Nachdem ich gerade erst den ersten Band der „Chronik der Verbliebenen“ verschlungen hatte und vollends begeistert von der starken weiblichen Protagonistin war, hatte ich daran wirklich einen Narren gefunden. „Stormheart – Die Rebellin“ versprach ja alleine schon vom Titel ebenfalls eine starke Protagonistin. Zudem hat sich Cora Carmack ja auch in Deutschland bereits einen Namen gemacht und das durchaus mit Erfolg. Es sprach also vieles für diesen Trilogie-Auftaktband.
Eine neue Welt, neue Regeln, ein neues Verständnis von Natur. Man kann mich wahrlich nicht als Fantasy-Fan bezeichnen und dennoch tauche ich immer gerne in neue Welten ein. Knackpunkt bei der Sache ist, dass ich als ungeübter Leser dieses Genres immer recht lange brauche, um mich in neue Weltordnungen und –vorstellungen einzudenken. Das ist dann durchaus bitter, dass der erste Band dieser Reihe mir nicht unbedingt hilft. Vom Prinzip her verstehe ich die Idee hinter den Sturmgewalten, aber dennoch bleibt für mich bis zur letzten Seite vieles offen und ungeklärt. An dieser Stelle muss ich einschränken, dass es also entweder ein tatsächlicher Mangel der Autorin ist oder dass es vielleicht einfach an mir selbst liegt. Die Frage kann ich nicht beantworten, dessen muss sich jeder Leser individuell versichern. Dennoch lasse ich es mal als meinen größten Kritikpunkt im Raum stehen, da ich solche Kritik bei andern Fantasy-Welten nicht äußern musste.
Kommen wir zur durch den Titel groß angekündigten Protagonistin: Aurora. Ich nenne sie aber viel lieber Roar, denn genau die Persönlichkeit, die Aurora mit ihrer Flucht aus ihrer Heimatstadt antritt, die ist es, die es problemlos mit Lia aus „Chronik der Verbliebenen“ aufnehmen kann. Schon Aurora, die zu kämpfen und mit dem Messer umzugehen weiß, fasziniert mich, aber der Schritt aus der eigenen Heimat hinaus, sich auf wilde Abenteuer einzulassen und an sich selbst zu wachsen, das überzeugt mich restlos. Neben dieser abenteuerlustigen Seite, überzeugt Roar aber auch mit Empathie und Pflichtgefühl. Ich habe mich von Seite 1 in sie hineinversetzen können, mit ihr mitleiden und –freuen können und ich bin wirklich froh, dass sie durchweg in ihrer Persönlichkeit bleibt und mich dadurch für sie gewinnt.
Aber nicht nur die Protagonistin weiß zu überzeugen, sondern auch die vielen anderen eingeführten Figuren, die jede für sich eine spannende Geschichte zu erzählen haben. Ganz vorneweg natürlich Lock, der im Gegensatz zu meiner anfänglich Vermutung Cassius als eigentlichen Held ablöst. Ein mutiger Kämpfer mit einer traurigen Vergangenheit, der Roar als verängstigtes Mädchen aufnimmt und sie dabei begleitet, wie sie langsam zur Frau wird. Aber auch an ihm selbst gibt es noch unheimlich viel zu entdecken und daher freue ich mich bereits jetzt auf ein Wiedersehen mit den beiden.
Zurück zu den anderen Figuren, vor allem den Sturmkämpfern rund um Lock, Nova, die anscheinend eine lange verborgene Fähigkeit besitzt, deren Ausbruch ich gerne beiwohnen werde und natürlich Cassius. Cassius ist nicht leicht zu greifen: ist er Antagonist oder doch ein potenzieller Protagonist für die restlichen Bände? Viele Fragen, auch rund um den Sturmlord, der ebenfalls eine faszinierende Persönlichkeit zu sein scheint. Ich habe es wirklich selten, dass ich viel lieber wegen der Figuren weiterlesen möchte, als der Auflösung all der offenen Fragen entgegenzustreben.
Davon abgeleitet will ich natürlich noch etwas zur Handlung sagen. Diese leidet wie gesagt etwas unter der unverständlichen Welt für mich. Dennoch überzeugt mich der klug gewählte Erzählrhythmus. Es gibt viele ruhige Momente, in denen die Figuren brillieren können und es gibt viele spannungsgeladene Momente, die das Lesetempo anheizen und die Fähigkeiten der Helden erproben lassen. Ebenfalls positiv fällt mir der Perspektivenwechsel auf. Auf der einen Seite der Wechsel zwischen Lock und Roar und auf der anderen Seite immer wieder hin zu Nova und Cassius, so dass ein größeres Gesamtbild stehen bleibt.
Fazit: „Stormheart – Die Rebellin“ muss sich wirklich nicht hinter der „Chronik der Verbliebenen“ verstecken. Die Idee hinter der Fantasy-Welt ist ähnlich undurchsichtig, vielleicht sogar einen Ticken schwächer, aber dafür wird eine ebenso starke Protagonistin geboten und dazu eine wirklich großen Haufen an tollen Nebenfiguren, die ich bereits alle liebgewonnen habe. Die Reihe bietet noch so viel Potenzial, von dem ich hoffe, dass es in den Folgebänden genutzt wird, denn dann haben wir eine wieder eine wahre Hitreihe auf dem Buchmarkt.