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Veröffentlicht am 02.02.2023

Faszinierend und spannend unterwegs in der Geschichte des Graphischen Viertels in Leipzig

Die Bücher, der Junge und die Nacht
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Die Bücher, der Junge und die Nacht erzählt die Geschichte von Robert Steinfeld. Robert lerne ich 1971 kennen, wie er mit Marie Ludwig zart verbandelt ist, nachdem er eine Beziehung mit ihr nicht führen ...

Die Bücher, der Junge und die Nacht erzählt die Geschichte von Robert Steinfeld. Robert lerne ich 1971 kennen, wie er mit Marie Ludwig zart verbandelt ist, nachdem er eine Beziehung mit ihr nicht führen kann. Die Liebe zu den Büchern vereint sie. Sie sind Konkurrenten in ihrer Branche - stets auf der Suche nach dem lohnenden Geschäft um Bücher und die Auflösung einer bedeutenden Privatbibliothek.









Marie Ludwig hat stets ein glückliches Händchen bei der Auftragsgewinnung. Ihr einnehmendes Wesen, ihre Kenntis und ihre schnelle Auffassungsgabe bescheren ihr den einen und anderen ertragreichen Auftrag. So, wie der jüngste im Hause der Familie Pallandt.

Maximilian Pallandt hat von seinem Vater Konrad unter anderem dessen Privatbibliothek geerbt - und ist froh, wenn er sie alsbald zu einem fairen Preis los wird. Der Name Pallandt steht für frühere, große Druckereibetriebe. In den Jahren um 1933-1943 war Konrad Pallandt als Verleger im Graphischen Viertel in Leipzig sehr angesehen.

Angesehen und gern gesehen war er jedoch nicht bei Jakob Steinfeld in diesen Jahren. Jakob Steinfeld und Konrad hatten stets Auseinandersetzungen. Bis eines Tages im Jahr 1933 die junge Juliana Pallandt im Laden von Jakob Steinfeld aufkreuzt und Jakob bittet, ihr eigenes Buch zu binden. "Das Alphabet des Schlafs".

Als Jakob herausbekommt, dass Juliana die Tochter vom Pallandt ist, will er sie sofort loswerden. Gleichzeitig schlägt seit diesem unvorbereiteten Treffen sein Herz nur noch für sie.

Kai Meyer lässt mich mit Die Bücher, der Junge und die Nacht tief in das Leipzig der 1933er, 1943er und 1971er Jahre eintauchen. Ich lerne die Buchbinder- und Buchhändlerbranche kennen, die verwinkelten Gassen im Graphischen Viertel, die tiefe Verbundenheit der Protagonisten zu Büchern und schlussendlich den Teufel in Person kennen. Und ich erfahre, was für Aurelia Pallandt die Bedeutung von Heimkehr ist; nämlich "Die Rückkehr der erschöpften, menschlichen Seele an die Brust der Gottheit".

Der Schreibstil ist eindrücklich und bildhaft und beschreibt die Düsternis der Jahre besonders im Jahr 1943/1944. Die Zeit, in der Millionen von Büchern und das Graphische Viertel in Leipzig dem Krieg zum Opfer fallen. Das Geschehen ist mitreissend erzählt. Wie in einem Krimi bin ich auf der Suche nach Antworten, nach Vermissten, nach Büchern und der Lösung des Rätsels wo die Protagonisten und wo die Bücher abgeblieben sind.

Das Geschehen und vor allem die Geschichte um Johann Flügelschlag faszinieren mich. Nie kann ich meinem Gefühl trauen auf der richtigen Spur zu sein. Und doch verlasse ich nie die Fährte, denn der Weg, den Marie und Robert einschlagen, scheint mir dann doch der richtige zu sein.



Fazit
Die Bücher, der Junge und die Nacht ist für alle, die historische, fiktive Geschichten um Bücher mögen und keine Angst verspüren in eine Zeit nach Leipzig zu reisen, in die der Krieg und die innerdeutsche Grenze ihre grausamen und besonderen Momente zeigen.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.01.2023

Temporeicher Thriller mit Szenenwechsel und Überraschungsmomenten

Ausweglos
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Ausweglos ist das Thriller-Debüt von Henri Faber. Ein Thriller, der mich auf 496 Seiten sehr gut unterhalten und zum miträtseln und mitermitteln ermuntert hat.



