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Veröffentlicht am 23.01.2023

Ein informativer Klimathriller

Total Reset
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Inhalt: 2036. Der Welt droht der vollkommene Klimakollaps. Einzig Geo-Engineering, also das geplante technische Eingreifen in die klimatischen Prozesse der Erde, scheint noch erfolgversprechend zu sein. ...

Inhalt: 2036. Der Welt droht der vollkommene Klimakollaps. Einzig Geo-Engineering, also das geplante technische Eingreifen in die klimatischen Prozesse der Erde, scheint noch erfolgversprechend zu sein. Doch das Geo-Engineering ist umstritten – nicht nur in Bezug auf dessen Reichweite, Vorteile und Nachteile: Es entwickelt sich zu einem Politikum, das über die Vormacht im Staatensystem der Welt entscheidet. Eher zufällig erfahren die amerikanische Wissenschaftlerin Grace Anderson und der BND-Agent Luca Barbieri, dass sowohl die USA als auch Russland klimatische Eingriffe durchführen wollen – und zwar nahezu zeitgleich, was verheerende Folgen für das Weltklima hätte. Wird es den beiden gelingen, die Eingriffe zu stoppen, ehe es zu spät ist?

Persönliche Meinung: „Total Reset“ ist ein Klima-/Wissenschaftsthriller von Kerstin Doerenbruch. Im Mittelpunkt des Romans steht das Geo-Engineering, das aus verschiedenen Blickwinkeln auf informative Weise beleuchtet wird. So werden einerseits aus einer wissenschaftlichen Perspektive Chancen und Risiken der technischen Eingriffe in das Klimasystem diskutiert (auf einer globalen wie lokalen Ebene). Andererseits spielt auch das Ausnutzen des Geo-Engineerings von politischer Seite eine Rolle: So wird es in „Total Reset“ als Vehikel für politische Machtkämpfe genutzt – was nachteilige Konsequenzen mit sich führen kann. Erzählt wird „Total Reset“ aus verschiedenen (personalen) Perspektiven, sodass man unterschiedliche Sichtweisen zu dem Thema „Geo-Engineering“ kennenlernt. Die Hauptperspektiven bilden dabei Grace und Luca, die versuchen, die nahezu zeitgleichen klimatischen Eingriffe der USA und Russlands zu verhindern. Vor diesem Hintergrund erhält die Handlung von „Total Reset“ Elemente eines Polit-/Agententhrillers, die sich besonders in dem Erzählstrang von Luca finden. In einem Subplot spielt zudem eine Liebesgeschichte eine Rolle. Die Handlung von „Total Reset“ entwickelt sich behutsam; man erhält genug Zeit, das Thema „Geo-Engineering“ kennenzulernen. Spannung kommt im Laufe der Handlung besonders durch die Agententhriller-Elemente auf. Das Ende des Romans ist überraschend, wurde für mich allerdings etwas zu rasch erzählt. Der Schreibstil von Kerstin Doerenbruch lässt sich flüssig lesen. Insgesamt ist „Total Reset“ ein informativer Klimathriller mit einer spannenden Agententhriller-Handlung.

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Veröffentlicht am 21.01.2023

Historischer Roman und literarischer Adventskalender zugleich

Vierundzwanzig Türen
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Inhalt: Weihnachten hat im Haus des Erzählers Einzug gehalten. Und zwar in Form eines Adventskalenders, der so ganz anders ist als gewohnt. Nicht Schokolade verbirgt sich hinter jedem Türchen, sondern ...

Inhalt: Weihnachten hat im Haus des Erzählers Einzug gehalten. Und zwar in Form eines Adventskalenders, der so ganz anders ist als gewohnt. Nicht Schokolade verbirgt sich hinter jedem Türchen, sondern ein – auf den ersten Blick nichtssagendes – Bild. Doch je näher der 24. Dezember kommt, desto deutlicher wird: Der Adventskalender erzählt eine ganz eigene Geschichte.

Persönliche Meinung: „Vierundzwanzig Türen“ ist ein literarischer Adventskalender von Klaus Modick.
Erzählt wird der Roman in zwei Handlungssträngen. In der Gegenwart, die gegen Ende der 1990er-Jahre spielt, steht die Vorweihnachtszeit im Hause des Ich-Erzählers im Fokus. So werden hier familiäre Weihnachtstraditionen, Vorbereitungen auf das Fest, aber auch Dispute innerhalb der Familie thematisiert. Denn: Der Erzähler verliert immer mehr den Draht zu seinen beiden jugendlichen Töchtern und kann sich nicht recht damit abfinden, dass sie bald erwachsen sind. Auch ihre „neumodischen“ Wünsche stoßen bei ihm auf Ablehnung (Da der Roman ursprünglich im Jahr 2000 erschien, ist er mit all seinen Dingen aus den 1990er-Jahren eine schöne Zeitkapsel für dieses Jahrzehnt). Der zweite Handlungsstrang wird durch die Bilder des Adventskalenders erzählt: Von einer personalen Instanz wird hier von einem Kriminalfall berichtet, der sich in der Nachkriegszeit zugetragen hat – und der ganz anders endet, als man vermutet. Die Entbehrungen und Schwierigkeiten der Nachkriegszeit werden in diesem Handlungsstrang detailliert beschrieben, sodass „Vierundzwanzig Türen“ auch Züge eines (zeit)historischen Romans erhält. Die beiden sich abwechselnden Erzählstränge verschränken sich in der Perspektive des Ich-Erzählers: Immer wieder wird der Ich-Erzähler durch die Bilder des Adventskalenders an seine eigene Jugend in der Nachkriegszeit erinnert, weshalb er über diese nachdenklich monologisiert und sie in Bezug zu der Kindheit seiner Töchter setzt. Oftmals schweift der Erzähler dabei auch in philosophische und entwicklungstheoretische Überlegungen ab. Der Schreibstil lässt sich flüssig lesen, besitzt aber einen literarischen Anspruch, der sich in Wortwahl und Satzbau zeigt. Insgesamt ist „Vierundzwanzig Türen“ ein unaufgeregt erzählter Roman, der einerseits weihnachtliche Stimmung aufkommen lässt, andererseits eine Reise in die Nachkriegszeit sowie in die 90er-Jahre ist.

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Veröffentlicht am 21.01.2023

Eine schaurige und humorvolle Fantasylektüre

Wilde Reise durch die Nacht
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Inhalt: Unversehens findet sich der 12-jährige Gustave in einer gefährlichen Situation wieder: Er ist der Kapitän eines Schiffes, der „Aventure“, die von einem Siamesischen Zwillingstornado angezogen wird. ...

Inhalt: Unversehens findet sich der 12-jährige Gustave in einer gefährlichen Situation wieder: Er ist der Kapitän eines Schiffes, der „Aventure“, die von einem Siamesischen Zwillingstornado angezogen wird. Dies kann nur mit dem Tod enden – was es auch tut. Denn plötzlich steht der Tod vor Gustave, der mit seiner Schwester Dementia um Gustaves Seele würfelt. Der Tod gewinnt, doch durch einen Einwurf der Dementia erfährt Gustave, dass es noch eine Möglichkeit gibt, dem Tod zu entrinnen: Er muss die sechs Aufgaben des Todes bewältigen – und zwar in einer Nacht. Ein wilder Ritt beginnt.

Persönliche Meinung: „Wilde Reise durch die Nacht“ ist ein Fantasyroman von Walter Moers. Anders als man vielleicht beim Namen „Walter Moers“ vermutet, handelt es sich nicht um einen Zamonien-Roman. Das Konzept von „Wilde Reise durch die Nacht“ ist aber nicht minder interessant. Der Protagonist des Romans, der 12-jährige Gustave, ist jener Gustave Doré, der später zahllose Werke der Weltliteratur illustrieren wird. Einige dieser Illustrationen, die unheimlich detailliert und schaurig gestaltet sind, finden sich auch in „Wilde Reise durch die Nacht“ abgedruckt Denn: Walter Moers wählte 21 Illustrationen aus dem umfangreichen Œuvre Dorés aus und bildete mit ihnen das Grundgerüst der Handlung. Anders formuliert: Die Illustrationen werden aus ihrem ursprünglichen Kontext entnommen und in einen neuen Zusammenhang gefügt. Auf diese Weise erschafft Moers eine abwechslungsreiche Handlung, die zudem an Gothic Novels des 19. Jahrhunderts erinnert. In „Wilde Reise durch die Nacht“ spielt der Humor allerdings eine größere Rolle als in den klassischen Gothic Novels: Neben dem Moers-eigenen Wortwitz handeln die z. T. skurrilen Figuren auch mal unkonventionell, wodurch die Handlung insgesamt an Unvorhersehbarkeit gewinnt. Der Erzählstil von Walter Moers ist gewohnt detailliert, sodass zügig ein schönes Kopfkino entsteht. Ergänzt wird die Romanhandlung durch einen Essay von Walter Moers, der die Entstehungsgeschichte von „Wilde Reise durch die Nacht“ skizziert und in Leben und Werk von Gustave Doré einführt. Insgesamt ist „Wilde Reise durch die Nacht“ eine fesselnde und schaurige Fantasylektüre, die auch mal unkonventionelle Wege geht.

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Veröffentlicht am 12.01.2023

Eine Sammlung unkonventioneller Weihnachtsgeschichten

Der Tannenbaum des Todes
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„Der Tannenbaum des Todes“ ist eine Sammlung verschiedener Weihnachtsgeschichten von Markus Heitz. Der Band umfasst knapp 40 Texte. Geeint werden die Texte durch die Weihnachtsthematik: Wir treffen auf ...

„Der Tannenbaum des Todes“ ist eine Sammlung verschiedener Weihnachtsgeschichten von Markus Heitz. Der Band umfasst knapp 40 Texte. Geeint werden die Texte durch die Weihnachtsthematik: Wir treffen auf den Weihnachtsmann, begeben uns in den weihnachtlichen Kaufrausch, besuchen Weihnachtsmärkte, bewundern Tannenbäume und gehen auf Weihnachtsfeiern. Allerdings: Die Herangehensweise an das Thema ist eher unkonventionell. Nikolaus und Weihnachtsmann sind selten nette Zeitgenossen, wenig funktioniert am Weihnachtsfest perfekt, die Weihnachtsfeiern enden in einem Desaster, oftmals kommt es zu Mord und Totschlag, immer sind die Geschichten mit einer Prise dunklem Humor gewürzt. Auch gattungsmäßig könnten die Geschichten kaum unterschiedlicher sein: So finden sich neben thrillerartigen Geschichten und Krimis auch Fantasyerzählungen und Gruselgeschichten. Ich kann im Folgenden natürlich nicht auf alle Geschichten eingehen. Ein paar werde ich euch aber vorstellen, damit ihr euch ein besseres Bild der Anthologie machen könnt (alle Geschichten lassen sich übrigens sehr angenehm und flüssig lesen). In „Das Weihnachtsmannkostüm“ sucht Wilfried Pappenheimer ein Kostüm für die anstehende Familienfeier – doch das Kostüm, welches er ausleiht, scheint von einem bösen Geist besessen zu sein. Die Geschichte „Böse Gewürze“, gemeinsam mit Christoph Marzi geschrieben, handelt von dem bestgehütetsten Geheimnis von Frau N: Ihr Rezept für den Gewürz-Lebkuchen, für das mancher töten würde. Das Schneeräumen wird in „Räumpflicht“ humorvoll aufs Korn genommen. In „OVP“ wird aus einem original verpackten Produkt ein Kriminalfall und in „Die unglaublichen Abenteuer von Advent-Man“ wird die Origin-Story eines neuen, längst benötigten (Ironie off) Superhelden erzählt. Wie gesagt: Der Inhalt von „Der Tannenbaum des Todes“ ist vielfältig: Aber: Der Humor und das „Böse“ stehen im Vordergrund; wer besinnliche oder gemütliche Weihnachtsgeschichten sucht, wird hier nicht fündig.

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Veröffentlicht am 12.01.2023

Eine schöne Sammlung weihnachtlicher Texte von Christie

Das Geheimnis des Weihnachtspuddings
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„Das Geheimnis des Weihnachtspuddings – Geschichten zum Fest“ versammelt sechs weihnachtliche Texte von Agatha Christie. Den Beginn macht „Nostalgische Weihnachtserinnerung“, ein zwei Seiten umfassender ...

„Das Geheimnis des Weihnachtspuddings – Geschichten zum Fest“ versammelt sechs weihnachtliche Texte von Agatha Christie. Den Beginn macht „Nostalgische Weihnachtserinnerung“, ein zwei Seiten umfassender Text, in dem Christie kurz auf das Weihnachtsfest, wie es bei ihrer Großmutter gefeiert wurde, eingeht. Es folgt „Das Geheimnis des Weihnachtspuddings“, der das Herzstück der Sammlung ist. Hercule Poirot erhält den Auftrag, einen königlichen Rubin wiederzufinden – dafür muss er Weihnachten auf dem Lande verbringen. Beim „Geheimnis des Weihnachtspuddings“ handelt es sich um eine klassische Whodunnit-Geschichte. Da sie an Weihnachten spielt – und auch typische britische Traditionen eine Rolle spielen –, kommt bei dieser Geschichte eine schön weihnachtliche Atmosphäre auf (Die Krimihandlung, die am Ende mit einem kleinen Twist auftrumpft, ist aber auch toll). Nach Poirots Geschichte folgt Miss Marple. In „Eine Weihnachtstragödie“ erzählt Miss Marple rückblickend von einem alten Fall, in dem sie dessen Ausgang erahnt hat, aber nicht verhindern konnte (auch dieser Kurzkrimi endet mit einer unerwarteten Wendung). Für die nächsten drei Texten verlassen wir Hercule Poirot und Miss Marple. So treffen wir in „Der Traum von Glück“ Edward Robinson, ein Mann, der eigentlich ein anderes Leben führen möchte als er tut. Ihn begleiten wir auf einem unverhofften Abenteuer, dessen Ausgang ihn und sein Leben verändern wird. Es folgt die Erzählung „Der unfolgsame Esel“, in dem der Esel, der in der Krippe Jesu stand, die Hauptrolle spielt. Den Abschluss des Bandes bildet das Gedicht „Ein Gruß“, ein freudiges Gedicht auf die Geburt Jesu. Das Highlight der Sammlung ist definitiv „Das Geheimnis des Weihnachtspuddings“ (auch, weil dort die größte Weihnachtsstimmung aufkommt); dicht gefolgt von „Eine Weihnachtstragödie“. Die anderen Texte sind eher „Beiwerk“ – aber dennoch ein schön zu lesendes.

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