Spannend
„...Als Feldpfarrer hatte er sich verdingen wollen, als berittener Soldat war er letztendlich mitgezogen. Inzwischen graute ihm vor dem, was er gesehen hatte, und er schwor sich, nie wieder eine Waffe ...
„...Als Feldpfarrer hatte er sich verdingen wollen, als berittener Soldat war er letztendlich mitgezogen. Inzwischen graute ihm vor dem, was er gesehen hatte, und er schwor sich, nie wieder eine Waffe in die Hand zu nehmen...“
Das Buch beginnt zur Zeit Karl des Großen. Sein Neffe Bertulf hat den Schatz der Awaren vor Karl versteckt. Er behält nur ein Amulett. Das möchte er einer awarischen Fürstentochter geben.
Dann wechselt die Handlung in das Jahr 1626. in einem Seitental der Enns lebt Johannes mit seinen Eltern und seiner kleinen Schwester in einer Mühle. Jetzt ist er auf der Flucht. Während seiner Abwesenheit im Auftrag des Vaters haben Söldner die Mühle überfallen. Seine Eltern sind tot, die Schwester verschwunden. Die Mühle ist nur noch eine Ruine. Auch der Mönch Anselm, den Johannes aufsucht, ist nicht mehr in seiner Hütte. Als Johannes seine Eltern beerdigt, findet er bei der Mutter ein kostbares Amulett. Er nimmt es an sich und macht sich auf den Weg nach Linz. Dort lebt Johannes Kepler, ein Freund Anselms.
Die Autorin hat einen spannenden und abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Ich darf Johannes auf seinen Weg durch Österreich und Deutschland begleiten.
Johannes wurde von Anselm in Schreiben, Lesen und Rechnen, aber auch Medizin und praktischen Tätigkeiten ausgebildet. Ungewöhnlich ist es deshalb, weil Anselm Katholik ist, Johannes und seine Familie aber Protestanten. Auf seiner Reise erlebt Johannes, wie unter bayrischer Besetzung die Protestanten in Österreich entweder zum Katholizismus übertreten müssen, oder das Land verlassen. Johannes findet unterwegs immer Arbeit und Unterstützung.
Der Schriftstil ist leicht lesbar. Gleichzeitig sorgt er für eine fesselnde Handlung, denn ab und an kann Johannes` Leben erst in letzter Minute gerettet werden. Wer von Soldaten aufgegriffen wird, ist deren Willkür ausgesetzt. Behütet im Tal der Enns aufgewachsen, muss Johannes lernen, dass es nicht gut ist, immer seine Meinung zu sagen. Als Protestant steht man im Fokus der Herrschenden. Wie grausam die gegen Andersdenkende vorgehen, erlebt er wiederholt auf seiner Wanderung, denn die Zeitverhältnisse sorgen dafür, dass er nie lange an einem Ort bleiben kann..
Als besonderes Stilmittel verwendet die Autorin Johannes` Erinnerungen an die vergangenen Jahre. In diesen kursiven Teilen erfahre ich mehr über die Kindheit des jungen Mannes, aber auch über die Beziehungen seiner Eltern zu Anselm. Dort lerne ich auch seinen Freund Jakob kennen, der in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen ist und später in der Handlung noch eine Rolle spielen wird.
Wichtige historische Ereignisse sind in den Text integriert. Das sind zum Beispiel das Würfeln auf dem Haushamer Feld, Hexenprozesse und die Niederschlagung des Bauernaufstandes. Gleichzeitig erfahre ich, wie die Kaufmannsschicht in dieser Zeit gelebt hat, da Johannes bei verschiedenen Familien unterkommt. Die Hilfsbereitschaft unter den protestantischen Familien hat funktioniert, auch wenn sie sich den Regeln der Städte unterordnen mussten.
Als Johannes Anselm wieder trifft, wird der für ihn zum väterlichen Freund und Beschützer.
Gut herausgearbeitet werden die Emotionen der Protagonisten. Johannes` Hoffnung, seine Schwester zu finden, durchzieht wie ein roter Faden die Handlung. Die Wut und der Hass von denjenigen, die ihre Angehörigen und ihr Hab und Gut durch plündernde Söldner verloren haben, ist mit der Hand greifbar.
Obiges Zitat stammt von Konrad. Er fasst zusammen, was viele nicht nur im damaligen Krieg erleben mussten. Im Kampf um die Macht gibt es kaum noch Menschlichkeit.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Autorin zeichnet ein realistischen Bild von einem zerrissenen und besetzten Land.