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Veröffentlicht am 30.03.2023

Ganz netter Auftakt

Herr Heiland und der tote Pilger
2

Nein, nicht Klaus heißt er, der Heiland, Pastor seines Zeichens. Klaas Heiland ist ein echtes Nordlicht und nun verschlägt es ihn nach Sonntal am See, in Bayern liegt das. Kaum angekommen, will ihn Fräulein ...

Nein, nicht Klaus heißt er, der Heiland, Pastor seines Zeichens. Klaas Heiland ist ein echtes Nordlicht und nun verschlägt es ihn nach Sonntal am See, in Bayern liegt das. Kaum angekommen, will ihn Fräulein Dimpel nicht mal ins Pfarrhaus lassen. Wo käme man denn da hin, wenn hier jeder einfach hereinspaziert, immer dem Kaffeeduft nach. Kaum ist geklärt, dass Heiland künftig hierher gehört, wird er schon von den Pilgern überrascht. Die jährliche Hilarius-Wallfahrt ist in vollem Gange, der Schutzpatron der Linkshänder will gebührend gefeiert werden. Heiland hat keine Ahnung, wie das Ganze ablaufen soll, auch weiß er so gar nichts mit diesem Schutzpatron anzufangen.

Und ja – eine Leiche gibt es auch. Die liegt auf Zimmer Nummer 7 in der Kaiserkrone, dem Wirtshaus von Gerd und Gerda Söhnlein. Später dann, sehr viel später, finden sie in einem Kalkfass einen weiteren Verblichenen und eins steht fest: Heiland ist derjenige, der dank seines kriminalistischen Instinkts gut kombiniert, seiner Vorliebe für Krimis sei Dank.

Es ist der Auftakt einer Reihe um den Pastor (oder doch Pfarrer?) Heiland. Der gelernte Journalist Christian Humberg ist sehr vielseitig, seine Schmunzelkrimis schreibt er unter dem Pseudonym Johann Simons. Dass er sich hier ausgerechnet die bayerische Provinz ausgesucht hat, gefällt mir gut, allerdings ist er im urbayerischen nicht ganz sattelfest, was aber den Unterhaltungswert nicht allzu arg stört. Ob es sich denn wirklich so zutragen könnte? Eine eher skurrile Geschichte, die schon allein durch diesen Schutzpatron ein wenig absonderlich daherkommt.

Die gerade mal 133 Seiten sind schnell gelesen und das nicht nur wegen der Kürze. Nein, hier fehlt es nicht an Würze, auch wenn die Ermittlungsmethoden und der Weg dahin schon absonderlich anmuten, so ist der Unterhaltungsfaktor nicht zu unterschätzen. Ganz nett gemacht für alle jene, die es gemütliche angehen lassen wollen.

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Veröffentlicht am 22.03.2023

Raffiniert inszenierter Segeltörn mit unbefriedigendem Schluss

In blaukalter Tiefe
2

Zwei Paare und ein Segeltörn in die schwedischen Schären, dazu der Skipper – fünf ganz und gar unterschiedliche Charaktere prallen regelrecht aufeinander.

Nicht nur ein verlängertes Wochenende, nein. ...

Zwei Paare und ein Segeltörn in die schwedischen Schären, dazu der Skipper – fünf ganz und gar unterschiedliche Charaktere prallen regelrecht aufeinander.

Nicht nur ein verlängertes Wochenende, nein. Zehn ganze Tage hat sich Caroline freigemacht. Ihr Ehemann Andreas, ein erfolgreicher Anwalt, will ihr etwas ganz besonderes bieten. Ein Segelschiff hat er gechartert, in die schwedischen Schären werden sie segeln, mit dabei sein junger, aufstrebender Kollege Daniel mitsamt seiner Freundin Tanja. Mit Eric, dem Eigner der Yacht Querelle, sind sie zu fünft an Bord. Erics Partnerin Sylvie ist verhindert.

