Platzhalter für Profilbild

Venatrix

Lesejury Star
offline

Venatrix ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Venatrix über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.01.2023

Hat mich nicht ganz überzeugt

Piraten
0

Der bekannte Autor, Ethnologe und Anarchist David Graeber (1961-2020) hat sich mit diesem Buch auf die Spuren „echter“ Piraten, abseits des Hollywood-Klischees à la Erol Flynn oder der Meuterei auf der ...

Der bekannte Autor, Ethnologe und Anarchist David Graeber (1961-2020) hat sich mit diesem Buch auf die Spuren „echter“ Piraten, abseits des Hollywood-Klischees à la Erol Flynn oder der Meuterei auf der Bounty, geheftet. Dazu bediente er sich der Ergebnisse der ethnologischen Studien auf Madagaskar, die er unter Marshall Sahlins (1930-2021) durchgeführt und 1996 darüber promoviert hatte.

Graeber untersuchte das Piratenleben des 17. und 18. Jahrhunderts auf Madagaskar, fand Anhaltspunkte über Siedlungen und Unwesen der Freibeuter auf der Insel. Dabei stützte er sich auf die wenigen historisch belegten Texte.

Die Insel, die rund 400 km östlich von Moçambique im Indischen Ozean liegt, ist strategisch günstig gelegen und von dort aus Raubzüge auf Indienfahrer zu machen und gleichzeitig als Versteck zu dienen. Doch Madagaskar war keineswegs eine unbewohnte Insel.

Wie wurden die Freibeuter auf Madagaskar aufgenommen? Freundlich oder doch als Eindringlinge? Haben sich die Piraten mit den Madegassen vermischt? Warum gibt es kaum archäologische Funde als Beweis für die längere Anwesenheit der Piraten?

Sind Piratenschiffe wirklich ein Hort der Demokratie, in dem der Kapitän regelmäßig gewählt wird? Gab es wirklich einen Piratenstaat? Ist „Libertalia“ Fakt oder Fiktion oder Wunschdenken, der vom Adel unterdrückten und geprägten Gesellschaft in Europa?

Meine Meinung:

Dass Autor David Graeber sich des Piratentums annahm, passt gut zu seiner anarchistischen Biografie, denn er hatte eine führende Rolle bei der „Occupy“-Bewegung inne.

David Graeber versucht, aus den wenigen gesicherten Fakten Antworten auf die Fragen zu geben. Das gelingt manchmal besser und manchmal nicht ganz so gut.
Er wirft mehr neue Fragen auf, als er beantwortet.

Demokratie auf einem Segler, auf dem der Kapitän nach Belieben abgewählt werden kann? Klingt nicht ganz glaubwürdig. Nicht jeder Kapitän ist ein Leuteschinder. Gerade auf den Schiffen des 17. und 18. Jahrhunderts muss es eine klare Aufgabenverteilung und strenge, fast militärische anmutende Hierarchie geben, um die äußeren Bedingungen zu beherrschen. Bei einem Sturm zu diskutieren und abzustimmen WER in die Wanten klettern muss oder ob man die Rumrationen gleich ausgibt, kann ich mir nicht vorstellen. Auch die Navigation (ohne technische Hilfsmittel wie GPS oder Echolot) stellt eine, für den einfachen Matrosen ohne entsprechende Ausbildung, vor eine nahezu unlösbare Aufgabe dar.

Das Buch ist recht gut lesbar und mit ausführlichen Zitaten aus den wenigen historischen Quellen unterlegt, die in ein umfangreiches Quellenverzeichnis dargestellt sind. Zur leichteren Einordnung in das Weltgeschehen ist ein Zeitstrahl mit damaligen Geschehnissen in Europa und Madagaskar angeführt. Eine Liste weiterführender Literatur rundet den Text ab.

Fazit:

Ein interessantes Buch, das das Piratenleben in einem anderen Licht erscheinen lässt. Mich hat das Buch nicht ganz überzeugt, da es mehr Fragen aufwirft als es beantwortet, daher gibt es von mir 3 Sterne.

Veröffentlicht am 03.01.2023

Hat mich nicht ganz gepackt

Ein Schuss Whiskey
0

Dieser Krimi ist nun der Abschluss von Carsten Sebastian Henns Trilogie rund um Hochprozentiges. Ich habe zuvor schon „Der Gin des Lebens“ und „Rum oder Ehre“ gelesen und war nun auf „Ein Schuss Whiskey“ ...

Dieser Krimi ist nun der Abschluss von Carsten Sebastian Henns Trilogie rund um Hochprozentiges. Ich habe zuvor schon „Der Gin des Lebens“ und „Rum oder Ehre“ gelesen und war nun auf „Ein Schuss Whiskey“ gespannt.

Leider hat mich dieser Ausflug nach Irland nicht ganz so gepackt.

Warum?

Janus Rosner, ein deutscher Autor, hat eine Sinn- und Schaffenskrise und glaubt diese durch einen Dublin-Aufenthalt zu bewältigen. In Dublin, so seine Schlussfolgerung haben schon trinkfeste Schriftstellergrößen wie James Joyce und Oscar Wilde zu Höchstleistungen gefunden.

Also begibt sich Janus auf eine Tour durch diverse Pubs und lässt sich, auf geistige Eingebung hoffend, volllaufen. Als er eines nachts beobachtet, wie eine junge Frau hingerichtet wird, meldet er den Mord an die irische Garda. Blöderweise weiß dort niemand etwas von einer Leiche und Janus beginnt auf eigene Faust zu recherchieren. Dabei stößt er auf die „Drunken Poets Society“, eine Gruppe junger Literaten und Whiskey-Fans, die gleich ihm, auf der Suche nach dem Thema für einen ultimativen Bestseller sind.

Dazwischen erhalten wir noch Einblick in die Gedanken des Täters, denn einen Tag nach seiner Beobachtung wird wirklich eine junge Frau, die noch dazu Mitglied der königlichen Familie ist, getötet.

Meine Meinung:

Ich mag Krimis, die in mehreren Zeitebenen bzw. aus unterschiedlichen Perspektiven geschrieben sind. In diesem hier ist die Verschachtelung der Ebenen bzw. Perspektiven nicht ganz gelungen.

Es dauert gefühlt ewig, bis die eigentliche Handlung in Gang kommt. Mehrmals war ich in Versuchung, das Buch abzubrechen. Gerettet hat mich und das Buch nur, dass Wissenswertes über Whiskey erzählt worden ist. Als erklärter Whiskey-Fan kenne ich zwar die Grundzüge der Herstellung des uisge beatha, doch einige Details waren mir noch unbekannt.

Irgendwie ist die Geschichte unrund - anders kann ich es nicht beschreiben. So halte ich es für unwahrscheinlich, dass die Garda so lasch in einem Mordfall ermittelt, in dem ein Mitglied der königlichen Familie betroffen ist. Selbst wenn wenig bis nichts an die Öffentlichkeit dringt, müsste die Polizei ein wenig mehr Elan an den Tag legen.

An einigen Stellen verzettelt sich der Autor in nebensächlichen Kleinigkeiten, die die Handlung genau gar nicht weiterbringen. Als Beispiel sei nur die SMS-Kommunikation von Janus mit seinem Vater, einem Kölner Ex-Polizisten, genannt. Völlig egal, ob da bei Tippen die Groß- und Kleinschreibung beachtet wird oder nicht.

Gefallen haben mir die Zitate berühmter irischer Schriftsteller zu Beginn jedes Kapitels und die Rezepte zu Mixgetränken und Speisen.

Das Cover passt gut zur Reihe. Das abgebildete Whiskeyglas passt gut zu Bourbon. Ich bevorzuge die Tulpenform für den irischen Whiskey.

Leider fehlt hier die durchgehende Spannung und an manchen Stellen ist die Konstruktion des Krimis deutlich sichtbar. Nicht falsch zu verstehen. Ein spannender Plot muss eine Struktur haben, doch sollte die für den Leser unsichtbar sein.

Fazit:

Wer hier einen spannenden Krimi erwartet, wird enttäuscht sein, daher nur knapp 3 Sterne.

Veröffentlicht am 01.01.2023

Hat mich nicht ganz gepackt

Die rätselhaften Honjin-Morde
0

In seiner Hochzeitsnacht wird Kenzo, der älteste Sohn der bekannten und reichen Ichiyanagi-Familie gemeinsam mit seiner frisch angetrauten, aber nicht standesgemäßen Frau ermordet. Die Umstände sind allerdings ...

