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Veröffentlicht am 04.02.2023

Spannend konstruierter Kriminalfall und ein Ermittler, der seine vermeintlichen Unzulänglichkeiten erfolgreich zu nutzen weiß.

Der Kriminalist
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Detective Sergeant George Cross der Avon and Somerset Police arbeitet akribisch und streng strukturiert. Er ist dabei kein Teamplayer, sondern löst seine Fälle am liebsten allein und auf seine Weise. Im ...

Detective Sergeant George Cross der Avon and Somerset Police arbeitet akribisch und streng strukturiert. Er ist dabei kein Teamplayer, sondern löst seine Fälle am liebsten allein und auf seine Weise. Im Kollegenkreis wird er deshalb argwöhnisch betrachtet und ihm selbst fällt es schwer, mit ihnen zu interagieren. Aufgrund seiner enormen Erfolgsquote lässt sein Vorgesetzter ihm weitgehend freie Hand, auch wenn Cross' Partnerin DS Josie Ottey das Nachsehen hat.
Als ein Obdachloser in Bristol tot aufgefunden wird, erscheint der Sachverhalt eindeutig und ein anderer Obdachloser, der mit ihm Streit hatte, wird verhaftet. Dieser kann sich aufgrund seines Alkoholkonsums jedoch nicht an den Abend erinnern und gibt ein halbherziges Geständnis ab. Cross ist nicht überzeugt, ermittelt weiter und stößt auf eine Verbindung zu einem anderen Mordfall, der vor 15 Jahren nicht aufgeklärt werden konnte. Nachdem Cross eine Reihe von Ungereimtheiten feststellt, wendet er sich an den damals zuständigen Ermittler, der inzwischen pensioniert ist und offenbar wenig Interesse an einer Mitwirkung bei der Aufklärung beider Mordfälle hat.

"Der Kriminalist" ist der erste Band der Krimiserie um den am Asperger Syndrom leidenden Kriminalbeamten George Cross. Die Darstellung seines Charakters ist detailliert und anschaulich. Allerdings sind die retardierenden Erklärungen zu den Symptomen des Asperger Syndroms und zu den Auswirkungen auf Cross' Handlungen, seinen Einschränkungen im Alltag und seinen besonderen Fähigkeiten als Polizist ausufernd, belehrend und in dem Umfang unnötig, um Verständnis für Cross zu wecken.

Die Aufklärung des Kriminalfalls ist dagegen durchgehend spannend, Motiv und Täter nicht vorhersehbar. Es ist frühzeitig offensichtlich, dass in dem inzwischen als Cold Case zu den Akten gelegten Mordfalls stümperhaft ermittelt wurde und naheliegend, dass der ehemalige Ermittler etwas zu verbergen hat. Aber auch die Familie der Opfer verhält sich verdächtig, so dass die Ermittlungen erschwert werden.

Die hartnäckige Arbeit von Cross, sein Anspruch an Perfektionismus und sein Sinn für Gerechtigkeit zeigen sich in einer sehr sorgfältigen Arbeitsweise und Analyse, auch wenn es ihm schwerfällt Mimik und Gesten zu interpretieren. Cross dreht jeden Stein um und es sind mannigfaltige Puzzleteile aus der Vergangenheit, die mühevoll zusammengesucht werden müssen, um den Cold Case und den aktuellen Mordfall aufzuklären.

"Der Kriminalist" ist kein Kriminalroman, der auf einen spektakulären Showdown hinarbeitet, sondern durch akribische Detektivarbeit und einen spannend konstruierten Plot überzeugt. Einzig die wiederholenden Erläuterungen zum Asperger Syndrom sowie die plötzlich erfolgenden, kurzen Perspektivwechsel, die nicht unbedingt nötige Einblicke in die Nebencharaktere liefern, bremsen die Handlung aus und ziehen den Roman in die Länge.

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Veröffentlicht am 03.02.2023

Spannender Thriller mit einem moralischen Dilemma, der am Ende etwas überkonstruiert erscheint

Die Herzchirurgin
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Dr. Anna Jones ist eine renommierte Herzchirurgin, die sich seit der Trennung von ihrem Ehemann allein um den gemeinsamen achtjährigen Sohn Zack kümmert. Unterstützung erhält sie von ihrer lebensälteren ...

Dr. Anna Jones ist eine renommierte Herzchirurgin, die sich seit der Trennung von ihrem Ehemann allein um den gemeinsamen achtjährigen Sohn Zack kümmert. Unterstützung erhält sie von ihrer lebensälteren Nachbarin Paula, die alleinstehend ist. Als diese ermordet und Zack entführt wird, wird Anna erpresst. Sie soll den Parlamentarier Ahmed Shabir auf ihrem Operationstisch töten, anderweitig wird ihr Sohn umgebracht. Anna steht vor einem moralischen Dilemma, bei dem mindestens ein Mensch nicht überleben wird.
OP-Schwester Margot Barnes ist hoch verschuldet und bestiehlt seit geraumer Zeit ihre Kollegen, um über die Runden zu kommen. Als der Druck immer größer wird, agiert sie weniger umsichtig und gelangt unter Verdacht. Wenige Augenblicke zuvor hatte sie noch bei einer Herz-OP assistiert und hat noch nicht ganz verarbeitet, was sie dort gesehen hat.

Der Thriller wird aus den Perspektiven von drei Frauen geschildert, die problembehaftet sind und ihre Sorgen bisher mit sich selbst ausmachen. Dr. Anna Jones leidet unter Trichotillomanie und reißt sich in angespannten Situationen ihre Haare aus, um Erleichterung zu spüren. Margot ist in finanzielle Schieflage geraten und wird zu einer abgestumpften Diebin. Detective Inspector Rachel Conaty hat den Verlust ihres Sohnes nicht verwunden und gibt sich die Schuld dafür. Sie ermittelt in dem Fall um die ermordete Paula Williams, interessiert sich aber vielmehr für den Sohn der Nachbarin, der zuletzt mit Paula gesehen wurde und der nun angeblich mit seinem Onkel im Urlaub ist. Sie spürt, dass Dr. Anna Jones etwas zu verbergen hat, kann sie aber nicht mit dem Mord der unbescholtenen Rentnerin in einen schlüssigen Zusammenhang bringen.

"Die Herzchirurgin" schildert ein moralisches Dilemma, für das es keinen richtigen Ausweg zu geben scheint. Es gilt Menschenleben gegeneinander abzuwägen, aber wie soll sich eine Ärztin und Mutter richtig entscheiden können? Hält sie sich an den hippokratischen Eid und schützt das Leben eines ihr fremden Patienten oder versucht sie ihr eigen Fleisch und Blut zu retten?
Die Lösung liegt auf der Hand, aber könnte Anna mit einem Mord ungeschoren davon kommen und würden sich die Entführer an ihren Teil der Abmachung halten?

Das Szenario ist spannend und wird durch die Perspektive von OP-Schwester Margot, die selbst nicht unschuldig ist, unterfüttert. Auch die Sicht der Ermittlerin, die durch das Verschwinden ihres Sohnes eine persönliche Motivation verspürt, den Tod der Babysitterin aufzuklären, gibt der Handlung eine neue Dynamik.
Der Handlungsverlauf entwickelt sich nach der Operation allerdings recht abenteuerlich und ist von Zufällen geprägt, die die Frauen verbinden und Anna und Margot zu unfreiwilligen Partnern in Crime werden lässt.

Die Charaktere sind lebensecht, wenn auch nicht unbedingt sympathisch dargestellt. Die Perspektivwechsel sorgen für Abwechslung, entwickeln den Kriminalfall weiter und vermitteln Einsichten in die komplizierten Privatleben der Frauen.
Auch wenn die Geschichte etwas überkonstruiert ist, ist der Roman bis zur endgültigen Aufklärung der Erpressung und Entführung spannend und kurzweilig geschildert und hält die für einen Thriller nötigen Emotionen hinsichtlich des psychischen Drucks bei der Frage von richtig oder falsch parat.

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Veröffentlicht am 01.02.2023

Tragische Familiengeschichte über die Auswirkungen des Krieges für Überlebende und Hinterbliebene, die sich anders als erwartet entwickelt.

Die Zeit zwischen uns
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Die 16-jähre Elise lebt zusammen mit ihrer depressiven Mutter, die den Verlust ihres im großen Krieg gefallenen Ehemannes nicht verkraften konnte, in der Normandie. Als sie William, einen Freund ihres ...

Die 16-jähre Elise lebt zusammen mit ihrer depressiven Mutter, die den Verlust ihres im großen Krieg gefallenen Ehemannes nicht verkraften konnte, in der Normandie. Als sie William, einen Freund ihres unzuverlässigen Bruders kennenlernt, verliebt sie sich in den Amerikaner. Sie schreiben sich regelmäßig Briefe und Elise träumt von einer gemeinsamen Zukunft abseits aller Sorgen. Doch William überlebt den Zweiten Weltkrieg nicht. Ausgerechnet am D-Day kommt er in Frankreich ums Leben. Sein Freund Hank verspricht ihm, sich um Elise zu kümmern, doch Elise ist auch nach mehreren Jahren in ihrer Trauer um ihre große Liebe gefangen und lässt Hank, der nicht viel mehr tun kann, als sie finanziell oder durch Reparaturen an ihrem zu unterstützen, nicht an sich heran. Erst ein Aufenthalt in Amerika lässt Elise aufblühen, aber sie kann William einfach nicht vergessen.
Jahrzehnte später beschließt Lucy, die von ihrem Freund verlassen wurde und deren Großvater kürzlich verstorben ist, nach Nordfrankreich zu reisen, um auf den Spuren der Vergangenheit mehr über ihre Großmutter zu erfahren, die sie nie kennengelernt hat. Dort trifft sie auf den Amerikaner Rob, der dort als Fremdenführer Touristen die Schauplätze des Zweiten Weltkriegs zeigt.

"Die Zeit zwischen uns" handelt in drei Abschnitten auf zwei Zeitebenen, wobei der Fokus der Handlung auf der Vergangenheit in den 1930er- und 1950er-Jahren und ausschnitthaft in den Jahren danach liegt. Der Zweite Weltkrieg spielt keine aktive Rolle, seine Folgen dagegen umso mehr. In der Gegenwart im Jahr 2009 wartet man gespannt darauf zu erfahren, was Lucy über ihre Großmutter und damit auch über ihre Wurzeln erfahren wird. Das Wandeln auf den Spuren der Vergangenheit und der Besuch der Orte in Frankreich, die eine Bedeutung im Zweiten Weltkrieg hatten, hat für die Handlung allerdings kaum eine Bedeutung. Der Roman hätte auch als rein historischer Roman ohne Gegenwartsstrang funktioniert, denn Lucy bleibt als Hauptfigur blass.

Der Roman wird als "Große Liebe in Zeiten des Krieges" angekündigt und weckt damit Erwartungen an eine romantische, aber auch dramatische Geschichte. Die Liebe ist zwar gegenwärtig, aber auf eine beklemmende, fast schon erdrückende Art. Elise und William haben gar nicht die Möglichkeit, ihre große Liebe auszuleben und zu entfalten. Ihr Kontakt bleibt auf wenige Worte in Briefen beschränkt. Nach seinem Tod ist Elise nicht mehr dieselbe. Es ist verständlich, dass sie trauert, aber sie ist noch so jung, dass es wehtut zu sehen, wie sie sich selbst keine Chance auf eine glückliche Zukunft lässt. Auch Hank, der im Krieg Furchtbares erlebt haben muss, ansehen musste wie sein Freund starb und sich trotzdem erfolgreich ein neues Leben aufbaut, wird in die Melancholie von Elise hineingezogen.

Der Roman ist durchgehend schwermütig und gerade am Anfang zäh und monoton geschrieben. Erst der Blickwinkel auf Hank, der im zweiten und dritten Teil des Romans zur Hauptperson mutiert, ist lebhafter, in seiner Dramatik spannungsvoll und auch mit ein paar wenigen Hoffnungsschimmern durchzogen.

"Die Zeit zwischen uns" ist ein Roman über die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges auf die Hinterbliebenen und Überlebenden, der zwar berührend, aber auch sehr schwermütig geschrieben ist. Selbst die enthaltene Liebesgeschichte hat nur wenige positive Aspekte und die Gefühle von Liebe erscheinen für die Protagonisten am Ende als Last, als Vermächtnis und Versprechen, aber nicht als Freude und Glückseligkeit.
Die Geschichte ist angenehm kitschfrei und schildert die Folgen des Krieges ungeschönt. Nach einem zähen Beginn ist es vor allem die Geschichte in der Vergangenheit, die sich der Gegenwart allmählich nähert, die von einer einnehmenden, tragischen Familiengeschichte zeugt, die von so viel Leid geprägt ist.

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Veröffentlicht am 30.01.2023

Thriller, in dem Opfer zu Tätern und Täter zu Opfern werden - raffiniert und schlüssig konstruiert und mit einem interessanten Ermittlerteam, das Lust auf mehr Kriminalfälle in Hamburg macht

Stigma (Milosevic und Frey ermitteln 1)
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Als in Hamburg eine grauenhaft zugerichtete Männerleiche gefunden wird, nehmen Jagoda Milosevic und ihr Partner Vincent Frey vom LKA die Ermittlungen auf. Eine Woche später wird ein weiterer Toter aufgefunden, ...

Als in Hamburg eine grauenhaft zugerichtete Männerleiche gefunden wird, nehmen Jagoda Milosevic und ihr Partner Vincent Frey vom LKA die Ermittlungen auf. Eine Woche später wird ein weiterer Toter aufgefunden, der vermutlich vom selben Täter hingerichtet wurde. Die Ermittlungen ergeben, dass es sich bei beiden Opfern um Sexualstraftäter handelt und führen zu einer Selbsthilfegruppe für Frauen, denen sexualisierte Gewalt angetan wurde. Wurden die ehemaligen Opfer zu Tätern? Handelt es sich um einen Rachefeldzug?

"Stigma" ist als Thriller gekennzeichnet und auch wenn die Morde grauenvoll inszeniert werden und auch Milo bedroht wird und ins Visier des Täters zu geraten scheint, ist es eher ein Kriminalroman, denn im Mittelpunkt stehen die Ermittlungen und die Aufklärungen des Falls eines mutmaßlichen Serienmörders.
Trotz des recht offensichtlichen Motivs ist der Fall spannend, denn in Frage kommen gleich mehrere Täter - männlich wie weiblich.

Milo, die ihr Privatleben vor ihren Kollegen verschleiert und sich bei der Arbeit streng an die Vorschriften hält, und Vince, der aufgeschlossener und zugänglicher wirkt, sind ein originelles Team, das sich perfekt ergänzt und Potential für eine Krimireihe hat.

Die Fallaufklärung ist schlüssig, Täter und Motiv nachvollziehbar und authentisch. Der Roman bezieht ein brisantes und aktuelles Thema ein, das an #metoo-Debatten erinnert, aber nicht nur übergriffige Männer, sondern auch lückenhafte Strafverfolgung, unzureichende Bestrafung und die Angst vor Anzeigen anprangert.

Auch wenn ich mir von einem Thriller mehr Nervenkitzel versprochen hatte und überraschende Wendungen bei der Aufklärung des Falls ausblieben, ist der Plot, in dem Täter zu Opfern und Opfer zu Tätern werden, und in dem der Wunsch nach Sühne und Gerechtigkeit nachvollziehbar entwickelt wird, schlüssig konstruiert. Das neue Ermittlerteam macht Lust auf ein Wiedersehen in Hamburg.

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Veröffentlicht am 27.01.2023

Lebendiger und unterhaltsamer Roman über Freundschaft, Liebe und die Angst vor Veränderungen, der durch eine Wende am Ende mehr Tiefe erhält, als erwartet.

Was nicht war, kann ja noch werden
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Freya Talia Thun ist 30 Jahre alt, stammt aus einer Kleinstadt im Münsterland und lebt seit ihrem Studium in Hamburg, wo sie auch ihren Verlobten Thorsten kennengelernt hat. Als die lang ersehnte Beförderung ...

