Profilbild von Goch9

Goch9

Lesejury Star
offline

Goch9 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Goch9 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.07.2017

Unterhaltsame Urlaubslektüre

Bea macht blau
0

Beas Welt bröckelt heftig als ihre Tochter Caroline, statt in der Nähe zu studieren, ohne Vorwarnung im weit entfernten Passau mit ihrem Freund zusammenzieht. Als dann ihr Mann Matthias ihr auch noch eine ...

Beas Welt bröckelt heftig als ihre Tochter Caroline, statt in der Nähe zu studieren, ohne Vorwarnung im weit entfernten Passau mit ihrem Freund zusammenzieht. Als dann ihr Mann Matthias ihr auch noch eine neue Partnerin vorzieht, packt sie ihre Sachen um im Baskenland, wo sie jahrelang während der Ferien in der Pension von Maria Geborgenheit und Liebe genossen hat, Ruhe zu finden. Aber Maria ist verstorben. Bei der Suche nach ihrer Schwester, die seit Jahren als Aussteigerin in der Nähe lebt, legt Bea mehr und mehr ihren Ballast ab, findet ihren eigenen Weg und passt sich dem Leben im Baskenland an.

Dies ist eine wunderbare Urlaubslektüre, besonders wenn man ans Meer oder ins Baskenland fährt. Das Buch ist mit leichter und lockerer Hand geschrieben. Die Szenen und die Umgebung sind so bildhaft beschrieben, dass der Leser die Sonne auf der Haut spürt, die Kräuter im Garten und in Angels magischen Gerichten riecht und die Farben in Helenes Atelier spürt. Die Geschichte wird unaufgeregt erzählt. Nichts kann Bea in den Grundfesten ihrer Seele erschüttern. Sie fängt an loszulassen, auch wenn eine ordentliche Portion Wut diesen Prozess begleitet, findet sie ihren Weg.
Nach „Elli gibt den Löffel ab“ ist das mein zweites Buch dieser Autorin, das ich mit Vergnügen gelesen habe. Ich freue mich auf mehr.

Veröffentlicht am 15.03.2017

Sylt - leicht und locker

Meer Liebe auf Sylt
0

Henriette und Ulla, zwei Großmütter, die unterschiedlicher nicht sein könnten, reisen nach Sylt um den zweiten Geburtstag ihrer Enkelin Emma zu feiern.
Henriette, verheiratet, absolut erfolgreiche Karrierefrau ...

Henriette und Ulla, zwei Großmütter, die unterschiedlicher nicht sein könnten, reisen nach Sylt um den zweiten Geburtstag ihrer Enkelin Emma zu feiern.
Henriette, verheiratet, absolut erfolgreiche Karrierefrau graut vor dem Zusammentreffen mit Ulla, der Schwiegermutter ihrer Tochter Alex. Ulla, alleinerziehend, ist überzeugte Veganerin, Umweltverbesserin, Yogameisterin und ständig missionarisch unterwegs.
Das Zusammentreffen der beiden Frauen war dann auch entsprechend angespannt.
Noch angespannter wurde die Situation am nächsten Morgen. Alex war verschwunden und hinterließ nur einen Zettel, auf dem sie mitteilte, dass sie vermute von ihrem Mann, der momentan in Amerika arbeitet, betrogen zu werden und dass sie ihm hinterher müsse um ihre Ehe zu retten. Ulla und Henriette mögen sich doch bitte beide um Emma kümmern. Für Henriette und Ulla war damit der Katastrophenfall eingetreten.

Käthe Lachmann sagt: "Herrlich! Flotte Feder, schöner Wortschatz, liebenswerte Figuren - das macht Spaß! Und ich will nach Sylt!"
Dem kann ich mich anschließen. Dies ist ein wunderbar unterhaltsames Buch, das auch ein wenig nachdenklich macht. Ich bin in Henriettes Alter und habe mich in einigen Szenen wiedererkannt, so wie andere Leser sich sicherlich auch in einigen Figuren, die wirklich gut gezeichnet waren, wiedererkannt haben. Über viele Situationen konnte man herzlich lachen oder auch manchmal grimmig lächeln. Und immer wieder wurde man, wie Ulla es nett ausdrückt, gespiegelt. Frau Thesenfitz zeigt uns deutlich, dass man sich auch mit unangenehmen Menschen zusammenraufen kann, und anschließend überrascht feststellt, dass sie so übel gar nicht sind, und dass man sich gegenseitig bereichern kann. Alte festgerostete Beziehungen lohnen sich reaktiviert zu werden. Und Achtsamkeit gegenüber alle, die wir lieben.
Der Satz: "Am Ende ist alles gut - und wenn es nicht gut ist, ist es auch noch nicht das Ende" gefällt zwar, hat aber mit dem Leben nicht viel zu tun. Bei dieser unterhaltsamen und leichten Strand -und Urlaubslektüre trifft er natürlich ins Schwarze.
Ich wurde angenehm unterhalten und greife sicher gerne wieder auf ein Buch von Claudia Thesenfitz zurück.

