Platzhalter für Profilbild

leseleucht

Lesejury Star
offline

leseleucht ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit leseleucht über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.06.2023

Die Vergessenen der Geschichte

Die Wölfe von Pompeji
0

Das Leben von Frauen, zumal von Sklavinnen in der Antike führte in der antiken Geschichtsschreibung immer ein Schattendasein: zu unbedeutend, um groß Worte darauf zu verschwenden. Umso weniger ist von ...

Das Leben von Frauen, zumal von Sklavinnen in der Antike führte in der antiken Geschichtsschreibung immer ein Schattendasein: zu unbedeutend, um groß Worte darauf zu verschwenden. Umso weniger ist von ihrem Alltag, ihren Wünschen und Träumen bekannt. Umso mehr bietet es Anlass für Spekulationen und fiktive Vervollständigung. Das Thema des historischen Romans „Die Wölfe von Pompeji“ ist durchaus gut gewählt und gelungener Gegenstand für einen opulenten historischen Wälzer à la Colleen Mcloughlin.
Amara, Tochter aus guten Hause, verschlägt das harte Schicksal in die Welt der Bordelle von Pompeji. Konfrontiert mit der brutalen Realität eines Lebens als Sklaven im Dienste der Liebe und getragen von der Hoffnung, ihre einstige Freiheit wieder zu erlangen, sucht sie Trost und Rückhalt bei den anderen Sklavinnen. Doch neben Liebe und Freundschaft regieren auch Intrigen und Verrat. Wird Amara eine Chance auf eine bessere Zukunft haben?
Insgesamt gibt die Autorin interessante Einblicke in das Bordellleben der Zeit und arbeitet ihre Hauptfiguren recht gut aus. Der Stil ist flüssig und leicht zu lesen. Allerdings bleibt der historische Ort, Pompeji, etwas blass. Und auch die Handlung zieht sich. Es scheint sich im Moment in der Unterhaltungsliteratur, besonders im Genre historischer Roman der Trend abzuzeichnen, mehr über die Gefühlslagen und Gedankenwelten der Figuren in der Innensicht zu erzählen, statt Handlung wirklich geschehen zu lassen und den Leser mit in den Strudel von Ereignissen zu ziehen. Da sind für mich die Wälzer einer Colleen Mcloughlin voll packender Spannung, dafür ohne seitenlange innere Monologe über Befindlichkeiten, dann doch das größere LeseERLEBNIS.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.06.2023

Ein zweifelhaftes Lob auf die Selbstverwirklichung

Der Traum vom einfacheren Leben
0

Drei Generationen Frau zwischen Schweden und Dänemark auf der Suche nach einem gelingenden Leben: Die jüngste ist Josefin. Sie kämpft mit ihrem Freund Harald für den Erhalt eines alten Hofes, der einmal ...

Drei Generationen Frau zwischen Schweden und Dänemark auf der Suche nach einem gelingenden Leben: Die jüngste ist Josefin. Sie kämpft mit ihrem Freund Harald für den Erhalt eines alten Hofes, der einmal ein Selbstversorgerdasein ermöglichen soll. Doch das Geld ist immer knapp und die Arbeit immer viel. Da lockt ein Angebot in einem trendigen Laden mit nachhaltigen, aber teuren Klamotten in Malmö zu arbeiten und wieder Großstadtluft und – leben zu schnuppern und genießen. Passt das zum Traum vom einfachen Leben ohne Konsum? Und was wird aus ihrer Beziehung zu Harald?
Ihre Mutter Sally eröffnet währenddessen eine kleine Frühstückspension im Fischerdorf Kivik. Lange hat sie sich als alleinerziehender Mutter als Pflegehelferin durchschlagen müssen. Mit Männern hatte sie kein Glück. Auch bei ihr ist das Geld immer ein Problem. Und die Männer auch. Kann sie sich mit ihrer Pension durchsetzen? Und wird sie sich für den Richtigen entscheiden?
Die dritte im Bunde ist Sallys Mutter und Josefins Großmutter Vanja. Sie ist gestaltende Künstlerin, hat ihren Mann und ihre Tochter im Alter von drei Jahren verlassen, zog in der Welt umher und landete dann in Stockholm. Auch sie kann keine großen Sprünge machen. Und künstlerisch ist auch sie auf der Suche. Eigentlich zieht sie alles zurück nach Kivik, um sich mit ihrer Tochter zu versöhnen. Können die Frauen noch zu einander finden? Und kann sie ihrer Enkelin helfen, ihren Traum vom einfachen Leben zu leben?
Der Autorin gelingt es gut, die Sommerstimmung in Skandinavien einzufangen. Doch der so locker leichte äußerliche Rahmen zeigt drei Lebenswege, die alles andere als einfach sind. Die Figuren dabei sind durchaus interessant konzipiert und ihre Lebenswege thematisieren auf ganz unterschiedliche Weise diei Frage: Wie willst du leben? Und welchen Preis bist du dafür bereit zu zahlen? Ich finde die Entscheidungen der Figuren dabei allerdings häufig auch ein wenig schwer nachzuvollziehen. Sie wirken bisweilen doch sehr eigennützig oder sehr ich-bezogen. Die Selbstverwirklichung wird dann gerne auch einmal auf Kosten anderer durchgezogen, aber genauso leichtfertig wieder über den Haufen geworfen. Die Haltungen dabei scheinen mir von allen Parteien recht starr und dogmatisch, was auch immer wieder zu Konflikten zwischen den einzelnen Parteien, z. B. Harald und seinen Eltern, Sally und ihrer Mutter Vanja oder Josefin und Harald führt. Vielleicht wäre es hilfreich gewesen, den ersten Band der Reihe zu kennen, um die Beweggründe der Personen besser nachvollziehen zu können. So ist mir der Umschwung der Meinungen stellenweise zu abrupt.
Auch die Sprache in der Übersetzung ist stellenweise ein wenig unelegant, soddass man über Wendungen wie „am + substantiviertem Infinitiv“ hängen bleibt.
Insgesamt zeigt sich, dass der Traum vom einfacheren Leben einfacher zu träumen als zu leben ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.05.2023

