Einfach nur toll
Dieses Buch habe ich in einem Rutsch durchgelesen, weil es mich so gefesselt und berührt hat. Das geht bei einem Jugendbuch mit 232 Seiten und relativ großer Schrift dann auch problemlos, zugegeben.
Die ...
Dieses Buch habe ich in einem Rutsch durchgelesen, weil es mich so gefesselt und berührt hat. Das geht bei einem Jugendbuch mit 232 Seiten und relativ großer Schrift dann auch problemlos, zugegeben.
Die Nominierung für den deutschen Jugendbuchpreis 2023 finde ich absolut gerechtfertigt. Ich bin total begeistert und habe vom Lesen noch ein paar Tränchen in den Augenwinkeln.
Worum geht es ?
Um es auf den Punkt zu bringen, es geht um Kinderarmut in diesem Buch.
Und dieses Thema wird von der Autorin sehr einfühlsam umgesetzt.
Die Geschichte wird aus Sicht von Nits ( Spitzname, da Nityananda im Alltag zu kompliziert ist) erzählt. Dieser eher ungewöhnliche Name rührt daher, dass sein Vater eine Indienreise so irrsinnig inspirierend und faszinierend fand, dass er seinen Sohn nach einem Guru benennen wollte. Seine deutsche Mutter mit indischen Wurzeln hatte nichts dagegen.
Seit Grundschultagen ist Nits eng mit Mischa befreundet. Die zwei Jungs ergänzen sich perfekt. Der hibbelige Nits, der für jeden Spaß zu haben ist und der sich gerne Sprüche in Reimform ausdenkt und der schlaue, ehrliche Mischa mit den gebügelten weißen Hemden und der geschwungenen Stirnwelle halten zusammen wie Pech und Schwefel.
Stefanie Höfler hat für ihre Geschichte sehr besondere Figuren erschaffen: Typen , Unikate, die man einfach gern haben muss.
Die Elternhäuser der Freunde sind grundverschieden. Das ahnte Nits schon immer, aber irgendwie hat er sich keine Gedanken darüber gemacht, warum er noch nie bei Mischa, seiner kleinen Schwester Amy und dessen alleinerziehenden Vater zu Hause war. Dass Mischa‘s Schulrucksack bald auseinanderfällt , fand er immer nur lässig.
Aber als er Mischa beim Lügen ertappt, ist Nits echt geschockt. Denn er hat seinen Freund immer für den ehrlichsten Menschen überhaupt gehalten.
„ Lügen ist einfach nur träumen, wie es auch gewesen sein könnte“, ist nämlich eigentlich ein Spruch von Mischa‘s etwas verrücktem Vater. Für Mischa selbst kam höchstens mal eine Notlüge in Frage. Wie geht man damit um, wenn man plötzlich entdeckt, dass die Familie des besten Freundes kaum das Nötigste zum Leben hat?
Nits möchte Mischa natürlich helfen, aber wie macht er das, ohne ihn zu beschämen?
Neben den originellen Charakteren hat mir besonders gut gefallen hat, dass die Autorin die unterschiedlichen Lebensmodelle nicht wertet.
Sie erzählt witzig und es wird auch mal spannend, weil Mischa‘s Papa auf kriminelle Abwege gerät, bedingt durch die ständige Leere im Portemonnaie und dem Wunsch seinen Kindern wenigstens einmal das Nötigste zu gönnen. Um ihn aus dieser Klemme wieder herauszuholen, werden auch Erwachsene mit ins Boot geholt. Auch das fand ich sehr gut und wichtig.
Für mich war dieses Jugendbuch wirklich rundum gelungen. Das Happy End tat der Seele gut und war ein angemessener Schluss für die empfohlene Zielgruppe von jungen Leser*innen im Alter von 11 Jahren.
Das Ziel junge Menschen für Kinderarmut zu sensibilisieren, kann mit diesem Buch auf jeden Fall gelingen. Deshalb wird es auch schon gerne in den Schulen eingesetzt.
Und weil es so nett ist, hier noch ein Beispiel von Nit‘s kleinen Reimen, die jedem Kapitel vorangestellt sind:
„ Wenn ein Mensch den anderen anlügt,
findet man das irritierend,
doch wenn Paviane lügen,
finden‘s alle faszinierend.“