gefühlvoll, schmerzhaft und voller Hoffnung
„Es sollte mehr als nur da sein. Dein Herz sollte schlagen und lebendig sein, erfüllt von Dingen, die dich glücklich machen.“
(Rivers Mutter zu River in When you come back to me)
Worum geht’s?
Holden ...
„Es sollte mehr als nur da sein. Dein Herz sollte schlagen und lebendig sein, erfüllt von Dingen, die dich glücklich machen.“
(Rivers Mutter zu River in When you come back to me)
Worum geht’s?
Holden Parrish ist ein brillanter Geist - und bis ins tiefste Innere zerbrochen. Er hat sich geschworen, niemals wieder anderen Macht über sich zu geben, und flüchtet mit Zynismus, Alkohol und bedeutungslosen One-Night-Stands vor jeglicher Nähe. Nur noch ein Jahr Highschool, bevor er endlich sein Milliardenvermögen erbt und sich aus dem Staub machen kann. Was er am wenigsten erwartet hat, ist, sich zu verlieben. Ausgerechnet in River Whitmore, den Star-Quarterback der Footballmannschaft! Doch bald erkennt Holden, dass River eine Lüge lebt und die explosiven Gefühle zwischen ihnen nicht nur seine eigene eisern auf-rechterhaltene Fassade zum Einsturz bringen könnten ...
When you come back to me ist Band 2 der Lost Boys-Trilogie. Das Buch ist in sich geschlossen, jedoch spielt es zeitlich zum Teil parallel zu Band 1 und enthält mithin Spoiler.
Schreibstil und inhaltliche Hinweise
Das Buch wird aus Sicht von Holden und River in der Ich-Perspektive erzählt. Das Buch ist in fünf Teile unterteilt, es verläuft aber chronologisch. Der Schreibstil ist ergreifend und gut lesbar. Das Buch beinhaltet erotischen Content. Im Buch sind potenziell triggernde Inhalte enthalten.
Meine Meinung
Bekanntermaßen ist Emma Scott für mich eine absolute Autobuy-Autorin, auch wenn mir nicht jedes ihrer Bücher final dann doch zusagt. Bei When you come back to me stand ich jedoch vor der Herausforderung, ob ich das Buch lesen mag, denn zugegeben: Ich habe bisher noch nie Gay Romance gelesen und war mir unsicher, ob es mir zusagen kann. Am Ende siegte meine Neugier und ich bin einfach unglaublich glücklich darüber, dass ich es gewagt habe. Denn dieses Buch ist unglaublich zerstörerisch und gleichzeitig wunderschön hoffnungsvoll.
Die Geschichte um Holden und River ist etwas Besonderes. Besonders kompliziert, besonders kaputt, besonders hoffnungsvoll. Holden ist wahrscheinlich einer der komplexesten Charaktere, den ich jemals in einem Buch getroffen habe. Seine Geschichte beginnt lange vor dem Hauptteil des Buches und sie ist schmerzhaft, bedrückend und prägend. Als schwuler Sohn in einer reichen Familie wurde er von seinen Eltern in eine Konversionstherapie gesteckt, die eher einem Foltercamp im tiefsten kalten Alaska gleichkommt. Hier ist eigentlich jegliche Wärme in Holden erloschen und er spürt seitdem die Kälte in jedem Aspekt seines Lebens. Nach einem langen Aufenthalt in einem Sanatorium, aus welchem sich Holden rauserpresst hat, kommt er nach Kalifornien zu seinem Onkel und seiner Tante, die ihn aufnehmen. Er soll die Highschool beenden und wenn er es schafft, kriegt er sein Milliardenerbe. Holden hat nie gelernt, mit Menschen zu leben, Menschen um sich zu haben – Menschen, die sich für ihn interessieren. Er war immer nur das schwarze, sexuell fehlorientierte Schaf der Familie und entsprechend ist er es gewohnt, bissig um sich zu schlagen. Geprägt von PTBS durch seine Erlebnisse, dem Alkohol mehr als nur zugeneigt und tief drin verzweifelt auf der Suche nach Wärme in seinem kalten Herzen, fegt er wie ein Tornado durch die Geschichte. Holden ist zerstörerisch, vor allem zu sich selbst. Anders als bei Girl in the love song spielt das Buch, was zum Großteil parallel zu Band 1 verläuft, mehr außerhalb der Highschool. Die Geschichte ist viel komplexer, schwerer, erdrückender. Jede Zeile von Holdens Gedanken tun weh, bedrücken einen, Die Dunkelheit, die Kälte, die Verzweiflung – die Autorin hat diese Aspekte unglaublich gut rübergebracht und mal wieder gezeigt, wieso sie als eine Queen der Emotionen gilt.