Sommer eines Lebens

Gidget. Mein Sommer in Malibu
0

Franzie ist 15, ein aufgewecktes Mädchen aus den 50er Jahren in Amerika. Sie wohnt mit ihren Eltern in der Nähe zu Malibu und zum Meer. Und als sie eines Tages mit ihren Eltern den Strand besucht und die ...

Franzie ist 15, ein aufgewecktes Mädchen aus den 50er Jahren in Amerika. Sie wohnt mit ihren Eltern in der Nähe zu Malibu und zum Meer. Und als sie eines Tages mit ihren Eltern den Strand besucht und die Surfer die Wellen vor der Küste reiten sieht, weiß sie, dass will sie auch können. Sie lernt nicht nur die coolen Surfer-Typen kennen, die ein ganz eigenes Lebensgefühl verkörpern, sondern auch die Liebe. Und sie wird, wie sagt, über Nacht erwachsen.
Der dünne Romanband beruht auf der wahren Geschichte eines amerikanischen Mädchens, das mit ihrem Traum von Surfen, den sie ihrem Vater erzählte, der daraus diesen Roman machte, zur Vorreiterin für eine ganze Sehnsuchtsbewegung wurde, die danach strebte, ein unbeschwertes Sommer-Sonne-Strand-und-Meer-Leben als Surfer:innen zu führen. Denn dieses Lebensgefühl fängt der Roman sehr gut ein. Mit den Augen eines frühreifen, recht selbstbewussten Teenagers, der in einem behütenden, aber auch sehr weltoffenen Haushalt groß wird, blickt der Leser auf die „Crew“, eine Gruppe alterslos jung erscheinender, braungebrannter Surfer, die den Wellen hinterher reisen, von Gelegenheitsjobs leben oder pro forma aufs College gehen und sich coole Namen geben. Sie leben stets im Hier und Jetzt, verschwenden keinen Gedanken an Sorgen oder Zukunftspläne. Ein verlockendes Lebensmodell. Konfrontiert wird dies mit den schwärmerischen Träumen eines Backfisch-Mädchens, das natürlich doch – trotz aller burschikosen Versuche, in dieser Crew gleichberechtigte Aufnahme zu finden – auf die große Liebe unter den sportlich braungebrannten Hünen hofft. Leider nimmt die Schilderung dieser glühend schwülstigen Sehnsüchte und der taktischen Überlegungen, sich zum begehrenswerten Objekt zu machen bei aller Angst, die Jungfräulichkeit doch allzu unüberlegt zu verlieren, zwischenzeitlich immer mehr Raum ein und wird zum dominierenden Thema. Hinzu kommt der für ein 15jähriges Mädchen der 50er Jahre doch bisweilen ziemlich schnoddrige Ton – „alter Falter“, der auch etwas nervtötend anmutet, auch wenn er vielleicht zu diesem unerschrockenen Mädchen passen mag.
Interessant und lesenswert ist auf jeden Fall das Nachwort von Volker Weidermann über die prominent Familie des Autors von „Gidget“ und seiner Tochter, der Vorlage für das Surfergirl im Roman.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.02.2023

Wenn weder das Leben noch der Tod es gut mit einem meinen

Kollektorgang
0

Der 13jährige Erzähler der Geschichte hat ein markantes Merkmal. Er ist tot. Und er erzählt von seinem Grabstein aus, wie es dazu kam. Er lebt mit Mutter und ab und an auch Vater in einem Plattenbau. Der ...

