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Veröffentlicht am 25.01.2023

Highway der toten Frauen

Frostmond
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Von "Indianerromantik" kann in Frauke Buchholz´Debütroman "Frostmond" keine Rede sein, auch wenn es um die Welt der Indigenen im heutigen Kanada geht, ganz besonders der Cree Indianer im Norden Quebecs. ...

Von "Indianerromantik" kann in Frauke Buchholz´Debütroman "Frostmond" keine Rede sein, auch wenn es um die Welt der Indigenen im heutigen Kanada geht, ganz besonders der Cree Indianer im Norden Quebecs. Hierher bricht der meist mürrische und mit zahlreichen Vorurteilen behaftete Profiler Ted Garner aus der Prärieprovinz Saskatchewan auf sich.

Mit dem frankokanadischen Polizisten LeRoux von der Sureté in Montreal bildet er nicht gerade ein Ermittlerduo, bei dem die die Chemie stimmt: LeRoux steckt mitten in der Midlifecrisis, nimmt es mit der Arbeitsmoral nicht so genau und verbringt während eines angeblichen Zahnarzttermins in der Mittagspause die Zeit auch schon mal in einem Stundenhotel mit einer Affäre. Garner ist für ihn eine Spaßbremse. Und französisch spricht der Anglokanadier auch nicht.

Doch angesichts ihres Falls müssen die beiden ihre Animositäten beiseite legen. In Montreal ist im St Lorenz Strom die Leiche einer jungen Indianerin angeschwemmt worden, mit aufgesetztem Kopfschuss ermordet, Drogen im Orgaismus, offensichtlich schwer misshandelt und schwanger. Die Art der Tötung erinnert an ähnliche Fälle entlang des Transkanada Highway: Indigene Frauen, meist Prostituierte, häufig vor dem Mord vergewaltigt oder misshandelt. Mindestens drei Fälle in der Provinz Quebec scheinen zusammenzuhängen.

Auf der Suche nach dem Mörder begleiten die beiden Polizisten den Sarg des toten Mädchens, das erst 15 Jahre alt war, in das Cree Reservat, in dem ihre Familie lebt. Die Zustände sind desolat: Beide Eltern sind schwere Alkoholiker, die jüngeren Geschwister wachsen völlig verwahrlost auf, der Vater hat Jeannette mit ihren Misshandlungen in die Flucht getrieben. Nur der Cousin des Mädchens, der als traditioneller Jäger lebt und von seinem Großvater die "alten Wege" seines Volkes gelernt hat, will Jeannette rächen und ihren Mörder finden.

Die Handlung folgt zwei Strängen - den offiziellen Ermittlungen der Polizei und der Jagd des Cousins nach dem Täter, die ihn in die ungeliebte Großstadt der Weißen führt. Hier geht es nicht nur um einen Serienmord, sondern auch gleich mehrfach um Kulturclashs, allen voran dem zwischen der Welt der Indigenen und der Mehrheitsgesellschaft, aber auch zwischen Anglo- und Frankokanadiern. Und selbst innerhalb der Indigenen ist die Solidarität begrenzt, distanzieren sich Innuit von Indianers oder gibt es Spannungen innerhalb der Reservation.

Der Plot von "Frostmond" ist gut entwickelt und sorgt wiederholt für überraschende Wendungen. Frauke Bucholz kommt zwar aus Deutschland, hat sich aber offensichtlich ausgiebig mit der kanadischen Gesellschaft im allgemeinen und der Realität der Indigenen im besonderen befasst. Manches, was sie anspricht und beschreibt, ist beispielsweise auch immer wieder Thema in den Büchern des Ojibwe-Autors Richard Wagamese.W.P. Kinsella wurde im Zuge der woke-Diskussionen ja bereits kulturelle Aneignung im Zusammenhang mit seinen Kurzgeschichten über eine Clique junger Cree vorgeworfen. Angsichts dieses Kanada Noir sollte jedenfalls nicht bekrittelt werden, dass die Autorin weiß und nicht einmal Kanadierin ist: Frostmond ist spannend, düster, gut geschrieben und in der Hörbuchversion von Sprecherin Brigitte Carlsen auch ausgesprochen hörbar interpretiert.

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Veröffentlicht am 14.01.2023

schnelle und unkomplizierte vegane Küche

Schnell mal vegan
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Mit "schnell mal vegan" hat Katharina Seiser ein Kochbuch geschrieben, dass gerade für Menschen mit wenig Zeit und möglicherweise auch wenig Kocherfahrung geschrieben ist: Die Mehrheit der Rezepte ist ...

