Der Inhalt
Gwendy ist ein ganz gewöhnliches zwölfjähriges Mädchen aus Castle Rock. Sie ist etwas pummelig und um den Pfunden an den Kragen zu gehen, erklimmt sie diesen Sommer jeden Tag die sogenannte Selbstmordtreppe hinauf zum Castle View. Ihr Leben ändert sich schlagartig, an dem Tag, als sie oben am Castle View einem mysteriösen, ganz in schwarz gekleideten Fremden begegnet, der erstaunlich gut über Gwendy Bescheid weiß. Er schenkt ihr einen seltsamen Kasten mit Hebeln und Tasten. Bedient sie die Hebel, erhält sie Schokolade und Münzen als Belohnung, doch die Tasten darf sie niemals drücken! Vor allem nicht die Schwarze! So wird sie unfreiwillig zur Hüterin des Wunschkastens und ihr Leben nimmt eine einschneidende Wende.
Meine Meinung
Als ich das Buch vor Wochen zum ersten Mal in der Buchhandlung aus dem Regal zog und die Kurzbeschreibung gelesen hatte, war ich sofort Feuer und Flamme. Ein Blick auf den Preis hat allerdings schnell für Ernüchterung gesorgt. Das Buch ist wunderhübsch aufgemacht mit Schmuckprägung und Hardcovereinband, aber es hat gerade einmal 128 Seiten und ist daher mit 10 € doch recht teuer. Also habe ich es schweren Herzens wieder zurückgestellt und gedanklich auf meine Geburtstagswunschliste gesetzt.
Dort ist es nicht geblieben, denn das Buch ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Als ich das nächste Mal in besagter Buchhandlung war, musste ich es einfach mitnehmen, denn (und Achtung, ab hier geht es mit der Spoilerei los!) ich bin ein großer Fan der Dunklen-Turm Saga von Stephen King und der Teufel hät mich holen sollen, wenn der erwähnte Mann in Schwarz nicht Walter aka Randall Flagg aus der Turm Saga gewesen wäre. Und ich wurde nicht enttäuscht! Das ganze Buch strotzt nur so vor Anspielungen auf den Dunklen Turm und andere bekannte Bücher aus dem King Universum. Beim Lesen ist mein kleines Fan-Girl-Herz vor Freude fast geplatzt.
Hier ein paar Beispiele:
1. Die ersten Schokoladentiere, die Gwendy aus dem Wunschkasten bekommt sind Portalwächter des Dunklen Turms
2. In einer Szene sagt Gwendys Vater zu ihr: „Du wirst immer mein kleines Mädchen sein“ während im Fernsehen ein Lied von Marvin Gaye läuft. Eine Schlüsselszene aus dem Buch „Das Spiel“, allerdings in einem ganz anderen (und weniger gruseligem) Kontext, die mir trotz ihrer harmlosen Art einen Schauer über den Rücken jagt.
3. King Fans wissen, was es mit der Stadt Castle Rock auf sich hat, denn viele seiner Bücher spielen in dieser fiktiven Stadt, wie z.B. „Cujo“ oder „In einer kleinen Stadt“
Auch die Charaktere sind typisch Stephen King. Gwendy zum Beispiel ist die typische weibliche Hauptfigur, die im ersten Moment eher schwach und unscheinbar erscheint, sich im Laufe des Buches jedoch in eine starke, unabhängige Persönlichkeit entwickelt (siehe auch „Sleeping Beauties“, „Das Spiel“ uvm.). Der obligatorische „King-Bully“, der die Hauptperson terrorisiert darf natürlich auch nicht fehlen. Frankie Stone schikaniert Gwendy seit ihrer Teenagerzeit und weist dabei eine krankhafte Obsession auf, die in einer Katastrophe endet. Ein enfant terrible, wie zum Beispiel Norman aus „Das Bild“ oder oder Henry Bowers aus „Es“.
Fazit:
Ich kann zwar nachvollziehen, daß viele Leser monieren, die Story sei zu kurz und hätte länger sein können. Ich empfinde das aber nicht so und bin ganz froh, daß das Buch nicht unnötig aufgeblasen wurde. Dadurch büßt es auf keinen Fall seinen Charme ein und wer behauptet, das Buch wäre eines der schlechteren von King, der liest ihn nicht mit Leidenschaft und dem für dieses doch sehr spezielle Buch nötigen Hintergrundwissen. Ich habe es geliebt und ich empfehle es jedem, der die Turm-Saga mag und sich gerne mit King-Rätseln und Anspielungen auseinander setzt. Für jemanden, der noch nie etwas von Stephen King gelesen hat, könnte das Buch tatsächlich etwas zu flach sein und zu… wie soll ich sagen… zu seltsam daher kommen, da viele Andeutungen im Sande verlaufen würden. Mit anderen Worten: nicht einsteigerfreundlich, aber für Fortgeschrittene ein MUSS!