Veröffentlicht am 10.03.2017

Der äußere Schein

Der Mörder und das Mädchen
0

Cornelia Göransson hat es fast geschafft. Morgen zieht sie mit ihrer Tochter Astrid in eine kleine Mietwohnung. Nur noch eine Nacht muss sie mit dem Mann, der sie seit Jahren misshandelt und demütigt, ...

Cornelia Göransson hat es fast geschafft. Morgen zieht sie mit ihrer Tochter Astrid in eine kleine Mietwohnung. Nur noch eine Nacht muss sie mit dem Mann, der sie seit Jahren misshandelt und demütigt, unter einem Dach schlafen. Aber es läuft schief. Kurz bevor sie mit ihrer Tochter das Haus verlassen will, findet Astrid ihren Vater erstochen im Gästezimmer.
Emma Sköld, Kriminalkommissarin und die Schwester von Cornelias Freundin Josefin, nimmt die Ermittlungen auf.

Die neue Krimiautorin aus Schweden hat sich gleich mit dem ersten Thriller in die hohe Liga der Schwedenkrimis geschrieben. Dieser Thriller ist packend und zuweilen mit Gänsehautfeeling. Die kurzen Kapitel machen die Szenen- und Protagonisten-Wechsel rasant, was anfangs für den Leser etwas unübersichtlich ist, aber letztlich die Spannung hochhält.
Es sind nicht nur die Morde, die den Thrill ausmachen, sondern vielmehr die Emotionen der einzelnen Protagonisten. Unsicherheit, Panik und Angst bei Cornelia lassen den Leser einerseits mit ihr fühlen, andererseits kommen immer wieder Zweifel auf. Die teilweise seltsame Verhaltensweise der anderen Protagonisten geben Rätsel auf, so dass sie wechselweise in Verdacht geraten etwas mit den Verbrechen zu tun zu haben.
Besonders bedrohlich wirken die Stellen, in denen der Mörder aus der Ich-Erzähler-Perspektive die Szene beobachtet.

Insgesamt ist es ein spannender und kurzweiliger Thriller mit überraschenden Wendungen und einem Ende, das auf Fortsetzung hoffen lässt.

Veröffentlicht am 25.10.2016

ImWald beim schweigenden Dorf

Im Wald
0

In der Nacht explodieren auf einem Campinglatz in der Nähe von Ruppertshain ein Wohnwagen und ein Auto. Die Feuerwehr hat Mühe die Ausbreitung des Feuers zu verhindern. Im Wohnwagen wird eine ...

In der Nacht explodieren auf einem Campinglatz in der Nähe von Ruppertshain ein Wohnwagen und ein Auto. Die Feuerwehr hat Mühe die Ausbreitung des Feuers zu verhindern. Im Wohnwagen wird eine Leiche entdeckt. Oliver von Bodenstein und seine Kollegin Pia Sander werden hinzu gezogen.
Oliver von Bodenstein ist in Ruppertshain aufgewachsen. Das Feuer wurde vorsätzlich gelegt, so dass von Bodenstein gegen ehemaligen Weggefährten und Spielkameraden ermitteln muss.
Und die Ermittlungen gestalten sich sehr schwierig. Als von Bodenstein die Besitzerin des Wohnwagens befragen will, ist diese getötet worden, obwohl sie aufgrund ihrer Krebserkrankung nicht mehr lange zu leben hatte.
Ein junger Mann, der die Brandstiftung wahrscheinlich beobachtet hat, ist nicht aufzufinden.
Da geschieht ein dritter Mord...........

Irgendwo habe ich gelesen, dass Nele Neuhaus den Spagat zwischen Psychodrama und Thriller meisterhaft beherrscht. Leider kann ich dem nicht zustimmen. Für mich war von Bodensteins Berufsmüdigkeit, seine Unsicherheit gegenüber seiner neuen Liebesbeziehung, seine Schuldgefühle gegenüber seinem Freund Arthur aus Kindertagen und seine fehlende Kindheitsbewältigung etwas zu viel Psychodrama.
Ich habe alle Taunuskrimis der Autorin gelesen, genossen und bis auf Einen bewundert. In diesem Einen, ich habe leider den Titel nicht parat, trennte sich Ehefrau Cosima von Oliver von Bodenstein und stürzte ihn in eine tiefe psychische Krise. Diese Krise und weitere Befindlichkeiten Bodensteins drängten den Kriminalfall ziemlich an die Seite.
Hier habe ich es ähnlich empfunden. Erst im zweiten Drittel des Buches kam der Thriller zum Vorschein. Grundsätzlich finde ich es gut, wenn bei einer Krimiserie sich das Privatleben der Ermittler im Hintergrund entwickelt. Ein neuer Roman ist dann wie ein nach Hause kommen oder Treffen alter Freunde. Die Schuldgefühle und die unbewältigten Kindheitserlebnisse von Bodensteins sowie die Ermittlungen in seinem Heimatdorf mit reichlichen Flashbacks haben zu einem Ungleichgewicht geführt.
Mich wundert, dass Oliver von Bodenstein in den über vierzig Jahren seit Verschwinden seines Freundes Arthur nie versucht hat, Ermittlungen aufzunehmen. Erst jetzt fordert er die damaligen Ermittlungsakten an.
Die Versagungsängste von Pia Sander kann ich auch nicht ganz nachvollziehen. Sie war immer tough und handelte nach Bauchgefühl. Jetzt wirkt sie ängstlich, trauert bereits um ihren Chef und fühlt sich der Lage nicht gewachsen.
Ich meckere jetzt hier auf hohem Niveau. Alles in Allem hat mir der Thriller gut gefallen. Insbesondere die Ermittlungsarbeit des gesamten Teams. Man konnte die einzelnen Schritte immer nachvollziehen und ist den Ermittlern in die Sackgasse gefolgt, denn alle Schlussfolgerungen waren logisch.
Besonders interessant finde ich die Erkenntnis, dass das gesamte Dorf schwieg und deshalb niemand in den vierzig Jahren die ganze Wahrheit kannte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine wunderbare Familien und Inselchronik über 95 Jahre

Die langen Tage von Castellamare
0

Die Geschichte beginnt mit der sagenhaften Geburt von Zwillingen zweier verschieden Mütter.
Amedeo, das Findelkind aus Florenz, geht einen beschwerlichen, aber erfolgreichen Weg, als Ziehsohn des florentinischen ...

Die Geschichte beginnt mit der sagenhaften Geburt von Zwillingen zweier verschieden Mütter.
Amedeo, das Findelkind aus Florenz, geht einen beschwerlichen, aber erfolgreichen Weg, als Ziehsohn des florentinischen Arztes Esposito, zum Medico condotto auf der abgelegenen Insel Castellamare.
Nachdem er während des 1. Weltkrieges in die Schützengräben gerufen wurde, kehrt er auf die Insel zurück und erliegt dem Charme der Contessa Carmela, der Frau des Monte d’Isantu, entscheidet sich aber Pina, die Schulmeisterin, zu heiraten. Erst in der Nacht vor seiner Eheschließung schafft er es, sich endgültig von Carmela zu trennen, was zur Folge hat, dass es gleichzeitig zur Geburt seines ehelichen Sohnes Tullio und seines außerehelichen Sohnes Andrea, des zukünftigen Conte, kommt. Der Conte d’Isantu behauptete entgegen der Gerüchte auf der Insel, dass er der Vater von Andrea sei, aber die Gerüchte verstummten nicht. Kurzerhand wurde Amedeo als Medico condotto abgesetzt und musste seinen Lebensunterhalt anderweitig bestreiten. Amedeo, der als Geschichtensammler aufgewachsen ist, sammelte kurzerhand seine Geschichten in der Bar„Haus am Rande der Nacht“, die er und seine Frau Pina fortan betreiben sollten. Die Beiden bekamen noch zwei Söhne und eine Tochter. Amedeo sammelte alle Geschichten der Insel und ihrer Bewohner und alle Geschichten, die die Bewohner aus der Vergangenheit kannten und schrieb sie fein säuberlich in sein rotes Buch.
Über 95 Jahre begleiten wir die Familie Esposito und die Geschehnisse auf der Insel, aber Maria-Grazia, Amedeos Tochter, wird später im Jahre 2009 bedauernd feststellen, dass nach Amedeos Tod leider kein Inselbewohner die Geschichten fortgeschrieben hat.

Für mich als Leser war es wunderbar mit dieser Familien-und Insel Chronik den Werdegang einer kleinen, abgelegenen italienischen Insel so beobachten. Die Welt außerhalb dieses kleinen Inselkosmos führte zwei Weltkriege, entwickelte technische Errungenschaften, erlebte den wirtschaftlichen Aufschwung und auch den Börsen-und Bankencrash. Die Insel erlebte die Auswirkungen diese Ereignisse meist nur am Rande. Und doch haben diese Auswirkungen vieles an dieser Insel und ihren Bewohnern verändert. Die Charaktere, insbesondere die Familie Esposito, wurden beeindruckend klar gezeichnet. Das enggewobene Beziehungsgeflecht der Inselbewohner wäre mit einem Personenverzeichnis zu Beginn des Buches oder Ende sicherlich leichter zu entschlüsseln gewesen. Abschließend kann ich sagen, ich wäre noch gerne einige 100 Seiten länger auf der Insel geblieben, im Schoße der Familie Esposito.