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FranziskaBo96

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Veröffentlicht am 20.02.2023

Midlife Crisis in den 50ern

Das verbotene Notizbuch
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Am 26. November 1950 kauft sich Valeria das titelgebende Notizbuch - verboten ist es nicht nur, weil es ihr illegalerweise am Sonntag verkauft wird, sondern auch, weil sie das Gefühl hat, dass sie es vor ...

Am 26. November 1950 kauft sich Valeria das titelgebende Notizbuch - verboten ist es nicht nur, weil es ihr illegalerweise am Sonntag verkauft wird, sondern auch, weil sie das Gefühl hat, dass sie es vor ihrer Familie geheim halten muss, weil es sich für sie nicht gehört, ein Tagebuch zu führen. Wir Leser bekommen nun Valerias Einträge zu lesen und erleben, wie sie immer selbstreflektierter, aber auch unzufriedener mit ihrem Leben wird und in diesem zu immer ungewöhnlicheren Entscheidungen greift.

"Das verbotene Notizbuch" nimmt uns mit auf eine Reise in die Gedanken einer italienischen Ehefrau in den 50ern. Valeria kommt aus gutem Hause, hat aber arm geheiratet, ist (für ihre Zeit ungewöhnlicherweise) berufstätig und hat mit zwei fast erwachsenen Kindern zu kämpfen, die nicht so recht ihren Vorstellungen des Lebens folgen. Im Laufe des Buches werden in diesen Zusammenhängen immer wieder interessante Fragen, vor allem zur Rolle der Frau und zur Entwicklung des Feminismus aufgeworfen, die ich stets sehr interessant fand.

Auch ist dieses Buch quasi ein Plädoyer für das Tagebuchschreiben. Wir können ganz genau beobachten, wie Valeria sich zunächst albern vorkommt, ein Tagebuch zu schreiben, ihre Einträge aber immer länger werden und sie immer selbstreflektierender wird. Das Buch unterstreicht also genau das, was wir wohl alle schon mal als Vorteile des Führens eines Tagebuchs gehört haben. Dass Valeria durch das Schreiben auch zu einer unsympathischeren Person wird, die immer fragwürdigere Entscheidungen trifft, steht da sicher noch auf einem anderen Blatt.

Leider nahm meine Begeisterung für das Buch ab der Hälfte etwas ab. Sicher war es eine bewusste Entscheidung der Autorin, das Tempo der Handlung und vor allem von Valerias Gedankengängen immer weiter anzuschrauben, jedoch wurde es mir irgendwann zu hektisch und ich hatte Probleme, so richtig zu verstehen, welche Beweggründe Valeria für ihre Handlungen hat und woher bestimmte Reflexe kamen. Dabei kann es sicherlich auch gut sein, dass mir aufgrund des großen Altersunterschieds zwischen mir und der Protagonistin mir einfach der Bezug fehlt. Letztendlich beobachten wir hier, was man heutzutage als Midlife Crisis bezeichnen würden und mit vielen Situationen, die hier beschrieben wurden, konnte ich mich einfach nicht identifizieren.

Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass das bei einer etwas älteren Zielgruppe deutlich besser ankommt. Trotz leichter Kritik konnte ich gute Gedanken mit aus dem Buch nehmen.

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Veröffentlicht am 27.01.2023

Geheimnis aus der Tiefe

Aquamarin
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In "Aquamarin" entführt uns Andreas Eschbach in das Australien der Zukunft, in dem Saha grundsätzlich einfach nur ihr Teenagerleben überstehen möchte. Sie ist nicht nur unbeliebt in der Schule und lebt ...

In "Aquamarin" entführt uns Andreas Eschbach in das Australien der Zukunft, in dem Saha grundsätzlich einfach nur ihr Teenagerleben überstehen möchte. Sie ist nicht nur unbeliebt in der Schule und lebt als Vollwaise mit ihrer tauben Tante zusammen, sondern verfügt über seltsame Schlitze an ihrem Körper, wegen denen sie nicht ins Wasser gehen soll. Als dies eines Tages doch aus Versehen geschieht, merkt Saha, dass sie in den Tiefen des Meeres bisher unbekannte Gefühle übermannen. Dies nimmt sie zum Anlass, über sich und ihre Geschichte zu forschen.

Als ich dieses Buch begann, habe ich tatsächlich eher mit Fantasy gerechnet, tatsächlich merkt man aber schon auf der ersten Seite, dass man es hier definitiv mit Science Fiction zu tun hat (wenn ich etwas mehr Recherche über den Autor betrieben hätte, hätte mir das eigentlich klar sein sollen). Trotz dieser kurzen Überraschung konnte ich sehr schnell in Eschbachs Vision der Zukunft eintauchen, die er wirklich sehr gut rüberbrachte. Man merkt, dass er sich wirklich fundierte Gedanken dazu gemacht hat, meiner Meinung nach liegt im Wordbuilding die große Stärke des Buches.

Leider hatte ich manchmal auch ein bisschen den Eindruck, dass der Autor etwas zu verliebt in die Welt war, die er erschaffen hat. Manchmal war es mir einfach zu viel Exposition und zu viele umschwängliche Beschreibungen unwichtiger Nebencharaktere, wenn ich mir lieber einen Fortgang der Handlung oder ein detailliertes Eingehen auf die Hauptpersonen gewünscht hätte.

Die größte Schwäche des Buches war meiner Meinung nach, dass man an doch einigen Stellen anmerkt, dass hier ein erwachsener Mann versucht, aus der Sicht eines jungen Mädchens zu schreiben. Viele Gedankengänge in dieser Hinsicht wirkten für mich irgendwie unnatürlich und bestimmte Charaktere waren für mich einfach überholte Tropen. Bestes Beispiel: Ich kenne keine Jugendlichen, die unironisch das Wort "Lover" verwenden, wenn sie über ihren Freund oder ihre Freundin reden.

Trotz der Kritik habe ich Lust auf den zweiten Teil der Reihe bekommen. Wer Lust auf eine umfangreiche, aber jugendfreundliche SciFi-Welt hat, wird hier sicher viel Freunde haben.

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Veröffentlicht am 08.01.2023

Interessante Gedanken zum Feminismus gestern und heute

Die Clique
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In "Die Clique" verfolgen wir acht junge Frauen, die im Jahr 1933 gemeinsam das New Yorker Vasser College abschließen. Die Geschichte beginnt mit der Hochzeit der ersten Frau aus der Clique, im Laufe des ...

In "Die Clique" verfolgen wir acht junge Frauen, die im Jahr 1933 gemeinsam das New Yorker Vasser College abschließen. Die Geschichte beginnt mit der Hochzeit der ersten Frau aus der Clique, im Laufe des Buches lernen wir sie alle besser kennen und erfahren, wie es ihnen in den folgenden sieben Jahren geht. Dabei werden eine Vielzahl von Themen angeschnitten, zum Beispiel Verhütung, die Rolle der Frau am Arbeitsplatz, Kindeserziehung, Sex und Politik.

Ich habe immer etwas Probleme, solche "Klassiker" zu bewerten, da ja irgendwie klar ist, dass ein 730 Seiten langes Buch aus den 60ern irgendwie nicht mehr so ganz den heutigen Lesegewohnheiten entspricht. So kam es immer wieder zu enorm langen Stellen, in denen Dinge übermäßig beschrieben wurden und ich manchmal auch echt Pause von dem Buch brauchte. Ich glaube jeder, der solche Bücher schon mal gelesen hat, weiß, was ich meine.

Trotzdem habe ich immer wieder extrem spannende Gedanken zum Feminismus damals lesen können, die mich über heutige Zustände haben nachdenken lassen. Gerade die Ausführungen zu Verhütung, die Beziehung zum Sex und Männer fand ich unheimlich interessant. Auch die Bedeutung des Buches sollte man in dem Zusammenhang nicht unerwähnt lassen. Es wird deutlich, warum "Die Clique" oft als "erstes Chick Lit" bezeichnet wird, Einflüsse kann man heute noch z.B. in "Sex and the City" oder "Gilmore Girls" sehen.

Wer also Lust hat, in die Welt der Frauen der 30er-Jahre einzutauchen, wird hier eine Menge zu entdecken haben.

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Veröffentlicht am 07.07.2024

Die Traumata der Eltern

In den Augen meiner Mutter
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Als Georgie noch ein Kind war, verließ ihre Mutter Nancy die Familie ohne große Erklärung und ohne Anhaltspunkt, wohin sie verschwunden ist. 20 Jahre ohne Kontakt später ist Georgie selbst schwanger und ...

Als Georgie noch ein Kind war, verließ ihre Mutter Nancy die Familie ohne große Erklärung und ohne Anhaltspunkt, wohin sie verschwunden ist. 20 Jahre ohne Kontakt später ist Georgie selbst schwanger und bekommt das erste Mal seit langem einen Tipp über Nancys Aufenthaltsort. Gemeinsam mit ihrem Bruder Dan begibt sie sich auf einen Roadtrip nach Schottland, während wir außerdem mehr über Nancy und ihr Sichtweise auf die Dinge erfahren.

"In den Augen meiner Mutter" ist eine wirklich berührende Geschichte über Mütter und ihre Kinder und zeigt, dass die Geschichten, die in unseren Familien erzählt werden, nicht immer so abgelaufen sind, wie wir es denken. Vor allem aus Nancys Sicht wird unheimlich gut über psychische Krankheiten, Minderwertigkeitskomplexe und sexueller Missbrauch geschrieben, sodass man auch wirklich im Laufe des Buches Entscheidungen nachvollziehen kann, die anfangs total verantwortungslos scheinen. Ich rechne dem Buch sehr hoch an, dass es schafft, diese wichtigen Thematiken zu verarbeiten.

Leider war mir der Schreibstil an vielen Stellen ein bisschen drüber. Damit meine ich nicht (wie manch andere), dass ich denke, dass die beschriebenen Ereignisse unrealistisch sind. Ich hätte mir nur an vielen Stellen doch etwas mehr Ernsthaftigkeit gewünscht. Stattdessen ist es vor allem gegen Ende total in einen Kitsch abgedriftet, den die Story überhaupt nicht nötig hatte und die wichtigen Themen etwas untergraben hat.

Trotz allem finde ich das Buch empfehlenswert, mit einem angemesseneren Schreibstil hätte das hier durchaus ein 5-Sterne-Buch werden können.

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Veröffentlicht am 23.06.2024

Der Glanz längst vergangener Zeiten

Die Perserinnen
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Im Iran der 70er Jahre lebten die Valiats als eine der bedeutendsten Familien des Landes in Saus und Braus. So geht es scheinbar auch erstmal weiter, als ein Großteil von ihnen aufgrund der Revolution ...

Im Iran der 70er Jahre lebten die Valiats als eine der bedeutendsten Familien des Landes in Saus und Braus. So geht es scheinbar auch erstmal weiter, als ein Großteil von ihnen aufgrund der Revolution in den Iran flüchten müssen. Doch ein eskalierendes Familientreffen in Aspen 30 Jahre später reißt alte Wunden wieder auf. Aus Sicht mehrerer Frauen der Familie erfahren wir nun, wie die Valiats zwischen glanzvoller Tradition und westlicher Zukunft das 21. Jahrhundert navigieren.

Zu Beginn konnte mich "Die Perserinnen" total überzeugen. Ich habe mich ehrlich gesagt noch nie intensiv mit der Iranischen Revolution auseinandergesetzt, aber die Sichtweise dieser reichen Exilfamilie Jahrzehnte später hat mir extrem gut gefallen. Vor allem in der zentralen Figur Shirin wird unheimlich gut deutlich, wie traditionelle Familienwerte, westliche Ideologie und das Mindset von Wohlhabenden dabei aufeinandertreffen. Einschübe von Verwandten, die im Iran geblieben sind und dort ein sehr anderes Leben führen, bildeten dazu einen passenden Kontrast.

Leider hatte ich so ein bisschen das Gefühl, dass das Buch im weiteren Verlauf an Richtung verlor. Ich hatte lange Zeit Schwierigkeiten, die verschiedenen Frauen auseinanderzuhalten und bei einigen von ihnen waren mir ihre Probleme schlichtweg egal. Am Ende war mir nicht so richtig bewusst, welchen Punkt die Autorin mit dem allen machen wollte.

Ich hatte an einigen Stellen den Eindruck, dass mir die Lektüre sicher besser gefallen hätte, wenn ich mehr Wissen über den Iran und vor allem die Iranische Revolution hätte. Ob man das jetzt dem Buch vorwerfen kann, ist sicher streitbar, aber es ist sicherlich erwähnenswert.

Leider konnte mich "Die Perserinnen" nicht so sehr überzeugen, wie es der Beginn des Buches versprach. Wer sich aber für die Iranische Gesellschaft interessiert, könnte vielleicht mehr aus diesem Werk ziehen.

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