Die Geschichte wird mittels Perspektivwechsel ...

Ausweglos ist das Thriller-Debüt von Henri Faber. Ein Thriller, der mich auf 496 Seiten sehr gut unterhalten und zum miträtseln und mitermitteln ermuntert hat.



Die Geschichte wird mittels Perspektivwechsel in knapp gehaltenen Kapiteln erzählt. Mit Noah und Linda Kaufmann erlebe ich zwei Charaktere, deren Beziehung unter dem Mord an ihrer Nachbarin sprichwörtlich zugrunde geht, mit Elias Blom, dem Ermittler, begebe ich mich auf die Suche nach dem Täter und schlussendlich führt mir der Täter immer mal wieder vor Augen, wie unzulänglich die Ermittlungen laufen und wie schlau er ist. Wer allerdings der Täter ist, bleibt mir als Leserin genauso verborgen wie dem Ermittlerteam.



"Und warum fällt es mir so schwer, mich zu erinnern? Ich möchte einfach in meinen Kopf hineingreifen, die Erinnerung herausreißen und vor mir ausbreiten wie eine Karte." - Seite 179



Alle vier Perspektiven bieten genügend Stoff die eigene Empathie gehörig auszustrecken und zu überlegen, welche Beweggründe und welche Ziele die einzelnen Personen haben könnten. Immer wieder werde ich beim Lesen mit Informationen angefüttert - nur um nach einem Perspektivwechsel einem der anderen Charaktere meine Aufmerksam widmen zu müssen.

Der bildhafte und humorvolle Schreibstil lockert das Geschehen stellenweise auf und ich bin dankbar für diese kurzen Entspannungsmomente, bevor mich der nächste Cliffhanger wieder ungeduldig einen geräuschvollen Luftstoß ausatmen lässt.



"Schnack lacht viel, Steigers Laune sinkt rapide. Zwei Stockwerke tiefer passt sich die Umgebung seiner Laune an." - Seite 237



Fazit
Ausweglos ist für alle, die temporeiche Thriller mit Szenenwechsel und Überraschungsmomenten lieben.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.01.2023

Historischer Roman mit tatsächlichem Bezug und natürlichen, fiktiven Charakteren

Ginsterhöhe
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Ginsterhöhe erzählt die Geschichte des Ortes Wollseifen in der Eifel. Die Geschichte ist in drei geschichtliche Abschnitte unterteilt. Im ersten Teil lerne ich den Ort in der Zeit von 1919-1928 und ihre ...

Ginsterhöhe erzählt die Geschichte des Ortes Wollseifen in der Eifel. Die Geschichte ist in drei geschichtliche Abschnitte unterteilt. Im ersten Teil lerne ich den Ort in der Zeit von 1919-1928 und ihre Anwohner kennen. Teil 2 erzählt aus den Jahren 1930 bis 1939 und Teil 3 macht den Abschluss bis zum Jahr 1949.









Albert Lintermann kehrt 1919 von der Front zurück. Einst war er ein außerordentlich hübscher Mann. Jetzt ist er mit dem Leben zwar davongekommen - im Gegensatz zu seinem Freund - doch sein Gesicht ist stark entstellt. Als hätte er psychisch und physisch nicht schon genug unter dem Krieg gelitten, macht seine Frau Bertha ihm die Rückkehr auch nicht leicht. Bertha leidet entsetzlich unter den Verletzungen, die Albert zur Schau trägt.

Anna-Maria Caspari erzählt die Geschichte des Ortes Wollseifen sehr ruhig und mit Bedacht. Die Geschichte des Ortes ist bittere Realität. Die Charaktere jedoch sind frei erfunden. Und trotzdem könnte sich das Leben so oder so ähnlich in der Zeit von 1919 bis 1949 genau so abgespielt haben.