Auf der anderen Seite der Geschichte steht River, der Star-Quarterback, dem sämtliche Mädchen hinterherlaufen. Doch River fühlt sich vom weiblichen Geschlecht nicht angezogen, auch wenn er sich lange dagegen weigert. Emma Scott hat River viele Seiten, viele Momente Zeit gegeben, sich mit den Gedanken auseinanderzusetzen, aber auch, sie zu verdrängen. Die innere Zerrissenheit, ein gewisser Grad an Verzweiflung, die Angst vor der Reaktion seiner Umgebung. Rivers Entwicklung, bis er seine Orientierung akzeptiert und auch öffentlich macht, ist sehr eindrucksvoll und behutsam beschrieben. Ich habe mich wirklich zwischen Holden und River verloren, mit ihnen mitgelitten und gezweifelt. Die beiden zusammen haben eine Sogwirkung, die sich wenig beschreiben lässt. Sie sind gegensätzlich, Holden ist pushy, River zurückhaltend, gleichzeitig zeigt River aber bald, dass er der Anker für Holden ist, der zunehmend abrutscht. Denn bedingt durch seine Erlebnisse, durch die Konversionstherapie und auch das Verhalten seiner Eltern stuft Holden sich selbst nicht als liebenswert ein, zwischen Trinken und One-Night-Stands zerfällt er immer mehr. In diesem Buch gibt es so viele unglaublich schmerzhafte Momente, die einem sehr schwer ums Herz werden lassen. Ob man die aufkeimende Beziehung zwischen River und Holden mag, muss jeder Leser für sich selbst entscheiden. Denn ich möchte nicht verschweigen, dass hier sicher auch toxische Elemente und eine gewisse Rücksichtslosigkeit eine Rolle spielen.
Umso stärker ist jedoch die Entwicklung der Charaktere, wo sich die Autorin insbesondere durch Zeitsprünge zu helfen weiß. Das Buch umfasst einen sehr langen Zeitraum, vor allem am Ende springt man mehrfach um Jahre. Hier verliert das Buch für mich leider hin und wieder auch an Tiefe, aber der Weg bis dorthin ist schon wahnsinnig beeindruckend geschrieben, dass es mich nicht so sehr gestört hat, wie ich zunächst dachte. Die ein oder andere kleine Frage bleibt, aber die Entwicklungen und die Herausforderungen sind glaubhaft und greifbar geschrieben. Und das empfinde ich bei einer derart schwere, komplizierten und emotional tief bedrückenden Geschichte als wahres Wunderwerk. Emma Scott hat sich nicht für den „auf einmal ist alles gut“-Weg entschieden, sondern viele Stolpersteine mitgenommen. Sie hat Holden und River mehr als einmal gebrochen, aber gezeigt, wie viel Liebe am Ende doch heilen kann. Ich muss wahrscheinlich sogar gestehen, dass When you come back to me eines meiner Lieblingsbücher von ihr ist, einfach weil es so schmerzhaft, roh und ehrlich ist. Die Charaktere haben Raum für Fehler, Unsicherheiten, Ängste, sie bewegen sich vor und auch mal ganz weit zurück, manchmal miteinander und manchmal auseinander.
Natürlich möchte ich aber auch das Drumherum nicht außer Acht lassen, was ebenfalls überzeugen kann. Kein Charakter in diesem Buch ist eindimensional, jeder Charakter hat seine Aufgabe. Es gibt Charaktere, die man schlagen möchte (Grüße gehen raus an Rivers Freunde), die man umarmen mag (hier möchte ich gern die Haushälterin Beatriz und Rivers Mutter erwähnen) und für deren Anwesenheit man dankbar ist (die andere Lost Boys). Ja, dieses Buch war einfach nur toll und ich kann es nur wiederholen: Die Lost Boys haben mein Herz gestohlen! Emma Scott hat erneut mit so viel Gefühl mitreißende Charaktere voller Schmerz in einer Geschichte voller Hoffnung und Liebe gezaubert.
Ein paar letzte Woche möchte ich zur Gay Romance Thematik dalassen: Es wird sicher nicht mein letztes Buch sein. Ich hatte Sorge, dass ich die Gedankengänge und möglichen Probleme nicht so nachvollziehen kann, aber Emma Scott hat die so greifbar und liebevoll eingebracht, dass ich wirklich mitgerissen war. Ich denke, man sollte bei Bedenken einfach mal über den Schatten springen und es wagen, dem Buch eine Chance geben. Sicher, die Intimszenen waren nicht so meins, das lag aber ehrlich gesagt einfach an der sehr expliziten und tendenziell eher groben Darstellung ebendieser als am tatsächlichen Inhalt.
Mein Fazit
When you come back to me ist ein sehr berührendes und schmerzhaftes Buch. Emma Scott zaubert erneut mit so viel Hingabe Charaktere mit Ecken und Kanten, voller Tiefe und Schmerz, die sich für verloren halten, es aber so sehr verdienen, geliebt zu werden. Holden und River haben mit ihrer Geschichte für viel Herzschmerz und jede Menge Hoffnung gesorgt und ich kann das Buch nur jedem empfehlen, der sich nicht vor komplizierten Geschichte scheut.
[Diese Rezension basiert auf einem vom Verlag oder vom Autor überlassenen Rezensionsexemplar. Meine Meinung wurde hiervon nicht beeinflusst.]