Profilbild von Magnolia

Magnolia

Lesejury Star
offline

Magnolia ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Magnolia über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.02.2023

Rassismus

Salomés Zorn
2

In einem kleinen Ort in den Niederlanden lebt die 16jährige Salomé mit ihrer Familie. Das nächste halbe Jahr jedoch verbringt sie im Donat, so nennen sie aufgrund der Bauweise die Jugendstrafanstalt. Wenn ...

In einem kleinen Ort in den Niederlanden lebt die 16jährige Salomé mit ihrer Familie. Das nächste halbe Jahr jedoch verbringt sie im Donat, so nennen sie aufgrund der Bauweise die Jugendstrafanstalt. Wenn alles glatt läuft, kann sie telefonieren. Hast sie Mist gebaut, muss sie darauf verzichten. Wie kommt sie hierher? Was hat sie getan? Als Tochter eines Kameruners und einer Niederländerin wird sie seit jeher ausgegrenzt und nicht nur das, sie wird gemobbt, das Gefühl, weniger als die anderen wert zu sein, kennt sie nur zu gut. „Es ist wichtig, dass du dich nicht zum Opfer machen lässt, sagt Papa, während er zeigt, wie sie zuschlagen muss.“ Schon von klein auf muss sie sich verteidigen, ihre dunkle Hautfarbe macht sie angreifbar.

Rassismus und die einhergehende Diskriminierung zieht Gewalt nach sich, Simone Atangana Bekono beschreibt dies eindringlich. Salomés Zorn spürt man in jeder Zeile. Sie ist intelligent, stößt aber immer wieder an ihre Grenzen. Irgendwann wird sie vom Opfer zum Täter, eins kommt zum anderen, sie kann nicht anders. Und so landet sie in dieser Jugendstrafanstalt, auch hier steht nicht alles zum Besten. Sie hat Zeit, nachzudenken, sie reflektiert ihr bisheriges Leben.

Je besser ich Salomé kennenlerne, je mehr ich von ihr weiß, desto eher kann ich sie verstehen. Die Sprache ist zuweilen derb, es ist die Ausdrucksweise der Heranwachsenden und passt perfekt in das Bild, das sich mir von ihr erschließt. Sie trägt sehr viel Wut in sich, ihr Vater stachelt diese zusätzlich an. Seine Ratschläge, mittendurch zu schlagen, schnell und stark zu sein, sich nie zu beklagen, sind eher kontraproduktiv. Solche Denkweisen befördern Gewalt, auch wenn er eher damit meint, dass sie sich nicht zu ducken braucht, so ist sie doch in einer Phase der Selbstfindung. Gewalt mit Gegengewalt zu vertreiben, ist der absolut falsche Weg.

In Bekonos Debütroman habe ich mich erst einlesen müssen. Ihre Titelheldin träumt sich weg, erinnert sich zwischendurch an die Schulzeiten, an ihre Tante Céleste und ihre Familie. Frits, ihr Therapeut, fordert sie heraus, ihre Gespräche machen sie zornig. Salomé erzählt von ihrem Vater, der sie lehrt, sich auch gegen Menschen wie ihn zu verteidigen. Ausgerechnet Frits hat in einer, wie er es jetzt herunterspielt, spaßigen Show mitgemacht, in der der Rassismus die entscheidende Rolle spielt.

Simone Atangana Bekono macht „Salomés Zorn“, macht Rassismus und die damit einhergehende Ausgrenzung, greif- und begreifbar. Auf die Geschichte dieses Mädchens sollte man sich einlassen, die sprunghafte Erzählweise macht es jedoch nicht gerade einfach, im Buch zu bleiben. So einiges wird angedeutet, jedoch nicht explizit weitergeführt, was verwirrend ist und doch auch nachdenklich stimmt. „Du musst deiner Faust folgen“ ist niemals ein Mittel, Rassismus zurückzudrängen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.01.2023

Unterhaltsames Hörbuch

Ostfriesengier
2

Ihre Amtseinführung hat sich Elisabeth Schwarz, ihres Zeichens neue Polizeidirektorin, auch anders vorgestellt. Kaum hat sie ihre Rede begonnen, explodiert das Auto des BKA-Beamten Dirk Klatt. Ein neuer ...

Ihre Amtseinführung hat sich Elisabeth Schwarz, ihres Zeichens neue Polizeidirektorin, auch anders vorgestellt. Kaum hat sie ihre Rede begonnen, explodiert das Auto des BKA-Beamten Dirk Klatt. Ein neuer Fall steht an für Ann Kathrin Klaasen und für Klaus-Peter Wolf ist es der 17. Ostfriesen-Krimi.

Das ungekürzte Hörbuch wird vom Autor gesprochen – besser geht´s nicht. Seine angenehme Stimme hat mich gleich mal für ihn und seine Romanfiguren eingenommen. Er kennt sie natürlich alle in- und auswendig, weiß, was hervorgehoben, was betont werden muss. Schon allein sein Vortrag macht das Hörbuch zum Genuss.

