Spannender Thriller mit unsauberem historischen Bezug
Der Fluch des Fremden17. Jahrhundert. In Furtenblick feiern die Bewohner ihr großes Dorffest, als ein geheimnisvoller Fremder das Podium besteigt, einen schlimmen Fluch ausstößt und neben einem brennenden Kruzifix in die Tiefe ...
17. Jahrhundert. In Furtenblick feiern die Bewohner ihr großes Dorffest, als ein geheimnisvoller Fremder das Podium besteigt, einen schlimmen Fluch ausstößt und neben einem brennenden Kruzifix in die Tiefe springt. Nachdem seine Leiche gefunden wird und die ersten Todesfälle im Dorf zu beklagen sind, glauben die Bewohner, dass sich Gott von ihnen abgewendet hat, und die Angst wird immer mächtiger. Allein die Witwe Katharina mag nicht an das Übernatürliche glauben und beginnt, gemeinsam mit ihrem Freund und Nachbarn Jakob, die Morde als solche zu sehen und zu untersuchen. Und schon bald wird ihr klar, wer hier auf Rache sinnt und warum - und wie ein weiterer Mord verhindert werden kann....
"Der Fluch des Fremden" ist der erste historische Thriller des Krimi-Bestseller-Autors Alexander Hartung, von dem ich bisher einige der in deutschen Großstädten spielenden Krimis gelesen habe. Immer stehen starke, interessante Figuren im Mittelpunkt seiner Geschichten, und so sind es diesmal die kluge Witwe Katharina Volck nebst dem sympathischen Jakob Kohlhepp, die sich beide schnell in mein Herz schlichen.Die weiteren Figuren sind allerdings recht eindimensional beschrieben und ihre Handlungen vorhersehbar: der einfältige, ich-bezogene Bürgermeister, der stets drohende Pfarrer und die abergläubigen Dorfbewohner stehen dem cleveren Paar und ihren Freunden Ida, Albrecht, Volmar und Haug gegenüber.
Wenn sich dem Leser auch schon früh erschließt, wer der geheimnisvolle Fremde und warum er auf Rache aus ist, erschließt, so bleibt die Geschichte doch stets spannend. Schritt für Schritt führen Katharinas Ermittlungen zu einer Lösung, bevor es in einem großen Showdown zur Aufklärung kommt. Der leichte und flüssige Schreibstil machen das Buch zu einem echten Lesevergnügen.
Viele der erzählten Details riefen mir spannende Fakten ins Gedächtnis. So fand ich die frühe Medizin besonders interessant, denn Katharina ist teilweise auch als Heilerin tätig, wenn sie einen Bruch schient oder den Wundbrand behandelt. (Wundinfektionen wurden schon im Mittelalter mit Schimmelpilzen, die auf Schafskot und Honig gezüchtet wurden, erfolgreich behandelt. Die Wirkung beruhte tatsächlich darauf, dass diese Schimmelpilze Penicillin produziert haben.) Auch die Frankfurter Judengasse und die Ablehnung der Juden bereits in früheren Zeiten wurden thematisiert, wovon ich gerne noch mehr gelesen hätte.
Allerdings tat ich mich einigermaßen schwer mit dem geschichtlichen Hintergrund des Buches, der meiner Meinung nach ein wenig unsauber recherciert ist: Eine Witwe wie Katharina, die sich alleine versorgt und Geld hat (woher?), über Heilkünste verfügt und sogar noch mit Juden verkehrt und für die Zeit bizarre Methoden von ihnen übernimmt und darüberhinaus als einzige nicht in die Kirche geht, hätte doch sicher im Zentrum des Aberglaubens und der Ablehnung durch die Kirche und ihre Anhänger gestanden, so dass sich der Hass gegen sie hätte richten müssen. Überhaupt waren ihre Freiheiten schon sehr ungewöhnlich. Insgesamt hätte der starke Aberglaube besser ins Mittelalter als hier in die Zeit der Aufklärung gepasst. Auch die (Tages-)Reisen nach Heidelberg und Frankfurt und wie schnell sie "mal eben" Hilfe bekommen konnte. wollte ich nicht weiter hinterfragen. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass eine Mutter so offen über ein uneheliches Kind zu sprechen wagte....
Alles in allem eine unterhaltsame und spannende Geschichte, an deren Umsetzung noch ein wenig gefeilt werden dürfte.