Platzhalter für Profilbild

SofieWalden

Lesejury Star
offline

SofieWalden ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit SofieWalden über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.03.2023

Das historische Passau, ein Schmiedegeselle und sein großer Traum

Wolfsklingen
0

1218, Thiemo, ein junger Schmied, kommt nach Passau, um hier sein Glück zu machen. Nachdem seine ganze Familie bei einem Feuer ums Leben gekommen ist, sucht er den Neuanfang, will Meister werden und die ...

1218, Thiemo, ein junger Schmied, kommt nach Passau, um hier sein Glück zu machen. Nachdem seine ganze Familie bei einem Feuer ums Leben gekommen ist, sucht er den Neuanfang, will Meister werden und die berühmten Wolfsklingen fertigen, die überall in Europa für Qualität und Erlesenheit stehen. Nach langem Suchen findet er einem Schmiedemeister, der ihm Arbeit gibt. Ein guter Anfang und dann ist da noch die Tochter seines neuen Brotgebers, in die er sich verliebt. Thiemo strebt nach Erfolg und Redlichkeit und Geduld sind nicht seine stärksten Eigenschaften. Und so nimmt er die ihm gebotene Gelegenheit auf Nebenverdienste, auf undurchsichtige Botengänge und noch einiges mehr, wahr. Erst naiv und unbedarft, merkt er schon bald, in was er da hineingeraten ist, aber er sieht nur sein Fortkommen, um jeden Preis. Und dann ist es fast zu spät.
Ein sehr von den interessanten Details dieser Zeit lebendes Buch, die Stadt Passau, das Schmiedehandwerk, die Machtstrukturen und Intrigen im klerikalen Gefüge, das ist gut recherchiert und gibt dem Leser spannende Einblicke in diesen städtischen Kosmos. Auch emotional bietet diese Geschichte jede Menge Potential. Schließlich geht es hier um puren Lebenskampf, das Abkommen vom rechten Weg, die Liebe und den selbstverschuldeten Absturz bis fast in den Tod, aber auch um Selbsterkenntnis und Hoffnung, auf vielleicht eine zweite Chance. Manchmal ist weniger ja mehr, aber diese Geschichte schreit geradezu nach 'mehr Gefühl'. Dies ist ein Roman und als Leser will ich das Geschehen erleben, im besten Fall so, als wäre ich dabei. Und daran fehlt es einfach. Da es ein Erstling ist, würde ich sagen, der handwerkliche Aspekt stimmt, das Fundament steht. Jetz heißt es, den Emotionen Raum geben. Dann wird daraus auch ein rundes Ganzes.

Veröffentlicht am 18.03.2023

Berlins Underground in den 90ern, stark, authentisch und ein Krimi dazu

LOVE LIKE BLOOD
0

Der Berliner Underground in den 90ern, stark und authentisch dargestellt, in der speziellen Clubatmosphäre, für Menschen, die sich austesten wollen, auf anderen Pfaden und ein Krimigeschehen, das uns Zuhörern ...

Der Berliner Underground in den 90ern, stark und authentisch dargestellt, in der speziellen Clubatmosphäre, für Menschen, die sich austesten wollen, auf anderen Pfaden und ein Krimigeschehen, das uns Zuhörern hierzu die Pforten öffnet, Türen, die wir, nicht fokussiert auf die Morde und das Lösen eines Falls, sonst vielleicht verweigert hätten, zu betreten. Hier ist alles heftig, krass, wie die Hauptermittlerin wohl sagen würde, die bestialischen Morde, die vor Hass triefen, das vorgeschobene? Ermittlungsvorgehen, das sich Verlieren im Erleben von Grenzüberschreitungen, private Konstellationen, die einen wahlweise sprachlos oder abwartend dem Geschehen folgen lassen.
Man bekommt 'viel geboten' aus dem Underground, echt nah dran. Für mich schwimmt der Krimi als Teil des Ganzen da, schon irgendwie elegant, gut verteilt in der Suppe der 'Andersheiten', mit, Grenzfrei, interessant, anders.
Ist auf jeden Fall eine Erfahrung wert.