Ein brisanter Fall für die Hauptkommissarin Ann Kathrin Klaasen. Nicht alle Ostfriesen-Krimis, aber so etliche, habe ich gelesen, diese „OstfriesenGIER“ ist mein erstes Hörbuch hierzu, es wird aber bestimmt nicht das letzte in dieser Reihe sein, sie wird fortgesetzt und ich bin auf den Hör-Geschmack gekommen. Klaus-Peter Wolf unterhält nicht nur schreibend, auch seinen Vortrag kann ich sehr empfehlen. Schon der Anfang stimmt auf die Lokalität ein, das Meer höre und sehe ich direkt vor mir.

Den Mord erlebe ich hautnah, auch aus Sicht des Mörders. Es passiert eine ganze Menge, es wird garantiert nicht langweilig. Ein Möchtegern-Gigolo ist gar nicht so nett, wie es den Anschein hat. Auch gilt es zu klären, warum Ann Kathrin Klaasen auf den Aufstieg zur Polizeidirektorin verzichtet hat. Es gibt so manch zwielichtige Gestalt, der man nicht unbedingt begegnen möchte. Trotz Mord ist die Story unterhaltend, wenn auch teilweise überzeichnet. Vor allem das devote Gebaren passt nicht in ein Frauenbild, wie es heute gang und gäbe ist. Abgesehen davon hat mich der neue Ostfriesen-Krimi wieder gut und spannend unterhalten. Ein kurzweiliges Hörvergnügen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.01.2023

Fantasy-Auftakt

Die Tausend Leben des Ardor Benn
2

Nichts ist unmöglich, kein Abenteuer zu gewagt für Ardor Benn, den Meister von List und Tücke. Der außergewöhnliche Gentleman-Gauner, wie er sich selbst bezeichnet, ist nicht nur risikofreudig und gewitzt, ...

Nichts ist unmöglich, kein Abenteuer zu gewagt für Ardor Benn, den Meister von List und Tücke. Der außergewöhnliche Gentleman-Gauner, wie er sich selbst bezeichnet, ist nicht nur risikofreudig und gewitzt, er hat auch einen messerscharfen Verstand. Eines Tages erhält er von dem Eiland Halavend, einem Priester, einen Auftrag, der fast nicht durchführbar scheint. Zusammen mit Raek, seinem guten Freund und Mitstreiter sowie Quarra, ihres Zeichens Diebin, ersinnt Ard einen genialen Plan.

Die ersten Seiten musste ich direkt nochmal lesen, zum Hineinfinden war dies zwingend notwendig. Es war ein Hineintasten ins Buch, in ein für mich nicht alltägliches Genre. Dies ging erstaunlich schnell, auch war die Karte anfangs hilfreich, ich hab da immer mal wieder vorgeblättert, um auch räumlich den Überblick nicht zu verlieren. Auch die Charaktere waren zunächst ungewohnt, aber gut beschrieben, sodass ich mir zu jedem ein Bild machen konnte. Gewitzte Figuren wie etwa die Verkleidungsschöpfer Elbig und Cinza sind lebendig beschrieben, die Besten ihres Fachs, auch wenn sie zuweilen direkt unheimlich scheinen.

"Glimmer und Granit". Malm in seiner Vielfalt kann alles wie etwa Heilungsmalm, der den Körper kuriert. Flüstermalm, der nichts nach draußen dringen lässt oder den oftmals hilfreichen Barrieremalm, der die einen einsperrt und die anderen nicht eindringen lässt. Die Drachen sind hierfür vonnöten, sie drohen auszusterben.

Ja, Ardor Benn hat viele Leben, er muss sich immer wieder beweisen, sich mit List und Tücke aus so manch auswegloser Situation heraus manövrieren und zudem seinen Auftrag erfüllen. Der 800-Seiten-Fantasy-Schmöker hat es in sich – der einnehmende Schreibstil ist gut lesbar, die Story spannend und wendungsreich. Dem Gentleman-Gauner bin ich gerne gefolgt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.01.2023

Vom Finden zu sich selbst

Das glückliche Geheimnis
2

Warmherzig und sehr offen erzählt Arno Geiger von sich. Vom Finden zu sich selbst und vom Suchen nach immer neuem Lesestoff ist er unterwegs in Wien, immer dem von anderen Weggeworfen auf der Spur. Eine ...

Warmherzig und sehr offen erzählt Arno Geiger von sich. Vom Finden zu sich selbst und vom Suchen nach immer neuem Lesestoff ist er unterwegs in Wien, immer dem von anderen Weggeworfen auf der Spur. Eine Autobiographie.

Er ist jung, das Geld immer Mangelware. Aber aufs Lesen will er nicht verzichten und so sind ihm die Bücher, die er in Wiens Container findet, mehr als willkommen. Bald sind diese Streifzüge sowas wie Alltag, viele von seinen erbeuteten Schätzen verkauft er nach dem Lesen auf Flohmärkten, eine nicht zu unterschätzende Einnahmequelle.

Schreiben ist seit jeher seine Leidenschaft, lange ist er der unbekannte Literat, aber aufgeben ist keine Option. Der Erfolg stellt sich ein, Arno Geiger ist mittlerweile ein anerkannter und mit Preisen ausgezeichneter Schriftsteller. Diese literarische Seite mit allen Höhen und Tiefen zieht sich durchs Buch, gefühlt bin ich sehr oft mit ihm unterwegs, um all die Bücher, die alten Briefe und die vielen Schriften zu retten, die anderen nichts mehr wert sind.

Daneben oder besser gesagt dazwischen erfahre ich von seinen Frauen, immer vorne dabei K., mit der er es nach vielen Irrungen und Wirrungen in den Hafen der Ehe geschafft hat. Auch von seinen Eltern gibt er viel preis, für mein Empfinden fast zu viel. Seine Eltern gehören zu ihm und er zu ihnen, man spürt ihre tiefe Verbundenheit.

Der Autor macht sich und sein Leben sichtbar, dabei gelingt es ihm, den richtigen Ton zu treffen. Es ist ein kurzweiliges Porträt über ein erfülltes Dasein geworden, sein Leben ist geprägt von und mit seinen Büchern. Den gelesenen und denen, die ihn zum Schreiben inspiriert haben.

Arno Geigers glücklichem Geheimnis bin ich hörend gefolgt, gesprochen von Matthias Brandt, dem herausragenden Schauspieler und Hörbuchinterpreten. Ich kenne und schätze ihn sehr, er ist immer ein Gewinn. Ihm habe ich gerne zugehört, er hat mir „Das glückliche Geheimnis“ aufs Beste nahegebracht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.01.2023

Angriff im Morgengrauen

Die Kinderklinik
2

Ein ganz normaler Arbeitstag sollte es werden. Hannah Kaufman ist spät dran, sie wird noch unterwegs informiert, dass Schüsse in der Nähe der Kinderabteilung des Universitätsklinikums gemeldet wurden. ...

Ein ganz normaler Arbeitstag sollte es werden. Hannah Kaufman ist spät dran, sie wird noch unterwegs informiert, dass Schüsse in der Nähe der Kinderabteilung des Universitätsklinikums gemeldet wurden. Wie sich bald herausstellt, hat das Terrorkommando ‚Schwarze Flagge‘ das gesamte Kinderkrankenhaus in seiner Gewalt. Sie wollen 39 Personen freipressen, diese sollten dann mit weiteren Personen aus dem KH nach Doha ausgeflogen werden. Die Terroristen riegeln das gesamte Gebäude mit Sprengstoff ab. Sollte ihrer Forderung nicht unverzüglich Folge geleistet werden, wird jede Stunde ein Kind hingerichtet. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.

Die Einsatzleitung vor Ort obliegt Hannah.

Ein Szenario, das schrecklicher nicht sein kann. Die Autoren nehmen ihre Leser direkt mit in die Höhle des Löwen. Dass die Angreifer nicht lange fackeln, demonstrieren sie auf blutige Weise.

Die unspektakuläre, etwas langatmige Einführung hat mit dem weiteren Verlauf wenig zu tun, aber bald darauf bin ich versöhnt, das Hauptaugenmerk liegt auf die von den Terroristen festgehaltenen Kinder und deren Eltern im Wechsel zu der fieberhaften Polizeiarbeit. Die Spannung ist hoch, ich habe das Buch an zwei Abenden gelesen, mochte und konnte es nicht weglegen.

Zugegeben, es gibt so einige überzogene Momente, in der sich etwa die Hauptfigur inmitten eines Spezialeinsatzkommandos befindet. Die Planung mit Architekten und KH-Leitung dagegen ist gut durchdacht und glaubhaft dargelegt, die angespannte Atmosphäre mit Händen greifbar. Die Nebenstory um eine übereifrige, zu allem entschlossene Journalistin ist gut ins Geschehen integriert, ich hab mich wegen ihres skrupellosen Einsatzes mächtig aufgeregt. Die Ansicht auf die Terroristen ist gut gelungen, auch die Planung um die Freilassung der Inhaftierten ist nachvollziehbar. Der Anführer der Terroristen, der sich Aslan nennt, ist schwer greifbar. Er ist überall, hat seine Leute im Griff und doch kommt man ihm nicht nahe, er ist der Polizei immer mindestens einen Schritt voraus.

Trotz einiger Kritikpunkte hat mir das Buch gefallen, die Spannung war durchgehend da. Ein Thriller, nichts für Zartbesaitete.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere