versteht, sondern auch auf den attraktiven, aber etwas abweisenden Silver, der sie sofort in ihren Bann schlägt. Dann gibt es Diebstähle an der Schule und ausgerechnet Feather gerät unter Verdacht.

Die Inhaltsbeschreibung auf dem Buch klingt für mich aufregender und vor allem kurzweiliger, als das Buch dann tatsächlich beim Lesen war. Ich hatte jede Menge Elemente-Action erwartet, wenn es um Jugendliche Hitzköpfe geht, die trainieren, Feuer, Wasser, Erde und Wind unter Kontrolle zu halten und diese Elemente für sich nutzen können. Doch zunächst geht es vorwiegend um das Kennenlernen einer neuen Freundin, um erste romantische Gefühle, um die Beziehung zum Vater, der als Rektor kaum Zeit für Feather hat. Dann ist da noch eine verletzte Möwe, die mir allerdings sehr gut gefallen hat, nur etwas viel Raum einnimmt und die typischen, etwas klischeehaften bösen Mädchen, die Feather rausekeln wollen. Also nichts wirklich Neues und vor allem viel weniger fantastische Handlung, als zunächst angenommen. Das Geschehen plätschert so dahin, bis ein Wettbewerb ansteht. Von da an nimmt die Geschichte etwas Fahrt auf. Der Showdown ist recht kurz geraten.

Vom Schreibstil her ist das Buch schon für junge Mädchen geeignet, da es sich locker-leicht lesen lässt und keine komplizierten Zusammenhänge zu verstehen sind. Vieles spielt sich in Feathers Gedanken ab, die manchmal ziemlich unsicher ist, wie sie sich verhalten soll. Die zarte Romantik dürfte einige Leserinnen ansprechen. Für mich hätten gern die Elementarkräfte eine größere Rolle spielen dürfen, dann wäre vielleicht etwas mehr Handlung und Spannung möglich gewesen. Die Kapitellängen sind gut gewählt. Auch die Gestaltung im Buchinneren mit dem Wingdale-Wappen über den Kapitelanfängen und den in Rosen eingefassten Seiten ist sehr ansprechend. Trotzdem hat man insgesamt das Potential der Geschichte nicht wirklich ausgeschöpft. Eine Geschichte für Mädchen, die gern romantische Bücher, Freundschafts- oder Internatsgeschichten mögen oder als Lesefutter für Vielleser. 3,5 Sterne

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Veröffentlicht am 15.11.2022

Fesselnd, aber recht vorhersehbar

Das siebte Mädchen
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Vor 20 Jahren verschwanden in Breaux Bridge, einer Kleinstadt in Louisiana, sechs Mädchen spurlos und versetzten das ruhige Örtchen in Angst und Schrecken. Vollkommen überraschend findet Chloe im Kleiderschrank ...

Vor 20 Jahren verschwanden in Breaux Bridge, einer Kleinstadt in Louisiana, sechs Mädchen spurlos und versetzten das ruhige Örtchen in Angst und Schrecken. Vollkommen überraschend findet Chloe im Kleiderschrank ihrer Eltern eine Schatulle mit Schmuckstücken der Opfer. Ihr bis dahin unauffälliger, liebevoller Vater gesteht, die Mädchen ermordet zu haben. Dies geht alles andere an Chloe, ihrer Mutter und ihrem Bruder Cooper vorbei.

Nun ist Chloe Psychologin, lebt mit ihrem Partner Daniel in einem Haus und demnächst steht ihre Hochzeit an. Doch da verschwinden erneut junge Mädchen. Seltsamerweise stehen alle in Verbindung zu Chloe. Handelt es sich um einen Nachahmungstäter? Das möchte auch ein Reporter der New York Times herausfinden, der zu Chloe Kontakt aufnimmt. Die Zeit drängt, denn bald jähren sich die Verbrechen des Vaters zum 20. Mal.

Für Krimis und Thriller, in denen es um alte Fälle aus der Vergangenheit geht, bin ich immer zu haben. So war "Das siebte Mädchen" für mich eine Pflichtlektüre. Das Cover mutet wunderbar düster an und passt einigermaßen zu der von der Autorin beschriebenen Landschaft Louisianas. Oft sind es jedoch eher typische Sumpflandschaften und Louisiana-Moos, die die ländliche Szenerie in der Vergangenheit prägen. In der Gegenwart lebt Chloe in der Stadt. Der Unterschied wird gut deutlich und die Flucht aus dem Heimatstädtchen ist nur zu verständlich.

Obwohl Chloe Psychologin ist, merkt man schon sehr bald, dass die Dämonen der Vergangenheit ihr auch nach 20 Jahren noch Probleme bereiten. Nicht selten greift sie zu Beruhigungsmitteln und Antidepressiva, um sich über Wasser zu halten, so dass man eigentlich nicht weiß, ob man ihrer Wahrnehmung überhaupt trauen kann. Sehr viel von der Handlung spielt sich in Chloes teils ausschweifenden Gedanken ab. Schnelle, oft nicht sofort erkennbare Wechsel zwischen verschiedenen Zeitebenen, geben ein gutes Bild davon ab, was früher passiert ist, aber auch die Gegenwart wird in verschiedenen Stadien beleuchtet. Das Geschehen fesselt durchaus, vor allem mit Beginn der neuen Mordserie.

Durch ihre Einmischung in dem Fall, wird auch die Polizei auf Chloe und ihre Vergangenheit aufmerksam. Allzu oft handelt sie wider besseren Wissens auf eigene Faust und begeht so kapitale Fehler, die sie nicht sehr glaubwürdig erscheinen lassen. Ab einem gewissen Zeitpunkt, der etwa in der Mitte der Geschichte lag, war mir allerdings sonnenklar, wie hier alles zusammenhängt und ich sah meinen Anfangsverdacht bestätigt, so dass der Rest der Geschichte zwar immer noch interessant war, aber teilweise auch ein Warten auf die Auflösung. Von der Autorin ab da gestreute Finten hatten keinen Einfluss mehr. Das Ende lief eher ruhig ab. Gern hätte ich noch erfahren, wie die Familienmitglieder auf die Sache reagiert haben.

Die angenehm tiefere Stimme der Sprecherin passte für mich perfekt zur Geschichte und vor allem zur etwas destruktiven, psychisch belasteten Protagonistin.

Insgesamt hat Stacy Willingham einen fesselnden, gut geschriebenen Thriller vorgelegt, der gut konstruiert ist, dessen Geheimnisse jedoch für passionierte Leser des Genres allzu leicht zu durchschauen sind.

Daher leider nur 3,5 Sterne

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