Der 13jährige Erzähler der Geschichte hat ein markantes Merkmal. Er ist tot. Und er erzählt von seinem Grabstein aus, wie es dazu kam. Er lebt mit Mutter und ab und an auch Vater in einem Plattenbau. Der Hof ist Kampfplatz für Gangs von Halbstarken, die die jüngeren, ängstlicheren, schwächeren Kinder drangsalieren und ausnehmen. Und auch die ausländischen Kinder, wie den Jungen Rajko und seine Schwester Ema, mit denen sich der Erzähler im Laufe der Zeit anfreundet: Rajko bewundert er für seinen Mut, und in Ema verliebt er sich. Dramatisch spitzen sich die Ereignisse zu, als die drei mit einem weiteren vermeintlichen Freund einen Kollektorgang entdecken, einen Schacht für die Versorgungskanäle der Häuserblocks, über den man in die verschiedenen Höfe gelangt. Das ist Nicki, furchteinflößender Boss über die Höfe, ein Dorn im Auge. Sowieso gilt es, den mutigen Rajko in die Schranken zu weisen, und dafür ist Nicki jedes Mittel recht.
Der Autor erzeugt in seinem Jugendroman ein bedrohliche Atmosphäre von Willkür, Gewalt und Brutalität. Schon darum ist er sicherlich nicht für alle Leser geeignet. Da helfen auch die locker ironischen Kommentare des (un)toten Erzählers nicht, der mit seinem Grabnachbarn über das Leben und den Tod sowie das Leben der Lebenden philosophiert. Sowohl in diesen Passagen als auch in der Erzählung der Vorgänge, die aus den Augen des 13jährigen Mario geschildert werden, hat man weder vom Denk- noch vom Sprachduktus her das Gefühl, man habe es mit einem ängstlichen Jungen zu tun, der mit der Möglichkeit, ab dem nächsten Schuljahr aufs Gymnasium zu gehen, den gewalttätigen Wohnblocks entkommen könnte. Dafür sind Gedanken und Worte zu erwachsen, abgeklärt, bisweilen poetisch-philosophisch überhöht.
Dafür bleiben die Figuren, bisweilen auch die Handlung, und ihre Hintergründe zu schemenhaft und vage, wie die Schatten in dem Kollektorgang. Über niemand erfährt der Leser etwas Genaueres, lediglich ein paar klischeehafte Äußerlichkeiten und eine Nummer für den Block, in dem der jeweilige lebt.
Was nimmt der Leser mit aus der Geschichte? Wo liegt der Sinn eines Lebens, das so sinnlos endet? Kann Freundschaft etwas ausrichten gegenüber dem Recht des Stärkeren, auch wenn seine Stärke auf Einschüchterng beruht? Rettet die Liebe vor dem Tod? Gibt es eine Linie, die eventuell einen Übergang in ein ewiges Leben zu markieren scheint? Und ist ein ewiges Leben überhaupt erstrebenswert, wenn das Leben nach dem Tod auf dem Friedhof schon so wenig lebenswert erscheint? Die Lebenden führen ihr Leben weiter, scheinbar, ohne etwas gelernt zu haben. Von den Freunden erscheint keiner mehr an Marios Grab. Hat sich in ihrem Leben etwas verändert?
Das Buch ist keine leichte Kost. Müssen Bücher ja auch nicht immer sein. Aber mir fehlt hier etwas, das über die Sinnlosigkeit des Lebens und des Todes hinaus verweist, gerade wenn es sich an so junge Menschen richtet, wie Mario, die das Leben eigentlich noch vor sich haben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.01.2023

Besser als der erste Teil

Gut Erlensee - Cäcilias Erbe
0

Im zweiten Band der Reihe um Gut Erlensee geht es um Cäcilia, die im ersten Band als Halbwaise und Patentochter des Familienvaters auf das Gut kam. Im zweiten Band kämpft sie um ihre Anstellung als Lehrerin ...

Im zweiten Band der Reihe um Gut Erlensee geht es um Cäcilia, die im ersten Band als Halbwaise und Patentochter des Familienvaters auf das Gut kam. Im zweiten Band kämpft sie um ihre Anstellung als Lehrerin und ihre Liebe zu dem jungen Physiker Jakob, die ihr das Lehrerinnenzölibat eigentlich unmöglich macht. Auch ein schreckliches Geheimnis aus ihrer Vergangenheit macht ihr das Leben schwer. Im ersten Teil der Reihe musste sich Margarethe, die älteste Tochter der Familie auf Gut Erlensee mit ähnlichen Schwierigkeiten herumschlagen, auch sie kämpfte für ihr Recht als selbständige Frau, die arbeiten geht und sich ihren Mann selbst aussuchen möchte. Während sich der Roman dabei die ganze Zeit im Kreis um diesen Konflikt drehte, so bietet der zweite Band eine klarere Handlungsführung mit Spannungsbogen, die den Leser einigermaßen mit durch die Geschichte nimmt. Allerdings ist auch hier sehr klar vorhersehbar, was passieren wird. So kann der Leser bereits aus Band 1 sehr sicher vermuten, welches Familiengeheimnis sich hier wie lösen wird. Und auch schon vor Erscheinen des dritten Bandes lassen sich recht klare Vermutungen anstellen, um wen es darum geht, wie diejenigen den herben Schicksalsschlag am Ende von Band 2 verkraften wird und wer sie dabei tröstet. Auch die Liebesgeschichte im 2. Band leidet ein wenig unter Rührseligkeit und Herzschmerz. Dabei sind die sprachlichen Bilder zum Ausdruck der Gefühlswelt manchmal recht kitschig.
Wer auf ein wenig Herzschmerz steht, wird aber ganz gut unterhalten und kann sich für ein paar nette Lesestunden an den idyllischen Erlensee träumen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere