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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.03.2023

Tiefgründig, emotional und herausfordernd!

Das Schweigen in mir
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Der Roman taucht auf brillante Weise in die Seele einer jungen, namenlosen Frau ein, die alles verloren hat, zuerst durch den Krieg, der ihre Welt zerstört hat und dann durch die Flucht, nur um festzustellen, ...

Der Roman taucht auf brillante Weise in die Seele einer jungen, namenlosen Frau ein, die alles verloren hat, zuerst durch den Krieg, der ihre Welt zerstört hat und dann durch die Flucht, nur um festzustellen, dass auch in der Freiheit Englands keine Sicherheit auf sie wartet. Alles hat es sie gekostet. Ihre Sicherheit, ihre Erinnerungen, ihre Liebsten, ihre Hoffnungen und schlussendlich auch ihre Stimme. Was bleibt, ist das Schreiben. In der selbstauferlegten Isolation beginnt sie Beiträge für ein Magazin zu schreiben, in denen sie als „die Stimmlose“ über ihre Erfahrungen und Überzeugungen berichtet. Wenn sie nicht schreibt, blickt sie aus dem Fenster, aus ihrer Einsamkeit hinaus in die vielen Leben hinein, die sich im Gebäude gegenüber abspielen. Doch im Laufe der Geschichte muss unsere Erzählerin entscheiden, ob sie der Ohnmacht des Traumas verfällt, oder bereit ist, sich ihre Stimme zurückzuholen.
Der Schreibstil ist unglaublich. Poetisch, intensiv und packend. Das Buch wird aus der Sicht der namenlosen Erzählerin geschrieben und konzentriert sich zu Anfang hauptsächlich auf die Beobachtungen der anderen Gebäudebewohner. Es ist intim, unmittelbar, als würde man Seite an Seite mit ihr in der Stille der Wohnung sitzen und zum Zuschauer all dieser Leben werden. Und während man verfolgt, wie sie allmählich in die Belange der Gemeinde hineingerät, wird die aktuelle Zeitlinie immer wieder durch Rückblenden und verworrene Erinnerungsfetzen aus ihrer Vergangenheit unterbrochen. Man kann nur erahnen, was diese junge, intelligente und wortgewandte Frau durchgemacht haben muss. Die Autorin zieht einen mitten hinein in diesen Strudel aus Angst, Trauma und Perspektivlosigkeit.
„Das Schweigen in mir“ ist so vielschichtig und tiefgründig, emotional und herausfordernd. Es ist ein wunderschöner, einzigartiger und zum Nachdenken anregender Roman, den ich nicht nachdrücklich genug empfehlen kann!

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  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.03.2023

Radikal ehrlich und einfach brillant

Schwarz und Frau
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„Schwarz und Frau“ beinhaltet eine Sammlung von drei pointierten Essays der simbabwischen Schriftstellerin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga, die zuletzt durch den Erhalt des Friedenspreises des Deutschen ...

„Schwarz und Frau“ beinhaltet eine Sammlung von drei pointierten Essays der simbabwischen Schriftstellerin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga, die zuletzt durch den Erhalt des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2021 ins Licht der medialen Aufmerksamkeit rückte.
Mutig und ohne zu beschönigen, erzählt Tsitsi Dangarembga über die unglücklichen und unterdrückenden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verhältnisse, denen die schwarzafrikanischen Frauen in der Kolonialzeit ausgesetzt wurden und verbindet sie gekonnt mit der andauernden repressiven Gesellschaftsstrukturen einer postkolonialen Welt, die sie auch heute noch daran hindern, das ganze Potential ihrer menschlichen Integrität und persönlichen Macht für sich zu beanspruchen. Dabei untermalt sie ihre Ausführungen mit vielen Fakten über den Imperialismus, die tiefen Wunden, die jahrhundertelange Fremdherrschaft in den afrikanischen Kontinent geschlagen hat und den gesellschaftlich fest verwurzelten Sexismus. Indem sie auch über ihre eigenen Erfahrungen spricht, die Herausforderungen als schwarzes Kind – als schwarzes Mädchen – in einer von Weißen definierten und auf Weiße ausgerichteten Welt groß zu werden und sich eine Stimme zu erkämpfen, werden die Essays zu zutiefst persönlichen Berichten.
„Schwarz und Frau“ ist nicht weniger als ein Weckruf, ein Appell an alle Leser sich selbst und die Gesellschaft kompromisslos zu hinterfragen. Absolut lesenswert!