Mit "schnell mal vegan" hat Katharina Seiser ein Kochbuch geschrieben, dass gerade für Menschen mit wenig Zeit und möglicherweise auch wenig Kocherfahrung geschrieben ist: Die Mehrheit der Rezepte ist in 30 Minuten umzusetzen, die Zutatenliste ist unkompliziert und dank der Gliederung der Rezepte in die Jahreszeiten ist es einfach, sich saisonal und überwiegend auch regional zu ernähren. Das meiste, was hier verarbeitet wird, ist in jedem Supermarkt zu bekommen und erfordert keine Expedition in Spezialitätenshops.

Zugleich ist hier ein "back to the basics" zu erkennen: Hier wird nicht versucht, mit veganen Mitteln Fleisch-Look zu erzielen (etwas, wwas mich bei plant-based Burgern, Würsten, Schnitzeln usw immer wieder verwundert, vor allem, da die Produkte dann womöglich durch eine ganze Reige von Verarbeitungsschritten gegangen sind, statt einfach auf pure pflanzliche Zutaten zu setzen, die auch nach Pflanze aussehen dürfen). Hülsenfrüchte, aber auch Reis und Brot spielen eine wichtige Rolle, für Carb-Verächter ist das Buch also womöglich weniger geeignet.

Vielleicht wenig überraschend: Vieles ist von türkischen, sonstig mediterranen und asiatischen Gerichten inspiriert, es gibt aber auch Herzhaftes - im aktuellen Winterkapitel lockte mich etwa gleich die Pilzsuppe, ein wärmender Eintopf, der gut in die Jahreszeit passt. Mit reichlich Suppen und Salaten geht es nicht nur schnell, sondern auch leicht zu, das gilt besonders für die Frühjar- und Sommerrezepte, die bei heißen Temperaturen gerne so ausfallen fürfen, dass der Verdauungsprozess nicht für zusätzliche Schlappheit sorgt.

"Schnell mal vegan" überzeugt durch Alltagstauglichkeit und ist schnell und unkompliziert umzusetzen. Da die Autorin Österreicherin ist, hatte ich nur ab und an Verständnisprobleme, etwa als ich mich fragte: Was ist eigentlich Stängelkohl? (es handelt sich offenbar um Broccoli)

An dem Buch überzeugt mich zudem, dass es weder missionarisch noch dogmatisch ist. Ich denke, damit ist es auch ein niedrigschwelliges Angebot an alle diejenigen, die gerne mal vegane Küche ausprobieren wollen, ohne deshalb den gesamten Inhalt ihres Vorratsschranks auf den Prüfstand stellen zu müssen. Wer ohnehin wie ich aus der überwiegend vegetarischen, im übrige flexitarischen Ecke kommt, fühlt sich gut abgeholt.

Veröffentlicht am 19.12.2022

Love Kills

Wir zerstören dich
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Love kills, das sang schon Freddy Mercury. In "Wir zerstören dich" von Peter James stehen finanzieller Ruin oder gar ein grausamer Tod an der Stelle der erhofften Liebe. Detective Superintendent Roy Grace ...

Love kills, das sang schon Freddy Mercury. In "Wir zerstören dich" von Peter James stehen finanzieller Ruin oder gar ein grausamer Tod an der Stelle der erhofften Liebe. Detective Superintendent Roy Grace ermittekt zu einem angeblichen Suizid, der bei näherem Hinsehen aber Verdacht erregt. Denn die wohlhabende ältere Witwe, die erhängt in ihrer Wohnung gefunden wurde, hatte über eine Online Dating-Agentur einen neuen Partner gesucht - und vermeintlich gefunden. Bis erste Geldwünsche geäußert wurden und die misstrauisch gewordene Frau Bilder ihres Online-Lovers durch eine Suchmaschine laufen ließ. Das Ergebnis: Unbekannte haben die Identität beziehungsweise Profilfotos eines Motivationsredners gestohlen, der ganz bestimmt keine Frau sucht, ist er doch glücklich mit seinem Ehemann verheiratet.

Untersuchungen im Umfeld der Toten ergeben: Die Münchner Polizei ermittelt gerade zum Tod ihrer Schwester, die aus ihrem Fenster gestürzt wurde. Auch sie hatte über eine Online-Agentur einen neuen Partner gesucht, den Liebesbetrüger stellen wollen. Das Detektivspiel hat offenbar für beide Frauen tödlich geendet.

Und ein weiterer Love Scam beschäftigt die Polizei in Sussex: Ein älterer Ex-Offizier, der sein gesamtes Vermögen in Unterstützung seiner angeblichen Online Freundin investiert und verloren hat. - wie auch ein ehemaliger amerikanischer Polizist. Die beiden Männer wissen, dass die Ersparnisse ihres Lebens verloren sind. Doch sie wollen sich nicht damit abfinden.

James gibt seinen Lesern zahlreiche Informationen über Täter, Hintermänner und Querverbindungen zu diesen Fällen, die Grace und sein Team erst noch machen müssen. Die Spannung liegt nicht so sehr im Whodunnit, sondern dem Katz und Maus-Spiel, zumal gleich mehrere Gruppen im Spiel sind: Ein ehemaliger westafrikanischer Kindersoldat aus Ghana unfd sein psychopathischer Cousin, die vom großen Coup träumen und sich von ihrem früheren Chef losgesagt haben, um ihre eigene Betrugsfirma aufzubauen. Und der frühere Boss, der keine Konkurrenz duldet und einen Killer auf die beiden ansetzt. Ausgerechnet dieser Auftragsmörder in Grace kein Unbekannter. Nun geht es um die Frage - wer ist das nächste Opfer der Internetbetrüger - und wie kann ihnen endgültig das Handwerk gelegt werden?

Als wäre all dies nicht genug, muss sich Grace Sorgen um seinen verhaltensauffälligen Sohn aus erster Ehe machen, von dessen Existenz er erst vor kurzem erfahren hat - und um den diplomatischen Eiertanz mit seinem Vorgesetzten, der gerne die Lorbeeren für Graces Erfolge kassiert, seinem Detectiv Superintendent das Leben aber nicht nur schwer, sondern manchmal unerträglich macht.

Zwischenmenschliches und die Zusammenarbeit des Ermittlerteams stehen im Vordergrund - etwa auch die Veränderungen innerhaln der Polizei in Richtung mehr Diversität, mit denen einige der altgediensten Männer so ihre Probleme haben, gerade wenn manche Witzeleien plötzlich buchstäblich als unsagbar angesehen werden. Dass es sich um eine Serie mit zahlreichen Vorgängerbänden handelt, tut dem Lesespaß als Neu-Leserin von Roy Grace keinen Abbruch. Zwar gibt es Bezüge zu früheren Ereignissen, aber im Grunde geht es doch immer um das Aktuelle.

Roy Grace ist gerade in seiner Normalität und mit all den Alltagsproblemen - bad boss, die Ansprüche, nicht nur en guter Polizist, sondern auch ein guter Ehemann und Vater zu sein - überzeugend. Während sich die Handlung auf einen Showdown zubewegt, kommt auch die Spannung nicht zu kurz. Mit britischem Understatement ohne unnötige Knalleffekte geschrieben, hat mich das Buch voll überzeugt.

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Veröffentlicht am 15.12.2022

Verlorene Seelen

Gespräche auf dem Meeresgrund
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Keine 150 Seiten ist "Gespräche auf dem Meeresgrund" von Root Leeb lang, doch die Erzählung enthält eine Menge Nachdenkenswertes, umso mehr, als wenig geschieht. Irgendwo auf dem Meeresgrund, ich verorte ...

Keine 150 Seiten ist "Gespräche auf dem Meeresgrund" von Root Leeb lang, doch die Erzählung enthält eine Menge Nachdenkenswertes, umso mehr, als wenig geschieht. Irgendwo auf dem Meeresgrund, ich verorte es am ehesten im Mittelmeer,werden drei namenlose, buchstäblich in Auflösung begriffene Existenzen aufeinander zugetrieben. Ist das der letzte Funken Leben verlorener Seelen? Die Hintergründe bleiben vage, Erinnerungssplitter, vielleicht aber auch nur Phantasien. Vage bleiben zunächst auch die Protagonisten: Der Eine, der Andere, die Dritte - eher Typen als Individuen,

So steht der Eine für die vielen Tausenden, denen das Meer zum nassen Grab geworden ist auf der Suche nach einer besseren Zukunft, während der Andere das gute Leben schon hatte, auf einer Ferienyacht über Bord ging. Und die Dritte - war sie ein Opfer politischer und sexueller Gewalt und Verfolgung, oder waren es ihre Ängste und Phantasien, die in ihren Gedanken gespiegelt werden?

Ein wenig erinnern die Gespräche an die fünf Phasen des Sterbens, denn vor allem der Andere hält sich noch ganz an dem Gedanken fest, dass es für ihn noch ein Leben gibt, dass er nicht tot ist, sondern in irgendeinem Zwischenstadion, dass Rettung kommen wird und alles wieder wird wie zuvor. Dagegen ist bei dem Einen die Akzeptanz dessen, was er nun ist, spürbar. Verwirrung und Wut, Ängste und Hoffnungen - in dem Nirgendwo zwischen Existenz und Auflösung werden auch die Gespräche existentiell, kreisen um Persönliches, um die Vergangenheit, um Konflikte und Konfrontationen und erst nach und nach wird aus allgemeinem individuelles Schicksal.

Die Welt, in der Raum und Zeit für die Protagonisten aufgehoben scheinen, spiegelt sich auch in der Sprache wider, die teilweise dahinrollt wie die Gezeiten, mal nachdenklich, mal dahinplätschernd, mal nachhallend. Die Illustrationen der Autorin ergänzen das maritime Ambiente. Manchmal verwirren die "Gespräche", oft regen sie zum Nachdenken an. Kein Buch mal eben für Zwischendurch, sondern eines, für das man sich trotz des knappen Umfangs genügend Zeit nehmen sollte.

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Veröffentlicht am 14.12.2022

Albtraum unter Freunden

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum
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Es ist Silvester, und fast alles wie immer bei den befreundeten Ehepaaren Lollo und Max, Frederik und Nina. Wie jedes Jahr verbringen sie die letzte Nacht des Jahres zusammen, auch wenn sie sich im Grunde ...

Es ist Silvester, und fast alles wie immer bei den befreundeten Ehepaaren Lollo und Max, Frederik und Nina. Wie jedes Jahr verbringen sie die letzte Nacht des Jahres zusammen, auch wenn sie sich im Grunde auseinandergelebt haben und nicht mehr viel zu sagen haben. Doch insbesondere die jahrzehntelange Freundschaft der Frauen, Lollo, Nina und Malena scheint der Kitt zu sein, der zumindest zweimal im Jahr das Grüppchen zusammenhält, Silvester eben und Mittsommernacht. Das ist der Ausgangspunkt von Malin Stehns Psychothriller "Happy New Year"

Diesmal allerdings verlässt Nina ihr Zuhause mit gemischten Gefühlen, denn die großem Töchter feiern dort erstmal alleine eine Party, und Nina traut Lollos Tochter Jennifer nicht so recht über den Weg, die schon immer das Risiko liebte und das eigene Kind, wie sie fand, auf falsche Gedanken brachte.

Die Silvesterparty im Haus des wohlhabenden Immobilienmaklers Max und seiner statusbewussten Frau Lollo ist für Fredrik nur mit viel Alkohol zu ertragen, das Protzgehabe der beiden geht dem Lehrer jedes Mal auf die Nerven. Der Neujahrstag beginnt nicht nur mit einem Kater, sondern auch mit vielen Fragezeichen: Denn Jennifer hatte die Party, die ziemlich schnell aus dem Ruder gelaufen ist, vor Mitternacht verlassen, um nach Hause zu fahren, ganz untypisch früh. Doch dort ist die 17-jährige nicht angekommen. Eine SMS kurz vor Mitternacht mit Neujahrsgrüßen ist das letzte Lebenszeichen.

Ein vermisstes Kind, das ist der Alptraum für jede Familie. Bei aller Oberflächlichkeit bilden Max und Lollo da keine Ausnahme. Mit jedem Tag der Ungewissheit steigt die Spannung. In ihrem Versuch, mehr über Jennifers Kontakte herauszufinden, muss Lollo feststellen, dass sie ihre Tochter eigentlich gar nicht richtig kennt und Jennifer einige dunkle Geheimnisse hatte. Doch damit ist sie offenbar nicht die einzige.

Malin Stehn schafft es, immer wieder Verdachtsmomente gegen ihre Protagonisten zu legen und Andeutungen zu machen, die gewissen Schlüsse nahelegen und dann doch widerlegt werden. Ihre Finten sorgen für die Leser immer wieder für Überraschungsmomente und einem immer wieder neuen Blick auf das Geschehen während die scheinbar heile Welt ebenso zerfasert wie die alte Freundschaft. Die Lösung des Rätsels ist überraschend, doch bis dahin werden Persönlickeiten seziert und Grenzsituationen ausgekostet. "Happy New Year" ist nichts besinnlich-hyggeliges zur Weihnachtszeit, sondern Spannung in dunkler Jahreszeit. Dabei lässt sich die Autorin manchmal vielleicht etwas viel Zeit, zur Sache zu kommen. Aber letztlich schadet dass der Spannung nicht.

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