Ich erfahre, wie der Alltag auf einem Bauerngut ist. Wie das Zusammenleben stattfindet, wer auf dem Hof hilft und warum und erfahre mehr über den Zusammenhalt im Dorf. Bis die Nationalsozialisten nach Wollseifen gelangen, geht es nachbarschaftlich relativ ruhig zu. Mit dem Einzug der Truppen und dem Aufbau von Vogelsang wird das Zusammenleben immer mehr auf eine harte Probe gestellt. Bis die Söhne in den nächsten Krieg ziehen.

Vom Kriegsgeschehen an sich bekomme ich als Leserin nur aus der Ferne etwas mit. Das Leiden an der Front ist für mich weit weg. Die Not aber vor Ort in Wollseifen und die Unsicherheit der Anwohner ist spürbar. Die Generation um Albert Lintermann lässt sich jedoch nicht beirren und versucht trotz der harten Zeiten den Ort voranzubringen und durchzuhalten, bis die Söhne aus dem Krieg hoffentlich unversehrt zurückkehren.

Durch die Einteilung der Geschichte in drei historische Abschnitte lässt sich das Geschehen gut nachvollziehen. Manches Mal überrascht Anna-Maria Caspari mit einem Szenenwechsel mitten im Kapitel. Doch aufgrund der Unverwechselbarkeit der Charaktere finde ich mich nach dem Überraschungsmoment schnell wieder ein. Zwischen den Kapiteln gibt es immer mal wieder Aufzeichnungen des Lehrers Martin Faßbender, der - so gut es möglich ist - Tagebuchaufzeichnungen über das Dorfgeschehen einfließen lässt. So bin ich rundum mit Informationen aus Wollseifen versorgt.

Anna-Maria Caspari erzählt das Alltagsgeschehen in Wollseifen sehr bildhaft und farbenfroh.



"Karl hatte von den Nudeln nicht genug kriegen können, und schließlich hatte der ganze kleine Kerl so ausgesehen, als ob er in die Schüssel mit der Tomatensoße gefallen wäre, so gut hatte es ihm geschmeckt." - Seite 55



Vielleicht kommt allein schon deshalb der Krieg - der an weit entfernten Schauplätzen stattfindet - nicht an mich heran.

Was allerdings an mich herankommt ist die Beziehung der Anwohner von Wollseifen zu ihrem Land, zu ihrer Heimat und zu ihrem Zuhause. Vieles ist von Hand errichtet - und mit viel Liebe zum Detail. Die Personen haben einen festen Bezug zu ihrem Land und zu ihrer Unterkunft. Genau dieses Gefühl macht Ginsterhöhe zu einem Buch, das ich auch jetzt, während ich diese Rezension schreibe, immer wieder gern zur Hand nehme.



Fazit
Ginsterhöhe ist für alle, die historische Romane mit tatsächlichem Bezug und natürlichen, fiktiven Charakteren mögen.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.11.2022

Klug inszenierter Psychothriller

Fake – Wer soll dir jetzt noch glauben?
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Fake - Wer soll dir jetzt noch glauben? ist ein klug inszenierter Psychothriller. Den Lauf der Geschichte habe ich mit Spannung verfolgt. Obwohl ich ein großer Hörbuchfan bin, hätte ich Fake von Arno Strobel ...

Fake - Wer soll dir jetzt noch glauben? ist ein klug inszenierter Psychothriller. Den Lauf der Geschichte habe ich mit Spannung verfolgt. Obwohl ich ein großer Hörbuchfan bin, hätte ich Fake von Arno Strobel diesmal lieber gelesen. Bereits der Anfang der Geschichte war spannend erzählt. Sascha Rotermund hat auch von Anfang an ordentlich Gas gegeben - und damit die Geschichte für mich etwas überreizt. Selbst die etwas angepassten Szenen hat Sascha Rotermund stimmlich mit soviel Spannung unterlegt, dass ich die Geschichte als anstrengend empfand. Etwas weniger wäre hier mehr gewesen.




Dennoch kam ich nach einiger Zeit im Geschehen an und konnte den Charakteren gut folgen. Im Verlauf der Geschichte kam mir jedoch immer mal wieder der Gedanke, dass mir die Geschichte bekannt vorkommt. Vielleicht war es lediglich "dasselbe Strickmuster", nachdem die Geschichte aufgebaut war, vielleicht, vielleicht.

