Profilbild von hasirasi2

hasirasi2

Lesejury Star
offline

hasirasi2 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit hasirasi2 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.05.2023

Die Rolle ihres Lebens

Die einzige Frau im Raum
0

Hedy Kiesler ist 18 und steht als Sisi auf der Bühne, als sie vom Waffenfabrikanten Friedrich Mandl, dem „Kaufmann des Todes“, entdeckt wird. Dem eilt sein Ruf als Schürzenjäger voraus, doch mit Hedy scheint ...

Hedy Kiesler ist 18 und steht als Sisi auf der Bühne, als sie vom Waffenfabrikanten Friedrich Mandl, dem „Kaufmann des Todes“, entdeckt wird. Dem eilt sein Ruf als Schürzenjäger voraus, doch mit Hedy scheint er es ernst zu meinen und ihre Eltern trauen sich wegen seiner einflussreichen Stellung nicht, sein Werben abzulehnen. „Herr Mandl ist der Mann hinter Kanzler Dollfuß´ Thron. Aber er könnte auch der Mann sein, der Österreich weiter die Unabhängigkeit sichert.“ (S. 31)
Hedy ist von Fritz‘ weltmännischem Auftreten und seinem Reichtum beeindruckt, darum sagt sie auch ja, als er ihr die Rolle ihres Lebens als seine Ehefrau anbietet. Dafür verzichtet sie auf ihre Karriere beim Film und Theater und konvertiert zum Christentum. Aber schon nach der Verlobung zeigt Fritz sein wahres Gesicht. Ab sofort entscheidet er alles. Sie hat nur noch nett auszusehen und die perfekte Gastgeberin bei seinen unzähligen Geschäftsessen zu sein, eine eigene Meinung oder gar eigene Interessen sind unerwünscht. „Ich war wie ein exotischer Vogel, der nur für seine Auftritte herausdurfte aus dem goldenen Käfig und der anschließend wieder darin eingesperrt wurde.“ (S. 92) Als er dann auch noch gewalttätig wird, flieht sie nach Hollywood und wird als Hedy Lamarr berühmt. Nebenbei engagiert sie sich im Kampf gegen den zweiten Weltkrieg und erfindet zusammen mit dem Komponisten Georg Antheil eine treff- und störungssichere Funkfrequenzsteuerung für Torpedos …

Ich hatte schon im Podcast „Frauenleben“ von Hedy Lamarr gehört und letztes Jahr hat sich Charlotte Leonard in „Die Verwegene“ überwiegend ihrer Filmkariere in LA und ihren Erfindungen gewidmet.

Marie Benedict legt ihr Augenmerk in „Die einzige Frau im Raum“ vor allem auf die Zeit von Hedys Ehe mit Fritz Mandel, die leider nicht besonders glücklich war. Hedy begriff sie erst nach der Hochzeit, in welchen Kreisen ihr Mann verkehrte und mit wem er Geschäfte machte – u.a. mit Hitler und Benito Mussolini. „Ich hatte Papa stets für einen erfolgreichen Mann gehalten, … aber erst jetzt begriff ich, was Macht war.“ (S. 37) Aber sie war klug, merkte sich bei den Gesprächen wichtige Details zu den Waffen und las sich das dafür nötige Hintergrundwissen in seiner Bibliothek an.
Später verstand sie, dass schon zu dieser Zeit der Grundstein für den 2. WK und die Vernichtung ihrer Glaubensgenossen gelegt wurde und machte sich Vorwürfe, dass sie das nicht verhindern konnte.

Während mir der erste Teil des Buches, in dem es um Hedys Ehe und die politischen Entwicklungen in Österreich und der Welt ging, noch relativ gut gefallen hat (auch wenn mir einige politischen Winkelzüge zu detailliert beschrieben wurden), konnte mich der zweite Teil mit ihrem Leben in Hollywood leider nicht begeistern. Marie Benedict erzählt Hedys Karriere, Ehen und Affären nur in Stichpunkten, reiht Fakten einfach aneinander und die Erfindungen passieren in Nebensätzen. Mir fehlten Spannung oder interessante Details, die Handlung wirkte leider nicht sehr lebendig. Ich hatte mir neue, interessante Einblicke in Hedys Leben erhofft und wurde leider etwas enttäuscht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.04.2023

Sie haben Post …

Ist es Liebe? Nein – es ist … Unmöglich
0

Wer muss bei diesen drei Worten auch an den Film „eMail für Dich“ denken? Ich habe ihn schon sehr oft gesehen und Nicks und Bees Geschichte hat mich sofort daran erinnert, denn sie kommen durch eine fehlgeleitete ...

