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Fever

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.01.2023

Sehr langsam und eher repetitiv erzählt

Schwerer als das Licht
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Wer nach einem Buch sucht, das Atmosphäre aufbauen kann, wird Tanja Raichs „Schwerer als das Licht“ sicher mögen. Wer allerdings auch einige Fragen beantwortet haben möchte und Wert auf Handlung und Spannungsbogen ...

Wer nach einem Buch sucht, das Atmosphäre aufbauen kann, wird Tanja Raichs „Schwerer als das Licht“ sicher mögen. Wer allerdings auch einige Fragen beantwortet haben möchte und Wert auf Handlung und Spannungsbogen legt, ist vielleicht bei diesem schmalen und nicht ganz einfachen Büchlein nicht an der richtigen Adresse.

Die Grundidee dieses Romans, der sich als dystopisches Nature Writing ausgibt, ist eigentlich in sich extrem spannend: Eine namenlose Frau strandet ohne Angabe von Gründen auf einer einsamen Insel und gerät bald in Konflikt mit der örtlichen Bevölkerung. Ihr Kampf ums Überleben wird in einem sprunghaften Hin und Her der Zeitebenen erzählt, wobei die umgebende Natur eine prominente Rolle spielt, die im Sterben begriffen zu sein scheint. Eigentlich hochinteressant – nur, dass diese Mysterien nicht einmal im Ansatz aufgeklärt werden.

Tanja Raichs Roman krankt vor allem an einem Zuviel an sich oft wiederholenden Beschreibungen der Natur und des Verhältnisses ihrer Protagonistin dazu und einem Zuwenig an Handlung und Aufklärung. Das zunächst reizvolle enigmatische Moment der Erzählung (Woher kommt die Frau? Wer ist sie? Warum ist sie gestrandet? Was wollen die Einheimischen? Was ist mit der Natur los?) wird schnell ermüdend, weil keine dieser Fragen auch nur ansatzweise beantwortet wird. Das lässt die Erzählung schnell statisch wirken und – trotz der Kürze des nicht mal 200 Seiten starken Büchleins – leider auch ein wenig langweilig.

„Schwerer als das Licht“ bleibt geradezu schmerzhaft interpretationsoffen, was leider weniger gut funktioniert, da zu wenige mögliche Interpretationen überhaupt angeboten werden. Dadurch wirken die an sich oft ästhetischen sprachlichen Bilder irgendwann beliebig und vom Narrativ losgekoppelt. Ein Buch, das leider schnell wieder vergessen sein wird und trotz Potenzial keine große Wirkmacht entfalten kann.

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Veröffentlicht am 06.11.2022

Tolles Konzept, leider nichtssagend umgesetzt

Die Perspektive des Zwielichts
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Die Kurzgeschichtensammlung „Die Perspektive des Zwielichts“ von Andrea Fehringer und Thomas Kopf hat eigentlich eine sehr reizvolle Grundidee: fünf Szenarien, die einmal als Horrorstory und einmal aus ...

Die Kurzgeschichtensammlung „Die Perspektive des Zwielichts“ von Andrea Fehringer und Thomas Kopf hat eigentlich eine sehr reizvolle Grundidee: fünf Szenarien, die einmal als Horrorstory und einmal aus humorvoller Perspektive erzählt werden. Dass das Duo jedoch weder in der einen noch der anderen Sparte brilliert, macht das Buch leider schnell eintönig und dröge.

Gerade das erste Szenario des Buchs bietet eigentlich sehr viel Raum für Grusel und schwarzen Humor: Eine Frau kommt zu einem Tierpräparator und möchte ihren Mann ausstopfen lassen. Die Horrorgeschichte verkommt leider schnell zu einem eher mittelprächtigen Krimi, die humorvolle Variante zeigt sich erschreckend humorbefreit und ohne rechte Aussage. Insgesamt ist die schriftstellerische Qualität bei den Horrorgeschichten etwas höher: Sie brillieren zwar auch nicht gerade durch Einfallsreichtum und Atmosphäre, sind aber stilistisch durchaus flüssig zu lesen. Interessant für Horrorfans sicher auch diese Information: Es geht hier fast nie übernatürlich zu, meist handelt es sich um härtere Kriminalgeschichten. Im Humorsegment fehlt hingegen nicht nur der Witz, sondern vor allem das Gespür für Timing und Struktur. Die Geschichten dümpeln ohne rechten roten Faden dahin und bleiben vor allem nichtssagend.