Veröffentlicht am 12.02.2023

Zwischen Adlon Dekadenz und den Abgründen der NS-Zeit

Die marmornen Träume
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Der Marmormann geht um. Im Berlin des Jahres 1939 scheinen die gut situierten Damen des Wilhelmklubs keine anderen Sorgen zu kennen als die Wahl ihrer Kleidung und die Qualität ihres Champagners. Als Ehefrauen ...

Der Marmormann geht um. Im Berlin des Jahres 1939 scheinen die gut situierten Damen des Wilhelmklubs keine anderen Sorgen zu kennen als die Wahl ihrer Kleidung und die Qualität ihres Champagners. Als Ehefrauen hochrangiger Nazi-Funktionäre gelten die schönen Damen dieses exklusiven Zirkels, der täglich im Adlon Hotel zusammentrifft, als unantastbar. Ein Schein, der sich nur so lange aufrechterhalten lässt, bis eine von ihnen brutal ermordet am Spreeufer aufgefunden wird. Schon bald folgen auf das erste weitere Opfer und den mit dem Fall betrauten Gestapo-Ermittlern wird klar, ein brutaler Mörder hat es auf die Juwelen der NS-Elite abgesehen. Doch was ist das Motiv für die Morde? Was haben die Spuren am Tatort zu bedeuten? Und wie konnten die gut bewachten Damen vor aller Augen aus dem Adlon verschwinden? Der einzige Anhaltspunkt, zur Lösung dieser Rätsel, stellt sich indes als das schwerste von allen dar. Jedes der Opfer hat kurz vor ihrem Tod von einer sonderbaren Traumerscheinung berichtet. Ein schauriges Phantom mit marmorner Maske.
Jean-Christophe Grangé hat sich mit Werken wie „Die purpurnen Flüsse“ schon lange ins Herz vieler Thriller-Fans geschrieben. Mit „Die marmornen Träume“, seinem ersten historischen Berlin-Thriller, scheint sich schon bald ein weiteres seiner Werke in die Reihe von Bestsellern einfügen zu können. Das Potential ist da.
„Die marmornen Träume“ ist in meinen Augen ein unfassbar guter Thriller. Hervorragende Recherche, die menschlichen Abgründe, denen man begegnet, die fragwürdigen Protagonisten, die unerwarteten Wendungen – all das und noch mehr vermengt sich hier zu einer einzigartigen Melange von bemerkenswerter Qualität.
Der Schreibstil Grangés lässt schnell eine düstere und drückende Atmosphäre entstehen und entwickelt zugleich einen unwiderstehlichen Sog, der mich Seite um Seite umblättern lies, ohne auch nur an eine Pause zu denken. Die Erzählperspektive wechselt dabei zwischen drei sehr unterschiedlichen Charakteren. SS-Hauptsturmführer Franz Beewen, der brillante Psychoanalytiker und Gigolo Simon Kraus und die regimekritisch eingestellte Psychiaterin und Gräfin Minna von Hassel haben in der Tat nicht viele Schnittstellen, doch dem Autor ist auf geschickte Weise gelungen dieses gegensätzliche Ermittlertrio zusammenzuführen.
Ich will ehrlich sein, trotz der hervorragenden Erzählweise ist dieses Buch wegen seiner Thematik nicht einfach zu lesen. Zumindest galt das für mich. Man befindet sich quasi im Herzen der NS-Elite, ist konfrontiert mit tumber Befehlsbefolgung, zur Alltäglichkeit verkommenen Gewaltexzessen, Kriegsgewinnlern, Rassenhass und Eugenik. Grangé führt seine Leser Stufe um Stufe tiefer in die dunkelsten Abgründe der menschlichen Natur.
Dennoch, es lohnt sich, sich auf die Geschichte einzulassen. Schon früh legt die Handlung ein rasantes Tempo vor und jedes Mal, wenn ich den Eindruck hatte der Fall nähere sich einer Lösung, kam eine Wendung, die alles auf den Kopf stellte, was ich zu wissen glaubte. Bis zuletzt wollen die zahlreich gestreuten Hinweise nicht zusammenpassen, bis sich in einem verheerenden Finale die wahre Größenordnung hinter den Taten ein für alle Mal offenbart.
Meiner Meinung nach, ist „Die marmornen Träume“ ein Thriller, den man auf keinen Fall verpassen sollte.

