(k)ein Schweden-Krimi
Im Herzen so kalt (Ein Fall für Maya Topelius 1)Sandra Åslund hat bereits Provence-Krimis geschrieben, sowie unter dem Pseudonym Sandrine Albert kulinarische Krimis aus Bordeaux. Nun hat sie ihre Wahlheimat Schweden zum Schauplatz des Verbrechens gewählt. ...
Sandra Åslund hat bereits Provence-Krimis geschrieben, sowie unter dem Pseudonym Sandrine Albert kulinarische Krimis aus Bordeaux. Nun hat sie ihre Wahlheimat Schweden zum Schauplatz des Verbrechens gewählt. Schweden-Krimis erwecken bestimmte Assoziationen und Erwartungen. Leider hat es sich eingebürgert, dass auf dem Cover ein Holzhaus in Schwedenrot in einsamer Landschaft steht. Hiervon weicht das im Ullstein-Verlag erschienene Buch leicht ab; das Haus ist in diesem Fall grün. Das hat mich auf das Buch aufmerksam gemacht. Auch der vordere Klappeinband ist dazu farblich passend gestaltet mit Orientierungskarten - im hinteren findet sich bereits Werbung für die nächsten zwei Bücher, so dass die Leserin von vornherein weiß, dass es sich um eine Reihe handelt.
Zu einer Reihe gehört, dass man das “Personal” an Bord kennenlernt und wiedertreffen möchte. Schnell begegnen uns die junge Kriminalinspektorin Maya und ihre drei Freundinnen Sanna, Emely und Clara. Vier ganz unterschiedliche Frauen, die seit ihrer Kindheit befreundet sind, und sich trotz ihrer unterschiedlichen Lebenswege nicht aus den Augen verloren haben. In diesem ersten Band erfahren wir vor allem etwas über Sanna.
Leider verrät die Rückseite des Buches schon sehr viel über den Inhalt. Das bewahrt aber vielleicht die eine oder andere Leserin vor einem Trigger. Ich bin da zwiegespalten. Während Sanna bis zum Ende des Buches als Charakter klar herausgearbeitet wird, bleiben andere Personen in ihren Motiven und Handlungen für mich noch unklar. Das gilt leider auch für die Hauptperson Maya, noch mehr aber für ihren älteren Kollegen Pär.
Doch nun zum Inhalt. Das Buch beginnt mit einer großartigen Sequenz. Hier möchte ich nicht zu viel verraten, nur soviel, dass es sehr spannend beginnt und zu diesem ersten Ereignis noch weitere spannende Ereignisse hinzukommen. Hier erkennt man das Potential von Sandra Åslund, wirkliche Pageturner zu schreiben. Dieses Niveau blitzt immer wieder auf, wird jedoch nicht durchgehend gehalten. Vielleicht liegt es daran, dass die Autorin zu viele Genretypen zugleich bedienen möchte. Mal ist es der düstere Schwedenkrimi, doch dann plötzlich geht es fast ein bisschen in die Kuschelkrimi-Ecke; und dann plötzlich wird es rasant wie in einem Thriller. Kurz fühlte ich mich auch an einen kulinarischen Krimi erinnert. Tatsächlich würde ich das Buch in erster Linie als Regio-Krimi bezeichnen. Insofern ist es ein sehr deutsches Buch und das enttäuscht vielleicht den einen oder anderen Liebhaber skandinavischer Krimis.
Inhaltlich werden gesellschaftliche und politische Themen aufgegriffen, wie es auch gerade in den Anfängen der Regio-Krimis (wie z.B. bei Jacques Berndorf) üblich war. Hier wäre auch eine Brücke zur schwedischen Krimitradition à la Sjöwall & Wahlöö oder Mankell. Doch leider verfolgt Sandra Åslund diese Ansätze in ihrem “Schweden-Krimi” nicht konsequent weiter. Themen werden angerissen, aber dann nicht vertieft. So wie auch Personen und ihre persönlichen Schicksale vorgestellt werden, ohne dass wir Lesenden am Ende wirklich greifen können, was diesen Menschen zu seinem Handeln bewegt.
Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte: die Ermittlungen hätte ich mir etwas professioneller gewünscht. Zumal Maya und ihr Kollege Pär gerade aus Stockholm nach Östersund abgeordnet wurden, um dies sicherzustellen.
Dennoch hat mir vieles an diesem Krimi auch sehr gut gefallen. Gerade deshalb habe ich herausgearbeitet, was aus meiner Sicht nicht stimmig war. Ich bin sehr neugierig darauf, wie es mit Maya Topelius und ihren Freundinnen weitergeht. Welches vergangene Ereignis Maya dazu bewegt hat, in den Polizeidienst einzutreten. Ich hoffe auch, dass Sandra Åslund weiterhin politische Themen aufgreift, denn diese waren super recherchiert und im Anhang sogar mit Hinweisen ergänzt, wie man sich dazu informieren kann. Zumal mich die Autorin auf einer Krimilesung mit ihrer Persönlichkeit und ihrem Auftreten sehr beeindruckt hat.