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Veröffentlicht am 10.02.2023

Eifeldorf Wollseifen

Ginsterhöhe
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Im Jahr 1919 kehrt nach längerem Krankenhausaufenthalt der Bauernsohn Albert Lintermann auf seinen Hof im Eifeldorf Wollseifen zurück. Seine Entstellung, das halbe Gesicht wurde von einer Granate zerstört, ...

Im Jahr 1919 kehrt nach längerem Krankenhausaufenthalt der Bauernsohn Albert Lintermann auf seinen Hof im Eifeldorf Wollseifen zurück. Seine Entstellung, das halbe Gesicht wurde von einer Granate zerstört, schockiert seine Frau Bertha, die sich immer mehr von ihm zurückzieht. Dabei hat er den Krieg überlebt, Leni, die Verlobte seines besten Freundes, muss das Leben mit ihrer kleinen Tochter Hildegard alleine bewältigen. Nach und nach wird das Leben für alle besser, man schafft neue Landwirtschaftsgeräte an, sorgt für eine Strom- und Wasserversorgung und denkt, dass man die Schrecken des Krieges überwunden hat.
Bis das rechte Gedankengut und die Nationalsozialisten auch in ihr Dorf ziehen. Der schlimmste ist Johann Meller, der sich auf dubiosen Wegen ein Landgut erschlichen hat. Um im Dorf das Sagen zu haben benötigt er eine Ehefrau. Die schöne Leni kann doch froh sein, wenn sie jemand trotz des unehelichen Kindes heiratet. Leni ist jetzt zwar materiell versorgt, glücklich wird sie mit ihm nicht.
Der Roman behandelt die Zeit von 1919 bis 1949 in der aus dem verschlafenen Wollseifen in der Nazizeit das Ausbildungszentrum Vogelsang entstand und den Charakter des Dorfes zerstörte. Die fiktiven Personen nehmen uns emotional mit in die reale Geschichte, die als Tagebuch des Dorflehrers Martin Faßbender in Zwischenschüben erzählt wird. Realität und Fiktion werden aufs Beste miteinander verwoben.

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  • Erzählstil
  • Handlung
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Veröffentlicht am 10.02.2023

gab es Hans je?

Der Inselmann
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Warum sich die Eltern von Hans Roleder entschließen, das Leben in der Stadt gegen das auf einer einsamen Insel zu tauschen, erfahren wir nicht. Auch Hans kennt nicht den Grund, doch er freut sich darauf. ...

Warum sich die Eltern von Hans Roleder entschließen, das Leben in der Stadt gegen das auf einer einsamen Insel zu tauschen, erfahren wir nicht. Auch Hans kennt nicht den Grund, doch er freut sich darauf. Endlich wird er nicht mehr von den Nachbarskindern drangsaliert, außer Kalle hatte er keinen Freund. Auf der Insel bewohnt die Familie eine heruntergekommene Hütte, die Schafe im Stall leiden Hunger, der Tod kloppt bei ihnen schon an. Ein verwilderter und abgemagerter Hund wird nun Hans Freund. Gemeinsam durchstreifen sie die Gegend und werden eins mit der Natur. Das Leben dort ist hart, sehr arbeitsam und mit immer der gleichen Graupensuppe am Abend. Doch für Hans ist es das Paradies, er ist hier der König. Bis die Schulbehörde einen Bescheid schickt und er jeden Tag eine Stunde und eine Stunde zurück zur Schule rudert. Dort trifft er wieder auf die Gruppe Jungen, die ihn quälen. Dass er die Schule nicht mehr aufsucht nimmt die Schulbehörde nicht so hin, er wird abgeführt und in eine Besserungsanstalt gesteckt. Statt zu lernen ist es ein Gefängnis, die Jungen werden zu harter Arbeit mit Schläge getrieben. Doch Hans ist stark und der Wunsch, seine Insel, seinen Hund wieder zu sehen, halten ihn am Leben.
Ein Roman über das Anderssein, über Außenseiter und Eigenbrödler, die ein Leben in Einsamkeit dem der Hektik einer Stadt vorziehen. Was diesen Roman so besonders macht ist die lyrische Sprache, mit knappen Worten werden wir in das Leben von Hans hineingezogen, wir leben und leiden mit ihm mit und am Ende stellt sich die Frage, ist die Geschichte traurig? Ist sie schön? Ist sie beides? Gibt es Hans noch? Gab es ihn je?

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Veröffentlicht am 13.01.2023

überraschende Wendungen

Blutmond (Ein Harry-Hole-Krimi 13)
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Nach dem Tod seiner Frau Rakel ist der Osloer Expolizist Harry Hole ganz unten angekommen. In Los Angelos ist er auf dem besten Wege sich zu Tode zu trinken, bis er auf die alternde Schauspielerin Lucille ...

Nach dem Tod seiner Frau Rakel ist der Osloer Expolizist Harry Hole ganz unten angekommen. In Los Angelos ist er auf dem besten Wege sich zu Tode zu trinken, bis er auf die alternde Schauspielerin Lucille trifft, die von Kredithaien verfolgt wird. Gerade zu diesem Zeitpunkt wird Harry von dem reichen Osloer Unternehmer Roed engagiert. Er hatte Kontakte zu zwei jungen Frauen, eine ist verschwunden, die andere wurde ohne Gehirn tot aufgefunden. Der Hauptverdächtige ist Roed und nun soll Harry als ehemals bester Ermittler den wahren Täter finden. Seine bunt zusammen gewürfelte Truppe trifft sich am Krankenbett des totkranken Psychologen Stale Aune, die dem Täter näher auf der Spur ist als die Polizei selbst. Katrine Bratt, Harrys ehemalige Kollegin, sucht den Kontakt mit ihm, einerseits beruflich, andererseits privat. Ihr kleiner Sohn Gert soll seinen Vater kennenlernen.
Sehr vielschichtig, psychologisch hoch interessant mit vielen Wendungen und einem überraschenden Ende extrem spannend geschrieben. Alle Protagonisten sind mit ihren Stärken, besonders jedoch mit ihren Schwächen intensiv beschrieben, viele kannte man bereits aus den vorherigen Bänden und sind einen ans Herz gewachsen.

  • Einzelne Kategorien
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Veröffentlicht am 13.01.2023

Büchersucher

Die Bücher, der Junge und die Nacht
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Der Roman besteht aus drei Zeitebenen. Im Jahr 1933 betreibt Jakob Steinfeld mit dem Russen Grigori eine Buchhandlung mit Abenteuerromanen und bindet alte Bücher sehr hochwertig neu ein. Die politischen ...

Der Roman besteht aus drei Zeitebenen. Im Jahr 1933 betreibt Jakob Steinfeld mit dem Russen Grigori eine Buchhandlung mit Abenteuerromanen und bindet alte Bücher sehr hochwertig neu ein. Die politischen Machtverhältnisse verändern sich gerade und Jakob bekommt Probleme. Mit der Nachbarsfamilie Pallanth ist er verfeindet, bis er auf Juli Pallanth trifft, die ihr heimlich geschriebenes Manuskript, das Alphabet des Schlafes, bei ihm binden lassen möchte. Nach einer kurzes Liebesaffäre ist sie verschwunden.
Im Jahr 1943 brennt es im graphischen Viertel in Leipzig und mit ihm wird die Buchhandlung zerstört, Jakob Steinfeld überlebt nicht. Aus dem Hause Pallanth wird ein 10-jähriger Junge, Roland, von einem Mann gerettet. Roland kannte außer der Bibliothek nichts von der Welt. Er lernte alles aus den Büchern. Er schließt sich Mercurio an und gemeinsam stehlen sie Bücher aus den Häusern und verkaufen sie weiter. Mercurio selbst ist auf der Suche nach einem ganz besonderem Buch.
1971 in München treffen wir auf den erwachsenen Roland, der inzwischen ein anerkannter Buchaufkäufer bei Nachlässen geworden ist. Im Nachlass von Konrad Pallandt befindet sich eine große Anzahl an Steinfeldbänden, allerdings auch hervorragend gebundene Bände nach 1943. Mit Hilfe der Bibliothekarin Marie Ludwig begibt er sich auf Spurensuche nach seiner Herkunft und wirklichen Eltern.
Ganz hervorragend geschrieben. Die Zeiten gehen ineinander über und immer wieder gibt es überraschende Elemente in der Handlung. Wir erleben den Beginn der Nazizeit, wir erleben, wie Hass Brücken abbricht und immer wieder geht es um Bücher, deren Inhalt ebenso wir die Herstellung und Schönheit hochwertige gebundener Werke.

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Veröffentlicht am 02.12.2022

verbotene Liebe

Feldpost
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Während die Anwältin Cara in einem Cafe sitzt kommt eine unbekannte ältere Frau auf sie zu, erzählt, dass sie auf der Suche nach dem Wohnort von Adele Kuhn ist und hinterlässt einen Aktenkoffer. Im Koffer ...

Während die Anwältin Cara in einem Cafe sitzt kommt eine unbekannte ältere Frau auf sie zu, erzählt, dass sie auf der Suche nach dem Wohnort von Adele Kuhn ist und hinterlässt einen Aktenkoffer. Im Koffer sind Feldpostbriefe von Richard Martens an Adele und Unterlagen zu einem Hausverkauf. Cara will mehr darüber wissen, Adele und Richard ausfindig machen.
Parallel zu der Jetztzeit springt die Handlung in die Zeit kurz vor dem zweiten Weltkrieg. Die Familien Kuhn uns Martens sind befreundet, wohlhabend, die Kinder Dietlind und Richard Martens sowie Adele und Albert Kuhn sehen sich viel, bis die ideologische Einstellung zur Naziherrschaft sie entzweit. Nur Richard besucht die Kuhns weiterhin und Adele hofft auf ein Liebesgeständnis - bis sie unvorstellbares entdeckt. Der Vater Gerhard Kuhn wird wegen staatsfeindlichen Äußerungen verhaftet und sein Besitz wird konfisziert.
Sehr geschickt werden die beiden Zeitebenen verwoben und neben den politischen Gegebenheiten werden und die beiden Familien mit ihren unterschiedlichen Ansichten und Lebensgeschichten näher gebracht. Mit wenigen Worten schafft es Mechtild Borrmann, dass man den Menschen nah ist, auch nach der letzten Seite lässt einen das Schicksal der Menschen nicht los. Es ist auch eine Liebesgeschichte, die ohne Kitsch und Gefühlsduseligkeit erzählt wird und dennoch ans Herz geht. Eine anspruchsvolle Geschichte großartig erzählt.

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