Kristina Hauff inszeniert dieses Spiel mit Raffinesse. Jeder geht mit anderen Erwartungen auf diese Yacht. Die alltäglichen Probleme werden mit an Bord geschleppt und nicht nur das, auch ein brisanter Fall in der Kanzlei stört die Urlaubsstimmung zusehends. Die Personen, ihre Erwartungen und die Beziehung der beiden Paare werden gnadenlos seziert, der schöne Schein bröckelt. Auch der Skipper ist schwer durchschaubar, die anfängliche Faszination kippt.

Es geht um Macht und Machterhalt, Eifersüchteleien und Bespitzelungen greifen um sich, keiner traut dem anderen. Die Stimmung passt so gar nicht zu der malerischen Landschaft, zu den idyllischen Beschreibungen. Dramatische Umschiffungen der zerklüfteten, felsigen Inseln bei widrigen Wetterverhältnissen treffen die zunehmend frostige Atmosphäre an Bord schon eher.

„Segeln Sie mit uns in die einzigartige Landschaft der schwedischen Schären.“ Ein Traum, der ganze zehn Tage Wirklichkeit zu werden scheint, ist ausgeträumt. „Der Segeltörn ins Ungewisse“ hat Potenzial, die Story wird aus unterschiedlichen Sichtweisen geschildert, die Befindlichkeiten der Protagonisten gut nachvollziehbar, lediglich gegen Ende hin driftet alles ins Unglaubwürdige ab. Dies nimmt dem ansonsten dicht erzählten Segeltörn viel, es wirkt eher wie ein märchenhafter Abschluss, der einfach nicht passen mag. „Die Schären. Eine einsame, unwirkliche Welt.“ Kurzweilig erzählt, unwirklich der Schluss.

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Veröffentlicht am 04.02.2023

Rache!

Stigma (Milosevic und Frey ermitteln 1)
2

„Männer, die in der Vergangenheit Täter waren und sich brutal an Frauen vergangen haben…“ So lese ich die ersten Worte der Kurzbeschreibung und bin neugierig, wie das Autorinnenduo, das sich Lea Adam nennt, ...

„Männer, die in der Vergangenheit Täter waren und sich brutal an Frauen vergangen haben…“ So lese ich die ersten Worte der Kurzbeschreibung und bin neugierig, wie das Autorinnenduo, das sich Lea Adam nennt, dies umsetzt.

Mit Jagoda Milosevic, kurz Milo genannt und ihrem Kollegen Vincent Frey begebe ich mich auf Mörderjagd. Die beiden Ermittler sind mir auf Anhieb sympathisch, der kollegiale Umgangston schafft Nähe, zu viel Privates jedoch will Milo nicht preisgeben. Zwei sehr authentische Polizisten, denen ich ihre Vorgehensweise und das Miteinander sofort abnehme - ein wenig flapsig, ein wenig Frotzeln, aber immer liebevoll.

Eine männliche Leiche wird gefunden mit einer Mülltüte über dem Kopf, zugebunden mit Kabelbinder. Nach dem Entfernen der Tüte blicken sie in leere Augenhöhlen. Die herausgeschnittenen Augen sind nicht weit vom Auffindungsort entfernt, auch deutet nichts auf Raubmord hin. Die Identität des Toten ist schnell ermittelt, er scheint ein absolut cleanes Leben geführt zu haben. Bald darauf wird eine zweite Leiche gefunden, diesmal fehlen die Ohren, vieles spricht für einen Serientäter.

Als erstes hat mich das Cover angesprochen. STIGMA sticht sofort aus der Düsternis, den Kopf dahinter will man gar nicht näher betrachten. Auf den etwa 400 Seiten verbirgt sich eine meist rasante Story, die Tätersuche und so manche Szene sind schon hart an der Grenze dessen, was erträglich scheint, nicht alles mag ich mir bildlich näher vorstellen.

Es geht um Schuld und um Gewalt, um sexualisierte Gewalt und um sehr viel Rache und um das Recht zur Selbstjustiz. Zwischendurch lese ich von Frauen, die kursiv gehaltenen Kapitel sind mit ihren jeweiligen Namen übertitelt. Ihre Leidensgeschichte lässt Schlimmes ahnen. Noch lassen sich diese Einwürfe mit dem Geschehen nicht in Einklang bringen, dies passiert erst sehr viel später.