In seiner Hochzeitsnacht wird Kenzo, der älteste Sohn der bekannten und reichen Ichiyanagi-Familie gemeinsam mit seiner frisch angetrauten, aber nicht standesgemäßen Frau ermordet. Die Umstände sind allerdings höchst befremdlich: Zum einem konnte man einen lauten Schrei und eine seltsame Melodie hören und zum anderen liegt das tote Ehepaar in einem fest verschlossenen Raum.

Kann der Fremde mit den drei Fingern, der seit einiger Zeit in Okamura herumschleicht und nach dem Haus der Familie Ichiyanagi gefragt hat, der Mörder sein? Wenn ja, warum? Um Klarheit zu gewinnen, engagiert Onkel der ermordeten Braut den jungen Detektiv Kosuke Kindaichi.

Meine Meinung:

"Die rätselhaften Honjin-Morde" ist ein 1946 von des 1981 verstorbenen japanischen Autors Seishi Yokomizo veröffentlichter historischer Kriminalroman, der im Jahr 1937 spielt.

Yokomizo ist ein Vertreter des „Closed room murder mystery“-Kriminalromans, also jener Unterordnung des Genres, bei dem nicht Opfer oder Täter im Mittelpunkt stehen, sondern die Durchführung der Tat, die auf den ersten (und zweiten) Blick undurchführbar erscheint.

Seishi Yokomizo wird gerne mit britischen Krimiautoren wie Agatha Christie oder Arthur Conan Doyle und deren Detektiven verglichen, die mit Köpfchen und Kombinationsgabe ihre kniffligen Fälle lösen.

Der junge Detektiv Kosuke Kindaichi kommt, im Gegensatz zu den saturierten Ermittlern aus Europa, ziemlich arrogant daher. Er weiß eben, was er kann. Für die Leser wirkt er unnahbar, was vermutlich daran liegt, dass man wenig über ihn erfährt. So kann man als Leser seinen Gedanken und den Schlüssen daraus nicht immer ganz folgen.

Der Schreibstil selbst ist ungewohnt, denn die Leser erhalten den Mord wie einen Krimi nacherzählt. Dennoch ist diese Erzählweise spannend, denn hier erhalten wir Einblick in japanische Traditionen und Gepflogenheiten.

Der Autor legt zahlreiche falsche Spuren und recht schnell ist klar, dass der Mann, nur mehr drei Finger hat und deshalb so auffällig ist, keinesfalls der Mörder sein kann.

Fazit:

Ein Einblick in die Welt der japanischen Krimis, der mich nicht ganz überzeugt hat, daher nur 3 Sterne.

Veröffentlicht am 26.12.2022

Das größte Hindernis bist du selbst

The Mountain Is You
0

Das größte Hindernis bist du selbst

„Menschen tun oft Dinge, die sie eigentlich gar nicht tun wollen und sabotieren sich damit selbst. Doch was genau ist eigentlich Selbstsabotage? Wie kommt sie zu Stande? ...

Das größte Hindernis bist du selbst

„Menschen tun oft Dinge, die sie eigentlich gar nicht tun wollen und sabotieren sich damit selbst. Doch was genau ist eigentlich Selbstsabotage? Wie kommt sie zu Stande? Und warum hören wir nicht einfach auf damit, uns selbst im Weg zu stehen?“

In 7 Kapiteln gibt die Autorin einfühlsam, aber mit ein einem Quäntchen Nachdruck zahlreiche Ratschläge, endlich mit der Selbstsabotage aufzuhören:

Das Hindernis bist du selbst
Es gibt keine Selbstsabotage
Deine Trigger weisen dir den Weg in die Freiheit
Emotionale Intelligenz aufbauen
Die Vergangenheit loslassen
Eine neue Zukunft aufbauen
Von Selbstsabotage zur Selbstbestimmung

Es werden Ausdrücke erklärt und Maßnahmen vorgestellt, die Selbstsabotage, falsche Glaubenssätze erkennen lassen. Hat man endlich erkannt, warum man sich selbst im Weg steht, kann eine Verhaltensänderung in Angriff genommen werden.

Meine Meinung:

Das Buch ist ein weiteres in den meterlangen Regalen der Ratgeber.

Erstens, gibt es keine wirklich neuen Erkenntnisse und zweitens, das liest sich alles ziemlich einfach, ist es aber nicht. Denn wir Menschen sind in ein Umfeld eingebettet, das es uns nicht immer leicht macht, uns zu verändern.

Fazit:

Wenig neue Erkenntnisse, weshalb dieser Ratgeber von mir nur 3 Sterne erhält.

