»Effingers« ist ein Familienroman – eine Chronik der Familie Effinger über vier Generationen hinweg. Außer dass sie Juden sind, unterscheidet sich ihr Schicksal in nichts von dem anderer gutsituierter gebildeter Bürger im Berlin der Jahrhundertwende. Alle fahren sie im sich immer wiederholenden Lebenskarussell, das sich durch Glück, Schmerz, Leichtsinn, Erfolg und Scheitern dreht. Erst als der Nationalsozialismus sich breitmacht, wird aus dem deutschen Schicksal der Effingers ein jüdisches.
Ausstattung: Pepper: SPIEGEL-Bestseller
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Ich kann bei diesem Buch keine angemessene Rezension abliefern, lediglich eine dringende Leseempfehlung. Nicht nur, dass es sich hierbei um ein Werk handelt, dass sich mit jedem Buch von Thomas Mann messen ...
Ich kann bei diesem Buch keine angemessene Rezension abliefern, lediglich eine dringende Leseempfehlung. Nicht nur, dass es sich hierbei um ein Werk handelt, dass sich mit jedem Buch von Thomas Mann messen kann, ich fände es wichtig, es zur Schullektüre zu erheben.
Auf knapp 900 Seiten präsentiert sich hier eine Schatztruhe voller Zeitgeist, politischem Wissen, historisch exakter Fakten und Porträts, wie sie authentischer nicht sein könnten.
Die Geschichte einer jüdisch-deutschen Familie beginnend mit den 1870ern bis zu den dunkelsten Tagen der Deutschen Geschichte in den 1940ern. Angelehnt an die Familiengeschichte der großartigen Autorin.
Dieses Buch ist eine Bereicherung auf allen Ebenen!
REZENSION – Weit mehr als nur eine Geschichte über Aufstieg und Fall einer großbürgerlich-deutschen Familie ist der 1951 erstmals veröffentlichte und jetzt als Taschenbuch im btb-Verlag erschienene Roman ...
REZENSION – Weit mehr als nur eine Geschichte über Aufstieg und Fall einer großbürgerlich-deutschen Familie ist der 1951 erstmals veröffentlichte und jetzt als Taschenbuch im btb-Verlag erschienene Roman „Effingers“ von Gabriele Tergit (1894-1982). Deshalb wird ihm der gelegentliche Vergleich mit den „Buddenbrooks“ von Thomas Mann nur im Ansatz gerecht. Denn im Grunde ist „Effingers“ eine detaillierte Gesellschaftsstudie jüdischen Lebens in Deutschland in seinen so verschiedenen Facetten und Strömungen von der deutschen Revolution 1848 über das Kaiserreich, zwei Weltkriege und den Holocaust bis zum Neubeginn im Jahr 1948.
Aufklärung und Revolution hatten den Juden in Deutschland neue Freiheiten und Aufstiegsmöglichkeiten verschafft. Dennoch blieb die erhoffte Gleichstellung mit den christlichen Mitbürgern aus. Antisemitismus wurde als gegeben hingenommen, die Juden blieben weiterhin unter sich und verheirateten sich untereinander. So ehelichte der Uhrmachersohn Paul Effinger aus dem fränkischen Städtchen Kragsheim, in den 1880er Jahren in Berlin zum Fabrikanten geworden, die Bankierstochter Klärchen Oppner, deren Vater Emmanuel Oppner einst in das Privatbankhaus Goldschmidt eingeheiratet hatte, das seitdem als Oppner & Goldschmidt firmierte. Die Berliner Privatbank war von Markus Goldschmidt gegründet worden, der 1848 als junger Mann auf den Barrikaden für Freiheit und Gleichheit gekämpft hatte und im Pariser Exil ins Bankgeschäft eingestiegen war.