Freya Talia Thun ist 30 Jahre alt, stammt aus einer Kleinstadt im Münsterland und lebt seit ihrem Studium in Hamburg, wo sie auch ihren Verlobten Thorsten kennengelernt hat. Als die lang ersehnte Beförderung an eine jüngere Frau vergeben wird, ihre beste Freundin ihr eröffnet, dass sie schwanger ist und Thorsten immer mehr Druck auf sie ausübt, sesshaft zu werden, wird Freya alles zu viel und flieht zurück in ihr Elternhaus. Dort wird sie zunächst verhalten aufgenommen, denn sie hatte sich all die Jahre nur sporadisch gemeldet und auch jeden Kontakt zu ihren Freunden aus der Schulzeit verloren. Als ihre Eltern Freya mitteilen, dass sie den Bauernhof verkaufen möchten, wo Freya aufgewachsen ist, ist es ein weiterer Schockmoment für Freya, für die sich am liebsten nichts ändern soll. Zu Hause angekommen, schwelgt sie in Erinnerungen an ihre Teenagerzeit und trifft ihre Jugendliebe Chris wieder, der nach seiner Scheidung ebenfalls nach Werne zurückgekehrt ist. Trotz ihrer Verlobung mit Thorsten fühlt sich Freya zu Chris hingezogen. Zusammen mit ihm möchte sie ein letztes Mal eine Party in der Scheune ihrer Eltern feiern und ihre ehemaligen Mitschüler und alten Freunde dazu einladen. Freya flüchtet sich in das Gefühl von Nostalgie und verklärte Erinnerungen und blendet dabei aus, dass auch in ihrer Jugend nicht alles perfekt war und warum sie damals Werne so fluchtartig verlassen hatte.

Die Geschichte wird überwiegend aus der Perspektive von Freya in der Gegenwart erzählt. Daneben gibt es Rückblenden in die Vergangenheit vor zwölf bzw. elf Jahren, als Freya und ihre Freunde vor dem Abitur standen und sich ihre Wege für Studium und Beruf trennten und einzelne Abschnitte aus der Sicht von Chris.

Der Roman ist kurzweilig und unterhaltsam. Durch die Ich-Perspektive fällt es leicht sich in Freya hineinzuversetzen, die sich einfach noch nicht wie 30 fühlt und sich dementsprechend verhält. Sie möchte sich nicht wirklich mit ihrer Zukunft beschäftigen und schon gar nicht über Hausbau und die Gründung einer Familie nachdenken. Sie fühlt sich dafür zu jung und ist überfordert damit, dass alle anderen selbstverständlich erwachsen geworden sind und an ihr vorbeiziehen. Auch wenn man ihr unreifes Verhalten und ihre Ich-Bezogenheit nicht unbedingt gutheißen kann, ist es zumindest nachvollziehbar dargestellt.
Die Schilderungen sind lebhaft und Freyas Gedanken sowie die Dialoge erfrischend witzig. Die Handlung über den Wunsch, die Zeit stehenbleiben zu lassen, ist authentisch. Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, für immer jung zu sein und ein Gefühl von damals, von Jugend, Unbeschwertheit und einer offenen Zukunft zu bewahren? Dabei zeigt der Roman, dass Veränderungen die Konsequenz des Lebens und letztlich unaufhaltbar sind und dass es Mut braucht, sich der Vergangenheit zu stellen, um bereit für die Zukunft zu sein.

Die Geschichte ist in ihren Grundzügen vorhersehbar, was ich bei humorvollen Liebesgeschichten jedoch verzeihlich finde. Zudem hat der Roman einen Plottwist, der der Geschichte neben allen bereits geschilderten Problemen, Spannung verleiht und Tiefe gibt. Auch erhält man durch die Offenbarung eines Geheimnisses aus der Vergangenheit, das Freya offenbar erfolgreich verdrängt hatte, eine Erklärung, die mehr Verständnis für die rastlose Protagonistin erzeugt.
"Was nicht war, kann ja noch werden" ist ein Roman über Freundschaft und Liebe, über Angst vor Veränderungen, Neuanfänge und das Erwachsenwerden, aber auch über Trauer, Schuld und Versöhnung. Es ist eine Geschichte, die aus dem Leben gegriffen ist und dabei unterhaltsam und lebendig geschildert ist.

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