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Veröffentlicht am 20.01.2023

Ein Märchen über Schönheit, Mut und Erwartungen

Das Mädchen mit dem Herz aus Gold
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„In jeder dieser Geschichten ging es um tapfere Könige, strahlende Königinnen und unfassbar schöne Prinzessinnen. So sollte es eigentlich sein, dachte das arme Mädchen. Aber irgendwie ist alles schiefgelaufen. ...

„In jeder dieser Geschichten ging es um tapfere Könige, strahlende Königinnen und unfassbar schöne Prinzessinnen. So sollte es eigentlich sein, dachte das arme Mädchen. Aber irgendwie ist alles schiefgelaufen. Ich habe es falsch gemacht. An mir ist alles falsch.“

Violet ist leidenschaftliche Geschichtenerzählerin, eine mutige Abenteurerin und die Prinzessin von Andulanien. Doch nicht schlammbedeckte Stiefel sorgen für Probleme, sondern Violets (fehlende) Schönheit, denn „jeder weiß, dass eine richtige Prinzessin immer schön ist“. Sie entspricht nicht den Prinzessinnen aus den Büchern: Ihre Zähne glänzen nicht wie Perlen und auch ihre Haare sind nicht seidig. Doch ist es wirklich das, was zählt? Als sie eines Tages auf eine geheime Kammer im Schloss stößt, bietet das dort gefangene Wesen Violet einen Handel an: Schönheit gegen einen klitzekleinen Gefallen…

Interessant ist in meinen Augen, dass uns der Geschichtenerzähler Cassian von Violets Erlebnissen berichtet – und nicht sie selbst. Diese Perspektive unterstreicht die märchenhafte Atmosphäre, ist aber ggf. zunächst gewöhnungsbedürftig. Die Kapitel sind außerdem sehr kurz gehalten, was mir für ein Buch, das sich an jüngere Leser:innen richtet, passend gewählt vorkommt – vor allem, wenn man sich die Geschichte gegenseitig vorliest.

Gut gefallen hat mir, dass Violet ihre neue aus Märchen inspirierte Schönheit nicht nur Vorteile bringt und die Ideale, mit denen sie stets konfrontiert wurde, im Laufe der Geschichte auf verschiedene Weisen kritisch adressiert werden. Ihre Charakterentwicklung habe ich als sehr gelungen und authentisch empfunden. Besonders schön fand ich in diesem Zusammenhang eine Stelle, die das möglicherweise zwischenzeitlich eher negative Bild der Leser:innen von Violet in meinen Augen ohne viel Schnickschnack abmildert: „Klugheit bedeutet nicht, dass man keine Fehler macht oder alles schon vorher weiß. Klug sein bedeutet, dass man dazulernt“.

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Veröffentlicht am 20.01.2023

Endlich ein neues Märchen als Vorlage!

Frau Holles Labyrinth
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„[I]ch bin vorsichtig mit dem, was ich mir wünsche. Es könnte ja jemand in der Nähe sein, der die Macht hat, es zu erfüllen.“

Mich hat Frau Holles Labyrinth sehr an die Bücher von Christina Henry erinnert ...

„[I]ch bin vorsichtig mit dem, was ich mir wünsche. Es könnte ja jemand in der Nähe sein, der die Macht hat, es zu erfüllen.“

Mich hat Frau Holles Labyrinth sehr an die Bücher von Christina Henry erinnert – nicht nur im Hinblick auf das Cover. Für mich heißt das: Es wird düster und die ursprüngliche Geschichte wird eher lose, aber immer noch erkennbar, aufgegriffen.

Nach einem kleinen Ausrutscher verbindet Mary das notwendige Untertauchen mit einem Besuch bei ihrer Familie. Dazu zählen ihre Schwester Moira, die stets ihren Willen bekommt, und ihre Tante. Als bei einem Streit das Amulett ihrer verstorbenen Mutter in den Brunnen fällt, klettert Mary hinterher, springt das letzte Stück – und fällt viel tiefer als erwartet. Als sie die Augen wieder aufschlägt, liegt sie allerdings nicht am Boden eines Brunnens, sondern mitten im düsteren Reich von Frau Holle, wo die Bewohner:innen ein mühsames Leben führen und Erinnerungen nicht nur in Gefahr, sondern auch gefährlich sind…

Mir fiel es anfangs schwer, in die Geschichte einzutauchen. Die Spannung hat für mich auf sich warten lassen und an einigen Stellen musste ich eher an Alice im Wunderland denken. Es lohnt sich aber dranzubleiben, denn die Idee, dass Erinnerungen machtvoll sind, hat mir gut gefallen! Welche Auswirkungen hat es, wenn wir Erinnerungen nicht mehr gefahrlos mit anderen teilen können? Was bleibt von uns übrig, wenn wir anfangen zu vergessen? Und was passiert mit einem, wenn man Erinnerungen stiehlt?