Zunächst lernen wir die gesellschaftlichen Unterschiede innerhalb des deutschen Judentums in den letzten zwei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts kennen: Da leben die wohlhabenden Berliner Bankiersfamilien Oppner und Goldschmidt in riesigen Villen, feiern Maskenbälle und gründen Wohltätigkeitsvereine. Sie gehören der weltlich-humanistisch gebildeten Oberschicht an, deren Judentum nur noch Tradition, aber kein Glaubensbekenntnis ist. Klärchens Ehe mit Fabrikant Effinger kommt einem gesellschaftlichen Abstieg gleich, ist doch Paul nicht „nur“ ein Kaufmann, sondern Sohn eines einfachen Handwerkers. Uhrmacher Matthias Effinger, steht im Roman für den gläubigen, einfachen Juden, der noch allmorgendlich zum Gebet in die Synagoge geht und nach jüdischem Ritus lebt. Doch selbst ihn stören die aus Osteuropa eingewanderten orthodoxen Juden.
Der Zusammenbruch der gesellschaftlichen Ordnung nach dem 1. Weltkrieg ermöglicht einerseits den jungen Frauen der Familien eine gewisse Selbstbestimmung, sie werden berufstätig wie die Schauspielerin Sofie Goldschmidt und die Frauenrechtlerin Marianne Effinger oder studieren wie Cousine Lotte. Doch andererseits beginnt der soziale Fall der Familien mit dem baldigen Verlust des Vermögens durch die Inflation und endet in völliger Enteignung und Vernichtung durch die Nazis. Marianne und Lotte, in deren Figur man die Autorin Gabriele Tergit erkennen kann, worauf Herausgeberin Nicole Henneberg in ihrem 13-seitigen Nachwort neben weiteren biografischen Parallelen zu Tergits Ahnenfamilien hinweist, beginnen in Palästina ein neues, völlig anderes Leben.
Stilistisch spürt man die journalistische Prägung der Autorin, die in der Weimarer Republik eine bekannte Gerichtsreporterin war: Kurze Kapitel und nicht allzu lange Sätze sorgen trotz der 900 Seiten für leichte Lesbarkeit, die angehängte Stammtafel ermöglicht Übersicht und Zuordnung der vielen Personen aus vier Generationen. Der historische Wandel eines ganzen Jahrhunderts mit markanten Daten und Fakten, der Beschreibung jüdischer Tradition und Riten und Schilderung von Aufstieg und Fall der Effingers, Oppners und Goldschmidts wird in kurzen Szenen, in Dialogen und Gesprächen im Familienkreis lebendig wiedergegeben. So wirkt „Effingers“ auch 70 Jahre nach der Erstveröffentlichung noch immer als moderner Roman, der in heutiger Zeit eines wieder erstarkenden Antisemitismus nichts an Aktualität verloren hat und deshalb auch für jüngere Leser als Lektüre zu empfehlen ist.
Es ist eine Familiensaga über eine jüdische Familie von 1878 bis 1948. Es ist eine Geschichte aus verschiedenen Epochen, der Roman über den Generationskonflikt. Für die Autorin ist es ein persönlicher ...
Es ist eine Familiensaga über eine jüdische Familie von 1878 bis 1948. Es ist eine Geschichte aus verschiedenen Epochen, der Roman über den Generationskonflikt. Für die Autorin ist es ein persönlicher Roman, weil sie einige Ereignisse aus ihrem Leben beschreibt. Außerdem gilt „Buddenbrooks“ als ein Vorbild für ihr literarisches Werk. Gabriele Tergit hat ein paar ähnlicher Charaktere mit ähnlichem Schicksal aus „Buddenbrooks“ ausgedacht.
Auf den 900 Seiten erzählte Geschichte zeigt uns das Leben in den verschiedenen Zeiten Deutschlands. Es geht hier um Erfolg des Familienunternehmens, dessen Entwicklung, dessen Höhe und Tiefe. Viele Kapitel... Viele Charaktere, die ganz unterschiedlich sind. Deren Stellungnahmen werden im Roman gut gezeigt. Man merkt, dass jede Generation ihre geprägten Meinungen hat. Hier gibt es der Konflikt von der jüngeren und älteren Generationen, von Kindern und Eltern, von Gewohnheit und dem Streben nach Neuem. Wir beobachten das Leben der Familienmitglieder in Berlin ab Ende des XIX Jahrhunderts, Anfang der Industrialisierung. Wir erleben die Angst vor dem ersten Weltkrieg und wie der Krieg die Menschen verändert hat. Der Kampf für die Frauenrechte und das soziale Engagement nach dem ersten Weltkrieg werden gut dargestellt. Und dann verbreitet sich der Nationalsozialismus... Er bedeutet für diese Familie ein Verfall. So viele Charaktere mit ihren eigenen Lebenswegen sind doch am Ende ähnlich. Alle stehen vor dem Absturz. Das ist das Ende des Unternehmens, das Ende des Lebens in Berlin, generell das Ende des Lebens für manche Figuren. Der Roman hat mich sehr mitgenommen. So viele wichtigen Themen und so viele wahre Ereignisse werden erläutert!
„Die Effingers“ lassen mich zwiegespalten zurück. Es ist eine grandiose Idee, die Geschichte von vier Generationen aus zwei Familien zu erzählen und diese so dicht mit der deutschen Geschichte zu verweben. ...
„Die Effingers“ lassen mich zwiegespalten zurück. Es ist eine grandiose Idee, die Geschichte von vier Generationen aus zwei Familien zu erzählen und diese so dicht mit der deutschen Geschichte zu verweben. Von 1878 bis 1948 begleiten wir die Effingers und Oppners und damit durch die wohl lebhaftesten Jahrzehnte der deutschen Neuzeit. Von 1933 bis 1950 schrieb Tergit an dem Buch und das erklärt vielleicht, warum die Nazizeit, die diesen beiden jüdischen Familien alles, auch das Leben, nahm, etwas knapp und manchmal hastig erzählt wird. Als die Autorin 1933 zu schreiben begann, warf das schreckliche Schicksal, das ihre Charaktere erwarten würde, zwar schon erste dunkle Schatten, war aber in seinem ganzen grauenvollen Ausmaß noch nicht absehbar. Das Ende hat mich in seiner lakonischen und doch eindringlichen Knappheit und dem Bogen, den es zum Beginn der Geschichte schlug, berührt und ergriffen.
Leider trifft das auf den Großteil des restlichen Buches nicht zu. Die Charaktere erreichten mich nur selten und viele Passagen zeichnen sich vor allem durch durch langatmige Nichthandlung aus. Während zu Beginn die beschauliche Welt der Effingers liebevoll und in herrlich bildhaftem Schreibstil beschrieben wird, ändert sich das schon sehr bald. Immer neue Charaktere bevölkern die Szenerie - Familie, Dienstboten, Angestellte, Kollegen, Bekannte … es wird ziemlich voll auf den Buchseiten und so bleiben viele Charaktere recht blass. Hinzu kommt die seltsam distanzierte Erzählweise. Fast 300 Seiten lang plätschert die Geschichte vor sich hin. Seitenlange Beschreibungen von Menüs, Kleidung und Einrichtung, aber kaum Leben. Paare begegnen sich bei einer Abendgesellschaft, erklären sich am folgenden Tag emotionslos ihre Liebe und heiraten. Manch eine Beziehung birgt erzählerisches Potential, das so gut wie nie ausgeschöpft wird. Wir erfahren kaum je, wie sich diese Beziehungen entwickeln, alles verläuft im immer selben Kreislauf: Kennenlernen, heiraten, Haus einrichten. Die Wohnzimmereinrichtung erfährt mehr Beachtung als die Verhältnisse zwischen den Eheleuten. War es zu Beginn noch unterhaltsam, die authentisch und informiert geschilderten Lebenswelten des Großbürgertums kennenzulernen, erschöpfte sich der Neuigkeitswert mit jeder Wiederholung. An wichtigen Themen wurde zudem zielsicher vorbeigeschrieben. So wird zweimal in einem Nebensatz erwähnt, daß ein Familienmitglied ein Kind hat, das wohl entwicklungsverzögert und in einer „Anstalt“ ist. Mehr erfahren wir aber nicht und plötzlich ist da einem sechzehnjährigen, munterer Sohn, der plötzlich Teil der Geschichte ist. Ist das das zuvor erwähnte Kind? Wir erfahren es nicht. Welchen Sinn hatten die Bemerkungen über das Kind? Wir erfahren es nicht. Auch sonst tauchen Kinder wie aus dem Nichts auf; gerade wird sich zur Heirat entschlossen, plötzlich ist es fünf Jahre später und wir begegnen ohne Einführung neuen Namen und fragen uns: „Wer ist das?“. Ich hatte oft den Eindruck, daß erhebliche Passagen gekürzt wurden (der Roman wurde in früheren Ausgaben tatsächlich gekürzt - ob das hier auch der Fall ist, ist nirgendwo vermerkt), denn es ist ein Wirrwarr aus plötzlich auftauchenden und verschwindenden Charakteren. Andere Charaktere begleiten uns über Jahrzehnte, dann wird ihr Tod irgendwann in einer flüchtigen Nebenbemerkung erwähnt. Eine Ehefrau verläßt ihren Mann, in der nächsten Szene wohnen beide wieder zusammen. Immer sind es solche Momentaufnahmen, die recht ungeordnet zusammengeworfen werden, zu selten erfahren wir Zusammenhänge und Emotionen und so bleiben einem die Familienmitglieder oft fremd.
Ab etwa der Mitte, mit Beginn des Ersten Weltkriegs, nimmt das Buch abrupt Abschied von der Gemächlichkeit des Familienlebens und stürzt sich in eine stakkatohafte Erzählweise, die uns mit Charakteren und Nebencharakteren überschüttet, und zu viel nebensächlich behandelt. Die zuvor ausschweifenden Menü-, Kleider- und Möbelbeschreibungen werden größtenteils von ebenfalls viel zu ausschweifenden politischen Diskursen ersetzt. Seitenlange politische Abhandlungen finden sich hier, und erneut treten die Charaktere zurück. Das ist insbesondere deshalb bedauerlich, als zwischendurch herrlich geschilderte historische Begebenheiten zeigen, was für ein grandioses Buch dies hätte werden können, wenn die Fokussierung besser gewesen wäre. Auch beim Schreibstil schwankte ich - es gab Passagen von berührender Eindringlichkeit, von sprachlicher Eleganz neben anderen Passagen, die stilistisch richtig schlecht waren. Manchmal hatte ich das Gefühl, zwei Leute hätten dieses Buch geschrieben, so sehr war ich beim Lesen ständig hin- und hergerissen.
Und so weiß ich nicht, was ich von dieser Lektüre halten soll. Ich hätte gerne mehr Zugang zu den Charakteren bekommen, und m.E. hätte es der Geschichte gutgetan, sie nicht so sehr zu überfrachten und ausschweifend wiederholende Passagen durch eine sorgfältigere Behandlung der Charaktere und ihrer Geschichten zu ersetzen. So bleibt das Gefühl des verschenkten Potentials.
Die "Effingers" ist ein sehr opulente Geschichte mit vielen Charakteren und Details, die sich über Jahrzehnte entwickeln dürfen. Die Geschichte hat mich sehr an die "Buddenbrooks" von Thomas Mann erinnert. ...
Die "Effingers" ist ein sehr opulente Geschichte mit vielen Charakteren und Details, die sich über Jahrzehnte entwickeln dürfen. Die Geschichte hat mich sehr an die "Buddenbrooks" von Thomas Mann erinnert. Mir gefallen die dicken Familiengeschichten, aber damit man bei über 900 Seiten am Ball bleibt, müssen spannende Ereignisse geschehen und die Charaktere müssen den Leser fesseln. Gerade bei den Charakteren hat dies bei mir leider nicht funktioniert. Ich bin teilweise mit den Frauen in der Geschichte nicht so richtig warm geworden.
Der Schreibstil der Autorin Gabriele Tergit hat mir gut gefallen. Er liest sich leicht und flüssig. Jedoch war das Tempo der Geschichte recht langsam und so kamen immer wieder Phasen der Langatmigkeit auf. Gelegentlich habe ich mir gewünscht, dass sie sich nicht zu sehr in den Details verliert, denn diese bremsten die Geschichte etwas aus.
Wer sich dieser Geschichte annimmt, muss die ganz dicken Schmöker mögen und auch die Langsamkeit der Geschichte zu schätzen wissen. Für mich waren zwar der politische und wirtschaftliche Hintergrund sehr interessant, jedoch konnten mich die Charaktere nur bedingt abholen und mitnehmen, so dass der Lesespaß etwas zurückhaltend war.