Gute Geschichte - schlecht umgesetzt
Schloss aus Glas"Und wenn Dad uns nicht von den unglaublichen Sachen erzählte, die er schon vollbracht hatte, dann erzählte er was von den Sachen, die er noch vorhatte. Wie zum Beispiel das Glasschloss bauen. Sein ganzes ...
"Und wenn Dad uns nicht von den unglaublichen Sachen erzählte, die er schon vollbracht hatte, dann erzählte er was von den Sachen, die er noch vorhatte. Wie zum Beispiel das Glasschloss bauen. Sein ganzes handwerkliches Geschick und mathematisches Genie vereinigten sich zu einem einzigen besonderen Projekt - einem wunderbaren, großen Haus."
In "Schloss aus Glas" erzählt Jeannette Walls die Geschichte ihrer Kindheit; wie sie bei ihren Eltern zusammen mit ihren drei Geschwistern stets am Existenzminimum gelebt hat, kaum zu Essen hatte, immer von einem Ort zum nächsten gezogen ist. Ihr Vater war alkoholkrank, ihre Mutter eine gescheiterte Künstlerin, beide pflegten einen sehr nachlässigen Erziehungsstil und obwohl sie ihre Kinder geliebt haben, waren sie sich selbst doch wichtiger.
Der Titel bezieht sich auf die leeren Versprechungen, die der Vater seinen Kindern regelmäßig gab, wie zum Beispiel das Schloss aus Glas, das er für seine Familie errichten wollte.
Zuerst einmal ist es eine wirklich schreckliche Vergangenheit. Der Gedanke, dass die Kinder unter solchen Umständen leben mussten, ist sehr bedrückend, gerade wenn man selbst Elternteil ist, macht einen das verantwortungslose Verhalten der beiden Erziehungsberechtigten einfach nur wütend. Außerdem ist es absolut inspirierend zu sehen, wie die vier Kinder immer zusammengehalten und sich aus ihrer Misslage in ein besseres Leben gekämpft haben.
Walls' Geschichte ist also auf jeden Fall eine, die erzählt und gehört werden sollte.
Jedoch fand ich sie schriftstellerisch sehr schwach umgesetzt. Das gesamte Buch ist schlicht eine Aneinanderreihung von Situationen, die Figuren gingen mir überhaupt nicht nahe, es fehlt eine Struktur. Obwohl es überaus dramatische Situationen gab, haben sie mich doch kaltgelassen.
Außerdem hätte ich mir einen reflektierteren Blick auf die Vergangenheit oder zumindest eine Schlussfolgerung aus heutiger Sicht gewünscht.
Somit ist für mich das große Potential, das ihre Lebensgeschichte hat, leider durch einen sehr anspruchslosen Erzählstil verlorengegangen und deshalb gibt's von mir lediglich drei Sterne.