Stilistik weiter etabliert
Du bist mein LieblingsgefühlVon Kyra Groh ist bislang eigentlich alles zuverlässig auf meiner Leseliste gelandet, weil ich ihren lustigen Schreibstil einfach sehr unterhaltsam fand und weil es sich wunderbar mit der Persönlichkeit ...
Von Kyra Groh ist bislang eigentlich alles zuverlässig auf meiner Leseliste gelandet, weil ich ihren lustigen Schreibstil einfach sehr unterhaltsam fand und weil es sich wunderbar mit der Persönlichkeit der Autorin gedeckt hat, die sie über Social Media durchscheinen lässt. Dementsprechend konnte ich mir bei ihr immer sicher sein, egal, was die Story ist, Unterhaltung ist garantiert. Dennoch war ich bei der „Alles“-Reihe, erschienen bei Loewe Intense, überrascht, dass Groh ihre Stilistik etwas angepasst und noch mehr auf ernste Themen setzt. Deswegen war ich gespannt, in welche Richtung wohl „Du bist mein Lieblingsgefühl“ gehen wird.
Der Einstieg in die Geschichte ist wirklich typisch Groh. Denn die frechen Sprüche knallen regelrecht nacheinander weg und ich hatte speziell an Nelas Freundesgruppe sofort großen Spaß entwickelt. Max wirkte dagegen etwas blasser, auch weil er für den Spaß in dem Buch auch nicht steht, aber er war von Anfang auch von einer gewissen Aura enthüllt, die später näher erläutert wird, und wo man einfach merkte, er ist vom Leben schon mehr gezeichnet und dadurch ernster. Und auch wenn so ein gewisses Ungleichgewicht zwischen den beiden Hauptfiguren herrschte, habe ich aus beiden Perspektiven abkaufen können, dass es Liebe auf den ersten Blick ist, weil Groh es sehr gut hinbekommen hat, die unterschiedlichen Gedankengänge der beiden überzeugend einzufangen. Aber bleiben wir erstmal noch kurz bei der Stilistik, auch wenn der Humor mehr von Nelas Seite kommt, Max hat auch entspannte Leute um sich und der Umgang miteinander wird auch schneller schon mal zum Slapstick. Auch wenn das Buch insgesamt nach hinten raus viel ernster wird, verliert sich der Witz dennoch nie und deswegen bin ich einfach wieder froh, dass Groh ihren klaren Stil so gut gefunden hat und immer wieder konsequent durchzieht.
Dieses riesige Missverständnis, dass beide glauben, dass sie jeweils heiraten, obwohl sie sich jeweils nacheinander sehnen, es passt natürlich zum humorigen Stil des Buchs, aber eigentlich könnte ich mir bei solchen Geschichten immer die Haare raufen. Zumal ein Problem dieser Art auch für ein gesellschaftliches Problem steht, dass einfach nicht mehr miteinander geredet wird. Und vielleicht regt mich das dann doch mehr auf, als dass es mich unterhält. Aber auch ohne dieses subjektive Empfinden glaube ich, dass die Geschichte manchmal in beiden Perspektiven zu separiert war. Die verliebten Gefühle schwirrten da schön durch die Luft, aber es gab zu wenig gemeinsame Szenen, um das weiter anzuheizen. So eine Szene wie mit der nicht funktionierenden Dusche, so dass Max bei Nela aufschlagen muss, die wird dann einfach abgebrochen. Das war also manchmal etwas unglücklich und hat damit in den ersten Teil gewisse Längen reingebracht. Dennoch finde ich es auch gut, dass bei Max, der länger im Irrglauben verharrt, immer der Gedanke da war, dass sie in einer Beziehung ist und es eine Grenze für sich selbst und für Nelas vermeintlichen Partner geben muss. So oft bekommt man doch den Eindruck vermittelt, dass Fremdgehen schon okay ist, wenn einen doch die Gefühle überwältigen, aber hier ist Max doch sehr konsequent und das mochte ich sehr!
Schließlich kommt es aber zur ersten großen klimatischen Szene und es ist gut, dass sie in der Mitte gesetzt wurde, um so das erste große Highlight zu haben. Gleichzeitig leitet das auch die zweite Hälfte ein, die eben wie angedeutet etwas ernster ist. Wir bekommen von Anfang an vermittelt, dass Nela – trotz ihrer mehr als glücklichen Eltern – gewisse Probleme mit sich als Beziehungsmensch hat. Erstmal fühlt sie einfach nur, weil alles so neu und elektrisierend ist. Aber auch in die erste tolle Zeit mit Max hinein sucht sie das ehrliche Gespräch (tja, wenn man das mit Reden einmal raushat ), aber die Zweifel werden immer größer, weil auch immer mehr die Angst ansteigt, verletzt zu werden. Ich konnte mich in Nela in diesen Situationen wirklich unfassbar gut hineinversetzen, weil ich vom Kopf her sehr ähnlich bin. Deswegen hat es mich berührt, wie intensiv Groh hier Nelas Perspektive beleuchtet hat und ich mich danach auch verstanden fühlte. Parallel habe ich natürlich auch Max' Sichtweise verstanden und es tat mir auch leid, weil er natürlich nicht verstehen konnte, was gerade läuft. Deswegen hat sich der Konflikt eben hochgeschaukelt. Es war dann aber auch schön, wie alles aufgelöst wurde. Unaufgeregt, bescheiden, lustig-charmant und so durfte alles auf der Note enden, wie es schon begonnen hat.
Fazit: „Du bist mein Lieblingsgefühl“ ist von Kyra Groh wieder ein überzeugender Roman, mit dem sie weiter die gelungene Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit etabliert. Auch wenn das Missverständnis und wie lang sich dadurch gewisse Teile gezogen haben, nicht meins per se war. Insgesamt bleibt die Unterhaltung und die Bewunderung dafür, wie authentisch Groh Nelas Perspektive dargestellt hat.