Die Aufklärung der Morde, das Warum, wird zunehmend klarer. Der oder die Täter dagegen sind aus Ermittlersicht nicht so leicht zu fassen. Das Motiv ist schon greifbar und doch scheint deren Handlungsweise konfus. Der ansonsten spannende Thriller krankt an einer absoluten Selbstjustiz, auch an einer arg überzogenen Selbstgerechtigkeit.

Ein durchaus spannender Thriller, gut und leicht zu lesen, der gerade aus Frauensicht – die hier angepriesen wird - nicht unbedingt glaubhaft, weil überzogen, daherkommt. Ja, es ist keine Geschichte über ermordete Frauen, diesmal sind die Männer dran. Frauenpower in mörderischer Form sozusagen.

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Veröffentlicht am 31.01.2023

Zwischen Mythos und Wirklichkeit

Gleißendes Licht
2

Der deutsch-türkisch-armenische Komponist und Gitarrist Marc Sinan hat mit „Gleissendes Licht“ seinen ersten Roman vorgelegt. Darin verarbeitet er, teils autobiografisch, die türkische und armenische Geschichte ...

Der deutsch-türkisch-armenische Komponist und Gitarrist Marc Sinan hat mit „Gleissendes Licht“ seinen ersten Roman vorgelegt. Darin verarbeitet er, teils autobiografisch, die türkische und armenische Geschichte des 20. Jahrhunderts bis heute.

Kaan wächst in München auf, seine türkische Mutter Nur floh als junge Frau hierher, um den Chauvinismus ihres Heimatlandes hinter sich zu lassen. Nurs türkischer Vater kam einst zu Ansehen und Reichtum, seine armenische Frau, Kaans Großmutter Anneanne, verlor 1915 ihre Familie durch den Völkermord. Davon wird in Rückblicken erzählt, die Geschichte des ganzen Volkes wird eingeflochten in die Mythologie von Tepegöz. Ein sagenumworbenes Wesen, das nur ein Auge auf der Stirn hat. Mythos und Wirklichkeit verschwimmen, ein konzentriertes Lesen ist unabdingbar. Diese mystische, sehr bildhafte Erzählweise hat mich oft stocken lassen, da mir die türkische Mythologie so gar nicht geläufig ist.

Kaan hat seine erste Freundin Zizi, der erste Teil erzählt davon, es sind auch die Jahre des Studiums. Er, der hochbegabte Musiker, hat Visionen, seine Welt ist die Musik. Er verbringt viel Zeit bei seiner türkischen Familie, daneben und dazwischen schleichen sich die mystischen Gedanken. „Meine Anneanne hatte alles im Gepäck, den Genozid, die Einsamkeit, die Traurigkeit… und diesen Rucksack muss ich jetzt tragen.“ So meint Kaan in der nahen Zukunft.

In das Buch habe ich mich einspüren müssen. Zunächst schien es mir fremd, nur allzu unverständlich. Weglegen oder doch weiterlesen? Es dauerte, bis ich mich einigermaßen zurechtfand. Surreale Momente wechseln sich mit der nachvollziehbaren Wirklichkeit ab. Zum Schluss gibt er seinen Rachegedanken noch Raum. Es ist erkennbar, dass er mit der politischen Situation der Türkei hadert.

Ein außergewöhnliches Buch, ein durchaus poetischer Schreibstil, nicht immer leicht zu lesen.

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Veröffentlicht am 07.01.2023

Spannend, kurzweilig, leider mit offenem Ende

Der Strand: Vermisst
2

„Bestell alle Kollegen zum Wanderparkplatz am Krielmoor. Wir koordinieren die Suche von dort.“ Eine junge Frau ist verschwunden. Die Zeit drängt, sollte wirklich etwas passiert sein. Eigentlich ist es ...