Wer muss bei diesen drei Worten auch an den Film „eMail für Dich“ denken? Ich habe ihn schon sehr oft gesehen und Nicks und Bees Geschichte hat mich sofort daran erinnert, denn sie kommen durch eine fehlgeleitete eMail in Kontakt.
Bee ist Anfang 30 und arbeitet Hochzeitskleider zu etwas Neuem um, meist nach einer Scheidung. Nick ist ca. 15 Jahre älter als sie und schon oft im Leben gescheitert. Derzeit arbeitet er als Ghostwriter für einen Krimiautor. Die beiden verstehen sich super, haben den gleichen Humor und bald keine Geheimnisse mehr voreinander. „Wir waren sofort entspannt miteinander und verloren jedes Urteilsvermögen, was sich lustig und befreiend anfühlte.“ (S. 18) Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis Bee Nick nach einem echten Date fragt. Sie verabreden sich in London unter der Uhr an der Euston Station. Beide fahren hin, doch sie treffen sich nicht.

Ich habe ja schon einige „verrückte“ Liebesromane gelesen, aber das ist der bisher Ungewöhnlichste.
Durch ein Versehen entsteht ein loser Mail-Kontakt und aus dem witzigen Geplänkel wird bald mehr. „Was als Spiel begonnen hatte, als Versuch, eine Fremde zum Lachen zu bringen, war inzwischen so groß geworden, dass ich Stunden verbrachte, mir «geistreiche» Bemerkungen für sie zurechtlegte.“ (S. 31) Für Bee ist das wie ein Traum, endlich gibt es da einen Mann, der es wirklich ernst zu meinen scheint, aber sie hat auch Bedenken. „Nick und ich hatten Intimität ohne die Angst, enttäuscht zu werden. Die Beziehung voranzutreiben, könnte das verändern, was wir hatten, und – ja – auch den Traum zerstören.“ (S. 76) Und als er dann nicht zu ihrer Verabredung erscheint, sieht sie sich in ihren Vorbehalten bestätigt. Dabei kann Nick nichts dafür …

An dieser Stelle kann ich leider nicht mehr verraten, ohne zu spoilern, aber mich hat der Grund, warum sie sich nicht treffen, extrem überrascht und irritiert. Die Autorin wechselt nämlich in ein Genre, das ich normalerweise nicht lese, und hat mich dabei stellenweise leider verloren, weil mir die Erklärungen zu sehr ausuferten. Auch das (für mich) uneindeutige Ende hat mich etwas gestört.
Darum lässt mich das Buch auch sehr zwiegespalten zurück, denn ich mochte die Liebesgeschichte zwischen Bee und Nick sehr. Mir gefiel, wie sie abwechselnd aus ihrer beider Sicht erzählt wurde und dabei auch ihr Alltag und ihre Freunde nicht zu kurz kamen.

Leider nur 3 von 5 Sternen

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.01.2023

Dating und Familie

Not exactly love. Wer braucht schon ein Happy End?
0

„Können wir ausmachen, dass es zwischen uns nicht … peinlich wird?“ (S. 8) fragt Alfie Hazel, nachdem sie in seinem Zimmer Sex hatten. Darüber hätten sie vielleicht besser vorher reden sollen, denn sie ...

„Können wir ausmachen, dass es zwischen uns nicht … peinlich wird?“ (S. 8) fragt Alfie Hazel, nachdem sie in seinem Zimmer Sex hatten. Darüber hätten sie vielleicht besser vorher reden sollen, denn sie wohnen in einer WG. Bisher war ihr Zusammenleben völlig unkompliziert. Sie konnten nächtelang über alles reden, jetzt tanzend sie schweigend umeinander herum, denn eigentlich mögen sie den jeweils andern, denken aber, für sie bzw. ihn war es nur ein One-Night-Stand. Und bevor sie die Sache klären können, stehen Hazels Schwester Emily und ihre Frau Daria vor der Tür. Die beiden ziehen gerade aus Australien zurück in die Nähe von London und suchen einen Samenspender.

Die Leseprobe von „Not exactly love” war locker und humorvoll, der Klappentext versprach einen cleveren „… Roman darüber, was Liebe und Familie heute bedeuten.“ Aber so ganz konnte mich das Buch leider nicht überzeugen, obwohl mir die Grundidee sehr gut gefallen hat.
Hazel und Alfi sind typische Mitzwanziger, die in winzigen Zimmern in einer Londoner WG wohnen und auf der Suche nach der großen Liebe und in Hazels Fall auch nach dem Durchbruch sind. Sie ist freiberufliche Illustratorin und erreicht mit ihren Comics, in denen sie von ihrem Leben und ihren Dating-Erfahrungen als weiße Frau erzählt, viele Clicks und Follwer auf Instagram, aber leben kann sie davon nicht. Also jobbt sie in einem Café. Alfie ist Grundschullehrer und ziemlich bodenständig. Nach ihrer gemeinsamen Nacht und ein paar amüsanten Verwicklungen könnte es also zum Happy End kommen, aber dann kommt ihnen das Leben dazwischen. Plötzlich dreht sich alles um Emily und Daria und ihren Kinderwunsch. Ein Samenspender muss gefunden werden, die Befruchtung muss klappen etc.

Das sind schon viele, zum Teil sehr berührende und nachvollziehbare Themen, aber Kate Brook wollte anscheinend alle wichtigen Probleme unserer Zeit unterbringen. Also werden u.a. auch Veganismus, Umweltschutz, CO2 Ausstoß, diverse Phobien, Krankheiten, Familiendramen, Tinderdates, Cybermobbing und Corona behandelt. Das war mir einfach zu überfrachtet und auch das Ende fand ich etwas unrund. Vielleicht gehöre ich mit deutlich über 20 aber auch nicht mehr zur Zielgruppe, also lasst Euch bitte nicht von mir abschrecken.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.11.2022

Viel Whiskey und wenig Krimi

Ein Schuss Whiskey
0

„Ein Mord hat stattgefunden, aber niemand würde ihm glauben.“ (S. 31) Janus Rosner ist ein deutscher Schriftsteller mit Schreibblockade in Dublin. Um diese zu überwinden, zieht er nachts durch die Pubs ...

„Ein Mord hat stattgefunden, aber niemand würde ihm glauben.“ (S. 31) Janus Rosner ist ein deutscher Schriftsteller mit Schreibblockade in Dublin. Um diese zu überwinden, zieht er nachts durch die Pubs und achtet beim Whiskeytrinken eher auf Quantität als Qualität. Doch als er sieht, wie eine junge Frau mit rotem Schal an einem Flussufer erschossen wird, ist er wieder stocknüchtern. Trotzdem glaubt ihm die Polizei nicht, zumal weder eine Leiche noch Spuren gefunden werden. Aber genau gegenüber dem Tatort entdeckt Janus in einem kleinen alten Buchladen einen roten Schal, der sogar noch etwas feucht ist. Also macht er sich zusammen mit seiner Mitbewohnerin auf die Suche nach dem Täter und diesen damit auf sich aufmerksam. Eine Hetzjagd durch Dublin beginnt, bei der nicht immer klar ist, wer gerade wen jagt …

Nach „Der Gin des Lebens“ und „Rum oder Ehre“ dreht sich in Carsten Sebastian Henns neuem Krimi alles um Dublin und (den einzig wahren) irischen Whiskey. „Whiskey ist für uns Iren nicht bloß ein Getränk, er ist Selbstbehauptung und einen Genuss Selbstvergewisserung.“ (S. 59)

Das Setting des Krimis hat mir wieder ausgesprochen gut gefallen, man bekommt einen sehr guten Eindruck von Dublin und lernt viel Interessantes über Whiskey (seine Geschichte, Herstellung und Fachbegriffe, ergänzt durch Cocktail-, Koch- und Backrezepte), aber die Krimihandlung an sich war mir zum Teil zu verworren und konstruiert, außerdem fehlte mir an einigen Stellen der rote Faden, so dass der filmreife Showdown fast wie aus dem Nichts kam.