Veröffentlicht am 15.03.2023

Das Land der Vampire und trotzdem ist die Mordanklage ziemlich real

Tod in Siebenbürgen
0

Siebenbürgen, Vampirfreunden auch als Transsilvanien bekannt, war früher einmal Paul Schwartzmüllers zuhause. Doch schon als Kind hat sich sein Vater mit ihm in den Westen aufgemacht. Nichts verbindet ...

Siebenbürgen, Vampirfreunden auch als Transsilvanien bekannt, war früher einmal Paul Schwartzmüllers zuhause. Doch schon als Kind hat sich sein Vater mit ihm in den Westen aufgemacht. Nichts verbindet ihn heute noch mit dieser Region. Doch nun hat ihm seine Tante ihren Hof vererbt. Und so macht sich der Journalist notgedrungen auf den Weg, zurück zu den Erinnerungen seiner Kindertage, die bei seiner Ankunft unweigerlich in ihm aufsteigen. Irgendwie scheint hier die Zeit stehengeblieben zu sein, die Gebäude, der Aberglaube und natürlich die Menschen. Tatsächlich begrüßt ihn, als er im Dorf eintrifft, sein ehemals bester Freund Sorin, so, als wäre er nur mal eben kurz weggewesen. Der Plan, den Hof schnell zu veräußern und sich dann wieder davonzumachen, geht allerdings nicht auf, denn esgeschieht ein Mord und Sorin landet als Tatverdächtiger hinter Gitterm. Paul ist sofort klar, dass es seine Aufgabe ist, Sorins Unschuld zu beweisen. Und das wird zum Fulltime-Shop, zumal der Enthüllungsjournalist eher langsam und ziemlich unstrukturiert zur Täterermittlung schreitet.
Dieser Kriminalroman ist nach einem eher langsameren Takt gestrickt. Es geht alles ruhig, geradezu nostalgisch über die Bühne. Man erfährt durchaus Interessantes über Land und Leute, was auch ein bisschen den Reiz der Geschichte ausmacht. So richtig als alles überstrahlendes Element agiert der Kriminalfall selbst nämlich eher nicht. Und auch der Hauptprotagonist Paul, der als Ermittler eine ganze Krimireihe stemmen soll, lässt es an Persönlichkeit und Prägnanz fehlen, um die Spannung, über einen durchschnittllichen Level hinaus, anzufachen.
Der Roman schaukelt seine Leser, durchaus unterhaltsam, durchs 'Nichtallerwelts-krimi'-Geschehen und auch über die Auflösung am Ende kann man sich nicht beschweren. Vielleicht waren die Vampirfreudigen Erwartungen für diesen 'Erstling' einfach ein wenig zu hoch, um das Ergebnis über den grünen Klee loben zu können. Aber sollte Paul Schwartzmüller, vielleicht etwas besser sortiert, nochmal in irgendwelche Umtriebe geraten, wäre ich auf jeden Fall noch einmal dabei, denn aller Anfang ist ja bekanntlich schwer.

Veröffentlicht am 08.01.2023

Aufstieg zur Dichterin und der schrittweise schmerzliche Verlust ihrer Heimat Berlin

Die Suche nach Heimat
0

Mascha Kaléko, eine ambitionierte junge Frau, versucht, nach der Heirat mit dem Philologen und Hebräischlehrer Saul Kaléko im Berlin der 1920er-Jahre als Dichterin Fuß zu fassen. Sie knüpft erste Kontakte ...

