"La Goulue" - Die Unersättliche
In einem kleinen Dorf nahe Paris lebt Louise Weber in ärmlichen Verhältnissen. In einer Wäscherei arbeitet sie sich die Hände wund und den Rücken krumm. Doch sie träumt von mehr. Sie möchte an dem schillernden ...
In einem kleinen Dorf nahe Paris lebt Louise Weber in ärmlichen Verhältnissen. In einer Wäscherei arbeitet sie sich die Hände wund und den Rücken krumm. Doch sie träumt von mehr. Sie möchte an dem schillernden Leben am Montmartre in Paris teilhaben, berühmt werden und Geld im Überfluss besitzen. Immer wieder schleicht sie sich heimlich weg, übt sich im Tanz und steigt - gefördert von Berühmtheiten wie Auguste Renoir - zur Königin des Moulin Rouge auf. Doch Louise scheint ihr Leben nicht genießen zu können. Getrieben von der Angst, alles zu verlieren, setzt sie ebendies aufs Spiel - und balanciert dabei gefährlich nah am Abgrund.
Autorin Tanja Steinlechner hat sich die historische Figur Louise Weber, alias "La Goulue", geschnappt und ihre Geschichte erzählt. Das Buch beruht also auf einer wahren Begebenheit. Diesen autobiografischen Aspekt fand ich sehr interessant, vor allem da ich vorher überhaupt nichts über Louise Weber wusste.
Im ersten Abschnitt fand ich Louise sehr sympathisch. Sie hatte den verständlichen Wunsch, aus ihrem tristen Alltag auszubrechen. Sie nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand, reißt alle Brücken hinter sich ab und beginnt ein neues Leben. Diese Willensstärke war bemerkenswert und inspirierend.
Allerdings entwickelt Louise sich zu einer unbarmherzigen und egozentrischen Persönlichkeit. Sie geht ihren Weg ohne Rücksicht auf Verluste und reißt dabei jeden mit, der sich ihr in den Weg stellt. Sogar ihre besten Freunde stößt sie von sich, nur um ihren Erfolg zu sichern. Ich mochte Louise' Gedanken nicht, wie sie mit ihren Mitmenschen umgegangen ist und dass sie jedes Mal wieder aus der Reihe tanzen musste.
Nebenfiguren gibt es in diesem Buch zuhauf. Vor allem kommen viele Charaktere vor, die es auch in der Realität wirklich gegeben hat. Das hat mir sehr gut gefallen, besonders da ich ein besseres Gefühl für die damalige Zeit bekommen habe. Wer war wie aktiv, wer hat die Zeit geprägt? Und die Interaktionen mit Louise und diesen Berühmtheiten fand ich auch spannend. Es ist klar, dass bei dieser Vielzahl an Figuren nicht jede bis zum Schluss dabei bleibt. Teilweise hat es mir auch gefallen, wie schnelllebig Louise' Bekanntschaften waren. Trotzdem hat es mich ein bisschen gestört, dass einige Figuren so schnell wieder verschwunden sind. Von der anfänglichen Gruppe, in die Louise hineinrutscht, ist am Ende überhaupt nichts mehr übrig.
Was mir hingegen sehr gut gefallen hat, war die Beschreibung des Montmartre. Die Tänzerinnen, die Akrobaten, die Musik, die Eröffnung des Moulin Rouge. Das ganze schillernde Leben des Vergnügungsviertels von Paris, in dem man jede Nacht ausgegangen ist und etwas Neues erlebt hat, hätte ich gern einmal persönlich erfahren. Diese Passagen, in denen der Montmartre auflebt, waren meine Favoriten.
Ich bin sicher, dass der Aufstieg und Fall von "La Goulue" so stattgefunden hat, wie die Autorin es beschreibt. Aus meiner Sicht ist es aber schwierig, eine Hauptfigur zu haben, die man nicht mögen kann. Dadurch habe ich mich von der kompletten Geschichte distanziert. Außerdem sind mir zu viele Fragen offen geblieben. Es gibt viele Personen, die eine Zeit lang eine Rolle gespielt haben und dann urplötzlich verschwinden. Was passiert beispielsweise mit Valentin, Mimi oder Nicolas? Wo sind Adolphe, Paul und Auguste hin? Am Ende passiert leider alles viel zu schnell und zu unübersichtlich, sodass ich persönlich einfach nur vor den Kopf gestoßen war.
Insgesamt muss ich leider sagen, dass "Die Tänzerin vom Moulin Rouge" keine Geschichte für mich war. Ich habe auf eine inspirierende, spannende und unterhaltsame Erzählung gehofft. Am Anfang war sie das auch, aber mit zunehmender Seitenzahl hat mich das Buch immer weniger gefesselt. Ich konnte mich mit der Hauptfigur nicht identifizieren, und am Ende hat mir zu viel gefehlt. Schade.