Janus wirkt etwas verloren, sowohl beim Schreiben als auch im Leben. Er hat nach seinem Germanistikstudium einige Jobs gemacht, sich aber immer als Schriftsteller ohne Inspiration verstanden. Da sein Vater Polizist ist, will er es jetzt mit einem Krimi versuchen und verarbeitet dabei direkt seine Ermittlungsergebnisse. Die Auszüge aus seinem Manuskript werden immer mal wieder kursiv in die Haupthandlung eingeschoben.
Auch der Mörder kommt regelmäßig zu Wort, allerdings wirkt er einerseits sehr intelligent, andererseits klingt er beim Denken sehr prollig, wie eine Mischung aus John Wayne und Rambo. Das hat für mich irgendwie nicht gepasst.

Ich denke, dass alle Dublin- und Whiskeyfans hier voll auf ihre Kosten kommen, Krimiliebhaber aber über einige Ungereimtheiten hinwegsehen müssen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.11.2022

Wenn Farben zu laut werden

Alle Farben meines Lebens
0

„Anfangs sehe ich die Farben nur bei den Menschen, mit denen ich zusammenlebe, und jeden Morgen frage ich mich, welche Farbtöne mich dieses Mal begrüßen werden.“ (S. 20) Alice sieht schon als Kind die ...

„Anfangs sehe ich die Farben nur bei den Menschen, mit denen ich zusammenlebe, und jeden Morgen frage ich mich, welche Farbtöne mich dieses Mal begrüßen werden.“ (S. 20) Alice sieht schon als Kind die Gefühle, Gedanken und körperlichen Zustände anderen Menschen als Farben, und vor allem die ihrer Mutter machen ihr Angst. Lily ist keine gute Mutter, kümmert sich nicht um ihre Kinder, sondern geht feiern, raucht, trinkt und nimmt Drogen, hat extreme Stimmungsschwankungen. Alice und ihr älterer Bruder Hugh scheinen ihr völlig egal zu sein, wenn sie nicht gerade ihre Wut und Gehässigkeit an ihnen auslassen will. Sie steckt ihre kaum vorhandene Energie in den Jüngsten, Ollie, formt ihn nach ihrem Bild und entzweit die Geschwister damit. „Zunehmend wird ihr Hass zu seinem Hass, ihre Ängste werden zu seinen Ängsten, ihr Zorn wird sein Zorn. Ihre Traurigkeit, seine Traurigkeit. Es überträgt sich immer auf ihn, und er saugt es begierig auf, unverzerrt noch das letzte Stückchen.“ (S. 32) Doch gerade die Mutter, die ihren Kindern nichts geben konnte, fordert alles von ihnen, als sie erwachsen sind.

Hugh ist der Einzige, der sich für Alice‘ interessiert, sie versteht, immer für sie da ist und versucht, ihr zu helfen. Seine Freundin entdeckt später, was Alice „fehlt“ – sie ist Synästhetikerin, lernt aber nie richtig, damit umzugehen. Sie kommt mit den vielen Eindrücken nicht klar, verkriecht sich in ihrem Innersten uns schottet sich nach außen mit Sonnenbrille, Maske und Handschuhen regelrecht gegen ihre Umwelt ab. „Die Farben der Menschen zu sehen ist manchmal, als sähe man sie nackt.“ (S. 34) Einzig die Natur erdet sie, gibt ihr Ruhe und neue Kraft. Die bloßen Füße auf feuchtem Gras oder mit den Händen in der Erde wühlen, das ist ihre Welt. Aber dann fällt ihr ein Mann auf, der keine einzige Farbe ausströmt – das hat sie noch nie erlebt und macht sie neugierig ...

Ich bin eigentlich ein großer Fan von Cecelia Ahern, aber „Alle Farben meines Lebens“ lässt mich sehr zwiegespalten zurück. Einerseits ist Alice‘ Geschichte extrem traurig und auch irgendwie berührend, ich mag die poetische Sprache, mit der die Autorin über Alice‘ Farbempfinden schreibt, andererseits bleibt sie mir durch ihre abweisende Art fremd, obwohl man stets ihre Gedanken und Gefühle erfährt. Auch die Sprünge immer wieder in der Zeit zurück bzw. zum Ende hin dann um Jahre / Jahrzehnte nach vorn waren nicht meins und das Ende, die letzten beiden 1,5 Kapitel, hätte ich nicht gebraucht. Darum leider nur 3 von 5 Sternen

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere