Trump Anhängerinnen und andere Konservative
Spätestens seit der "Grab them by the pussy"-Äußerung scheint es aus europäisch-liberaler Perspektive völlig unverständlich, warum sich Frauen für Donald Trump nicht nur begeistern, sondern ihm sogar ...
Spätestens seit der "Grab them by the pussy"-Äußerung scheint es aus europäisch-liberaler Perspektive völlig unverständlich, warum sich Frauen für Donald Trump nicht nur begeistern, sondern ihm sogar ihre Stimme geben. In ihrem Buch "Guns ´n ´Rosé" über den wachsenden Einfluß konservativer Frauen zeigen die beiden USA-Korrespondentinnen Annett Meiritz und Juliane Schäuble (ja - Tochter von Wofgang S.), wie sich nicht nur die US-Gesellschaft zunehmend polarisiert, sondern wie auch die sicher geglaubte weibliche Wählerschaft der Demokraten wegbröckelt.
Ob schwarz und konservativ, ob evangelikal und ländlich, Latina und werteorientiert - es sind längst nicht mehr nur die WASP-Frauen mit Perlenkette, die hier porträtiert werden. Manches lässt sich vermutlich mit dem American Spirit erklären, dem der Wohlfahrtsstaat mit sozialem Netz, der für uns eine selbstverständiche und geforderte Errungenschaft ist, so vehement abgelehnt wird. Es gilt halt, aus eigener Kraft alles zu erreichen und darauf stolz zu sein.
Manche Phänomene - etwa wenn es um Abtreibungsecht und Lebensschützer geht, um Waffenbesitz und Patriotismus - sind wohl ausgesprochen amerikanisch. Andere Diskussionen, um die es in diesem Buch geht, sei es cancel culture, Diskussionen um strukturellen Rassismus und positive Diskriminierung/Quoten für Minderheiten, klingen auch hierzulande zunehmend vertraut.
Die Autorinnen lassen ganz überwiegend Frauen zu Wort kommen - Frauen, die sich in den Leitmedien und der Mehrheitskultur nicht wiederfinden, andere Narrative pflegen, andere Perspektiven einbringen wollen. Mit den Ansichten muss man nicht übereinstimmen, aber man sollte sich damit auseinandersetzen. Das ist in einer Zeit, in der die meisten Menschen am liebsten in den eigenen Meiungsblasen verharren, ein wichtiger Ansatz.
Beim Lesen dachte ich bei manchem Zitat konservativer Feministinnen "wie kann sie nur?" Aber in einer pluralistischen Gesellschaft sollte man auch das aushalten und diskutieren können, was einem selbst nicht passt. Manchem passt es vermutlich auch nicht ins Weltbild, dass die hier gezeigten republikanischen Politikerinnen und Aktivistinnen keinesfalls Frauchen an der Seite eines ehrgeizigen Mannes sind und auch nicht fremdgesteuert, sondern sehr selbstbewusst, ehrgeizig und machtfreudig agieren.
Die zunehmende Polarisierung und das Auseinanderdriften zwischen Regierenden und Regierten ist unterdessen keine US-amerikanische Besonderheit. Mit Blick auf populistische und verschwörungstheoretische Bewegungen hierzulande tut man gut daran, dieses Buch nicht allein als amerikanische Zustandsbeschreibung zu lesen, sondern auch auf hiesige Parallelen zu blicken. Informativ und definitiv nachdenkenswert.