„Bestell alle Kollegen zum Wanderparkplatz am Krielmoor. Wir koordinieren die Suche von dort.“ Eine junge Frau ist verschwunden. Die Zeit drängt, sollte wirklich etwas passiert sein. Eigentlich ist es noch zu früh für eine polizeiliche Suche, hier liegt die Sache etwas anders: Lilli Sternberg, die Vermisste, ist gehörlos. Sie waren am Weststrand verabredet: Fabienne, Lillis Freundin, kommt zehn Minuten zu spät…

Es ist der erste von drei Bänden – „Verraten“ und „Vergessen“ folgen. Karen Sander hat mit „Vermisst“ einen fulminanten Start hingelegt. Die knapp 380 Seiten waren im Nu gelesen, „Der Strand“ hat mich nicht losgelassen, mich bestens unterhalten, aber leider ist das Buch zu Ende, Lillis Geschichte jedoch nicht. Ich bin so klug als wie zuvor, ich tappe nämlich nach wie vor im Dunkeln. Die Frage, was mit Lilli geschehen ist, zieht sich durchs Buch und drüber hinaus.

„Der Strand“ befindet sich an der Ostseeküste auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst, das Städtchen Sellnitz ist fiktiv, alle anderen Orte sind real.

Mit dem Kriminalhauptkommissar Tom Engelhardt und der Kryptologin Mascha Krieger hat die Autorin zwei sympathische Figuren erschaffen, deren privates Umfeld immer mal wieder durchscheint. Vor allem Tom hat es nicht gerade leicht, er ist mit seiner fünfjährigen Tochter Romy hierher gezogen, er ist ihr ein guter Vater, stößt aber permanent an seine Grenzen. Mascha ist noch ziemlich verschlossen, ihr Privatleben gibt sie ungern preis, so einiges blitzt aber auch bei ihr durch. Privates lockert einen Krimi immer auf, es sollte nur nicht allzu viel davon sein. Zeitweise hat es den Anschein, als ob genau dies im Vordergrund steht, auch wenn so etliches noch ungesagt bleibt. Band 2 und 3 werden hiervon bestimmt Weiteres berichten.

Lilli ist verschwunden, ich bin ihr nie begegnet. Ich weiß von ihr das, was ihre Freunde, was ihre Familie über sie zu erzählen haben. Sie arbeitet in der örtlichen Gärtnerei, die Sellnitzer kennen und schätzen sie. Lillis Großvater Walter drängt darauf, dass schnellstmöglich nach ihr gesucht wird, als ehemaliger Bürgermeister ist er eine Respektsperson, richtig warm werde ich mit ihm jedoch nicht. Auch seinem Geschäftspartner Henning ist nicht zu trauen, er ist der Vater von Lillis Freundin Fabienne, die von Lillis Handy mehrere verschlüsselte Nachrichten erhält. Alle Charaktere sind glaubhaft angelegt, die Story durchweg spannend und temporeich, erzählt wird aus wechselnden Perspektiven. So einiges dröselt sich schon auf und doch bleiben mehr Fragen offen, die losen Fäden werden nicht weniger.

Der Prolog wirft einen ersten Blick auf Lillis Mutter, diese hat anscheinend mit der weiteren Geschichte um Lilli nichts zu tun. Vordergründig ist ihr Schicksal klar, die Auflösung jedoch wird wohl bis zum dritten Band auf sich warten lassen. Und hier setzte meine Kritik an: Ich habe einen spannenden, sehr kurzweiligen, gut lesbaren Thriller gelesen, um jedoch den Durchblick zu haben, ist es zwingend notwendig, alle drei Teile zu kennen. „Vermisst“ endet sehr unbefriedigend, als ob die Autorin keine Lust mehr hätte, weiterzuerzählen. Natürlich sollen die beiden Nachfolgebände gelesen werden, was ich auch vor habe. Und doch sollte jedes Buch zumindest einigermaßen in sich abgeschlossen sein. Es wäre ein sehr gutes Buch, das volle Punktezahl bekommen sollte, dieser sehr unschöne, ja ärgerliche Abschluss, der wohl einen monetären Hintergrund hat, lässt mich diesen ersten Teil mit immerhin noch 3 Sternen bewerten.

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