Problematisches Buch
Das Buch „Mein Bruder heißt Jessica“ handelt von Jason, der immer mehr realisiert, dass er als Junge geboren wurde, aber eigentlich ein Mädchen ist. Sein kleiner Bruder Sam erzählt aus seiner Sicht, was ...
Das Buch „Mein Bruder heißt Jessica“ handelt von Jason, der immer mehr realisiert, dass er als Junge geboren wurde, aber eigentlich ein Mädchen ist. Sein kleiner Bruder Sam erzählt aus seiner Sicht, was diese Entwicklung mit ihm und der Familie macht.
Ein LGBTQI-Buch, auf das ich mich sehr gefreut hatte, was ich aber anhand mehrerer Punkte leider als sehr problematisch wahrgenommen habe:
- Der Fokus liegt nicht auf Jason (im folgenden: Jessica) und seiner Entwicklung, sondern darauf, wie die Familienmitglieder ihr Geständnis aufnehmen und damit umgehen. Klar - für Angehörige kann sowas ein Schock sein und ungewohnt - aber der Fokus sollte doch viel mehr darauf liegen, dem Betroffenen ein sicheres Umfeld zu bieten, dass für ihn da ist.
- Ständig wird ein Schuldiger für das Trans-sein gesucht und es werden sich Vorwürfe gemacht. Trans zu sein ist keine Entscheidung, man wird so geboren, realisiert es aber evtl erst später. Leider wird das hier nicht erwähnt.
- Die Mutter ist eine hohe Politikerin und stets auf ihre Karriere bedacht, daher hat sie ohnehin kaum Zeit für ihre Familie und versucht das Thema unter den Tisch zu kehren, damit es ja nicht an die Öffentlichkeit gelangt und sie einen Schaden daraus zieht. Ein sehr egoistisches Verhalten, wenn man bedenkt, wie viel Kraft es ihre Tochter gekostet hat, sich zu öffnen.
- Es findet keinerlei Charakterenetwicklung statt. Sam ist noch jung, dennoch ist es für mich nicht wirklich verzeihbar, dass er sich seinen Bruder zurückwünscht. Angeblich liebt er sie so, warum kann er dann nicht wenigstens versuchen, sie so zu akzeptieren, wie sie jetzt ist? Die Eltern kehren das Thema wie gesagt unter den Tisch, versuchen ihre Tochter bei einem Psychologen zu bekehren und sind froh, wenn kein Wort bezüglich dieses Themas fällt. Zum Ende hin machen sie plötzlich eine 180 Wendung, was einfach unrealistisch war, nachdem sie zuvor durchgängig rassistisch, homophob und weiteres waren.
- Ständig wird misgendert.
- Körperliche und seelische Gewalt, ohne dass dies entsprechend thematisiert wird.
Ich finde es übrigens wichtig, dass auch transphobe Menschen zu Wort kommen, denn leider Gottes ist das heutzutage (noch) die Realität. Das MUSS dann aber entsprechend aufgearbeitet werden, ansonsten geht es für mich gar nicht klar. Denn das Buch ist an eine junge Zielgruppe gerichtet, die das evtl noch nicht richtig einordnen kann und transphoben Aussagen vielleicht noch Glauben schenkt - und das wäre mehr als fatal. Leider sehe ich das Buch also als ziemlich problematisch an.