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Veröffentlicht am 25.07.2017

Afrikanisches Leid

Der Ort, an dem die Reise endet
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Ajany kehrt aus Brasilien nach Kenia zurück. Anlass ist der Tod ihres Bruders Odidi, der in den Straßen Nairobis erschossen wurde. Mit Ihrem Vater zusammen will Ajany den Leichnam nach Hause bringen, nach ...

Ajany kehrt aus Brasilien nach Kenia zurück. Anlass ist der Tod ihres Bruders Odidi, der in den Straßen Nairobis erschossen wurde. Mit Ihrem Vater zusammen will Ajany den Leichnam nach Hause bringen, nach Hause auf eine heruntergekommene Farm im Norden des Landes. Mit der Trauer kommen auch die Erinnerungen.
Dann taucht auch noch Brite Isaiah Bolton auf, der auf der Suche nach seinem Vater Hugh ist, den er nie kennengelernt hat. Auch er kommt zu spät um von Odidi noch etwas über seinen Vater zu erfahren. Odidis Familie ist in der Trauer gefangen und will sich nicht auch noch mit dem Fremden auseinander setzen. Ajanys Mutter entzieht sich dem allen durch Flucht in die Wildnis.
Das Buch ist nicht einfach zu lesen. Es gibt viele Rückblicke und die Zeiten wechseln häufig, auf den ersten Blick nicht immer erkennbar. Der Schreibstil wirkt zerrissen und ist mit fremder Sprache durchsetzt. Die Erklärung gibt es zwar im Anhang, aber ich blättere ungern ständig während des Lesens zurück. Es dauerte eine Weile bis ich mich auf die Geschichte einlassen konnte, doch dann sah ich in der Zerrissenheit der Sprache die Zerrissenheit der Gefühle. Die Sprache ist außerordentlich kraftvoll und voller Bilder und Metaphern.
Es ist eine uns fremde Welt, die wir kennenlernen und auch wenn einem beim Lesen manches verständlicher wird, bleibt sie uns weiterhin fremd. Nichtsdestotrotz nimmt einen die Geschichte gefangen.
In Ajanys Erinnerungen erfahren wir sehr viel darüber, wie die Geschwister aufgewachsen sind. Aber auch die Erinnerungen an die koloniale Gewaltherrschaft und die blutigen Auseinandersetzungen nach der Unabhängigkeit haben die Familienmitglieder weiterhin im Griff. Es ist sicherlich hilfreich, wenn man schon ein wenig über die Geschichte Kenias weiß.
Die Figuren sind alle ganz besondere Charaktere, die authentisch und interessant dargestellt sind. Sie sind versteinert in ihrer Trauer und verzweifelt.
Ich kann das Buch nur empfehlen.

Veröffentlicht am 23.07.2017

Sie wollte nur tanzen

Die Tänzerin von Paris
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Lucia Joyce fühlt sich in Paris sehr wohl. Sie hat schon an verschiedenen Orten gelebt, aber Paris wird so etwas wie ihre Heimat. Als talentierte Tänzerin hätte sie alle Chancen Karriere zu machen, doch ...

Lucia Joyce fühlt sich in Paris sehr wohl. Sie hat schon an verschiedenen Orten gelebt, aber Paris wird so etwas wie ihre Heimat. Als talentierte Tänzerin hätte sie alle Chancen Karriere zu machen, doch ihre Familie lässt ihr keine Freiheiten. Als Sie Samuel Beckett begegnet und sich in ihn verliebt, hofft sie, dass eine Ehe mit ihm sie endlich von ihrer Familie wegbringt und sie ihren Weg gehen kann. Doch wieder legen die Eltern ihr Steine in den Weg.

Es ist eine fesselnde und traurige Geschichte, die uns Annabel Abbs hier erzählt. Lucias Leben wird von anderen bestimmt. Der Vater benutzt sie als seine Muse, die Mutter ist eine unangenehme Person, so dass Lucia zu ihr kein inniges Verhältnis hat und ihr Bruder Giorgio, den sie sehr liebt, verändert sich auch auf eine unangenehme Art. Die Männer der Familie schmeißen mit dem Geld nur so um sich und die Familie lässt sich bedenkenlos von großzügigen Gönnern finanzieren. Lucia möchte aus diesen Verhältnissen heraus und ihr Leben nach eigenen Wünschen gestalten. Aber sie widersetzt sich nicht und lässt ergeben anderen über sich bestimmen. Sie setzt ihre Hoffnungen auf ihre große Liebe Samuel Beckett, doch der verehrt James Joyce und wagt es daher nicht sich an Lucias Seite zu stellen.

Lucia Joyce suchte Hilfe bei Dr. Carl Jung. Aber die Aufzeichnungen wurden vernichtet. So weiß man nicht besonders viel über die junge Frau. Aber der Autorin ist es gelungen, eine Geschichte um Lucia zu erzählen, die authentisch ist und die einem ans Herz geht.
Sehr gut hat mir auch die Beschreibung des pulsierende Lebens in Paris gefallen.

Ich kann diesen intensiven Roman nur empfehlen.

Veröffentlicht am 19.07.2017

Mary - Taschunka-gleschka-win

Taschunka-gleschka-win, Geflecktes-Pferdemädchen
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Auf dem Treck nach Oregon stirbt die Familie von Mary. Die Menschen in der Wagenkolonne lassen das Mädchen einfach zurück. Mit ihrem Pony Tupfen versucht Mary den Anschluss an die Kolonne zu bekommen. ...

Auf dem Treck nach Oregon stirbt die Familie von Mary. Die Menschen in der Wagenkolonne lassen das Mädchen einfach zurück. Mit ihrem Pony Tupfen versucht Mary den Anschluss an die Kolonne zu bekommen. Doch sie verirrt sich in der Prärie und wird von zwei Indianer völlig entkräftet gefunden. Sie nehmen das Mädchen mit zu ihrem Stamm und dort erhält Mary eine neue Familie.
Dieses Kinderbuch kann auch Erwachsene begeistern. Man erfährt sehr viel über das Alltagsleben der Lakota, die im Einklang mit der Natur leben.
Mary muss sehr viel lernen und nicht nur die Sprache. Das Leben der Lakota, die alles was sie umgibt als Verwandte betrachten, weicht schon sehr von Marys bisherigem Leben ab. Aber Mary ist lernbegierig und anpassungsfähig. Die Lakota nehmen sie sehr liebevoll auf und sehr schnell akzeptiert Mary ihre „Adoptivfamilie“ als ihre wirkliche Familie. Ihr fällt auf, dass die Erziehungsmethoden der Lakota völlig abweichen von dem, was bisher kennenlernte. Nicht Schelte und Strafe bringen die Kinder dazu, das zu tun, was sie sollen, sondern liebevolle Anleitung und Korrektur des Verhaltens.
Die Erinnerungen an ihre wirkliche Familie verblasst recht schnell und wird erst wieder aufgefrischt, als Mary entführt und zu den Weißen zurückgebracht wird. Nun erinnert sie sich eher an die angenehmen Stunden mit ihren Eltern und vergisst die Prügel, die der Vater großzügig verteilte. Im Fort wird ihr sehr bewusst, dass sie inzwischen eine Lakota ist und keine Weiße mehr.
Der Schreibstil ist eingängig und kindgerecht, dennoch anspruchsvoll. Die Illustrationen ergänzen die Geschichte sehr schön. Das Ende ist nochmals sehr aufregend für Mary und die Leser.
Absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 18.07.2017

Grauen und Hoffnung

Endzeit
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„Endzeit“ ist bereits der dritte Band um den jüdischen ehemaligen Kommissar Richard Oppenheimer in Berlin. Der Vorgängerband „Odins Söhne“ endet damit, dass Oppenheimer mit seiner Frau Lisa untertauchen ...

„Endzeit“ ist bereits der dritte Band um den jüdischen ehemaligen Kommissar Richard Oppenheimer in Berlin. Der Vorgängerband „Odins Söhne“ endet damit, dass Oppenheimer mit seiner Frau Lisa untertauchen muss und dafür die Hilfe des Ganoven Ede in Anspruch nimmt. Sie sind nun schon ein paar Wochen im Bräukeller, als Ede noch jemanden dort unterbringt und Richard mitteilen lässt, dass er ein Auge auf dessen Koffer haben soll. Während sie in dem Keller sind, hören sie die unerbittlichen Kämpfe draußen. Die russischen Truppen sind nicht mehr weit entfernt und es kann nicht mehr lange dauern, bis der Krieg zu Ende gehen muss. Als Richard und Lisa durch die chaotischen Verhältnisse getrennt werden, wird Lisa vergewaltigt und Richard macht sich Vorwürfe, dass er es nicht verhindern konnte. Erst später erfährt er durch einen Zufall, wer das Lisa angetan hat und er will Rache. So verbindet er die Ermittlungen, die Ede ihm aufträgt mit seinen persönlichen. Aber nicht nur er ist hinter dem russischen Deserteur Grigorjew her, der wie einige andere Interesse an dem Koffer von Dieter Roski hat.
Hilde hat auch überlebt und ist immer noch im Gefängnis. Während andere sich wegducken, wenn es knallt, sieht sie sich an, was draußen passiert und nutzt die Chance, die sich ihr dann bietet.
Man mag sich gar nicht vorstellen, wie grauenhaft die Lebensbedingungen der Menschen in Berlin zu jener Zeit sind. Aber auch mit der Kapitulation werden die Verhältnisse nicht besser. Es herrscht ein Ausnahmezustand, der leider auch viel Schlimmes mit sich bringt. Die Menschen wollten nur überleben und sind hart geworden. Anstand und Moral sind häufig auf der Strecke geblieben. Frauen werden von russischen Soldaten vergewaltigt und es gibt welche, die andere vorschieben in der Hoffnung, ihnen würde es dadurch erspart. Es ist bewundernswert, wie die Frauen damit umgegangen sind.
Mir hat Oppenheimer dieses Mal ein wenig leidgetan. Er wurde zum Spielball der Mächte und hat es erst spät bemerkt, da seine Rachegedanken ihn nicht losgelassen haben. Dabei ist Lisa eine starke Frau, die zwar angeschlagen ist, aber noch lange nicht am Boden liegt. Aber auch Hilde ist eine starke Frau und es ist schon toll, wie kaltschnäuzig sie ihre Interessen durchsetzt.
Es hat mir wieder gut gefallen, wie der Autor die furchtbaren Dinge erwähnt, ohne sie in aller Breite zu beschreiben. Trotzdem hat man das Geschehen in seiner ganzen Dramatik vor Augen. Die letzten schweren Kämpfe haben noch viele Opfer gefordert. Massengräber werden mitten in der Stadt angelegt, damit der Gestank eingedämmt wird und es nicht zu Epidemien kommt. Aber es gibt auch sehr schnell wieder Hoffnungsvolles. Sehr schnell ist die S-Bahn wieder in Betrieb und die Berliner Philharmoniker geben ihr erstes Konzert.
Der Kriminalfall ist fast schon Nebensache, die Verhältnisse im Berlin der Kriegs- und Nachkriegszeit nehmen den größten Raum in diesem Buch ein. Trotzdem vermag dieses Buch einen zu fesseln. Ich bin schon gespannt auf den nächsten „Oppenheimer“.

Veröffentlicht am 17.07.2017

Eine duftende sinnliche Geschichte

Die Galerie der Düfte
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Johanna Stern-Reiter ist Apothekertochter und hat das Wissen um Pflanzen und ihre Wirkung von Kind an aufgesogen. Nun hat sie einen kleinen Laden „Sternwarte – Naturkosmetik und Seelenheil“. Sie hätte ...

Johanna Stern-Reiter ist Apothekertochter und hat das Wissen um Pflanzen und ihre Wirkung von Kind an aufgesogen. Nun hat sie einen kleinen Laden „Sternwarte – Naturkosmetik und Seelenheil“. Sie hätte aber zu gerne auch Produkte der berühmten Officina Profumo di Santa Maria Novella in Florenz in ihrem Programm. Aber alle Bemühungen sind bisher ins Leere gelaufen. Eine Bemerkung ihrer Nachbarin lässt Johanna nicht los und setzt es in die Tat um. Sie reist nach Florenz, um die Inhaber der Farmacia zu überzeugen. Sie lernt die Inhaber Luca und Sandro Fortini kennen.
Dieses Buch ist ein richtiges Wohlfühlbuch. Der Schreibstil ist üppig und detailreich. Beim Lesen riecht man die Aromen der Blüten und Kräuter. Auch Florenz ist so bildhaft beschrieben, dass ich es mir sehr gut vorstellen konnte und Lust bekommen habe, einmal dorthin zu reisen.
Die sympathische Johanna hat einen Traum und sie will ihn umsetzen. Dafür reist sie sogar nach Florenz. Sie lernt die Inhaber kennen, die ungleichen Brüder Fortini. Es kommt wie es kommen muss, ihr Herz schlägt bald für den charmanten Hallodri Sandro, der obwohl bereits gebunden dennoch jede Frau umwirbt. Aber auch der zaghafte Luca hat sich in Johanna verliebt. Dass es da nicht vollkommen problemlos läuft, ist eigentlich klar. Für wen sich Johanna am Ende entscheidet, wird hier nicht verraten. Aber neben diesen Hauptfiguren gibt es noch eine Reihe von Personen, die ebenfalls sehr schön mit ihre Eigenheiten beschrieben sind.
Durch die Reise nach Florenz wird einiges im Leben von Johanna durcheinander gebracht und alte Familiengeheimnisse aufgedeckt.
Es ist eine sehr sinnliche Geschichte, in die ich wundervoll eintauchen konnte.