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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.03.2023

Gute Geschichte - schlecht umgesetzt

Schloss aus Glas
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"Und wenn Dad uns nicht von den unglaublichen Sachen erzählte, die er schon vollbracht hatte, dann erzählte er was von den Sachen, die er noch vorhatte. Wie zum Beispiel das Glasschloss bauen. Sein ganzes ...

"Und wenn Dad uns nicht von den unglaublichen Sachen erzählte, die er schon vollbracht hatte, dann erzählte er was von den Sachen, die er noch vorhatte. Wie zum Beispiel das Glasschloss bauen. Sein ganzes handwerkliches Geschick und mathematisches Genie vereinigten sich zu einem einzigen besonderen Projekt - einem wunderbaren, großen Haus."

In "Schloss aus Glas" erzählt Jeannette Walls die Geschichte ihrer Kindheit; wie sie bei ihren Eltern zusammen mit ihren drei Geschwistern stets am Existenzminimum gelebt hat, kaum zu Essen hatte, immer von einem Ort zum nächsten gezogen ist. Ihr Vater war alkoholkrank, ihre Mutter eine gescheiterte Künstlerin, beide pflegten einen sehr nachlässigen Erziehungsstil und obwohl sie ihre Kinder geliebt haben, waren sie sich selbst doch wichtiger.
Der Titel bezieht sich auf die leeren Versprechungen, die der Vater seinen Kindern regelmäßig gab, wie zum Beispiel das Schloss aus Glas, das er für seine Familie errichten wollte.

Zuerst einmal ist es eine wirklich schreckliche Vergangenheit. Der Gedanke, dass die Kinder unter solchen Umständen leben mussten, ist sehr bedrückend, gerade wenn man selbst Elternteil ist, macht einen das verantwortungslose Verhalten der beiden Erziehungsberechtigten einfach nur wütend. Außerdem ist es absolut inspirierend zu sehen, wie die vier Kinder immer zusammengehalten und sich aus ihrer Misslage in ein besseres Leben gekämpft haben.

Walls' Geschichte ist also auf jeden Fall eine, die erzählt und gehört werden sollte.
Jedoch fand ich sie schriftstellerisch sehr schwach umgesetzt. Das gesamte Buch ist schlicht eine Aneinanderreihung von Situationen, die Figuren gingen mir überhaupt nicht nahe, es fehlt eine Struktur. Obwohl es überaus dramatische Situationen gab, haben sie mich doch kaltgelassen.
Außerdem hätte ich mir einen reflektierteren Blick auf die Vergangenheit oder zumindest eine Schlussfolgerung aus heutiger Sicht gewünscht.

Somit ist für mich das große Potential, das ihre Lebensgeschichte hat, leider durch einen sehr anspruchslosen Erzählstil verlorengegangen und deshalb gibt's von mir lediglich drei Sterne.

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Veröffentlicht am 09.01.2023

Leider etwas enttäuschend

Frankie
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"Niemand nämlich wusste, warum er tat, was er tat, wahrscheinlich nicht einmal er selbst. Und auch nicht, was er als Nächstes tun würde."

Nach 18 Jahren kommt Franks Großvater aus dem Gefängnis. Was er ...

"Niemand nämlich wusste, warum er tat, was er tat, wahrscheinlich nicht einmal er selbst. Und auch nicht, was er als Nächstes tun würde."

Nach 18 Jahren kommt Franks Großvater aus dem Gefängnis. Was er verbrochen hat, weiß der fast 14-Jährige nicht, ebenso wenig, was sein Opa überhaupt für ein Mensch ist.
Die beiden lernen sich kennen und Frank wird immer tiefer in den Bann des Älteren gezogen. Wird in dieser ambivalenten Beziehung der Hass oder die Zuneigung die Oberhand gewinnen?

Michael Köhlmeiers Schreibstil ist sehr gewöhnungsbedürftig und enthält viele eigenwillige Formulierungen ("etwas in den Google eingeben"), die bei mir persönlich den Lesefluss gestört haben. Ich konnte mit der Erzählweise nicht so wirklich warm werden.
Auch mit den Figuren konnte ich nicht so viel anfangen, trotz des Ich-Erzählers war mir der Protagonist Frank nicht wirklich sympathisch (obwohl seine Eigenschaften geradezu musterschülerhaft beschrieben werden, vielleicht etwas zu viel des Guten?) und seine Handlungen und Gedanken sind nicht nachvollziehbar.

Die Grundidee der Geschichte ist zunächst sehr spannend, leider entlädt sich diese Spannung nach etwa der Hälfte des Buches bei der Raststättenszene und danach wird immer mehr klar, dass viele Fragen nicht mehr beantwortet werden, zudem werden Franks Handlungen immer unverständlicher.
Positiv hervorzuheben ist der Aufbau der Story, berichtet wird in kurzen, fast filmischen Szenen, welche ohne viele Umschweife aneinandergereiht werden, sodass eine gewisse Dynamik entsteht.

Leider ging es mir wie einigen anderen LeserInnen auch: Am Ende des Buches hab ich mich nur gefragt, was jetzt die Aussage sein soll.

Wer den Schreibstil Köhlmeiers mag und wer gerne kurze, szenische Beschreibungen liest, für den ist das Buch auf jeden Fall geeignet - ich persönlich kann ihm leider nicht so viel abgewinnen.

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Veröffentlicht am 23.11.2022

Interessante Idee mit einigen Längen

Die dunklen Sommer
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"Xavier weiß es doch besser. Er weiß, dass er mich in Ruhe zu lassen hat - außer. Außer das Kommende ist schlimmer als das, was ist."

Nach dem Tod ihres Bruders findet die 12-jährige Saskia Zuflucht bei ...

"Xavier weiß es doch besser. Er weiß, dass er mich in Ruhe zu lassen hat - außer. Außer das Kommende ist schlimmer als das, was ist."

Nach dem Tod ihres Bruders findet die 12-jährige Saskia Zuflucht bei einer Sekte namens "Zuhause".
Jahrzehnte später treffen mysteriöse Briefe bei ihr ein, welche sie und ihre Jugendfreunde an eine dunkle Episode erinnern und zurück nach "Zuhause" führen. Wie weit sind sie bereit zu gehen, um ihre Geheimnisse zu bewahren?

Der Anfang der Geschichte ist unheimlich fesselnd und zieht einen direkt in ihren Bann. Man fragt sich sofort, was in jenem Sommer geschehen ist.
Die Kapitel sind abwechselnd in der Gegenwart und der Vergangenheit geschrieben, dabei erklären und bedingen sie sich gegenseitig. Hierdurch schafft die Autorin ein enormes Tempo und schnell kommt Spannung auf.
Leider übertreibt sie dabei irgendwann ziemlich, nach einigen kurzen Kapiteln möchte man auch einfach mal ein bisschen weiterlesen und der ständige Wechsel nervt etwas.

Nach einem aufregenden Start folgen leider einige Längen und die Geschichte plätschert nur so vor sich hin.
Auf den letzten hundert Seiten wird es dann doch wieder interessanter und die Autorin überrascht mit einigen unerwarteten Wendungen.

Insgesamt ist es eine packende Geschichte mit einem guten Plot, nur leider zieht sich der mittlere Teil sehr, daher war es für mich lediglich ein mittelmäßiger Thriller.

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Veröffentlicht am 04.11.2024

Ohne roten Faden

Seinetwegen
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Zora del Buono war selbst noch ein Baby, als ihr Vater starb und hat so keine eigenen Erinnerungen an ihn. Da ihr Leben lang konsequent über ihn geschwiegen wurde, ist es nicht verwunderlich, dass sie ...

