Vermischung von Realität und virtueller Welt
Askendor – Spiel mit der WirklichkeitAuch wenn verschiedene Menschen so ihre Vorstellungen und Erwartungen davon haben, wie Florentine ihr Leben gestalten wird, weiß sie Fünfzehnjährige selbst noch nicht so richtig, was sie von ihrer Zukunft ...
Auch wenn verschiedene Menschen so ihre Vorstellungen und Erwartungen davon haben, wie Florentine ihr Leben gestalten wird, weiß sie Fünfzehnjährige selbst noch nicht so richtig, was sie von ihrer Zukunft erwartet. Aber dass sie mal so intensiv in die virtuelle Welt von Askendor eintauchen würde, das hätte sie nun wirklich nicht gedacht. Völlig fasziniert aber auch irritiert von der Erkenntnis, dass die Spielfigur Thosse von Baar Flo zu sehen scheint, obwohl diese vor dem Computer von Finn sitzt, fängt Flo selbst an, das Rollenspiel zu spielen. Zunächst heimlich, doch dann wird die Sache immer größer und sie zieht ihre Freunde ins Vertrauen, die ihr in der kommenden Zeit dann auch dabei helfen, mit all den unerwarteten Entwicklungen und anstehenden Herausforderungen umzugehen. Wer würde schon damit rechnen, dass der Thronfolger von Askendor plötzlich in ihrem Jugendzimmer auftaucht und was er für Probleme im Gepäck hat?
Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive der fünfzehnjährigen Florentine geschildert, wodurch man von ihr am meisten mitbekommt. Es gibt Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelt, viel dreht sich aber auch einfach darum, was sie mit den neuen Erkenntnissen anfangen und wie es nun weiter gehen wird. Viele der anderen Charaktere bleiben dagegen eher etwas blass. Mit der Zeit erfährt man zwar auch von ihnen das eine oder andere, viel mehr erlebt man aber die Dynamik zwischen den Jugendlichen bzw. mit den Familienmitgliedern, so dass man sich dadurch ein Bild von ihnen machen kann. Neben Flo steht Thosse von Baar noch am meisten im Fokus der Geschichte, ganz greifbar mit jeder Facette wird er nicht, aber mit der Zeit bekommt man zumindest ein gewisses Gefühl für ihn. Umso mehr Flo ihn durchschaut, umso mehr lässt sie auch die Gefühle zu, die in ihr brodeln, wenn sie an ihn denkt oder ihn sieht. Hinter der finsteren Fassade steckt nämlich nicht nur ein Thronfolger, der viele Aufgaben und Pflichten hat, sondern auch jemand, der zu beschützen weiß und nett sein kann.
Gern mochte ich auch Flo in der Verbindung mit ihrer besten Freundin Paula. Die beiden waren irgendwie cool zusammen. Und auch die Familiendynamik ist jeweils eine völlig andere in der Familie von Paula und von Flo. Das zeigt, wie unterschiedlich das so sein kann und sorgt auch immer mal wieder für Momente zum Schmunzeln.
Ich mochte Flo als Protagonistin echt gern. Besonders ihre oft sarkastischen und ironischen Zwischenkommentare, die sich auch optisch durch die Kursivschrift abheben, haben mich oft zum Schmunzeln oder Lachen gebracht. Sie hat einfach eine herrliche Art, irgendwie lag sie mir einfach. Und ich glaube, es wird auch zahlreiche Jugendliche geben, die sich mit ihr oder ihren Gedanken und Problemen identifizieren können.
Vielleicht hätte sie früher gegen ihre Mutter „rebellieren“ können, sie lässt sich da einiges gefallen, sagt viel Ja und Amen und denkt sich dann still ihren Teil, den man als Leser dann eben oft mitbekommt, um nicht wieder Diskussionen zu provozieren. Sicherlich auch nicht völlig unrealistisch, dass Jugendliche Stress umgehen und eben zumindest augenscheinlich fügsam sind und bis zu einem gewissen Punkt dann doch ihr eigenes Ding machen. Am Ende bricht sie dann doch etwas aus ihren Fesseln aus, was ihre Mutter sehr irritiert, insgesamt wird das Thema aber dann schon ziemlich rasch abgehandelt.
