Die promovierte Historikerin und Autorin von Sachbüchern und Krimis, Alexandra Bleyer hat sich eines Themas angenommen, das in jüngster Zeit wieder an Bedeutung gewinnt: „Propaganda als Machtinstrument“.
In neun Kapiteln versucht die Autorin mit plakativen Bespielen, den Lesern das Wesen und die Methoden dieser Beeinflussung begreiflich zu machen.
In Kapitel 1 erfahren wir anhand von historischen und aktuellen Beispielen wie das ursprünglich neutrale Wort „Propaganda“ (lat. von propagare = verbreiten, ausdehnen) über die Jahrhunderte in Misskredit gebracht wurde. Denn, wenn wir heute das Wort „Propaganda“ hören, drängt sich sofort das Bild schreienden und fuchtelnden Joseph Goebbels auf, seines Zeichen Propagandaminister des Dritten Reichs.
Der Begriff „Propaganda“ wird sofort mit „Kriegspropaganda“ gleichgesetzt.
Das Kapitel 2 beschreibt u. a. wie ein (nicht nur) rhetorisch begabter Feldherr die Vielzahl der erscheinenden Zeitungen auf genau EINE Zeitung reduzierte, deren Chefredakteur er der Einfachheit gleich selbst war.
Die Vielfalt der Informationen wird auf eine einzige Informationsquelle kanalisiert, die natürlich nur höchst einseitig berichtet. Das Volk erhält nur jene Nachrichten, die dem Herrscher opportun erscheinen.
In Kapitel 3 lernen wir die Methoden kennen, wie diese geschönten Nachrichten unters Volk kommen. Den Medien kommt hier eine zentrale Bedeutung zu. Hatte man früher Bänkelsänger oder Marktschreier, die die neuesten Nachrichten mit entsprechender Verzögerung an den Mann oder die Frau brachten, so ist die Erfindung des Buchdrucks ein Meilenstein in der Verbreitung von Informationen. Jeder, der es sich leisten konnte, vermochte Flugzettel drucken zu lassen. Die Lesekundigen wurden mehr und so vervielfältigten sich die Empfänger von Nachrichten. Vor rund 200 Jahre – während der Napoleonischen Kriege – beginnt so richtig die Zeit der Propagandisten. Alle kriegführenden Herrscher beteiligten sich am Wettrüsten der Worte, das während der beiden Weltkriege eine Hochblüte erlebte.
Doch auch heute erschüttern getürkte (oh, wie politisch unkorrekt) Meldungen die Öffentlichkeit. Allerdings ist die Geschwindigkeit mit denen die Falschmeldungen in Umlauf gebracht werden, um mehrere Potenzen höher.
In Kapitel 4 werden die Sender/Empfänger-Beziehungen untersucht. Wenn der Sender keinen Empfänger hat, gibt es keine Kommunikation. Wie perfide diese Relationen aufeinander abgestimmt sind, erleben wir tagtäglich.
Der Sender muss den Nerv des Empfängers treffen, um seine Botschaft wirksam anzubringen.
In Kapitel 5 plaudert Alexandra Bleyer aus dem Nähkästchen der Propaganda-Chefs und fördert schier Unglaubliches zu Tage. Viele dieser Propagandalügen denen die Bevölkerung aufgesessen sind, werden entweder sehr spät oder nur unzureichend zugegeben. Ein probates Mittel ist die ständige Wiederholung einfacher Texte und/oder suggestive Inhalte. Es wird mit Angst und Schrecken (natürlich nur der anderen) gearbeitet.
Das Kapitel 6 zeigt auf, in welch vielfältigen „Verkleidungen“ Propaganda auftreten kann. So werden als Wahrheit kaschierte Lügen unter das Volk gebracht werden. Oft kann nicht mehr zwischen Wahrheit und Lüge unterschieden werden.
Wenn die Alliierten den Nachrichten von den Gräueln in den Vernichtungslagern der Nazis keinen Glauben schenkten, so ist dies zum Teil ihrer eigenen (Gräuel)Propaganda des Ersten Weltkriegs zuzuschreiben.
In Kapitel 7 beschäftigen wir uns mit den „Topargumenten“ der Propaganda um Kriege zu beginnen. Von „der andere ist schuld“, „wir müssen uns verteidigen“ bis hin zum Paradebeispiel eines von der Propaganda inszenierten Kriegsgrunds (Überfall auf den Sender Gleiwitz) sind hier allerlei Abstufungen angeführt.
Die Gründe einen Krieg zu beginnen sind vielfältig, die Argumente der Propagandisten ebenfalls.
In Kapitel 8 wird beleuchtet, wie die Propagandachefs mit Menschen umgehen, die sich (aus welchen Gründen auch immer) der Propaganda entziehen und die vorgegebene Wirklichkeit kritisch hinterfragen. Man versucht es mit Argumenten, Umerziehung, Mund-tot-machen und letztlich (staatlich sanktionierten) Mord.
Das Kapitel 9 beschäftigt sich mit der Frage ob es möglich ist, nach einem Krieg, zu „normalen“ Beziehungen zwischen den Kriegsteilnehmern kommen kann.
Meine Meinung:
Der Schreibstil ist sachlich und nüchtern. Viele Zitate und Beispiele helfen den Lesern den schweren Stoff zu verdauen. Ein ausführlicher Anhang mit weiterführender Literatur lässt den interessierten Leser vermutlich zu der einen oder anderen zusätzlichen Lektüre greifen.
Dieses Buch ist längst nötig und fällig gewesen. Kaum jemand kann sich der Propaganda entziehen, auch wenn sie gerne als „PR-Maßnahme“ oder „Marketing“ verkauft wird. Erst kürzlich abgehaltene Wahlen in mehreren westlichen Staat zeigen deutlich, dass auch Demokratien nicht von Propagandisten verschont werden. In Zeiten von sozialen Netzwerken erreichen Nachrichten (egal ob echt oder falsch) ihre Empfänger in Sekundenschnelle und haben einen Multiplikator, bei dem einem schwindlig wird.
Es liegt an uns, diese Mechanismen zu durchschauen und dagegen zu wirken, „denn Propaganda wirkt nur, solange sie nicht als solche erkannt wird“ (S.8)