Mich hat das Thema sehr neugierig gemacht und die Geschichte war auf jeden Fall ungewöhnlich. Einige Enthüllungen waren für meinen Geschmack etwas naheliegend und manche Charaktere blieben eher blass, trotzdem habe ich mich gut unterhalten gefühlt. Außerdem wird euch der Epilog sicher überraschen!

Ich finde es großartig, dass ein Märchen aufgegriffen wurde, das mir bei Retellings bisher nicht begegnet ist und drücke die Daumen, dass weitere originelle Interpretationen folgen werden!

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Veröffentlicht am 20.01.2023

Interessante Sammlung, die zum Nachdenken anregt

Zwei Schwalben in Paris
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Das Buch bündelt insgesamt zehn Kurzgeschichten, in denen Tiere eine zentrale Rolle spielen. Habt ihr euch z. B. schon einmal gefragt, wie ein Gürteltier die Pandemie erlebt hat? Falls nein: Jetzt ist ...

Das Buch bündelt insgesamt zehn Kurzgeschichten, in denen Tiere eine zentrale Rolle spielen. Habt ihr euch z. B. schon einmal gefragt, wie ein Gürteltier die Pandemie erlebt hat? Falls nein: Jetzt ist es an der Zeit!

üʙᴇʀ ᴍᴇɴsᴄʜᴇɴ, ᴛɪᴇʀᴇ ᴜɴᴅ ᴅɪᴇ ᴡᴇʟᴛ, ɪɴ ᴅᴇʀ ᴡɪʀ ʟᴇʙᴇɴ – Grundsätzlich haben mir die Verknüpfungen gut gefallen und von einigen Transferleistungen des Autors war ich sowohl überrascht als auch beeindruckt. Der leichte Erzählstil hat bei mir außerdem dazu beigetragen, dass ich zwischen den Feiertagen gerne in einem unbeobachteten Moment in eine der Geschichten abgetaucht bin.

Die erste und die letzte Kurzgeschichte haben mich dabei am stärksten berührt. In „Im Rosengarten“ begleiten wir das erste Zusammentreffen zweier Präsidentenhunde und werden mit unterschiedlichen Weltsichten und Umgangsformen konfrontiert. Insbesondere das Ende empfand ich als sehr gelungen! (Aufgrund der Kürze werden die Nationen nur in stereotyp anmutenden Grundzügen porträtiert, aber davon losgelöst ist die Geschichte bei mir am stärksten in Erinnerung geblieben.) Bei der namensgebenden Kurzgeschichte „Zwei Schwalben in Paris“ steht wiederum eine Schwalbenfamilie im Fokus, die sich auf den Winter vorbereitet. Hier wird deutlich, dass es stets mehrere Möglichkeiten gibt, mit einem Problem umzugehen (inklusive unterschiedlicher Vor- aber auch Nachteile). Natürlich lassen sich noch weitere Botschaften herauslesen, aber diese hat mir persönlich am besten gefallen. Zudem fand ich es schön, dass Figuren aus den Geschichten zuvor wieder auftauchen und zusammengeführt werden. Dafür wurde ich mit anderen Geschichten leider nicht warm (z. B. „Der beste Therapeut“).

Jede der Kurzgeschichten ziert darüber hinaus eine Illustration, die mir allesamt gut gefallen haben und in meinen Augen gelungen zu den Geschichten und der generellen Aufmachung des Buches passen.

Das Buch ist für mich insgesamt so detailliert wie nötig und so einfach wie möglich gehalten – was ich in diesem Fall als sehr angenehm empfunden habe!

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Veröffentlicht am 16.01.2023

Interessanter Reihenauftakt!

Panda Kingdom - Reißende Flut
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Die große Flut hat nicht nur das Land, sondern auch die Geschwister Blättchen, Regen und Geist voneinander getrennt. Doch das Schicksal führt sie wieder zusammen: Die Nahrung wird knapper, Raubtiere streifen ...

Die große Flut hat nicht nur das Land, sondern auch die Geschwister Blättchen, Regen und Geist voneinander getrennt. Doch das Schicksal führt sie wieder zusammen: Die Nahrung wird knapper, Raubtiere streifen durch das Unterholz und eine Intrige wartet darauf entlarvt zu werden. Um Panda Kingdom zu retten, müssen die drei Pandas wieder zusammenfinden, den unüberwindbaren Fluss überqueren und den Anführer stürzen.

Direkt zu Beginn kamen sehr viele Pandas zur Sprache, was mich etwas überfordert hat. Auf den ersten sechs Seiten des ersten Kapitels hätten wir z. B.: Blättchen, Pflaume, (Klein-)Bambusrohr, Hyazinthe, Wacholder, Gras, Holzapfel, Knorreiche, Immergrün und Sonnenrot. Vielleicht haben Kinder damit weniger Probleme, mein Gehirn kam beim ersten Lesen so schnell nicht hinterher. Immerhin folgen direkt im Anschluss nochmal die Familien der anderen beiden Pandas, die unsere Hauptfiguren sind.

Nach dem holprigen Start hat mich die Geschichte aber schnell für sich eingenommen und die Namen haben sich gedanklich sortiert. Alle drei Pandas – Blättchen, Regen und Geist – haben ein unterstützendes Umfeld, aber auch ihre eigenen Probleme zu tragen. Dabei hat mir gut gefallen, dass alle eigene Fähigkeiten und Eigenheiten mitbringen. Außerdem gefällt mir, dass Familie hier mehr als bloß Blutsverwandtschaft ist.

Überrascht haben mich die religiösen Züge der Panda-Gesellschaft – bei jeder der zahlreichen Mahlzeit wird gebetet. Das Konzept der Drachenzunge – ein Panda, dem der Große Drache Warnungen und Ratschläge für das gesamte Tierreich mitteilt – hat mir allerdings gut gefallen. Außerdem möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass Verlust ein größeres Thema innerhalb der Geschichte ist, was aus meiner Sicht bei jüngeren Leser:innen zu Gesprächsbedarf führen könnte.

Insgesamt ist „Panda Kingdom – Die reißende Flut“ aus meiner Sicht ein gelungener Reihenauftakt, der gerade zum Ende hin sehr an Fahrt aufnimmt. Ich bin schon auf die nächsten Bände gespannt. Vor allem auf das Wiedersehen mit dem kletterbegabten Blättchen freue ich mich sehr – wer kann tapsigen Pandas schon widerstehen?

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Veröffentlicht am 07.12.2022

Keine Angst vor Klassikern!

Frankenstein
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Wenn ihr an Monster denkt, was kommt euch dann zuerst in den Sinn? Eine abstoßende Erscheinung oder moralisch fragwürdige Entscheidungen?

Die wirklich kleine Ausgabe umfasst die Urfassung von Frankenstein ...

Wenn ihr an Monster denkt, was kommt euch dann zuerst in den Sinn? Eine abstoßende Erscheinung oder moralisch fragwürdige Entscheidungen?

Die wirklich kleine Ausgabe umfasst die Urfassung von Frankenstein und zusätzlich das Vorwort der überarbeiteten Version, Anmerkungen sowie ein Nachwort. Für mich war es sehr interessant auf verschiedene Bezüge zwischen Gelehrten, Geschichten, Mary Shelleys Leben und dem Werk hingewiesen zu werden, wobei es für mich fast noch ausführlicher hätte ausfallen können. Auch die Unterschiede zwischen den Versionen haben mein Interesse geweckt, wurden – abgesehen von ihrer Nennung – allerdings nicht näher vertieft.

Überraschend war für mich, wie stark das durch Filme und Theater geprägte Bild von dem Original abweicht. War euch bewusst, dass die Geschichte über Briefe erzählt wird? Robert Walton erzählt seiner Schwester von seinen Erlebnissen und von Frankenstein, der – nach seiner Rettung im Polarmeer – von seiner Schöpfung berichtet, die kurz zuvor auf gefrorener See mit einem Hundeschlitten gesichtet wurde. Das „Monster“ ist allerdings keineswegs ungelenk, wie man es vielleicht im Hinterkopf hat, sondern schneller, stärker und flinker als jeder Mensch. Außerdem ist es eloquenter als erwartet.

Während Frankenstein seinen Werdegang, seine Verfehlungen und Hoffnungen preisgibt, kommt auch das „Monster“ zu Wort: „Mach mich glücklich, und ich werde erneut tugendhaft sein.“ Der Bericht von Frankensteins Schöpfung über seinen Versuch, das Leben zu begreifen, war sehr bewegend. Ausgegrenzt und verjagt, hilflos und allein… Ich konnte nicht anders als großes Mitleid mit ihm zu empfinden. Mit
zunehmender Raserei wendet sich das Blatt in meinen Augen zumindest ein wenig, doch das moralische Dilemma bleibt. Vor allem als das „Monster“ nach einigen Verbrechen um eine Weggefährtin bittet.

Spannend finde ich, dass sich die Geschichte praktisch nur auf das Innenleben beschränkt. Es gibt keine ausführlichen Beschreibungen des Labors, der verschiedenen Städte oder Ähnliches – dafür sehr viel Verzweiflung.

Für mein Empfinden war die Geschichte sehr gut lesbar, also: Keine Angst vor Klassikern!

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