Diese beiden Komponenten haben mein Lesevergnügen diesmal etwas geschmälert. Einen übertriebenen Spannungsaufbau haben Arno Strobels Thriller meinem Empfinden nach nicht nötig und warum mir die Geschichte so bekannt vorkam - ich weiß es nicht. Ich kann es nicht so recht greifen.



Fazit
Fake - Wer soll dir jetzt noch glauben? ist ein spannender Psychothriller. Leser, die gern die Bücher von Arno Strobel lesen, werden jede Menge Freude daran haben.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.10.2022

Atmosphärisch düsterer Schwedenkrimi

Sturmrot
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Sturmrot ist ein atmosphärisch düsterer Schwedenkrimi und der Auftakt der Trilogie um die Ermittlerin Eira Sjödin.











Eira Sjödin ist in ihr altes Heimatdorf zurückgekehrt, um ihre Mutter zu unterstützen. ...

Sturmrot ist ein atmosphärisch düsterer Schwedenkrimi und der Auftakt der Trilogie um die Ermittlerin Eira Sjödin.











Eira Sjödin ist in ihr altes Heimatdorf zurückgekehrt, um ihre Mutter zu unterstützen. Ihre Mutter ist dement und von ihrem Bruder Magnus hat Eira lange nichts gehört, so dass sie es sich - neben ihrer Polizeiarbeit - zur Aufgabe gemacht hat, sich um ihre Mutter zu kümmern.

Man sagt, dass Täter immer wieder an den Ort des Verbrechens zurückkehren. Doch was ist, wenn der Täter selbst zum Opfer wird? Wenn der Täter in den Verdacht gerät, weiter "aufzuräumen" ist alles klar. Doch wenn der Täter angegriffen wird, was ist dann noch Wahrheit?

Diesen Fragen stellt sich Eira Sjödin zu der Zeit als Olof Hagström in den Heimatort zurückkehrt und zugleich dessen Vater tot aufgefunden wird. Olof Hagström hat als vierzehnjähriger gestanden, die junge Lina vergewaltigt und ermordet zu haben. Noch zu jung, um ins Gefängnis zu kommen, kam Olof in ein Jugendheim - und verlor den Kontakt zu seiner Familie.

Eira Sjödin - zu der Zeit, als Lina und Olof von der Bildfläche im Ort verschwanden - noch zu jung, um Sachverhalte oder Beweggründe mitgeteilt zu bekommen - hat mit Olofs Rückkehr und dem Mord an seinem Vater jede Menge Aufklärungsarbeit zu leisten. Um sich einen besseren Überblick zu verschaffen, recherchiert sie nicht nur zum aktuellen Fall, sondern zieht auch zum damaligen Fall um Linas Verschwinden ihre Schlüsse.

Die ruhige, besonnene Art, die Eira dabei an den Tag legt, gefällt mir. Sie agiert umsichtig und rücksichtsvoll, lässt sich jedoch nicht beirren, wenn es um die Ermittlungsarbeit geht. Das gefällt mir.

Die Tatsache, dass ein minderjähriger Junge zu solch einer Straftat fähig sein soll und die Ermittlungsansätze der Polizei zur damaligen Zeit haben mich ganz schön erschreckt.

Tove Alsterdal unterstützt ihre Protagonistin mit ihrem runden, bildhaften Erzählstil. Die Geschichte geht zunächst ruhig an. Im letzten Drittel kann ich das Buch aber nicht mehr gelegentlich aus der Hand legen. Dann will ich wissen, wie die Fäden zusammenlaufen. Ob ich richtig liege, oder ob es am Ende doch noch eine Überraschung gibt.

Sturmrot hat mich gut unterhalten und zum Ende für ordentlich Spannung gesorgt. Die Charaktere sind vielschichtig. Und auch, wenn ich sie zu kennen glaubte, so hat der eine und andere doch noch ein Geheimnis in petto.

Fazit
Wer düstere Schwedenkriminalromane mag, ist mit Sturmrot gut beraten.

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