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  • Cover
Veröffentlicht am 03.02.2023

Einzigartiges Hörerlebnis

Tagebuch
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Zum Inhalt dieses weltberühmten Buches muss man wohl nicht viel sagen, ist Anne Frank doch vielen Menschen heutzutage ein Begriff. In einem Tagebuch, dass sie zu ihrem 13. Geburtstag geschenkt bekam, hielt ...

Zum Inhalt dieses weltberühmten Buches muss man wohl nicht viel sagen, ist Anne Frank doch vielen Menschen heutzutage ein Begriff. In einem Tagebuch, dass sie zu ihrem 13. Geburtstag geschenkt bekam, hielt das jüdische Mädchen fest, wie sich ihr Leben und das ihrer Familie in den Kriegsjahren ab 1942 veränderte. In ständiger Sorge vor der wachsenden Bedrohung durch die Judenverfolgung beschließt die Familie Frank gemeinsam mit einer befreundeten Familie unterzutauchen. Das Hinterhaus der Firma, die Herr Frank, Annes Vater, bis vor kurzem geleitet hat, wird zum gut getarnten Versteck umgebaut und soll fortan der neue Lebensmittelpunkt der 7- (später köpfigen Gruppe werden.
Während des Untertauchens wird ihr Tagebuch schnell zu Annes engstem Vertrauten und sie beginnt ihr Leben im Versteck ausführlich zu dokumentieren. Man ließt viel über ihre alltäglichen Beschäftigungen zwischen Lernen und Haushalt, über die unzähligen Konflikte zwischen den Hinterhausbewohnern, die das Leben auf engstem Raum so mit sich bringt, aber auch von Annes ganz persönlichen Gefühlen, Gedanken und Sorgen, die sie Tag für Tag umtreiben.
Hinsichtlich des Inhalts verzichte ich darauf eine Bewertung abzugeben. Dieses Buch lässt sich nicht so rezensieren, wie jedes andere beliebige Buch auch. Wie denn auch? Die Autorin war im Begriff ihre schriftstellerischen Fähigkeiten erst zu entwickeln und auch von einer Handlung im traditionellen Sinn kann man keineswegs sprechen. Und obwohl Anne Frank später beschlossen hat, ihre Worte für eine zukünftige Veröffentlichung zu nutzen, ist und bleibt es doch das Tagebuch eines 13 jährigen Mädchens.
Es ist ein befremdliches Gefühl, so intensiv in die intimsten Gedanken einer Person einzutauchen, einen Menschen so unverfälscht kennenzulernen. Ich fand es nicht ganz einfach damit umzugehen. In diesen Seiten steckt außerdem so viel von Annes Persönlichkeit, man erhält dadurch ein so unfassbar reales Bild von ihr, wie es keine Biographie der Welt hätte schaffen können. Umso mehr brach mir jedes Mal das Herz, wann immer sie über ihre Zukunft sinnierte und von einer Zeit nach dem Krieg schrieb. Das Wissen, was mit ihr und all den Bewohnern des Hinterhauses wurde, verleiht jedem Wort ein enormes Gewicht. Dieses Tagebuch ist wahrlich keins, dem man sich zwischendurch mal eben so eben widmen kann (oder sollte). Es ist ein literarisches Mahnmal an die Gräuel der NS-Zeit und hat als Zeitzeugenbericht einen unschätzbaren Wert.
Abschließend noch ein paar Worte zu der Hörbuchausgabe aus dem Argon Verlag. Es handelt sich um eine ungekürzte Lesung (was mir sehr wichtig war) und kommt in der Dauer auf etwa 10 ein halb Stunden. Gelesen wird es von Fritzi Haberlandt.
Logischerweise muss man in der Hörbuchausgabe auf die begleitenden Fotos der Familie Frank verzichten (Printausgabe aus dem Fischer Verlag), was durchaus ein wenig schade ist, jedoch hat das Hörbuch durch seine Sprecherin eine ganz eigene Stärke. Ist es bereits sehr intim die Tagebucheinträge zu lesen, wird es noch um einiges intensiver sie zu hören. Fritzi Haberlandt’s Darstellung haucht den Worten Leben ein, macht alles irgendwie noch persönlicher; noch eindringlicher. Anfangs hab ich mich ein wenig an dem leicht kindlichen Einschlag der Stimme gestört. Sehr bald jedoch war es beinahe, als würde man der Autorin selbst dabei lauschen, wie sie ihre Einträge vorließt. Wie gesagt, als würden die Worte lebendig.
Als Hörerlebnis war diese Erfahrung wirklich einzigartig.

Veröffentlicht am 25.01.2023

Einfach großartig!

Kopfarbeit
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„Kopfarbeit“ liest sich wie eine Liebeserklärung an die Neurochirurgie und an das menschliche Gehirn. Dabei geht es keineswegs darum den Mythos der „Halbgötter in Weiß“ weiter zu nähren, sondern vielmehr ...

„Kopfarbeit“ liest sich wie eine Liebeserklärung an die Neurochirurgie und an das menschliche Gehirn. Dabei geht es keineswegs darum den Mythos der „Halbgötter in Weiß“ weiter zu nähren, sondern vielmehr darum dem Leser einen ganz realistischen Einblick in dieses chirurgische Kunsthandwerk zu bieten. Man bekommt nicht nur hochinteressante Einblicke in die Anatomie und Funktionsweise des Gehirns, sondern lernt auch die verschiedensten Krankheitsprofile kennen und erfährt wie enorm risikoreiche Eingriffe durch das Zusammenwirken modernster Technologien und bestens aufeinander abgestimmten Hochleistungsteams erst möglich gemacht werden.
 Das Tor in diese faszinierende Welt wird uns geöffnet von Autor Prof. Dr. Peter Vajkoczy. Der Direktor der Klinik für Neurochirurgie an der Berliner Charité gehört zu den renommiertesten Neurochirurgen weltweit und erzählt hier anhand von ausgewählten Beispielen aus seiner jahrzehntelangen Berufserfahrung von den schlimmsten und den schönsten Seiten der Neurochirurgie.

Für ein Sachbuch hat mir der Schreibstil wirklich außergewöhnlich gut gefallen. Besonders bei den Beschreibungen der verschiedenen Operationen habe ich nicht selten den Atem angehalten, weil ich so mit dem Team, vor allem aber mit den Patienten mitgefiebert habe. Die Atmosphäre im Operationssaal war so greifbar und mitreißend. Es gab Passagen, die sich wirklich so spannend gelesen haben wie eine True Crime Erzählung.
Natürlich wird man auch regelmäßig mit fachspezifischen Ausdrücken konfrontiert, aber Prof. Dr. Vajkoczy erklärt sehr verständlich und präzise anatomische Besonderheiten, chirurgische Instrumente, medizinische Gerätschaften und die einzelnen Abläufe während des chirurgischen Eingriffs. Als medizinische Laie habe ich wirklich eine Menge lernen können.
Schließlich hat mich dieses Buch auch sehr durch seine Emotionalität und Nahbarkeit beeindruckt. Ganz entgegen dem gängigen Klischee des selbstsüchtigen Rockstar-Chirurgen stehen hier zu jedem Zeitpunkt Demut, Verantwortungsbewusstsein, Teamwork und Selbstreflektion im Vordergrund. Immer wieder verdeutlicht Prof. Dr. Vajkoczy, dass die Neurochirurgie keine One-Man-Show ist, sondern jeder individuelle Eingriff der Mammutleistung einer ganzen Gruppe hochspezialisierter Fachkräfte entspricht. Und obwohl man durchaus etwas über seinen persönlichen Werdegang erfährt und auch den Menschen hinter dem weißen Kittel ein wenig kennenlernen darf, wird allen Beteiligten z.B. den Pflegekräften, Anästhesisten, Kollegen etc. Aufmerksamkeit und Hochachtung entgegengebracht. Allem voran, und auch das hat mich sehr berührt, legt Prof. Dr. Vajkoczy sein Hauptaugenmerk beim Erzählen auf seine Patienten. Er stellt dem Leser jeden Patient, jede Patientin vor. Damit meine ich nicht den Tumor, das Aneurysma oder in anderen Worten das medizinische Profil, sondern immer erst den Menschen. Man bekommt die Gelegenheit sie kennenzulernen, ihr Leben, ihre Angehörigen und ihre Persönlichkeit und gerade deshalb hat mich jeder Erfolg und jede Niederlage beim Lesen auch zutiefst berührt.

Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass „Kopfarbeit“ mich schwer beeindruckt und enorm begeistert hat. Die Faszination für die Neurochirurgie und die Komplexität des menschlichen Gehirns und Nervensystems ist definitiv auf mich übergesprungen und die Leseempfehlung für dieses Buch ergibt sich ganz von selbst.