Vielversprechender Auftakt
MEINE MEINUNG
„Fräulein Anna, Gerichtsmedizin - Die Prinzregentenmorde“ ist der gelungene Auftakt einer neuen vielversprechenden historischen Roman-Serie aus der Feder einer unter dem Pseudonym Petra Aicher ...
MEINE MEINUNG
„Fräulein Anna, Gerichtsmedizin - Die Prinzregentenmorde“ ist der gelungene Auftakt einer neuen vielversprechenden historischen Roman-Serie aus der Feder einer unter dem Pseudonym Petra Aicher schreibenden Bestseller-Autorin.
Diese abwechslungsreiche Geschichte sorgt mit ihrer ansprechenden Mischung aus fesselnden Nachforschungen zu einem tragischen Kriminalfall, zarter Liebesgeschichte und faszinierenden historischen Einblicken für gute Unterhaltung.
Angesiedelt vor dem historischen Hintergrund der ausgehenden Ära des Prinzregenten Luitpold bis hin zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs entspinnt sich eine abwechslungsreiche Handlung rund um den tragischen Tod einer alternden, einst gefeierten Schauspielerin, die mich mit tollem Zeit- und Lokalkolorit rasch in ihren Bann gezogen hat. Gekonnt nimmt uns die Autorin mit auf eine aufregende Zeitreise von 1912 bis 1914 in die bayerische Haupt- und Residenzstadt München und vermittelt mit ihren lebendigen und atmosphärischen Beschreibungen ein stimmiges Bild der damaligen Zeit, spannende Einblicke in die Münchener Gesellschaft und das Alltagsleben der einfachen Münchener Bürger. Wir erleben die blühende Metropole im Wandel der Zeiten zwischen Wirtschaftsaufschwung und Wohlstand, althergebrachten Traditionen, bayerischer Gemütlichkeit und dem ausschweifenden Treiben der Adeligen, Künstler und Literaten.
Äußerst aufschlussreich sind dabei die Einblicke in das Leben der Frauen zu jener Zeit in einer von Männern dominierten Welt – die einen führen ein Leben ohne Rechte und abhängig von Vater oder Ehemann, während die anderen sich in einer arrangierten Ehe mehr für ihren Status und Reichtum interessieren und ihren Ehemännern große Freiräume zubilligen.
In den gut recherchierten zeitgeschichtlichen Rahmen sind zudem interessante historische Fakten eingestreut und bekannte historische Persönlichkeiten eingewoben.
Im Mittelpunkt der vielschichtigen Geschichte steht mit der jungen Krankenschwester Anna Zech eine trotz ihrer einfachen Herkunft bemerkenswerte, selbstbewusste Protagonistin, die als Obduktionsassistentin in der Münchner Gerichtsmedizin beginnt und schon bald in ihrer ungewöhnlichen Arbeit aufgeht. Als zweite Hauptfigur lernen wir den jungen adligen Friedrich von Weynand kennen, der seiner unglücklichen Ehe zu entfliehen versucht, sich als proletarischer Journalist Fritz Nachtwey ausgibt und in München Skandalgeschichten für eine Zeitung recherchiert. So entlockt er mit seinem Charme auch der unbedarften Anna nach ihrer ersten Obduktion wichtige Details zu der berühmten Wasserleiche aus der Isar und verfasst hierzu einen brisanten Zeitungsartikel.
Mit ihrem leichten, abwechslungsreichen Erzählstil versteht die Autorin es hervorragend, uns von Beginn an gemeinsam mit den sympathischen Protagonisten in die farbenprächtige historische Vergangenheit abtauchen zu lassen. So erleben wir mit, wie sich Anna allmählich dem arrogant und etwas schnöseligen wirkenden Fritz annähert, sein Doppelleben entlarvt und die beiden sich schließlich anfreunden. Rasch werden wir hineingezogen in die spannenden Nachforschungen des allmählich gut eingespielten Ermittlerduos zu den mysteriösen Todesumständen. Diese treten allerdings wegen der vielen privaten Verwicklungen immer wieder in den Hintergrund und erstrecken sich so (fast wie im wirklichen Leben) über einen sehr langen Zeitraum. Geschickte Perspektiv- und Schauplatzwechsel sorgen für Dynamik und lassen die Spannung rasch ansteigen. Neben amüsanten Episoden sorgen auch etliche unerwartete Wendungen für Abwechslung. Der packende, recht verzwickte Fall lädt zum Miträtseln ein und konnte mich mit der stimmigen Auflösung am Ende sogar sehr überraschen.
Etwas schade fand ich allerdings, dass wir bis auf wenige höchst aufschlussreiche Episoden nur selten einen Blick in die herausfordernde Arbeit in der Gerichstmedizin werfen konnten. Gerne hätte ich noch mehr über Annas Arbeit und ihre höchst amüsanten Interaktionen mit den beiden etwas wunderlichen Kollegen erfahren.
Die Autorin hat ihre verschiedenen Charaktere lebendig und mit viel Liebe ausgearbeitet, so dass sie mit ihren Eigenarten sehr lebensnah wirken. Sie versteht es, ihre Figuren zum Leben zu erwecken und uns die Gedankenwelt ihrer Charaktere glaubwürdig näher zu bringen. Insbesondere die sympathische, facettenreiche Hauptfigur Anna ist mir rasch ans Herz wachsen und ich bin sehr gespannt, wie sie sich im 2. Band weiterentwickeln wird.
FAZIT
Ein vielversprechender Auftakt einer unterhaltsamen historischen Roman-Reihe um ein sehr gegensätzliches Ermittlerduo! Mit sympathischen Charakteren, tollem historischen Flair, einer kurzweiligen Handlung und einem verzwickten Kriminalfall!