Nichtsdestotrotz mochte ich die Dynamik in der Geschichte gern und vor allem die Art der Protagonistin, die mich gut mitgenommen und unterhalten hat. Auch wenn andere Dinge eben auf der Strecke blieben und einiges auch einfach nicht so viel Tiefe hatte, wie es hätte haben können.
Manche der Aspekte haben sich mir auch nicht endgültig erschlossen. Aber durch einen Laptop in eine Parallelwelt/Spielewelt zu springen, ist nun eben auch nicht ganz so realistisch. Manches habe ich dort dann einfach hingenommen, auch wenn es sich mir vielleicht nicht vollständig erklärt hat oder ich nicht sicher war, ob die gegebenen Erklärungen nun wirklich nachvollziehbar und umfassend genug sind. Einige Fragen sind für mich schon offen geblieben und manches wirkte nicht ganz vollständig durchdacht und aufgeschlüsselt. Das ist schade, weil ich denke, man hätte auf jeden Fall noch mehr rausholen können, noch mehr an Spannung, noch mehr an Tiefe, vielleicht auch hier und da noch etwas mehr Dramatik und Probleme. Trotzdem hat mir das Lesen Spaß gemacht. Der Stil ist flüssig und mitnehmend, immer wieder humorvoll und ein paar turbulentere Momente gab es auch. Askendor ist schon sehr anders als die Welt, in der wir leben. Manches wirkt eher mittelalterlich, es gibt aber auch phantastische Wesen und einige Errungenschaften und Fähigkeiten, die wir so nicht haben. Eine Mischung aus verschiedenen Rassen, die teilweise harmonisch miteinander leben, sich teilweise aber auch ausspionieren und bekriegen, übernatürlichen Wesen und Möglichkeiten und den Spielern, die vor ihren Computern sitzen und mimischen mit den Aufträgen, die sie erfüllen sollen oder den Schlachten und Herausforderungen, denen sie sich anschließen.
Ich mochte Askendor als Welt, auch wenn ich hier und da gern noch mehr darüber erfahren hätte. Auch wieso Thosse so ein Programmiergenie ist, hätte ich gern gewusst, wo es vor Ort keine Computer zu geben scheint, zumindest hat man keine aktiv gezeigt bekommen. Er ist in vielen Punkten schon ein ziemlicher Überflieger und nicht besonders irritiert, in der Menschenwelt anzukommen. Damit hätte man auf jeden Fall noch mehr spielen können oder besser erklären, wieso er es nicht ist.
Umso intensiver man darüber nachdenkt, umso mehr Punkte ergeben sich, die anderes vielleicht noch mehr aus der Geschichte rausgeholt hätten. Oder die eigentlich nicht ganz so glücklich gelöst sind oder gefehlt haben, um ein runderes Gesamtbild zu ergeben und einem auch die Figuren und die Entwicklungen noch näher zu bringen. Beim Lesen selbst hat mich manches davon aber nicht so sehr gestört, weil ich mich gut unterhalten und mitgenommen fühlte und ich dadurch auch nicht permanent alles hinterfragt habe, auch wenn immer wieder Dinge aufkamen, die sich nicht vollständig erschlossen.
Fazit
Eine Geschichte, die virtuelle und reale Welt miteinander verknüpft und dabei immer wieder für Herausforderungen sorgt und clevere Pläne notwendig macht. Es stecken einige kreative Ideen und zahlreiche sarkastische Kommentare zwischen den Buchrücken. Mir hat das Lesen viel Spaß gemacht, ich habe Flo gern bei ihrem Abenteuer in Askendor und mit dem Thronfolger Thosse von Baar begleitet. Insgesamt fehlt dem Jugendbuch hier und da schon etwas an Tiefe und Erklärungen, manches wurde sehr zügig abgehandelt und verlor damit fast ein wenig an Bedeutung. Aus meiner Sicht hätte man noch deutlich mehr rausholen können, auch an Spannung. Aber mir hat die Dynamik in der Geschichte trotzdem gefallen und ich fühlte mich gut mitgenommen, trotz einiger Kritikpunkte hier und da.