Veröffentlicht am 21.12.2022

Subjektiver Bericht aus dem Chaos

ZOV – Der verbotene Bericht
0

Seit dem 24. Februar 2022 tobt ein Angriffskrieg der russischen Armee gegen die Ukraine. Ein Krieg, der laut Wladimir Putin nur eine „Spezialoperation“ sein soll. Ein Krieg, den sich der Herr im Kreml ...

Seit dem 24. Februar 2022 tobt ein Angriffskrieg der russischen Armee gegen die Ukraine. Ein Krieg, der laut Wladimir Putin nur eine „Spezialoperation“ sein soll. Ein Krieg, den sich der Herr im Kreml anders vorgestellt hat.

Dieser verbotene Bericht des ehemaligen Soldaten und Kriegsteilnehmers Pawel Filjatjew zeigt das Menschen verachtende Regime Putins. Ohne Rücksicht auf Verluste werden schlecht bis gar nicht ausgerüstete Soldaten, die kaum eine ordentliche Ausbildung erhalten haben, ohne Verpflegung und Nachschub mit veraltetem schlecht funktionierenden Kriegsgerät in den Krieg geschickt.

Schonungslos berichtet Pawel Filatjew wie er stündlich mehr an der russischen Armeeführung zweifelt. Als Sohn eines Soldaten ist er in militärischem Umfeld aufgewachsen, war selbst Soldat, später dann Pferdezüchter und ist während der Corona-Pandemie aus finanziellen Gründen wieder zum Militär gegangen. Er kennt also den Unterschied des Heeres aus den früheren Jahren und dem aktuellen Zustand.

Filatjew erzählt als erster Soldat der russischen Armee, was er bei seinem Einsatz in der Ukraine erlebt hat. Dieses Buch zeigt plastisch, warum die russische Armee, in der Vetternwirtschaft und Korruption vorherrschen, so schlecht funktioniert. Wir Leser erfahren, dass die Soldaten über Ziel und Zweck ihres Einsatzes völlig im Unklaren gelassen worden sind.

Der Autor berichtet, dass die Soldaten den versprochenen Sold nicht erhalten, dass Verwundete nicht ausreichend medizinisch versorgt werden und die einzelnen Kommandierenden oftmals nicht wüssten, was als nächstes oder überhaupt zu tun sei. Eine Standardfloskel, der das Chaos durchaus gut um- und beschreibt lautet: „Die/wir haben sicher einen Plan“. Dieser Satz ist mehrmals zu lesen, jedes Mal zynischer.

Meine Meinung:

Für Nicht-Militaristen ist dieses Buch nicht ganz einfach zu lesen. Es wimmelt von militärischen Abkürzungen wie EPa, Javelin etc. und Bezeichnungen von russischen (Kriegs)Gerät (AGS-17, UAZ, KAMAZ etc.), das mühsam im Internet recherchiert werden muss. Manches erschließt sich durch aufmerksames Lesen aus dem Text, aber ein Abkürzungsverzeichnis wäre sehr hilfreich.

Ein bisschen mehr Struktur hätte diesem sehr subjektiven Bericht nicht geschadet. Es gibt häufige Zeitsprünge und Ortswechsel. Aber, vielleicht ist das auch ein Stilmittel, um sich die chaotischen Wochen von der Seele zu schreiben.

Dennoch kann ich mir es nicht verkneifen, die eine oder andere Aussage in Zweifel zu ziehen. So sollen die hungernden und schlecht ausgerüsteten russischen Soldaten „nur“ Verpflegung aus den zerstörten ukrainischen Geschäften gestohlen haben. Dass gefangengenommen, weil spionierende, Zivilisten nach halbherzigen Befragungen wieder unbehelligt entlassen worden sind, scheint mir ein wenig unwahrscheinlich.

Auch dass er straflos das Gewehr und den Stahlhelm verliert, kann ich mir kaum vorstellen. Gut, das Gewehr findet sich wieder, aber der Helm? Keine Sanktionen?

Fazit:

Es erfordert Mut, sich aus dem Chaos zu verabschieden und die subjektiven Erlebnisse überhaupt niederzuschreiben. Dafür muss man dem Autor Respekt zollen.
Trotzdem bleibt bei mir ein gewisses Unbehagen, was diesen Bericht betrifft. Die jahrelange Indoktrination lässt sich nicht schönreden. Gerne gebe ich hier 3 Sterne.