Zora del Buono war selbst noch ein Baby, als ihr Vater starb und hat so keine eigenen Erinnerungen an ihn. Da ihr Leben lang konsequent über ihn geschwiegen wurde, ist es nicht verwunderlich, dass sie nun doch mehr über diese Leerstelle erfahren möchte, bevor es zu spät ist - ihre Mutter ist inzwischen an Demenz erkrankt und im Heim und sie findet beim Ausräumen des Hauses endlich Dokumente zum Unfall.
Das größere Interesse gilt allerdings dem Unfallverursacher, “E. T.”, wie er zwecks Personenschutz in Zeitungsartikeln genannt wurde. Und so macht sie sich auf die intensive Suche nach ihm, weiß irgendwann mehr über ihn als über den Vater selbst.
Schön finde ich dabei zu beobachten, wie E. T. in ihrer Wahrnehmung vom Teufel höchstselbst immer weiter vermenschlicht, sie am Ende - trotz seiner Tat - sogar so etwas wie Mitgefühl für ihn empfinden kann.
Das Buch ist kein klassischer Roman, sondern eher ein Notizbuch ihrer Recherche, welches aus fragmentartigen Textabschnitten besteht, teils sehr zusammenhanglos, teils auch nur spekulativ. Dadurch geht der rote Faden etwas verloren, ein Lesefluss entsteht auch nicht wirklich. Sehr gelungen fand ich jedoch die kurzen “Kaffeehaus”-Szenen, niedergeschriebene Gespräche mit zwei, bzw. später drei, älteren Bekannten zu verschiedenen Themen. Auch die Statistiken zu Verkehrsunfällen fand ich interessant - und sehr erschreckend.
Insgesamt konnte mich “Seinetwegen” leider trotz der spannenden Thematik nicht wirklich abholen und ich musste mich durch die 200 Seiten regelrecht durchkämpfen. ⭐️2,5/5⭐️

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Veröffentlicht am 24.05.2024

Zu simpel

Das Licht in den Birken
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Nach über zwanzig Jahren kehrt Thea aus Portugal zurück in ihre Heimat in Norddeutschland, um mit der Vergangenheit abzuschließen.
Sie zieht auf Bennos Lebenshof für Tiere - und damit zu einem eigenbrötlerischen ...

Nach über zwanzig Jahren kehrt Thea aus Portugal zurück in ihre Heimat in Norddeutschland, um mit der Vergangenheit abzuschließen.
Sie zieht auf Bennos Lebenshof für Tiere - und damit zu einem eigenbrötlerischen Mittfünfziger, der eigentlich keine Menschen mag.
Als dann noch die junge Wanderin Juli dazustößt, entwickelt sich nicht nur eine zarte Freundschaft zwischen den dreien, sondern auch ein Zukunftsplan für den verschuldeten Hof.

Zunächst einmal liebe ich Geschichten, die aus verschiedenen Perspektiven die Lebensgeheimnisse der jeweiligen Personen erzählen. Wenn sie dann noch auf dem Land spielen, bin ich normalerweise restlos begeistert.
Trotzdem konnte mich “Das Licht in den Birken" so gar nicht überzeugen.
Fangen wir mit den Perspektiven an: Thea und Juli sind zwar sehr oberflächliche Charaktere, aber man nimmt sie der Autorin an. Die Figur Benno hingegen ist so gar nicht rund, seine Gedanken und Handlungen waren für mich nicht einfach nur unbegreiflich, sondern wirkten aufgesetzt und unnatürlich.
Die “Geheimnisse” sind allesamt sehr absehbar und bieten somit wenig Potential für Spannung. Genauso wie die komplette Handlung: taucht ein Problem auf, ist es auch schon wieder gelöst, wird sich gestritten, folgt direkt die Versöhnung. Zum Schluss ist alles rosarot und toll.
Aufbau und Komplexität der ganzen Story erinnern eher an eine “Bibi und Tina"-Geschichte, als an den Roman einer Spiegel-Bestseller-Autorin.
Unangenehm aufgestoßen sind mir außerdem die Klischeehaftigkeit sämtlicher Figuren, sowie spirituelle Gedanken und Handlungen, mit denen ich nichts anfangen konnte. Zu guter Letzt hat mich die ständige Erwähnung von pastéis de nata wahnsinnig gemacht. Nur weil jemand in Portugal gelebt hat, muss er diese doch nicht dreimal am Tag backen und verzehren (und falls doch, muss das nicht ständig erwähnt werden).

Insgesamt kann ich den Roman also nicht empfehlen. Für einige mag es eine “Wohlfühlgeschichte” sein, für mich war es selbst als Sommerlektüre viel zu flach. ⭐️2,5/5⭐️

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