Mascha Kaléko, eine ambitionierte junge Frau, versucht, nach der Heirat mit dem Philologen und Hebräischlehrer Saul Kaléko im Berlin der 1920er-Jahre als Dichterin Fuß zu fassen. Sie knüpft erste Kontakte mit Zeitungsleuten und Lektoren, mit namhaften Künstlern dieser Zeit und sie arbeitet sich Schritt für Schritt voran, über die Veröffentlichung ihrer Gedichte in Zeitungen bis hin zu eigenen Buchausgaben ihrer Werke. Doch 1933, mit der Machtergreifung Hitlers, wendet sich das Blatt. Als Jüdin erlebt sie erste Repressalien. Sie selbst bleibt relativ lange davon verschont, aber ihre künsterische Heimat im Umfeld des Romanischen Cafés, ihre Freunde, die die Kultur des damaligen Berlins darstellen, die Eingriffe seitens der Nationalsozialisten nehmen zu und die Ersten emigrieren ins Ausland. Sehr lange hält Mascha an 'ihrem Berlin' fest, doch irgendwann werden die Bedrohungen für die jüdische Bevölkerung so massiv, dass auch sie gehen muss, was aufgrund ihrer sehr komplizierten privaten Situation noch schwieriger wird als sowieso schon. 1938 emigriert die Dichterin schließlich mit ihrem zweiten Mann Chemjo Vinaver und ihrem Sohn in die USA.
Diese Geschichte hat einem die sicherlich nicht jedem bekannte Dichterin Mascha Kaléko nähergebracht, ihre Berliner Jahre, deren erster Teil für sie mit so viel Hoffnung und dem Erleben von Fortkommen und Bekanntheit einhergeht und dann der politische Umbruch und ihr persönliches Erleben als Jüdin in diesem zunehmend diktatorischen System. Gerade ihre Gedichte als Eckpfeiler dieses mehr oder weniger fiktiv nachempfundenen Lebensabschnitts zu nutzen, fand ich sehr gut gewählt und hat der Geschichte ein intensives Empfinden von Hoffnung, Angst, Zweifel und letztendlich der eigenen Kapitulation in der damaligen Zeit verliehen. Teilweise war die Gewichtung der Ereignisse sehr stark auf das Persönliche gelegt und gerade der aufkommende Nationalsozialismus kam lange eher wie ein mittellautes Hintergrundrauschen daher, was doch etwas irritierend war. Dagegen der letzte Besuch in ihrer altem Heimat, eine neue hatte Mascha nie wirklich gefunden, das damit verbundenen Résumée ihres Lebens war wirklich stark und zutiefst berührend.
Eine Geschichte mit Höhen und Tiefen, in vielerlei Hinsicht, aber ich bin mir sicher, vergessen wird man den Namen der Dichterin Mascha Kaléko und ihr Schicksal nach diesem Buch wohl niemals mehr.

Veröffentlicht am 06.01.2023

Eine Kinderkrimi-Wintergeschichte und Rotkehlchen, die ein bisschen verzaubert sind

Weihnachten
0

Der 11-jährige Jonas muss mit seiner Mutter fliehen, wird dann aber von ihr getrennt und von einem älteren Herrn, Dr. Wilkinson, ziemlich verloren, auf einem Spielplatz entdeckt. Da keine Angehörigen zu ...

Der 11-jährige Jonas muss mit seiner Mutter fliehen, wird dann aber von ihr getrennt und von einem älteren Herrn, Dr. Wilkinson, ziemlich verloren, auf einem Spielplatz entdeckt. Da keine Angehörigen zu entdecken sind, nimmt dieser ihn mit zu sich nach Hause. Sein Mitbewohner Tobias und er wollen Jonas natürlich helfen, seine Mutter wiederzufinden und überhaupt herausbekommen, was passiert ist. Doch dann verschwindet der Junge und macht sich selbst wieder auf die Suche. Dabei helfen ihm Jasmin, ein Mädchen, das er zufällig kennengelernt hat und, ganz entscheidenend, Rotkehlchen, als das verzauberte Element in der Geschichte. Und auch die beiden Männer, Dr. Wilkinson und Tobias, machen sich natürlich Sorgen und ermitteln selbst
Das ist ein sehr schöner Weihnachtskrimi, natürlich mit den Guten, wir kennen sie ja bereits und dann auch den Bösen, mit zauberhaften Vogelwesen und noch mit jeder Menge anderer Menschen und Geschehnissen drumherum. Manchmal ist das bzgl. des 'wer ist wer' schon ein bisschen viel, aber andererseits ist so auch richtig etwas los. Und irgendwie kommt man doch, gut unterhalten, am Ende an und dann passt wieder alles zusammen.

Eine schöne Geschichte mit einer besonderen Note und Wohlfühleffekt dazu.