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Veröffentlicht am 03.04.2023

Brisante Einblicke in die schillernde Welt der Finanzen

Die Zentrale
2

Erschossen in der U-Haft! Alle Indizien deuten auf Suizid. Aber wie kommt er hier drin an die Waffe? „SCHULD“ – ist dieses in seinem Arm eingeritzte Wort ein Schuldeingeständnis oder was will er posthum ...

Erschossen in der U-Haft! Alle Indizien deuten auf Suizid. Aber wie kommt er hier drin an die Waffe? „SCHULD“ – ist dieses in seinem Arm eingeritzte Wort ein Schuldeingeständnis oder was will er posthum damit sagen?

So dramatisch wie rätselhaft beginnt „Die Zentrale“, der zweite Band der Thriller-Reihe um Laura Jacobs. Veit Etzold gewährt seinen Lesern einen tiefen Blick hinein in die Abgründe der nach außen so schillernden Finanzwelt. Und der Ex-Banker weiß, wovon er schreibt.

Nach den ersten dramatischen Seiten führt der Autor ein in die Welt der Finanzen - gut verständlich für all jene, die sich damit beschäftigen. Jedoch finde ich diese Ausführungen zu langatmig, ein kurzer Abriss dessen hätte vollauf genügt. Wer sich mit Wandelanleihen, mit Leerverkäufen und dergleichen auskennt, liest Bekanntes und denjenigen, denen die Investments in seiner Vielfalt nichts sagen, wird die Materie zu trocken und nichtssagend sein.

Bald jedoch geht es um raffiniert ausgetüftelte Bilanzfälschung, die sich ein normaler Bankkunde nicht ansatzweise vorstellen kann. Abgründe tun sich auf und Laura ist nicht nur dabei, sie ist mittendrin, wird immer tiefer hineingezogen in undurchsichtigen Machenschaften. Sie wird benutzt und nicht nur sie, auch ihr Umfeld scheint vor gewissen Individuen nicht gefeit zu sein. Sie arbeitet für die BGW Bank in Berlin und wird in die Zentrale nach Frankfurt versetzt. Ein beruflicher Aufstieg, zu dem die ehrgeizige Laura nicht nein sagen kann.

Die private Laura bleibt blass, ihr Angetrauter ebenso. Auch all die Charaktere um sie herum betrachte ich eher aus der Ferne, keiner kommt mir nahe. Die Story beginnt rasant, fällt mit der zu trockenen Erklärung rund um das Bankwesen ab, um dann wieder anzuziehen. Der anfängliche Suizid bleibt nicht der einzige, es folgen weitere Todesfälle und bald fällt der Verdacht auf Laura. Eine junge Frau gegen den Rest der Finanzwelt, die zwar nicht unbeschadet daraus hervorgeht und doch allen Widrigkeiten trotzt – so kommt sie mir zuweilen vor.

„Allein gegen das System“ – so der Untertitel. Dieser Alleingang ist gut und fesselnd ge- und beschrieben, Veit Etzold versteht es, seine Leser in die Story hineinzuziehen. Der Anfang hat mich gleich gepackt. Trotz meiner Kritik habe ich „Die Zentrale“ am Stück gelesen, den abschließenden dritten Band möchte ich nicht versäumen.

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Veröffentlicht am 30.03.2023

Ganz netter Auftakt

Herr Heiland und der tote Pilger
2

Nein, nicht Klaus heißt er, der Heiland, Pastor seines Zeichens. Klaas Heiland ist ein echtes Nordlicht und nun verschlägt es ihn nach Sonntal am See, in Bayern liegt das. Kaum angekommen, will ihn Fräulein ...

Nein, nicht Klaus heißt er, der Heiland, Pastor seines Zeichens. Klaas Heiland ist ein echtes Nordlicht und nun verschlägt es ihn nach Sonntal am See, in Bayern liegt das. Kaum angekommen, will ihn Fräulein Dimpel nicht mal ins Pfarrhaus lassen. Wo käme man denn da hin, wenn hier jeder einfach hereinspaziert, immer dem Kaffeeduft nach. Kaum ist geklärt, dass Heiland künftig hierher gehört, wird er schon von den Pilgern überrascht. Die jährliche Hilarius-Wallfahrt ist in vollem Gange, der Schutzpatron der Linkshänder will gebührend gefeiert werden. Heiland hat keine Ahnung, wie das Ganze ablaufen soll, auch weiß er so gar nichts mit diesem Schutzpatron anzufangen.

Und ja – eine Leiche gibt es auch. Die liegt auf Zimmer Nummer 7 in der Kaiserkrone, dem Wirtshaus von Gerd und Gerda Söhnlein. Später dann, sehr viel später, finden sie in einem Kalkfass einen weiteren Verblichenen und eins steht fest: Heiland ist derjenige, der dank seines kriminalistischen Instinkts gut kombiniert, seiner Vorliebe für Krimis sei Dank.

Es ist der Auftakt einer Reihe um den Pastor (oder doch Pfarrer?) Heiland. Der gelernte Journalist Christian Humberg ist sehr vielseitig, seine Schmunzelkrimis schreibt er unter dem Pseudonym Johann Simons. Dass er sich hier ausgerechnet die bayerische Provinz ausgesucht hat, gefällt mir gut, allerdings ist er im urbayerischen nicht ganz sattelfest, was aber den Unterhaltungswert nicht allzu arg stört. Ob es sich denn wirklich so zutragen könnte? Eine eher skurrile Geschichte, die schon allein durch diesen Schutzpatron ein wenig absonderlich daherkommt.

Die gerade mal 133 Seiten sind schnell gelesen und das nicht nur wegen der Kürze. Nein, hier fehlt es nicht an Würze, auch wenn die Ermittlungsmethoden und der Weg dahin schon absonderlich anmuten, so ist der Unterhaltungsfaktor nicht zu unterschätzen. Ganz nett gemacht für alle jene, die es gemütliche angehen lassen wollen.

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Veröffentlicht am 22.03.2023

Raffiniert inszenierter Segeltörn mit unbefriedigendem Schluss

In blaukalter Tiefe
2

Zwei Paare und ein Segeltörn in die schwedischen Schären, dazu der Skipper – fünf ganz und gar unterschiedliche Charaktere prallen regelrecht aufeinander.

Nicht nur ein verlängertes Wochenende, nein. ...

Zwei Paare und ein Segeltörn in die schwedischen Schären, dazu der Skipper – fünf ganz und gar unterschiedliche Charaktere prallen regelrecht aufeinander.

Nicht nur ein verlängertes Wochenende, nein. Zehn ganze Tage hat sich Caroline freigemacht. Ihr Ehemann Andreas, ein erfolgreicher Anwalt, will ihr etwas ganz besonderes bieten. Ein Segelschiff hat er gechartert, in die schwedischen Schären werden sie segeln, mit dabei sein junger, aufstrebender Kollege Daniel mitsamt seiner Freundin Tanja. Mit Eric, dem Eigner der Yacht Querelle, sind sie zu fünft an Bord. Erics Partnerin Sylvie ist verhindert.

Kristina Hauff inszeniert dieses Spiel mit Raffinesse. Jeder geht mit anderen Erwartungen auf diese Yacht. Die alltäglichen Probleme werden mit an Bord geschleppt und nicht nur das, auch ein brisanter Fall in der Kanzlei stört die Urlaubsstimmung zusehends. Die Personen, ihre Erwartungen und die Beziehung der beiden Paare werden gnadenlos seziert, der schöne Schein bröckelt. Auch der Skipper ist schwer durchschaubar, die anfängliche Faszination kippt.

Es geht um Macht und Machterhalt, Eifersüchteleien und Bespitzelungen greifen um sich, keiner traut dem anderen. Die Stimmung passt so gar nicht zu der malerischen Landschaft, zu den idyllischen Beschreibungen. Dramatische Umschiffungen der zerklüfteten, felsigen Inseln bei widrigen Wetterverhältnissen treffen die zunehmend frostige Atmosphäre an Bord schon eher.

„Segeln Sie mit uns in die einzigartige Landschaft der schwedischen Schären.“ Ein Traum, der ganze zehn Tage Wirklichkeit zu werden scheint, ist ausgeträumt. „Der Segeltörn ins Ungewisse“ hat Potenzial, die Story wird aus unterschiedlichen Sichtweisen geschildert, die Befindlichkeiten der Protagonisten gut nachvollziehbar, lediglich gegen Ende hin driftet alles ins Unglaubwürdige ab. Dies nimmt dem ansonsten dicht erzählten Segeltörn viel, es wirkt eher wie ein märchenhafter Abschluss, der einfach nicht passen mag. „Die Schären. Eine einsame, unwirkliche Welt.“ Kurzweilig erzählt, unwirklich der Schluss.

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Veröffentlicht am 04.02.2023

Rache!

Stigma (Milosevic und Frey ermitteln 1)
2

„Männer, die in der Vergangenheit Täter waren und sich brutal an Frauen vergangen haben…“ So lese ich die ersten Worte der Kurzbeschreibung und bin neugierig, wie das Autorinnenduo, das sich Lea Adam nennt, ...

„Männer, die in der Vergangenheit Täter waren und sich brutal an Frauen vergangen haben…“ So lese ich die ersten Worte der Kurzbeschreibung und bin neugierig, wie das Autorinnenduo, das sich Lea Adam nennt, dies umsetzt.

Mit Jagoda Milosevic, kurz Milo genannt und ihrem Kollegen Vincent Frey begebe ich mich auf Mörderjagd. Die beiden Ermittler sind mir auf Anhieb sympathisch, der kollegiale Umgangston schafft Nähe, zu viel Privates jedoch will Milo nicht preisgeben. Zwei sehr authentische Polizisten, denen ich ihre Vorgehensweise und das Miteinander sofort abnehme - ein wenig flapsig, ein wenig Frotzeln, aber immer liebevoll.

Eine männliche Leiche wird gefunden mit einer Mülltüte über dem Kopf, zugebunden mit Kabelbinder. Nach dem Entfernen der Tüte blicken sie in leere Augenhöhlen. Die herausgeschnittenen Augen sind nicht weit vom Auffindungsort entfernt, auch deutet nichts auf Raubmord hin. Die Identität des Toten ist schnell ermittelt, er scheint ein absolut cleanes Leben geführt zu haben. Bald darauf wird eine zweite Leiche gefunden, diesmal fehlen die Ohren, vieles spricht für einen Serientäter.

Als erstes hat mich das Cover angesprochen. STIGMA sticht sofort aus der Düsternis, den Kopf dahinter will man gar nicht näher betrachten. Auf den etwa 400 Seiten verbirgt sich eine meist rasante Story, die Tätersuche und so manche Szene sind schon hart an der Grenze dessen, was erträglich scheint, nicht alles mag ich mir bildlich näher vorstellen.

Es geht um Schuld und um Gewalt, um sexualisierte Gewalt und um sehr viel Rache und um das Recht zur Selbstjustiz. Zwischendurch lese ich von Frauen, die kursiv gehaltenen Kapitel sind mit ihren jeweiligen Namen übertitelt. Ihre Leidensgeschichte lässt Schlimmes ahnen. Noch lassen sich diese Einwürfe mit dem Geschehen nicht in Einklang bringen, dies passiert erst sehr viel später.

Die Aufklärung der Morde, das Warum, wird zunehmend klarer. Der oder die Täter dagegen sind aus Ermittlersicht nicht so leicht zu fassen. Das Motiv ist schon greifbar und doch scheint deren Handlungsweise konfus. Der ansonsten spannende Thriller krankt an einer absoluten Selbstjustiz, auch an einer arg überzogenen Selbstgerechtigkeit.

Ein durchaus spannender Thriller, gut und leicht zu lesen, der gerade aus Frauensicht – die hier angepriesen wird - nicht unbedingt glaubhaft, weil überzogen, daherkommt. Ja, es ist keine Geschichte über ermordete Frauen, diesmal sind die Männer dran. Frauenpower in mörderischer Form sozusagen.

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Veröffentlicht am 31.01.2023

Zwischen Mythos und Wirklichkeit

Gleißendes Licht
2

Der deutsch-türkisch-armenische Komponist und Gitarrist Marc Sinan hat mit „Gleissendes Licht“ seinen ersten Roman vorgelegt. Darin verarbeitet er, teils autobiografisch, die türkische und armenische Geschichte ...

Der deutsch-türkisch-armenische Komponist und Gitarrist Marc Sinan hat mit „Gleissendes Licht“ seinen ersten Roman vorgelegt. Darin verarbeitet er, teils autobiografisch, die türkische und armenische Geschichte des 20. Jahrhunderts bis heute.

Kaan wächst in München auf, seine türkische Mutter Nur floh als junge Frau hierher, um den Chauvinismus ihres Heimatlandes hinter sich zu lassen. Nurs türkischer Vater kam einst zu Ansehen und Reichtum, seine armenische Frau, Kaans Großmutter Anneanne, verlor 1915 ihre Familie durch den Völkermord. Davon wird in Rückblicken erzählt, die Geschichte des ganzen Volkes wird eingeflochten in die Mythologie von Tepegöz. Ein sagenumworbenes Wesen, das nur ein Auge auf der Stirn hat. Mythos und Wirklichkeit verschwimmen, ein konzentriertes Lesen ist unabdingbar. Diese mystische, sehr bildhafte Erzählweise hat mich oft stocken lassen, da mir die türkische Mythologie so gar nicht geläufig ist.

Kaan hat seine erste Freundin Zizi, der erste Teil erzählt davon, es sind auch die Jahre des Studiums. Er, der hochbegabte Musiker, hat Visionen, seine Welt ist die Musik. Er verbringt viel Zeit bei seiner türkischen Familie, daneben und dazwischen schleichen sich die mystischen Gedanken. „Meine Anneanne hatte alles im Gepäck, den Genozid, die Einsamkeit, die Traurigkeit… und diesen Rucksack muss ich jetzt tragen.“ So meint Kaan in der nahen Zukunft.

In das Buch habe ich mich einspüren müssen. Zunächst schien es mir fremd, nur allzu unverständlich. Weglegen oder doch weiterlesen? Es dauerte, bis ich mich einigermaßen zurechtfand. Surreale Momente wechseln sich mit der nachvollziehbaren Wirklichkeit ab. Zum Schluss gibt er seinen Rachegedanken noch Raum. Es ist erkennbar, dass er mit der politischen Situation der Türkei hadert.

Ein außergewöhnliches Buch, ein durchaus poetischer Schreibstil, nicht immer leicht zu lesen.

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