Willkommen in Unterleuten!
UnterleutenIn dem Gesellschaftsroman „Unterleuten“, von Juli Zeh, geht es um das fiktive Dorf Unterleuten und seine Bewohner. Es werden im Laufe des Romans elf Parteien vorgestellt, die aus ihrer jeweiligen Perspektive ...
In dem Gesellschaftsroman „Unterleuten“, von Juli Zeh, geht es um das fiktive Dorf Unterleuten und seine Bewohner. Es werden im Laufe des Romans elf Parteien vorgestellt, die aus ihrer jeweiligen Perspektive über den geplanten Bau eines Windparks berichten. Dabei kommen verschiedene Konflikte aus der Vergangenheit ans Licht, die nun in der Gegenwart zu eskalieren drohen.
Juli Zeh wurde 1974 in Bonn geboren und studierte Europa- und Völkerrecht. Sie engagiert sich politisch und wirkte bei verschiedenen offenen Briefen mit. Als Beispiel kann man hier einen offenen Brief an die Kanzlerin vom 15.Mai 2014 nennen, indem es um den NSA Abhörskandal geht. Juli Zeh wurde, durch ihr Interesse an der Frage nach der Entstehung von Verbrechen, zu diesem Roman inspiriert. Die Geschehnisse in Unterleuten spiegeln dabei dem Umstand wieder, dass kein Mensch etwas Böses will, aber oft trotzdem schlimme Dinge passieren. Dabei versteht es Juli Zeh, durch ein scheinbar unspektakuläres Dorf, ein spannendes Leseerlebnis zu schaffen. Diese Unscheinbarkeit transportiert auch der fast harmlos wirkende Anfang des Romans, der sich rasant zuspitzt und schnell durchblicken lässt, dass der Schein oft trügt. Es ist als entdecke man ein reales Dorf und der Leser wird förmlich in die fiktive Welt eingesogen. Fiktion und Realität scheinen zu verschwimmen, nicht zuletzt wegen der liebevoll gestalteten Webseiten die Unterleuten so real werden lassen . Man hat das Gefühl ein neu zugezogener Bewohner in Unterleuten zu sein, der die ganzen Geschehnisse von seinen Nachbarn erzählt bekommt. Genau wie ein neuer Nachbar, weiß der Leser nicht wem man glauben oder vertrauen soll. Mehr als einmal ändert sich, für wen man Sympathie und für wen man Abneigung empfindet, was wohl der ausführlichen Beschreibung des Innenlebens der einzelnen Bewohner geschuldet ist. Durch diese Beschreibung wird die Gesellschaftskritik auch gut transportiert, da jede Figur eine eigene Meinung zu der Welt hat und diese deutlich vertritt. Kritisiert wird hierbei, dass die Menschen verlernt haben miteinander zu reden und sich nur noch für den Klatsch und Tratsch interessieren, der ihnen von anderen erzählt wird. Des Weiteren geht es, laut Juli Zeh, um einen Kampf der Kulturen. Dieser findet zwischen Leuten aus der Stadt und den Bewohnern im Dorf statt. Unterleuten verkörpert dabei diesen Kampf deutlich. In Unterleuten leben sowohl Menschen aus der Stadt, als auch Menschen die schon immer in Unterleuten gelebt haben. Deren unterschiedlichen Weltansichten treffen mehr als einmal aufeinander und das gegenseitige Unverständnis wird durch die Perspektiven stark verdeutlicht. Trotz dieser vielen unterschiedlichen Perspektiven hat man nie das Gefühl, dass die Geschichte nicht vorangeht. Jedes Kapitel ist gut mit den anderen verknüpft, obwohl immer andere Personen ihre Sicht zu den Geschehnissen aus der Vergangenheit und Gegenwart darstellen. Kritik könnte man an der etwas langen Einführung der Personen äußern welches den kompletten ersten Teil von sechs einnimmt. Obwohl diese etwas langatmig ist, ist sie meiner Meinung nach nötig für den Verlauf und nicht unüberlegt so gestaltet. Wie anfangs erwähnt führt sie zu einem zunächst harmlosen Bild des Dorfes, indem man nur einige Reibereien von Nachbarn vermutet die überall vorkommen. Das dieser Eindruck trügt wird jedoch schnell klar und den Leser erwartet ein überraschendes, aber sehr spannendes Ende.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Unterleuten ein empfehlenswerter und faszinierender Gesellschaftsroman ist, der zeigt, dass der erste Eindruck trügt. „Unterleuten“ hat sich daher einen schönen Platz in meinem Bücherregal gesichert.