Eine positive Ausnahme bei dieser insgesamt leider enttäuschenden Leseerfahrung bildet die titelgebende letzte Horrorgeschichte „Eine Perspektive des Zwielichts“. Hier kommt tatsächlich Atmosphäre und so etwas wie Gänsehaut auf, wenn wir die junge Austauschschülerin Vicky auf einem Horrortrip zu ihrer US-amerikanischen Gastfamilie begleiten. Einzig diese (erfreulicherweise recht lange) Geschichte rettet dem Buch zumindest zwei Sterne.

Insgesamt leider eine wenig überzeugende Umsetzung eines eigentlich sehr reizvollen Konzepts, die weder Grusel noch Gelächter aufkommen lässt. Abgesehen von der letzten Horrorgeschichte keine lesenswerte Kurzgeschichtensammlung.

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Veröffentlicht am 17.10.2022

Ein aus der Zeit gefallener italienischer Krimi – Chauvinismus pur!

Schatten der Vergangenheit
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Mit Commissario Casabona schickt Antonio Fusco in „Schatten der Vergangenheit“ einen Protagonisten ins Rennen, der leider schnell zum Stereotyp eines italienischen Machos verkommt. Zwar kann der Krimi ...

Mit Commissario Casabona schickt Antonio Fusco in „Schatten der Vergangenheit“ einen Protagonisten ins Rennen, der leider schnell zum Stereotyp eines italienischen Machos verkommt. Zwar kann der Krimi durchaus mit einer interessanten Kriminalhandlung punkten, die platten Figuren und das hochproblematische Frauenbild des Romans zerstören jedoch jegliche aufkommende Atmosphäre.

Casabona wird verdächtigt, den Liebhaber seiner Ex-Frau ermordet zu haben und muss daher vor der Justiz fliehen – was gar nicht so einfach ist, denn es handelt sich um seine eigenen Freunde und Kollegen. Um seinen guten Namen reinzuwaschen, stellt er auf eigene Faust Ermittlungen an und muss gleichzeitig versuchen, seinen Kollegen immer einen Schritt voraus zu sein. Auf der Suche nach der Wahrheit und Unterstützung von Menschen, denen er vertrauen kann, muss er rasch feststellen, dass die italienische Unterwelt ihre Finger im Spiel hat.

Trotz der Kürze des Romans hat dieser Krimi auf Handlungsebene durchaus einiges zu bieten. Vor allem zu Beginn macht es großen Spaß, Casabona dabei zu begleiten, wie er seine Kollegen bei der Polizei an der Nase herumführt, um sich der Verhaftung zu entziehen. Der Lesespaß wird aber leider bald ruiniert von dem desaströsen Frauenbild, das nicht nur in Casabonas Perspektive, sondern auf jeder Seite durchschimmert – man hätte eigentlich hoffen dürfen, dass Haltungen wie „Ich verstehe die Frauen nicht, und sie sind alle gleich“ irgendwann mal aus der Literatur verschwinden würden, aber weit gefehlt. Frauen tauchen bei Fusco nur als (betrügerische) Geliebte auf, die den tiefgründigen Herzschmerz des tragischen Helden zu verantworten haben. Persönlichkeit oder Charakter gönnt er keiner der spärlich gesäten Frauenfiguren. Stattdessen ergeht sich Casabona regelmäßig in ausführlichen melodramatischen Ergüssen über die Härten des Lebens. Das ist vor allem insofern schade, als es dem Autor durchaus gelingt, mit einem flüssigen Schreibstil Spannung aufzubauen, jedoch kann man seine stereotypen Figuren leider einfach nicht ernst nehmen.

Ein Krimi, der sich leider liest, als wäre er vor mindestens sechzig Jahren geschrieben worden und hätte das Gesellschaftsbild dieser Zeit mitgebracht. Trotz Potenzial in der Handlung eine enttäuschende Lektüre.

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Veröffentlicht am 30.09.2022

Ein Roman über das Suhlen im Selbstmitleid

Bullauge
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Mit „Bullauge“ richtet sich Friedrich Ani offenkundig an eine ganz spezielle Zielgruppe: Mit seinem Protagonisten Kay Oleander können sich wohl nur Männer jenseits der Midlife-Crisis identifizieren, die ...

Mit „Bullauge“ richtet sich Friedrich Ani offenkundig an eine ganz spezielle Zielgruppe: Mit seinem Protagonisten Kay Oleander können sich wohl nur Männer jenseits der Midlife-Crisis identifizieren, die das Gefühl haben, obsolet zu werden. Leider weder inhaltlich noch stilistisch ein gelungener Roman.

Der Klappentext von „Bullauge“ führt ein wenig in die Irre, suggeriert er doch interessante Zwiegespräche zwischen dem Polizisten Kay und der rechts-sympathisierenden Demonstrantin Silvia und eine spannungsgeladene Handlung bei den Ermittlungen zu einem politisch motivierten Anschlag. Ein Großteil des Buchs dreht sich jedoch darum, wie Oleander sich in seiner Wohnung oder bei Spaziergängen durch die Stadt im Selbstmitleid suhlt, wobei es manchmal um den teilweisen Verlust seiner Sehkraft (das Resultat eines vermeintlich von Silvia getätigten Flaschenwurfs bei einer Demo) geht, meist jedoch um die Ungerechtigkeit der Welt im Allgemeinen. Erst im letzten Drittel kommt allmählich Spannung auf, und es werden interessante Fragen berührt, etwa wie und warum Silvia überhaupt in dieses rechte Milieu abdriften konnte. Bis dahin muss man sich aber erst einmal durcharbeiten, und das ist mühselig, vor allem auch aufgrund des über-ernsthaften Erzähltons, der dabei angeschlagen wird.

Mit Kay Oleander hat Friedrich Ani eine durchweg unnachvollziehbare Persönlichkeit geschaffen, die keinerlei Sympathien aufkommen lässt. Als junge Frau ist es mir absolut unmöglich, mich mit seinen Gedanken zu identifizieren – es wirkt geradezu, als erzähle der Autor absichtlich gerade so an authentischen menschlichen Emotionen vorbei. Die Trostlosigkeit und Monotonie seiner Existenz wird dermaßen breit ausgebreitet, dass der Zugang zum Roman schwerfällt, denn er findet rein durch das Innenleben seines Protagonisten statt. Vor allem in der ersten Hälfte gibt es kaum Dialoge oder Handlungselemente, die von seinem Elend ablenken könnten. Rausreißen kann das letzte Drittel zwar nicht mehr viel, aber immerhin gibt es einem zum Schluss das Gefühl, die Lektüre habe sich wenigstens ein bisschen gelohnt.

Ein Roman, der aufgrund seines unnachvollziehbaren Protagonisten und der relativen Handlungsarmut leider wenig zu bieten hat. Lohnenswert ist eigentlich nur das letzte Drittel!

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Veröffentlicht am 30.08.2022

Keine ganz stimmige Mischung

Das Dunkle bleibt
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„Das Dunkle bleibt“ ist eine Coproduktion aus den Federn von William McIlvanney und Ian Rankin. Es handelt sich um die unvollendete Prequel zu McIlvanneys Inspector-Laidlaw-Reihe, deren Vollendung sich ...

„Das Dunkle bleibt“ ist eine Coproduktion aus den Federn von William McIlvanney und Ian Rankin. Es handelt sich um die unvollendete Prequel zu McIlvanneys Inspector-Laidlaw-Reihe, deren Vollendung sich Ian Rankin annahm. Das Ergebnis ist ein nicht ganz überzeugendes Gemisch zweier hervorragender Autoren.

Mit Inspector Laidlaw hat William McIlvanney einen unangepassten Charakter geschaffen, der mit seiner ganz eigenen Art auf Glasgows Straßen für Gerechtigkeit sorgt: ein Einzelgänger, der gerne unkonventionell arbeitet und ein erstaunlich gutes Verhältnis zur Glasgower Unterwelt pflegt. In „Das Dunkle bleibt“ muss er dabei mit besonderem Bedacht vorgehen, denn der Mord an einem zwielichtigen Anwalt schlägt hohe Wogen und droht, einen Bandenkrieg zu entfachen.

Im Vergleich zu McIlvanneys anderen Büchern der Reihe bleibt Laidlaw in „Das Dunkle bleibt“ regelrecht blass. Seine typischen Verhaltensweisen sind alle da, aber sie sind weniger raffiniert umgesetzt und eingebunden, und auch sein typischer teils trockener, teils rauer Humor kommt zu kurz. Hinzu kommt ein Kriminalfall, der zwar durchaus Spannung aufkommen lässt, aber oft wenig strukturiert wirkt: Trotz der relativen Kürze des Buchs taucht eine Unmenge von (Neben-)Charakteren auf, die einen beim Lesen schnell den Überblick verlieren lassen und eine Identifikation mit einzelnen Figuren erschweren. Zwar halten die Ermittlungen schlussendlich noch einige Überraschungen bereit, aber ein echtes Erfolgsgefühl stellt sich dabei nicht ein. Auch McIlvanneys sonst so rau-poetische Sprache wirkt in der Prequel verwässert.

Am Ende dieses Noir-Krimis bleibt leider nur die ernüchternde Feststellung, dass man McIlvanneys Manuskript besser in seiner Schreibtischschublade gelassen und sich stattdessen an seinen ausgereiften Romanen erfreut hätte. Leider kein begeisterndes Buch!

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